Weinbergsweg 7
VON E. K. PLACHNER
Die wenigen Brief- und Tagebuchblätter, die der junge Lehrer, dem ich diese Geschichte verdanke, in seinem Wandschrank gefunden hatte, bestätigten seine Vermutung. Sie war seit jener Nacht in ihm aufgestiegen, da eine bemerkenswerte Begebenheit ihn zum erstenmal und auf eine ungewöhnliche Art mit dem Schicksal einer Toten in Berührung brachte.
Das geschah so. Jeden Sonntag reiste er seit seiner Anstellung nach dem ersten Weltkrieg aus dem freundlichen Winzerstädtchen seiner Heimat in die benachbarte größere Stadt zu seiner alten Mutter. Wenn er montags früh von der Bahn kam, schlug er fast immer den kürzesten Weg zu seiner Wohnung ein. Er kam dann an einem Neubau vorüber, den er mit besonderer Teilnahme anschaute, weil er zur Wohnung seines Rektors werden sollte. Und wenn der Zug keine Verspätung hatte, reichte es sogar zu ein paar Worten mit den Bauleuten. Ja, meinte der Maurerpolier am letzten Montag, so ein eigenes Haus habe vieles für sich, wenn auch – das wisse man ja – die Lasten hoch und die Gelder knapp seien.
Aber man habe wenigstens seine Ruhe, und besonders die Herren Lehrer hätten ihre Ruhe nach Wunsch nötig. Es sei doch immer etwas anderes, als eine Mietwohnung. Damit wolle er beileibe nichts gegen die Hausleute des Herrn Lehrer sagen. Nein, nichts. Er meine es nur so im allgemeinen.
Und im übrigen fragte er, ob der Herr Lehrer sich in seiner Wohnung noch behaglich und ruhig fühle.
Der junge Lehrer drängte fort. So ehrlich seine Empfindungen für Menschen und Geschehnisse um ihn her auch waren, den Morgenkaffee wollte er sich nicht entgehen lassen.
In seinem Zimmer stand der Tisch gedeckt wie immer: leicht geröstetes Brot – sein Magen war vom Kriege her, den er als blutjunger Mensch mitgemacht hatte, schwach -, eine Scheibe Landbutter und Honig. Ein paar Blumen standen dabei. Die Wirtin kam mit dem braunen Sud und fragte, wie sie es meistens tat: „Wünscht der Herr Lehrer ein Ei ?“ Und wie er meistens tat, dankte er. Er war Lebensreformer und nahm seine Speisen nach kluger Wahl.
Während er den goldenen Honig genoß mit Bedacht, man könnte sagen mit Dankesempfindungen für Sonne und Erde -, fiel ihm das kurze Gespräch am Neubau ein. Hatte man ihm nicht wiederholt solche Bemerkungen gemacht? Vom behaglichen Wohnen, von der Ruhe, die ein Lehrer haben müsse usw. ?
Seltsam, daß es ihm jetzt erst auffiel! Denn mit einemmal hörte er in der Erinnerung viele so und ähnlich reden. Hatte nicht selbst der Herr Rektor neulich beim Schachspiel eindringlich danach gefragt?
Oder bildete er sich das alles nur ein ? War er mißtrauisch ? Warum ? Nein, gewiß nicht. Er fand es seltsam, daß man so fragte.
Er konnte doch nicht jetzt schon daran denken, sich ein eigenes Haus zu bauen. Da mußte er dienstälter sein. Freilich, das wäre etwas! Er würde die Mutter zu sich nehmen, er würde -. Aber das ging schließlich auch so. Ohne eigenes Haus.
Was hieß also dieses Schwätzen ? Wollten sie ihn belauern? Aushorchen? Brauchten sie seine Hilfe zu irgendeinem Stadtklatsch ? Er wurde böse. Was sollte das alles ? Er stand auf und nahm eine Zigarette. Fast nie seit der Feldzeit hatte er morgens wieder so früh geraucht. Er tat es nur, wenn er aufgeregt war.
Dann besah er die Blumen. Es war noch früh im Jahr. Warum standen sie da ?
