Von Burgen, Schätzen und Morden
Sagen aus der Gegend von Wershofen
Rainer Justen
Die Kunde von seltsamen Ereignissen wurde früher von Generation zu Generation mündlich weitergegeben, und dabei nicht selten im Laufe der Zeit durch die vielen Erzähler ergänzt oder verkürzt. So entstanden die Volkssagen, die auch heute noch in vielen Orten der Eifel als Heimaterbe lebendig sind und weitergegeben werden.
An dieser Stelle soll von einigen Geschichten berichtet werden, die man sich in der Gegend von Wershofen erzählte. Sie wurden zum Teil im 19. Jahrhundert nach mündlicher Überlieferung aufgeschrieben, um sie der Nachwelt zu erhalten.
Über die Bewohner der Burg Schellenberg, die sich einst auf dem Schellen- bzw. Silberberg hoch über der Ahr bei Fuchshofen erhob, gibt es folgende zwei Sagen: Vor langer Zeit herrschten drei Ritter von der Schellenburg aus über ihr Land. Gegenüber ihrer Burg befand sich auf dem rechten Ufer der Ahr ein Kloster. Aber statt sich in den christlichen Tugenden zu üben, wie es ihrem Stand entsprochen hätte, lebten die Klosterfrauen in unerlaubter Beziehung zu den Rittern. Dieses erregte bald überall Zorn und Empörung. Um dem Treiben ein Ende zu machen wurden die falschen Ordensfrauen schließlich aus dem Land vertrieben. Die Ritter wurden, so erzählt man sich, eines Morgens erdrosselt in ihren Betten aufgefunden. Wer sie umgebracht hatte, wurde niemals bekannt. Später lebte auf der Burg eine fromme Herrin, von der es heißt, sie sei freundlich und gütig zu ihren Untertanen gewesen. Als sie erfuhr, daß in Wershofen eine neue Glocke gegossen werden sollte, nahm sie, obwohl man sie nicht um ihre Hilfe gebeten hatte, eine Schürze voll mit Goldtalern und fuhr nach Wershofen hinauf, um diese dort vor den Augen der staunenden Bevölkerung in den Gußbrei zu werfen, damit der Klang der Glocke durch das Gold verschönert werde.
Wie um fromme Gaben, so ranken sich ebenfalls oft um Schätze Legenden. Dabei geht es vornehmlich um solche, die einst versteckt und nie wiedergefunden wurden, wie die verlorene Kirchenkasse von Wershofen, um die es in einer Volkssage geht:
Im 30jährigen Krieg kamen, angezogen durch das nahegelegene Schloß Aremberg, auch schwedische Kriegsscharen nach Wershofen. Da es sich gezeigt hatte, daß die Schweden nicht vor dem Raub der Kirchenschätze zurückschreckten, fürchtete der Pastor, daß seiner Pfarrei dasselbe widerfahren könne. Deshalb nahm er die Kirchenkasse, verschloß sie in einer Büchse, die vorher zur Aufbewahrung einer Fahne benutzt worden war, und vergrub diese in einer Nacht auf dem Pfarrwittum, an einer nur ihm bekannten Stelle. So hätte der Kirchenschatz nach dem Krieg wohlbehalten wieder ausgegraben werden können. Doch dazu kam es nicht; denn kurz nachdem er den Schatz vergraben hatte, starb der Pastor, ohne jemandem das Versteck verraten zu haben. Im Laufe der Zeit suchten viele nach dem verlorenen Kirchenschatz, aber bis heute hat ihn noch niemand gefunden. Auch von Morden handeln manche Sagen. So erzählt man sich in Hummel die Sage vom Mord auf dem Breitzter Hof: Vor langer Zeit gab es in Hummel den Brauch, daß der Küster am Weihnachtsmorgen so lange zum 1. Mal zur hl. Messe läutete, bis ihn die Herrin vom Breitzter Hof oder ihre Stellvertreterin mit einem geräucherten Schinken auf den Rücken schlug und ihm diesen dann als Weihnachtsgabe überreichte. Als die Gabe an einem Weihnachtsmorgen ausblieb, gingen die Bewohner von Hummel zum Hof, um zu erfahren, weshalb niemand mit dem Schinken gekommen war. Zum allgemeinen Entsetzen stellte man fest, daß in der Nacht das Anwesen geplündert und die Bewohner grausam ermorden worden waren. Nur eine Dienstmagd, die auf dem Hofe angestellt gewesen war, fand man nicht mehr. Es wurde angenommen, daß sie vielleicht aus Haß gegen ihre Herrschaft Mitwisserin oder sogar Mittäterin gewesen sei. Die hier angegebenen Geschichten, die alle in dieser Art mündlich überliefert wurden, zeigen, wie Ereignisse und Personen im Volk noch lange in Sagen weiterleben.