Vischel – Ein altes Kirchspiel
Vischel – Ein altes Kirchspiel
VON PASTOR HABITZ
Das kleine und romantische Vischeltal, ein Seitental der Ahr (bei Kreuzberg), hat wahrscheinlich seine erste Ansiedlung dort gehabt, wo jetzt der Gutshof der Grafen von Gymnich steht. Pächter ist zur Zeit die Familie Klemms. Vielleicht war es schon eine Keltische Siedlung; denn der alte Name Wizselle dürfte darauf schließen lassen. Gewiß hat erst der Bach so geheißen; und wie bei so vielen anderen Siedlungen, hat der erste Hof im Vischeltal dann den Namen Vischel (Wizelle) bekommen. Die Kelten waren Heiden. Sie gehörten nicht zu den Germanen. Da sie meist Wasser- und Fruchtbarkeitsgottheiten verehrten, werden sie auch hier eine Göttin (Nymphe) der Vischel und besonders der Vischelquelle verehrt haben.
Ob die Römer, die die Kelten besiegten und vielfach vertrieben, im Vischeltal waren, ist nicht sicher. Sie haben von 58 vor Christus bis etwa 400 das ganze linke Rheingebiet in ihrem Besitz gehabt. Es sind unseres Wissens iin Vischeltal und in der näheren Umgebung keine römischen Funde gemacht worden. Die Franken, ein Germanenstamm, die im 4. Jahrhundert über den Rhein bis nach Belgien und Frankreich vordrangen, waren landhungrige Leute. Man spricht darum in der Geschichte auch von der Landnahme der Franken. Sie haben die Städte oft garnicht erobert. Sie haben sich dann später sowieso ergeben. Solch ein Frankenvasall hat vielleicht das Gut im Vischeltal in Besitz genommen.
Foto: Kreisbildstelle
Vischel
Dieser fränkische Grundherr hat dann nach der Taufe Chlodewigs oder später in der fränkischen Kaiserzeit den christlichen Glauben angenommen. Meist baute er dann auf seinem Burggelände eine Kirche, eine Holz- oder Fachwerkkirche.
Da das Kloster der Benediktiner in Prüm schon 893 im Vischeltal einen reichen Besitz hatte, der wohl mit Sicherheit dann an das Tochterkloster Münstereifel kam, so können wir annehmen, daß die Mönche von Prüm oder später die Mönche von Münstereifel auch die Seelsorge in der Vischel hatten. Die kleine Kirche (capella) brauchte nicht groß zu sein, da nur wenige Höfe rundum lagen. Nach 1000 wird von 30 Hufer, also 30 Familien gesprochen. Diese Hofbauern waren Lehnsträger (Pächter) des Herrn von Vischel oder der Abtei Prüm bzw. Münstereifel. Eine Hufe oder ein Mansus war meist 30 Morgen groß. . . Von den Bauern aus der fränkischen Zeit sind uns zwei mit Namen bekannt: Radulf und Ekibald. .
Die Kirche, die der Gutsherr gebaut hatte, war eine Eigenkirche, d. h. sie gehörte ihm, nicht der Gemeinde. Er mußte für den Geistlichen sorgen. Weil die Herren von Vischel nie in den alten Urkunden als Patrönatsherren auftreten, so ist zu vermuten, daß diese Herren in frühester Zeit (9. Jh.) das Patronatsrecht an die Benediktiner Abtei Münstereifel abgetreten haben. Diese erscheinen in alten Urkunden als die Patrönatsherren in Vischel. Der Pätronatsherr hatte den Geistlichen vorzuschlagen. Der Dechant führte ihn ein.
