Zwanzig Jahre „Are-Künstler“

VON ERNST KARL PLACHNER
Ehrenmitglied der Gilde

Im Jahre 1947 beschlossen einige Künstler unseres Heimatkreises, sich nach den katastrophalen Untergängen der Hitlerzeit durch organisatorischen Zusammenschluß und beratenden Austausch untereinander neue Arbeits- und Entwicklungsgrundlagen zu schaffen, weil alles das, was früher diesbezüglich bestanden hatte, mit untergegangen war. Der Maler und Bildhauer Hanns Matschulla, der heutige Oberstudiendirektor Ernst Kley, beide in Ahrweiler, der aus dem Handwerk kommende hochbegabte Maler Josef Krahforst (+) in Brohl besprachen ihre Wünsche und Pläne mit Frau M. Hoving, Bad Neuenahr, die Jahre zuvor schon die bildenden Künstler unserer Heimat als Geschäftsführerin des 1939 gegründeten Kunstkreises Ahrweiler kräftig und erfolgreich unterstützt hatte. Durch Frau Hoving wurden sie zu Herrn Dr. med. Josef Niessen, Bad Neuenahr, geführt. Eine weise Schicksalsführung war am Werk, den zerstreuten, einsam suchenden und strebenden Künstlern durch neuen Zusammenschluß feste Rückenstärkung zu geben. Dr. Jos. Niessen war seinem ganzen Wesen nach lange schon den Künsten zugetan und in besonderer Weise für deren Wesen und Aufgabe aufgeschlossen. Schon sein in unserer Heimat wohlbekannter und hochgeschätzter Vater, der Geh. San.-Rat Dr. Niessen, war nicht nur Liebhaber der Künste, sondern Sammler. So war es selbstverständlich, daß sein Sohn schon während der Gymnasialzeit den geliebten Vater als Führer in die vielgestaltigen Reiche künstlerischen Wollens und Wirkens erleben durfte. Er begleitete ihn auf Reisen in große Städte, wo nie der Besuch wichtiger Kunstausstellungen und Museen versäumt wurde. So war Dr. Niessen zu einem Kunstfreund eigener Art und persönlicher Prägung geworden, der jetzt sein begeisterungsfähigcs Herz voll und ganz dem Anliegen der vereinsamten Maler zuwandte. Rasch bildete sich der erste Vorstand der neuen Vereinigung:

1. Vorsitzender: Dr. med. Jos. Niessen

2. Vorsitzender: Hanns Matschulla

Geschäftsführer: Ernst Kley

Kassierer: Josef Krahforst

1. Vorsitzender der inaktiven Mitglieder: Kreisobermedizinalrat Dr. Göcke

Die erste Ausstellung der „Are-Künstlergilde“ genannten Vereinigung erfolgte bereits im Gründungssommer 1947, nachdem Dr. Niessen die nötigen Verhandlungen mit der Besatzungsbehörde erfolgreich durchgeführt hatte und die Gilde schon unmittelbar nach der Gründung 27 aktive und 10 inaktive Mitglieder zählte. Die erste Ausstellung fand in den Lesesälen des Kurhauses zu Bad Neuenahr statt, die von der Kurdirektion einsichtsvoll zur Verfügung gestellt worden waren.

Die zweite Ausstellung der Gilde konnte bereits im nächsten Jahr, also 1948, durchgeführt werden. Sie war im damaligen Berufsschulgebäude untergebracht. Die Kreisstadt nahm mitsamt der Umgebung erstaunlichen Anteil daran. Freilich waren Stadt und weite Teile des Kreises in einer gewissen Hochstimmung, durch historisch bedingte Feierlichkeiten. Aber darüber hinaus schienen viele sich auf die inneren Werte neu zu besinnen, von denen viele jahrelang so bedroht und auch zerstört worden waren. Das Wirken der heimischen Maler und Bildhauer war wie ein farbiges, plastisches Offenbarwerden neuer Verinnerlichung und ernsten Suchens. So konnte die Ausstellungsleitung mit freudigem Stolz für 1948 über 1000 Besucher notieren. Ohne Zweifel ein großer, ein ganz großer Erfolg. Der Auftrieb der Gilde zeigte sich denn auch darin, daß sie nun jährlich Ausstellungen durchführte: in Ahrweiler, Bad Neuenahr, Sinzig, Königswinter. In Ergänzung dieser jährlich laufenden Ausstellungen wurden noch Sonderausstellungen durchgeführt : Gedächtnisausstellungen für verstorbene Mitglieder der Gilde. So für die Maler Bernhard Hergarden aus Bielefeld, Erwin Hollstein aus Remagen, Josef Krahforst aus Brohl, Pitt Kreuzberg aus Schalkenmehren. Aus Anlaß des 65. Geburtstages Hanns Matschullas fand in den Weihnachtsferien 1966 eine große Ausstellung in der Kreisberufsschule zu Ahrweiler statt. Über 100 malerische, grafische, plastische Arbeiten vermittelten eine Übersicht über das bisher vorliegende reiche Lebenswerk des Künstlers. Wie ernst das Wollen und Können (denn Kunst muß ja gekonnt sein, sie nur zu wollen, genügt nicht) der Aregilde war und ist, beweist eindeutig die höchst beglückende Tatsache, daß sie längst die Grenzen der Heimat überschritten hat. Es beteiligten sich Gildemitglieder an Ausstellungen in Köln, Hamburg, Koblenz, Stuttgart, München, Neuwied, Paris, Luxemburg, Kopenhagen, Istanbul und in anderen Städten. Grund genug, mit Freude und Stolz auf „unsere“ Gilde hinzublicken. Sie ist in unserer schönen Heimat gegründet worden, sie ist Teil unserer Heimat, sie gehört zu uns wie die Wingerte und entzückenden großen und kleinen Orte dieses herrlichen Landes.

Wir wollen uns nun aber dabei auch daran erinnern, daß der Künstler nicht vom Schmelz seiner Farben, von der Idee seines Werkes leben kann. Kaufen wir bei der Gilde Werke von ihm! Es ist nicht gleichgültig, was wir an die Wände hängen. Echte Kunst ist göttliche Gabe.