Um es dem Herrn Lehrer behaglich zu machen. Ganz einfach.
Aber wie hatte der Maurerpolier eben gefragt?
„Und fühlt der Herr Lehrer sich auch noch behaglich und ruhig?“ Noch behaglich und ruhig! Noch! So oder so ähnlich hatte der schon einmal gefragt. Und nicht nur der. Was war das? Die Kirchenuhr schlug acht. Der junge Lehrer kam einige Minuten zu spät in die Schule. Zum erstenmal.
Freitag erhielt er einen Brief. Von der Mutter. Sie schlug ihm vor, am Sonntag dieser Woche nicht zu kommen. Es sei viel im Haus zu tun, da es auf Ostern gehe. Sie habe keine Zeit für ihn, und Sonntag müsse sie ruhen. Um so mehr freue sie sich auf den nächsten Besuch. Vor allem aber auf Ostern.
Der junge Lehrer machte am Samstagnachmittag die gewohnte Bahnfahrt also nicht.
Er begleitete den Rektor auf einer kleinen Wanderung, fand noch einige Veilchen, freute sich über die verheißungsvollen Knospen der Primeln und war von dem Farbenwunder blühender Pfirsichbäume entzückt.
Abends arbeitete er im „Toussaint-Langenscheidt“ Englisch, legte sich früh zu Bett und studierte auch hier noch eine Weile. Überdem schlief er ein und erwachte plötzlich durch ein merkwürdiges Geräusch, wie er meinte.
Als er sich besann – die kleine Stehlampe auf dem Nachttisch brannte noch, wurde ihm klar: das Geräusch war Nachhall eines überaus lebendigen Traumes, den er hatte. Dem sann er nach, lachte in sich hinein, belachte sich sogar und sagte dann halblaut vor sich hin: Da träumt man also eine ganze Geschichte. Es ist doch toll, was so ein Mensch für ein Geschöpf sein kann! Und indem er dieses und jenes Bild des also bestaunten Traumes in sein volles Bewußtsein hob, beschloß er, den Traum aufzuschreiben. Dann lauschte er.
Dieses Geräusch hatte ihn geweckt! Aber das war ja unmöglich. Er bestrich sich die Augen, das Haar. Er räusperte sich, wie um sich sein Wachsein selber zu beweisen.
Mit einem Male verhielt er sich ganz still und regungslos. Kaum wagte er zu atmen. Da war es wieder! Kein Zweifel: dieses Geräusch hatte ihn aus dem Schlaf gerissen! Er sah sich im Zimmer um. Und sah nicht mehr als sonst. Aber mitten durch’s Zimmer ging es wie mit müdem, schlurfendem Schritt. Und hinter sich her schleppte es etwas wie eine schwere Last. Säcke mit Kieseln oder anderen kleinen Steinen. So oder so ähnlich. Es läßt sich nur andeutungsweise sagen, denn ein solches ist da und ist doch zugleich irgendwie nicht da.
Er schüttelte den Kopf. Seltsam. Unerklärlich. Er war doch ganz wach! Vielleicht war er ängstlich ? Nein. Er hatte über zwei Jahre im Westen gestanden und vieles mitgemacht.
Ah! – Da war ja der Grund des Geräusches! Im Vorgarten draußen gingen Schritte über den Weg!
Aber als er aus dem Fenster schaute, sah er niemand. Auch ging keine Tür im Hause, noch schlug das Gartentor. Da legte er sich, etwas unwillig zwar, wieder hin. Eine Beunruhigung war ins Zimmer gekommen, aber er würde schon mit ihr fertig werden, obwohl sie förmlich in der Atmosphäre zitterte. Hatte er nicht unter den Granaten des Weltkrieges geschlafen!
Er würde es auch jetzt tun, gerade jetzt, zum Trotz diesem – „Spuk“. Fast verächtlich sprach er es aus. Kaum hörbar.
