Streckenerneuerung und rundes Jubiläum bei der Brohltalbahn

Im 120. Jahr ihres Bestehens beginnt die Brohltalbahn eine umfassende Aufarbeitung ihrer Infrastruktur

Michael Hergarten und Heinz-Wolfgang Lehner

Seit nunmehr 120 Jahren ist das Brohltal auf dem Schienenstrang mit der „großen weiten Welt“ verbunden. Was mit schweren Transporten voller Vulkangestein und kleinen Zügen für den Personenverkehr begann, hat sich heute zu einem beliebten Ausflugsverkehr entwickelt: Der „Vulkan-Expreß“ zeigt Jahr für Jahr Tausenden Gästen die Schönheit des Brohltals und der Osteifel. Gebaut wurde die Strecke aber in erster Linie für den Güterverkehr.

Güterverkehr gab den Anstoß zum Bahnbau

Als 1858 die linksrheinische Eisenbahnstrecke von Köln nach Koblenz fertiggestellt war und damit Brohl einen eigenen Bahnhof erhielt, entstanden Pläne, auch das Brohltal mit einer Bahnlinie zu erschließen, um die dort lagernden Vulkangesteine Trass, Basalt, Tuffstein oder Phonolith wirtschaftlich abbauen und transportieren zu können.

Die Bedingungen dafür waren allerdings schwierig, denn vor allem im oberen Teil ist das Tal ausgesprochen steil und eng. Außerdem waren viele Pläne hinsichtlich der Streckenführung, des Endbahnhofs, der Spurweite und der Finanzierung in der Diskussion. Immer wieder wurden neue Alternativen entwickelt und schließlich doch verworfen.

Konkrete Formen nahm das Projekt erst an, als 1895 die Brohltal-Eisenbahn-Gesellschaft (BEG) gegründet wurde. Im Frühjahr 1898 begannen die Bauarbeiten für die Strecke. Aus Kostengründen und wegen des schwierigen Geländes entschied man sich schließlich für eine Schmalspurbahn mit der Spurweite von einem Meter.

Der Oberzissener Viadukt befand sich Anfang des 20. Jahrhunderts noch in freier Landschaft. Der Blick auf Burg Olbrück ist heute noch möglich, allerdings ist hier schon vor Jahrzehnten ein großes Wohngebiet entstanden. Der bergwärts fahrende Zug zeigt einen der üblichen Güterzüge mit Personenbeförderung, der in diesem Fall sogar Normalspurwagen auf Rollwagen mitführt.

23,83 Kilometer Strecke mit einem Tunnel, zwei Viadukten und einigen Brücken waren zu bauen – von Brohl am Rhein nach Oberzissen und von dort weiter über Engeln und Weibern bis nach Kempenich. Nicht der Personenverkehr, sondern der Transport von Gütern stand von Anfang an im Vordergrund.

Da die Tuffstein-Brüche bei Weibern und der Phonolith-Steinbruch bei Brenk einen Gleisanschluss brauchten, entschloss man sich, in Oberzissen das Brohltal zu verlassen und die Bahntrasse von dort an den Hängen des Brenkbachtals weiterzuführen. Die dazu notwendige 5,5 Kilometer lange Steilstrecke nach Engeln mit einer Neigung von 50 Promille sollte mittels einer Zahnradbahn überwunden werden. Das führte zu einer betrieblichen Aufteilung der Strecke in einen Talabschnitt von Brohl bis Oberzissen und eben die Steilstrecke, für deren Befahrung bis heute besondere betriebliche Vorschriften gelten, auch wenn die Zahnradtechnik längst nicht mehr gebraucht wird.

Die Entscheidung für diese Streckenführung zahlt sich dennoch bis heute aus: Der Phonolith-Steinbruch versendet auch im Jahr 2021 noch Vulkangestein auf der Schiene. Mit modernen Containerzügen betreibt die Brohltalbahn dabei einen der letzten öffentlichen Güterverkehre auf deutschen Schmalspurgleisen!

