Lantershofen und seine sieben Herren
VON JAKOB RAUSCH
Lantershofen – Gesamtansicht
Das erste Deutsche Reich (8oo-18o6) mit dem klangvollen Namen „das Heilige Deutsche Reich Deutscher Nation“ zerfiel schon im Mittelalter in 45o Kleinstaaten, von, denen 15o im Rheinlande und z5 im Kreise Ahrweiler lagen.
Von diesen 45o Territorien war wohl die Herrschaft Lantershofen mit 5 qkm und ca. 200 Einwohnern das kleinste reichsunmittelbare Staatsgebilde, das unmittelbar dem Kaiser unterstand.
Lantershofen wurde, wie die meisten Orte mit der Bezeichnung „hofen“, in der Karolingerzeit gegründet. Es hieß zuerst „Landherrihoffe“; es ist also „der Hof des Landhari“ oder „Hof des Landherrn“. Um das Jahr 100o war der Pfalzgraf Ezzo, der auf der Tomburg regierte, Herr des Dorfes. Im Jahre 1019 schenkte Kaiser Heinrich II., der Heilige, das Gut Landherrihoffe im Argau dem Michelskloster in Bamberg, wo Kaiser Heinrich II. den Dom erbaute und oft residierte.
So kam der Hof mit Äckern, Wingerten, Wiesen, Weiden, Waldungen, Wasser und Wasserläufen und Hörigen zum Bamberger Michelskloster. Aus dieser Schenkungsurkunde ersehen wir, daß sich schon hörige Bauern um den Herrenhof angesiedelt hatten, also schon ein Dorf bestand.
Zur Zeit des Burgenbaues wurde auch der Lantershofener Herrenhof zu einer befestigten Burg ausgebaut. Als Burgherren finden wir zunächst das von Ahrweiler stammende Rittergeschlecht Blankart, das den Hammer im Wappen führte.
Die im Staatsarchiv in Koblenz befindlichen Weistümer geben ein klares Bild der politi-schen und Agrarverfassung des Ortes. 1548: Hofgeding zu Lantershouven.
1557. Hofgeding im Mai Dienstag nach Philippi (1. Mai).
1563: Im Hofgeding fragt der Schullehrer von Lantershofen an, ob der Pastor Ürling aus Karweiler auch im Ding tag erscheinen müsse. Als Zeuge war der Pastor schon beim Hofgeding erschienen. Auch werden 1o Parzellen des Landershofener Hofgutes in Beller genannt, die zur Zeit der Landwirt Krupp aus Beller in Händen hatte.
Das Weistum vom 2. Mai 1700 ist das größte und lehrreichste. Deshalb wird es inhaltlich hier mitgeteilt:
1. Schultheiß, Scheffen und samtliche Nachbarn (= hörige Bauern) erkennen die Hoch-, Ober- und Gerechtigkeit der ihnen großgebietenten 7 Landesherren an.
2. Die Erbgenahmen (Nachbarn) weisen ihren Landesherren, einem so viel wie dem anderen, an Hoheit, Gericht, Gebot, Verbot, Glockenschlag, Wassergang, Jägerei, Fischerei und die Gerichtsbarkeit über die strafbaren Leute und alle Gewaltsachen.
3. Die hörigen Bauern sind unter Strafe verpflichtet, auf allen hochdinglichen Tagen und wenn der Glockenschlag sie ruft, vor der Herren Bank unter der Linde zu erscheinen, um dort den Huldigungseid zu leisten und wahrgenommene strafbare Handlungen an den Tag zu legen.
4. Was die jährlichen Erbgefälle, Zins und Pachten betrifft, so sind diese nach Lauf und Inhalt der Herren Register zu entrichten.
5. Zum anderen waren sie verpflichtet, den wohlgemeldeten 7 Landesherren samt und sonders auf der Herren Kosten „von einer Sonnen zur andern“ (also nötigenfalls zweitägige) Botschaften und Schreiben zu tragen, den Landesherren die Tränk (Viehtrank und Brunnen) zu fegen, „den Hann zu bucken“ = (den Hain-Hecken zu beugen, so daß sie einen starken lebendigen Zaun bildeten), den Eselsweg zu machen und den Teich oberhalb Heimersheim zu fegen.
Den von Orsbeck haben sie in Ahrweilerdas Holz (Winterbrand) zu reißen.