Als er aber wieder lag, behaglich ausgestreckt und festen Willens, sich um nichts mehr zu kümmern, da geschah etwas für seine Vorstellung ganz Unerhörtes. Er sprach später selten davon und ungern, weil er erfahren mußte, daß die meisten Menschen für solche Erlebnisse nicht mehr aufbringen denn eine hohle Gebärde, die ebenso hochmütig wie lächerlich ist. Ihm aber war alles so klar wie ringsher etwa die Wahrnehmung des Bücherschranks oder Schreibtischs.
Kaum hatte er sich nämlich wieder gelegt, – jetzt brannte nicht nur die kleine Stehlampe auf seinem Nachttisch, sondern auch das Hängelicht in der Zimmermitte -, da öffnete sich hastig die Tür. Oder besser gesagt: sie schien sich zu öffnen, denn, wie er durch blitzschnelles Umschauen gewahrte, blieb sie, für seine Augen wenigstens, zu. Stimmen wurden laut und zugleich empfand er die Luft des Raumes mit einer ungeheueren, bedrohlichen Spannung geladen. Fast im gleichen Augenblick hörte er einen kurzen, scharfen Knall wie beim Abschuß einer Pistole. Es gellte ein furchtbarer Aufschrei, und eine Stimme voll Grauen und Entsetzen rief: „Iny!“ Der Lehrer saß wie im Bann einer unsichtbaren Tragödie aufrecht im Bett und hatte alles zu tun, um an seinem geraden Menschensinn nicht zu verzweifeln. Und wieder lachte er über sich selbst, da er merkte, wie er in kurzen Stößen die Luft durch die Nase sog, um den Abschuß zu riechen, der soeben vor seiner Nase freilich nicht weniger denn vor seinen Augen und Ohren gefallen sein mußte. Mußte! Oder die Welt war ein Irrsinn und auf nichts ein Verlaß. Mit einem Satz stand er auf dem Teppich. Hastig fuhr er in die Kleider. Dann fand er seine Ruhe wieder. Nicht, nicht so hastig!
Galt es etwas einzuholen ? Und galt es dies, wie konnte es mit anderen Mitteln geschehen, als mit des Gedankens Kraft und Ruhe!
Sinnend saß er auf der Kante des Bettes. Das also gab es! Gab es wirklich. Gewiß, gehört, gelesen hatte er davon. Aber es gibt viele Dinge, dachte er, die sich erlebt ganz anders ausnehmen denn gehört oder gelesen.
Sollte er die Wirtin wecken? Oder irgend sonst etwas tun, wozu man Menschen rufen muß, auch wenn es spät ist in der Nacht ? Da reizte es ihn, ganz allein alles auf sich zu nehmen.
Wenn das ein „Spuk“ war, – und er zweifelte nicht daran -, dann sollte dieses große oder kleine Unbekannte – muß es unter allen Umständen groß sein, fragte er sich, weil es so unerhört in unsere Bezirke drängt ? -, sich ihm stellen. Ihm ganz allein, seiner Kraft und Menschenwürde. Also war sein Beschluß. Dann überkam ihn wieder die Erinnerung an seinen Traum. Ja, diese Traumgeschichte! Es drängte ihn, sie aufzuschreiben. Und er schrieb sie auf.
Man ging zum Frühzug, als er, halb angezogen, sich auf sein Lager legte.
Wenige Tage später, da er halbbewußt auf die Tür seines Wandschranks sah, darinnen er Bücher und Noten aufbewahrte, entsann er sich, daß ihm in jener merkwürdigen Nacht auch von diesem Schrank geträumt hatte. Jawohl! Das stimmte, er hatte auch von diesem Schrank geträumt. Wie war das nur?
Er mühte sich vergebens, das Traumbild in die Vorstellung zu heben. Als er aber den Schrank durchsuchte, fand er hinter leicht gelockerter Tapete, die er früher nie beachtet hatte, einige Brief- und Tagebuchblätter.