Die Kirche wurde wahrscheinlich vor dem.Jahre 900 Pfarrkirche, d. h. es kam nicht gelegentlich ein Geistlicher zum Messehalten, sondern ein Geistlicher wurde Verwalter des Gotteshauses und nahm für gewöhnlich auch dort seinen Sitz. Sein Gehalt bezog er von den Gütern, Zehnten und Pächtern, die mit dem Pfarrsitz verbunden waren. Diese mußten von dem Herrn der Kirche, also dem Burgherrn oder später, der Abtei Münstereifel, gestiftet oder als Recht und Eigentum des Pfarrers erklärt werden.“ • ‚ Um 1050 wurden in unserer Gegend viele Holzoder Fachwerkkirchen abgerissen und feste
Steinkirchen (aus Bruchsteinen) errichtet. Kurz danach (1086 und 1105) wurde den Mönchen in Münstereifel von den Kölner Erzbischöfen Sigerin und Friedrich I. bestätigt, daß sie im Besitz des Patronatsrechtes in Vischel seien. Unterhaltungspflicht hatte die Abtei für das Kirchenschiff, die Gemeinde für den Turm und der Herr von Vischel für das Chor. Wir haben schon gehört, daß die heidnischen Kelten Wassergottheiten verehrten, so war es verständlich, daß man im Tal der Vischel der Kirche den hl. Nikolaus zum Pfarrpatron gab, der ja der Patron der Fischer und Seefahrer ist. An Flüssen, Seen und am Meer finden wir sehr oft den hl. Nikolaus als Pfarrpatron. Nach 1500 wurde die Kirche erweitert, wie der Stein über dem Portal verrät. Wahrscheinlich wurde sie bei dieser Gelegenheit ein Stück höher gebaut. Um 1700 mußte der Turm erneuert werden. 1695 wurde der Fußboden höhergelegt, wahrscheinlich wegen der Feuchtigkeit. Das Tal der Vischel war ehedem ein Teil der Herrschaft Tomburg. Um 1180 erwarb das Territorium für die Kölner Kirche der Erz-bischof Philipp von Heinzberg. 1364 ist es als Lehen an die Familie von Gymnich gekommen. Die Gymnicher starben 1806 in männlicher Linie aus. Das Besitztum Vischel „blieb aber bis heute bei der Familie von Gymnich, deren Schloß einmal Wolff-Metternich und heute De Maistre innehatte, Graf Wolff-Mettcrnich hat 1905 das Mausoleum (Grabgruft) an die Kirche anbauen lassen.
Es scheint, daß das stille Tal der Vischel gerade durch seine Abgelegenheit von den großen Wirren verschont blieb. Wir finden keine Notiz vom Dreißigjährigen Krieg, von den Feldzügen der Kalvinistischen Geusen (Holländern) oder von den Unruhen vor und in der französischen Revolution. 1803 wurde das Klosterstift in Münstereifel aufgehoben; und damit endet auch die jahrhundertalte Versorgung der Vischel von Münstereifel aus. Zwar haben wir wahrscheinlich schon im 16. Jahrhundert keinen Pfarrer in Vischel, der noch Mönch ist. Die Benediktiner bzw. die nachfolgenden Stiftsherren stellen einen Weltpriester als Pastor an. Im Bruderschaftsbuch in Hilberath stehen wahrscheinlich die älteren Pfarrer von Vischel, die uns noch mit Namen bekannt sind: Henrich Lymbach und Joan Armendorff, |f: Vischel gehörte bis 1800 zur Kölner Diözese; dann‘ zur Diözese Aachen und seit 1824 zur Diözese Trier.
Von einem Pfarrhaus ist erst spät die Rede. Die Leute waren ehedem sehr bescheiden. Viele Pfarrer dürften in einer kleinen Hütte gelebt haben, ein Raum war es meist: Küche, Wohnraum und Schlafzimmer in einem. Um 1600 wurde ein Pfarrhaus gebaut. Es war einstöckig. 1824 ist die Pastorat Zweistöckig. 1886 wurde das letzte Pfarrhaus in Fachwerk gebaut. Es hatte acht Räume und einige Dachkammern. Dieses Haus wurde 1956 umgebaut zum Landschulheim.
Zur Pfarrei Vischel gehörten Berg, Freisheim und Krählingen, dazu die Dörfer Häselingen und Vollen und einige.allein liegende Höfe. Die erste Kapelle stand in Berg etwa 1430. In Krählingen hat schon im 15. Jahrhundert eine Quirinuskapelle gestanden. Die Rochuskapelle in Freisheim wird erstmalig 1727 erwähnt. Es könnte aber schon vorher eine Rochuskapelle dort gestanden haben.