Durchs Prümer Tor fuhren sie mit ihrem Zehnten

VON JAKOB RAUSCH

Die Landstraße Insul-Schuld führt zunächst durch eine Talebene. Bei dem Kilometerstein 13,5 stößt sie 500 m westlich von Insul an den felsigen Berghang. Hier liegt auf der rechten Seite der Straße dicht am rechten Ahrufer eine ca. 10o m lange Felsenrippe in einer Höhe von 10 m, die in der Nähe des Straßenkilometersteines 13,5 durch das „Prümer Tor“ durchschnitten ist. Dieses „Prümer Tor“ hat eine Breite von 6-8 m und eine Höhe von 12

Durch das „Prümer Tor“ fuhren einst die Prümer Lehnsleute des Ahrgaues ihre Zehnten und Abgaben auf zweiräderigen Karren durch eine flache Furt des Ahrbettes durch die Mutscheid nach Münstereifel. Am nächsten Tag wurde diese Prümfahrt von Münsterfeifel über Gerolstein fortgesetzt.

Wie ist nun dieses interessante Prümer Tor entstanden?

Nicht Menschen haben das Tor in den Felsen gesprengt, um den Weg abzukürzen. Das fließende Wasser hat sich in den Felsen eingeschnitten, und das Tor geschaffen.

„Steter Tropfen höhlt den Stein.“

Um diese Riesenarbeit des Wassers zu verstehen, müssen wir einen Blick in die Erdgeschichte der Ahrlandschaft werfen.

Im Altertum (Paläozoikum) wurde unsere Heimat von dem Devonmeere ausgefüllt, das sich von der heutigen Landschaft Devonshire in Südwestengland durch Belgien und Mitteldeutschland bis zu den Sudeten erstreckte.

Das Devonmeer wurde durch die Verwitterungsstoffe der benachbarten Urgebirge allmählich ausgefüllt. Die Schlamm-, Sand-, Kies- und Schottermassen, die von den Mineralien Feldspat, Quarz und Glimmer der Urgebirge stammten, verhärteten zu den feldspatreichen Grauwacken, zu den glimmernden Tonschiefern und zu den quarzreichen Quarziten. Der Hauptbestandteil unserer Berge und Felsen des Rheinlandes sind die Grauwacken, so daß das Mittelrheinische Schiefergebirge mit Eifel, Hunsrück, Westerwald und Taunus treffender Rheinisches Grauwackengebirge hieße.

Das Prümer Tor bei Insul

Durch die variskische Faltung wurden diese Gesteinsmassen des Devons schon vor mehr als 500 Millionen Jahren zu den bis 600o m hohen Uralpen aufgetürmt.

In den folgenden Millionen Jahren wurden zunächst im Altertum die Spitzen der Variskischen Alpen abgetragen. Diese Abtragung setzte sich im Mittelalter (3oo-6o Mill. vor Chr.) bis zur Neuzeit, die vor 60 Mill. Jahren mit der Tertiärzeit begann, weiter. Ja, im Tertiär war das heutige Rheinische Schiefergebirge eine Rumpfschollenebene, über die die Flüsse in breiten, flachen Betten träge dahinschlichen, da sie kein Gefälle hatten, weil sie mit der nördlichen heutigen Niederrheinischen Tiefebene fast auf gleicher Höhe lagen. Da begann aber schon am Ende der Tertiärzeit eine Hebung dieser mittelrheinischen Schollenebene, die sich in sechs Perioden durch das ganze Diluvium, das vor eine Million Jahren begann, fortsetzte. Durch diese Hebungen stieg das Gefälle der Flüsse; nun schnitten sie sich ein; sie zerteilten die Rumpfebene; es entstanden wieder Täler und Berge. Während der sechs Hebungsperioden schnitten sich der Rhein und seine Nebenflüsse fleißig ins Gebirge ein. In den längeren Ruhepausen bildeten sie die Flußterrassen. So sprechen wir von 2 Ober-, 2 Mittelund 2 Unterterrassen. Als die Ahr westlich Insul die untere Mittelterrasse durchschnitten hatte und die obere Niederterrasse, auch Dorfterrasse genannt, bildete, floß sie anders als heute.

In einem bis einen halb Kilometer breiten Talboden umfloß sie den 35 m hohen Burgberg, der also ein Umlaufberg war wie die Altenburg bei Altenahr und die Etzhardt bei Mayschoß, so wie die Ahr im Langfigtal heute noch den Burgberg und die Engelslei als Umlaufberg umfließt.

Die Ahr durchnagte den schmalen Hals des Umlaufs zwischen dem heutigen Winzerverein und der Saffenburg allmählich und ließ das ehemalige Umlaufbett um die Efzhardt als fruchtbare Niederterrasse zurück. So durchnagte die Ahr auch den Hals in der Nähe des heutigen Prümer Tores und ließ eine fruchtbare Niederterrasse, die den Burgberg umgibt, zurück.

Da dieses Durchnagen des Halses langsam geschah, so floß wohl noch Jahrtausende lang ein Teil des Ahrwassers um den Umlaufberg. Allmählich war das neue kürzere Bett so groß, daß es die ganze Ahr aufnehmen konnte. Aber bei Hochwasser wurde der Umlaufberg von der wilden Ahr immer wieder umspült. Nun aber schiebt sich. bei der Durchbruchstelle ein harter Felsriegel ahrabwärts vor, der die Ahr auf ihrem neuen rechten Ufer bannte. Da die Ahr sich immer weiter einschnitt und der Felsriegel den Prallhang bildete, so entstand nun eine Y00 m lange senkrecht stehende Felswand. Wie entstand nun in dieser Felswand das Prümer Tor? Die Vorarbeit, vielleicht auch die Hauptarbeit, leistete das Ahrwasser, das noch zunächst zum größten Teil die Burg umfloß, sich aber auch schon einen näheren Weg über die Felsrippe in das neue Bett der Ahr, das ja zunächst nur 1 Fuß tief lag, ergoß. Zumal bei Hochwasser wurde die Felsrippe überspült und die einmal vorgezeichnete Rinne vertieft. Als aber nach Jahrtausenden die ganze Ahr das neue Bett dauernd bezog, da trat ein kleiner Zwerg auf und durchnagte weiterhin zäh und fleißig die Felswand des Prümer Tores. Dieser Zwerg aber ist das Bächlein, das, von Süden kommend, heute unter der Straße her.durch das Prümer Tor zur Ahr fließt. Wohl gab es Zeitabschnitte, in der die Erosionsarbeit des Zwerges der des Riesen Ahr nicht Schritt halten konnte. Dann entstand ein Wasserfall. Aber gerade dieser Wasserfall reizte den Zwerg, sich besser und schneller einschneiden zu können. Und so entstand in vielen tausend Jahren das Prümer Tor.

Blick durch das Prümer Tor