Die Briefe waren an „Frau Iny“ gerichtet, die Tagebuchblätter stammten offenbar von Frau Iny selbst. Sie brachten eine nahezu vollkommene Ergänzung der Traumbilder und Wahrnehmungen, die ihm vor einigen Nächten begegnet waren. Was Traumbilder, Tagebuchaufzeichnungen und Briefblätter ergaben, will ich im folgenden so erzählen, wie mir der junge Lehrer es später erzählt und durch den eigentümlichen Fund im Wandschrank belegt hat. Die Schilderung trägt zwar durch die Besonderheit, mit der ihr Inhalt unserem menschlichen Bereich wieder zufiel, notwendig einen fragmentarischen Charakter. Aber auch in dieser Form oder vielleicht gerade dieser Form wegen ist sie reizvoll genug, da der Leser oder Hörer sie nun im freien Spiel der Phantasie ergänzen mag. Er nehme sie, wie ich sie nahm, als novellistische Skizze zu einem heiß und jäh abbrechenden Leben. Zu einem Leben, das selber Skizze war, deren Wirklichkeit wir endlich ebensowenig bezweifeln werden wie der junge Lehrer, dem wir sie recht eigentlich verdanken.
Der große Übersee’er lag am Kai. Zum erstenmal seit einem Jahr betrat Heinz Horsten wieder deutsche Erde. Hinter den klaren Augen des Generalvertreters einer großen deutschen Handelsgesellschaft in New York träumte ein Künstler. In freien Stunden, wenn die „Underground“ ihn ans Meer trug, im Jagdhaus eines Freundes am Urwaldrand oder wenn der gespenstisch rasche Nachtzug ihn durch die Staaten führte, gelang ihm hin und wieder gar ein Lied.
Nicht viele. Aber doch. So sang die deutsche Seele in ihm. Auch drüben.
„Iny hat sich so sehr auf Dich gefreut“, sagte Fritz Horsten, der Arzt, „fast mehr als ich, obwohl sie Dich gar nicht kennt!“ Heinz sah des Bruders junges Weib zum erstenmal und wußte, daß zwischen ihnen Schicksal stand.
Frau Iny lag auf der Wiese im Garten ihres Hauses.
Man hatte vom Mittelalter und seinen Hexenprozessen gesprochen. Frau Iny trug eine Bernsteinkette und spielte mit ihr. Plötzlich tastete sie nach einem kleinen Leberfleck.
„Dies ist mein Hexenmal“ lachte sie. „Heinz, Du würdest mich im Mittelalter verbrannt haben ?“
„Im Mittelalter vielleicht. Heute nicht, so sehr ich einer Hexe verfallen bin.“
Heinz Horsten ging auf Reisen. Aber er kehrte ins Arzthaus zurück. Immer wieder.
Von diesen Reisen müssen die Briefe stammen. In dieser Zeit entstanden Frau Inys Tagebuchblätter.
Der Mond schrieb sein Todeszeichen an den Himmel, die drohende Sichel.
Sie saßen am nahen Strom.
Er rauschte dunkel und schwer. Am Ufer glänzte er mit schwarzen Augen.
Auch Inys Augen sind schwarz und wie dunkle Meere voll unheimlich-seliger Tiefe, dachte Heinz Horsten und atmete ihr diese Worte zu: „Unsere Liebe ist wie eine alte Sage. Schön und furchtbar zugleich. Iny, anfänglich habe ich gefragt, woher sie kommt und warum sie ist, da Du des Bruders Weib bist. In den Bergen hab ich gefragt, in der Kälte der Gletscher. Im Flugzeug und auf den romantischen Burgen des Rheins. Aber ich frage jetzt nicht mehr, denn es gibt keine Antwort.“
Das Verhängnis erfüllte sich. Konnten sie zurück? Wollten sie zurück?
„Dein Bruder ist gut zu mir“, sagte Frau Iny. „Es ist also nicht so“, spann Heinz ihre Worte fort, „es ist also nicht so wie es tausendfältig ist: der Gatte enttäuscht die Gattin, die Gattin enttäuscht den Gatten, und alle Schuldverstrickung erwächst in Gemeinsamkeit.“
Und Iny: „Ich weiß, Du brauchst eine solche Schuldverstrickung nicht, um unsere Leidenschaft tragen zu können!“ Sieg und Rausch waren in ihren Worten, und die Berückung ihrer Stimme gab ihm erneut die Gewißheit: Wir werden irgendwie vernichtet werden. Dies alles entnehmen wir den Träumen des jungen Lehrers und seinem seltsamen Fund im Wandschrank.