Fachwerkhaus
6. Dazu „freuchten“ (bebauen) die Bauern ihrem größtüberbietenden Mitherrn Joh. Ludw. Blankarten hierselbst einen freien Hof mit samt seiner Schäferei mit dem Weiderecht auf der Heid und den unbesäten Äckern, ohne die Nachbarn zu schaden.
An jedem hochdinglichen Tag haben sie für Schultheiß und Scheffen ein Viertel Wein (= 1o Liter) zu liefern.
8. Der Blankartshof in Lantershofen besaß das Asylrecht für Totschläger.
Wenn ein „Ungemach“ mit einem Totschlag ausginge, so konnte der Täter auf den Hof flüchten, wo er sechs Wochen frei sein sollte. Sollte es dem Missetäter nach Ablauf dieser Schonzeit gelingen, drei Fuß die Straße zu betreten und unbehelligt auf den Hof zurückzukehren, so hat er eine weitere Freizeit von 6 Wochen. Nach Ablauf dieser Frist aber hat der Junker die Macht, den Häftling an die „Rottbach“ zu führen. Könnte er dort in ein anderes Herrschaftsgebiet (Jülicher Land) entkommen, so soll er frei sein.
Stiller Winkel
9. Bei Verhandlung über strafbare Sachen wurde jeder Nachbar a parte (einzeln) vorgenommen und examiniert, ob sie sich strafbarer Sachen zu erinnern wüßten.
Die Abschrift des hier inhaltlich angegebenen Weistums wurde am z. Mai 1700 von Notar Pützfeld durch Siegel und Unterschrift beglaubigt. ,
In den Weistümern von 1706 und 1708 werden speziell die Rechte der Landskroner Herren (von Clodt, von Dallwig, von Brempt) in Lantershofen nachgewiesen.
Das Weistum vom Jahre 1722 wiederholt die gleichen Rechte der 7 Herren und nennt einzelne Pflichten der Nachbarn.
Dem Herrn zu Manderscheid ist der Teich zu fegen. Es handelt sich um den Mühlteich der heutigen Lindenmühle in Ahrweiler. Inhaber des Schultheißenamtes ist Johannes Schütz.
Das letzte vorhandene Weistum trägt das Datum vom B. Juli 1738 und befindet sich in Besitz von Herrn Eduard Schütz, Lantershofen.
Die 7 Herrschaftsanteile befinden sich jetzt nur in vier Händen: Die Herren von der Landskrone haben zwei Teile. Die Freiherren von Rohe zu Truff erhielten die ehemaligen Teile der Familie Blankart durch Heirat der letzten Erbin der Blankartschen Güter in Lantershofen. Sie besitzen auch den Blankartshof in Ahrweiler und die Marktmühle an der Ahrweiler Hirschapotheke.
Der Freiherr von Dalwig, dessen Herrenhof in Ahrweiler am Adenbachtor (später Weinbauverein) lag, besaß ebenfalls zwei Teile. Der von Bourscheidt von Burgbrohl besaß nur einen Teil, den er von den von Orsbeck in Ahrweiler erhalten hatte.
Das letzte Weistum beweist, daß es schwer hielt, die „7 Herren“, hier vertreten in vier Personen, unter einen Hut zu bringen. Hier war es der Freiherr von Dalwig, welcher der Einladung zum Ding nicht Folge leistete und sie mißachtete. Gegen ihn wurde Klagegeführt, daß er eigenmächtig, ohne die Mitherren zu fragen, Zuziehende als neue Bürger aufgenommen und das „Einzugsgeld“ für sich allein behalten habe. Auch ließ der Freiherr von Dalwig -die Frondienste auf Kosten der Bauern und nicht der Herren verrichten. Nach den alten Weistümern mußten die Herren den Frönern außer Speise und Trank auch ein kleines Entgelt zahlen. Die Schöffen und Nachbarn leisteten den beiden zum ersten Male erschienenen zwei neuen Herren von Rohe und Bourscheid den Huldigungseid.
Der bisherige Schultheiß Johannes Schütz wird als der Tauglichste befunden. Nach einstimmiger Neuwahl leistet er den Schultheißeneid und die Schöffen und sämtliche Untertanen geben ihm durch Handschlag das Treuegelöbnis.
Das Weistum ist unterschrieben:
1. von dem Landskroner Amtmann K. Herfordt,
2. dem Schultheißen Johannes Schütz,
3. dem Mühlen- und Backhausverwalter Georg Schefer,
4. dem Hauswirt Tilmann Mompauer,
5. den Schöffen Tilmann Krupp, Johann Krupp, Bartholomäus Bender und Bernhardus Becker.