Die ersten Betriebsjahre

Am 12. Januar 1901 fuhr der Eröffnungszug von Brohl nach Engeln, zwei Tage später wurde der Regelbetrieb aufgenommen. Ab Anfang Mai erreichten die Züge Weibern, bevor am 7. Januar 1902 schließlich das letzte Teilstück bis Kempenich feierlich eingeweiht werden konnte. Das Güteraufkommen wuchs in den ersten Betriebsjahren stetig an. Schnell zeigte sich, dass die zunächst beschafften Zahnradlokomotiven für die immer schwerer werdenden Züge viel zu schwach waren. Aus diesem Grund wurden ab 1903 Dampflokomotiven der Bauart Mallet auf der Talstrecke bis Oberzissen eingesetzt, u.a. die bis heute existierende Lok 11sm. Für die Steilstrecke beschaffte man schwere vier- und fünffach gekuppelte Lokomotiven.

Die Umstellung des Personenverkehrs auf Triebwagen brachte nicht nur bezüglich der Reisezeiten einen Qualitätssprung. VT 50 (der heutige Salonwagen VB 50) ist hier auf dem Tönissteiner Viadukt zu sehen, im Hintergrund der Tönissteiner Tunnel durch die Trasswand, deren unter dem Viadukt erkennbare Abbau- und Lagerstätten heute als „Trasshöhlen“ auf einem Wanderweg begehbar sind.

Personenverkehr mit Triebwagen

Bis in die 1920er-Jahre erfolgte der Personenverkehr im Mischbetrieb, in sog. „Güterzügen mit Personenbeförderung“, die an fast jedem Bahnhof zeitaufwändig rangiert wurden. Für die knapp 24 Kilometer von Kempenich nach Brohl brauchte ein solcher Zug nicht selten zweieinhalb Stunden, was nicht immer zum Vergnügen der Fahrgäste ausfiel.

Mit dem 1925 in Betrieb genommenen Triebwagen VT 50 konnte die Fahrzeit halbiert werden. Daher wurden zur Verstärkung des Personenverkehrs 1935 weitere Trieb- und Beiwagen hinzugekauft. Der Oldtimer VT 50 ist als einziges Originalfahrzeug erhalten geblieben und wird bis heute als Salonwagen „VB 50“ im „Vulkan-Expreß“ eingesetzt.

Wechselhafte Jahrzehnte

Der Personenverkehr erlebte gleichwohl ein ständiges Auf und Ab. Ab 1927 wurde die Schiene zum Ausgangspunkt für ein ganzes Nahverkehrsnetz. So erwarb die Brohltalbahn Autobusse, die als Zubringer verkehrten und zunehmend auch den Zugfahrplan ergänzten.

Ab 1958 brachen die Fahrgastzahlen trotz allem rapide ein, da auch in der Eifel immer mehr Menschen mit steigendem Wohlstand einen eigenen Pkw nutzten. Als 1961 ein Triebwagen mit einem Güterzug zusammenprallte, wurde der Personenverkehr auf der Schiene ganz eingestellt und auf bahneigene Busse verlagert.

Der Güterverkehr stand vor ähnlichen Herausforderungen: Ab Ende der 1950er-Jahre schien er der Konkurrenz auf der Straße nicht mehr gewachsen. Einerseits hatten einstmals für die Bahn wichtige Firmen ihre Produktion im Brohltal eingestellt oder ihren Transport auf Lastwagen verlagert. Andererseits waren die Dampflokomotiven im Betrieb sehr aufwändig und teuer, weshalb der Bestand der Bahn gefährdet war.

Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, wurden 1965 zwei der noch heute vorhandenen Diesellokomotiven beschafft. Obwohl es sich um verhältnismäßig kleine Maschinen handelte, zeigte sich schnell, dass sie ohne Weiteres in der Lage waren, alle noch vorhandenen Dampfloks zu ersetzen. Kurz darauf wurde eine weitere Diesellok gleichen Typs in Dienst gestellt. Diese Rationalisierung brachte den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg.

Ab den 1970er-Jahren machte der Transport von Phonolith aus dem Brenker Bruch den Löwenanteil des Güteraufkommens aus. Der hinter Brenk liegende Streckenabschnitt nach Kempenich wurde allerdings immer seltener befahren und war zudem in einem schlechten Zustand. Die Strecke hinter Engeln wurde folglich 1974 stillgelegt und innerhalb von zwei Jahren abgebaut – aus heutiger Sicht eine fatale Entscheidung, denn nur drei (!) Jahre später startete der erste touristische „Vulkan- Expreß“!