Es wäre ein Leichtes, und es ist nicht ohne eine gewisse Verlockung, dieses eigentümliche Fragment einer menschlichen Leidenschaft fortzuspinnen. Möchte auch nicht alles in jedem Zuge der nun schon wenigstens im äußeren Raum verklungenen Wirklichkeit entsprechen, – das Wesen wäre in unsere Aufzeichnungen gebannt und also wäre ihm Genüge getan. Lassen wir’s indessen dabei bewenden und vernehmen wir nur noch, daß – wie wir uns leichthin zu denken vermögen – in der Wiederholung solcher und ähnlicher Begebnisse endlich die letzte und vernichtende Szene abrollen mußte. Blätter und Träume berichten hiervon nichts. Der junge Lehrer erfuhr sie, als er seine Beobachtungen und Entdeckungen dem Rektor anvertraute. Der lächelte vielwissend, doch nicht ohne einen Zug des Grauens, und sagte: „Ich befürchte, daß ich das Ende ihrer Geschichte weiß. Der Arzt überraschte eines Nachts, früher als erwartet von der Praxis heimkehrend, Bruder und Frau. Er trug, wenn er nachts weit hinaus mußte, der unruhigen Zeit halber einen Revolver bei sich. Dies war sein Unheil. Und nicht nur das seine. Er erschoß im Höchstmaß der Verwirrung die junge Frau.“
„In meinem Zimmer natürlich“, ergänzte der Lehrer fast trockenen Tones, als sei es die nüchternste Selbstverständlichkeit, um die es sich handelte, „und der Bruder rief entsetzt ihren Namen. Natürlich, so muß es sein, es kann ja gar nicht anders sein. Das Haus am Weinbergweg 7 ist also das Arzthaus. Nun ist mir alles klar. Die novellistische Skizze kommt zu ihrem Ende. Eine vortreffliche Geschichte, nicht wahr ? Alles ganz selbstverständlich! Ja, ganz selbstverständlich. Es wäre schade, wenn sich keine Hand fände, sie zu notieren!“ Der Rektor bemerkte wohl, wie erkünstelt Fassung und Witz des jungen Kollegen waren. Das große Unberechenbare war zu jäh, zu wirklich und undurchschaubar zugleich über ihn gekommen. Es hatte ihn offenkundig noch aus den Todesregionen in eine Lage versetzt, die für Millionen heute lebender Menschen jedenfalls alles andere als selbstverständlich sein würde. Allein die scheinbare Selbstverständlichkeit gerade, mit der sich alles wie auf einem magischen Theater abspielte, sich alles entwickelte, entrollte, fortspann und bis in die äußere Wirklichkeit unseres Daseins bestätigte, – eben dieses verlieh ihm bei aller Tragik etwas von einer unheimlichen Groteske zugleich. Mutete es nicht an wie Spott und Hohn verborgener Mächte, die einen völlig Unbeteiligten in ein Szenarium einbeziehen, ohne ihn zu fragen, ohne ihn zu bitten, das nur zu einem geringen Teil vor unseren Augen liegt!
Solcherlei Erwägungen durchzogen den Rektor, als er den jungen Kollegen einige Augenblicke still betrachtete. Er fühlte das Bedrohliche seiner Lage und meinte darum mit kluger Absicht: „Kommen Sie, lieber Freund, spielen wir eine Partie Schach! Das macht klare Gedanken. Die braucht man, wenn einen solche Erlebnisse nicht umwerfen sollen.“
„Sagen Sie mir zuvor nur noch: was wurde aus den unseligen Brüdern des Dramas? Wissen Sie oder weiß man das auch ?“ „Ja“, sagte der Rektor, „auch das weiß man. Der Arzt lebt irgendwo in Amerika. Der Bruder hat sich erschossen.“ Der junge Lehrer schwieg lange. Dann spielten sie eine Partie Schach.