Eine neue Ära: Der „Vulkan-Expreß“

Vor dem Hintergrund des zurückgehenden Güterverkehrs suchte die BEG nach einem weiteren Standbein. Die landschaftlich attraktive Region bot beste Voraussetzungen für einen touristischen Ausflugsverkehr, der am 25. März 1977 mit einer Diesellok und dem Salonwagen VB 50 startete. Um dieses Erlebnis von Bahn und Landschaft auf eine kurze und prägnante Formel zu bringen, erhielt der Zug den klangvollen Namen „Vulkan-Expreß“. Zu einer Zeit, als der Individualverkehr nur Wachstum kannte und Abbauzüge unzählige Nebenbahnen und Kleinbahnen zerstörten, bahnte sich die Brohltalbahn vorsichtig einen Weg in eine neue Zukunft. Aus heutiger Sicht war ihr kleiner Ausflugszug eine verkehrspolitische und touristische Pionierleistung!

Als der Phonolith-Steinbruch 1987 die Transporte vollends auf die Straße verlagern wollte, schien das Ende der Schmalspurbahn dennoch gekommen. Dies war der Moment, in dem rund 100 Eisenbahn-Begeisterte beschlossen, durch ehrenamtliche Arbeit den Fortbestand der Bahn zu sichern. Am 2. September 1987 gründeten sie die „Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn e. V.“ (IBS), deren Aktive zunächst während ihrer Freizeit Aufgaben im Betriebsdienst und in der Werkstatt übernahmen und so die Brohltalbahn unterstützten. Als die Bahn jedoch 1991 endgültig stillgelegt werden sollte, gründete die IBS eine eigene Betriebs-GmbH und übernahm damit den gesamten Fahrbetrieb in eigene Hände, während die Infrastruktur in den Händen der Altgesellschaft verblieb. Mit heute jährlich über 60.000 Fahrgästen hat die IBS den „Vulkan-Expreß“ zu einem touristischen Wirtschaftsfaktor in der Vulkanregion Laacher See ausgebaut! So konnten nicht nur die Besucherzahlen stetig gesteigert werden, sondern 2015 sogar die originale Mallet-Dampflok 11sm wieder in Betrieb genommen werden! Über öffentliche Buslinien ist die Bahn inzwischen auch mit Maria Laach und Mendig verknüpft und somit ein wichtiges Bindeglied zwischen den touristischen Attraktionen der Region geworden.

Sanierung der Gleisanlagen ab 2021 – Das Land Rheinland-Pfalz stellt umfassende Mittel bereit

Die Schönheit vieler regionaler Bahnlinien und ihre manchmal sehr aufwändige Anpassung an eine topografisch schwierige Lage haben allerdings auch ihre Schattenseiten. Die zahlreichen Dämme, Brücken und Tunnel, die notwendig waren, um die Bahn überhaupt durch das enge und stetig ansteigende Brohltal führen zu können, prägen diese Strecke in ganz besonderer Weise, zugleich machen solche Kunstbauten aber auch ihren Unterhalt teuer. Zwar ist die laufende Unterhaltung durch die für den Fahrbetrieb zu zahlende Trassengebühr („Maut“) gesichert. Der über Jahrzehnte stetig zurückgehende Verkehr auf den Gleisen veranlasste die BEG allerdings schon früh, nur noch das Nötigste in die Instandhaltung zu investieren. So wurde z.B. nach der Einstellung des Personenverkehrs 1961 die zulässige Höchstgeschwindigkeit der Züge auf 20 km/h begrenzt, um so bei der Unterhaltung der Gleise sparen und die Brohltalbahn überhaupt über Wasser halten zu können.

Seit 1992 sind mit tatkräftiger Unterstützung der IBS (ehrenamtliche Zuarbeit) und des Landes Rheinland-Pfalz (Finanzen) schon viele Teilabschnitte der Strecke von Grund auf saniert worden. Auch die beiden Viadukte bei Tönisstein und Oberzissen konnten bereits renoviert werden.

Der „Vulkan-Expreß“ bietet mit seinen historischen Personenwagen eine attraktive Möglichkeit für eine Reise durch die Vulkanregion Laacher See. Hier ist der Zug im Sommer 2017 auf der Steilstrecke zwischen Oberzissen und Brenk vor der Kulisse des Bausenbergs zu sehen. Als zweiter Wagen ist der Salonwagen VB 50 zu erkennen.

Zwischen Weiler und Niederzissen wurden im Herbst 2020 die ersten 1,2 km Gleise erneuert. Der neue Schotter wurde per Bahn vom Brohler Hafen her angeliefert und anschließend mit einem Anbaugerät am Bagger erstmals gestopft.

Auf den verbliebenen nicht sanierten Abschnitten war die Gleislage nun allerdings so schlecht, dass die Geschwindigkeit dort weiter abgesenkt werden musste und zum Teil sogar eine Streckensperrung drohte. Um diese und damit die Einstellung des touristisch erfolgreichen „Vulkan-Expreß’“ zu vermeiden, hat die mehrheitlich im Besitz der Verbandsgemeinde Brohltal befindliche BEG (die sich heute „nur“ noch um die Infrastruktur kümmert) umfangreiche Finanzhilfen nach der rheinland-pfälzischen Förderrichtlinie zur Sanierung kommunaler, nichtbundeseigener Eisenbahnen beantragt. Diese sieht eine 85-prozentige Landesförderung vor, sofern sich die Kommunen mit 15 Prozent an den Kosten beteiligt. Das allerdings hatte die Verbandsgemeinde schon im Vorfeld beschlossen und mit einem Anteil von rd. 1 Mio. Euro deutlich gemacht, was ihr die Brohltalbahn wert ist!

Und so hat auch das Land nicht zurückgestanden und seinerseits gut 9 Mio. Euro bereitgestellt. Am 12. August 2020 überreichte Staatsminister Dr. Volker Wissing im Rahmen einer Feierstunde am Bahnhof Burgbrohl den ersten von insgesamt zwei Bewilligungsbescheiden an den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Brohltal, Johannes Bell. Damit stehen nahezu 10 Mio. Euro für folgende Aufgaben zur Verfügung:

  • Gleissanierung sämtlicher bislang noch nicht erneuerter Gleisabschnitte, z.B. auf der langen Geraden vor dem Haltepunkt Schweppenburg oder zwischen Weiler und Niederzissen
  • Sanierung aller Brücken und Durchlässe
  • Wiederaufbau des zweiten Gleises im Bahnhof Niederzissen
  • Kompletter Umbau mit Verlängerung der Gleise 2 und 3 im Bahnhof Oberzissen
  • Technische Sicherung von Bahnübergängen an vielbefahrenen Straßen, z.B. an der „Waldorfer Straße“ am Bahnhof Niederzissen zur Aufhebung der dortigen Postensicherung
  • Bau von Bahnsteiganlagen an den Stationen Weiler, Niederzissen, Oberzissen und Brenk, um auch hier künftig einen gefahrlosen und bequemen Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. Zusätzlich strebt die Brohltalbahn an, nach der Sanierung die zulässige Geschwindigkeit auf 40 km/h anzuheben. Das bisherige langsame Tempo ist für den „Vulkan-Expreß“ zwar ein besonderes Erlebnis, im Güterverkehr oder in der Fahrplangestaltung für zusätzliche Züge jedoch zunehmend hinderlich. Mit der Anhebung der Fahrgeschwindigkeit könnte die Fahrzeit eines Güter- oder Leerzuges in etwa halbiert werden, wodurch sich die Produktivität der 27 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der vereinseigenen Betriebs-GmbH erhöhen ließe. Auch ein Wiedereinstieg in den Schüler- und öffentlichen Nahverkehr auf der Brohltalbahn wird damit wieder realistischer.

Die Sanierungsarbeiten begannen dank der guten Vorbereitung aller Beteiligten bereits im November 2020 mit der Gleiserneuerung über 1,2 km zwischen Weiler und Niederzissen. Ab März 2021 folgten weitere Arbeiten im unteren Brohltal nahe der Schweppenburg.

In einem Jahr, das ganz wesentlich von einer schrecklichen Pandemie geprägt war, deren wirtschaftliche Auswirkungen auch der „Vulkan-Expreß“ zu spüren bekam, konnten also die Brohltalbahn und ihre Partner im wahrsten Sine des Wortes Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen.

Der Beitrag entstand im Mai 2021.