Unternehmer Robert Wolff aus Weibern
Freiheit, Selbständigkeit und Selbstbestimmung für alle Arbeitnehmer
Gerd Distelrath l Werner Roth
Robert Wolff ist 58 Jahre alt, seit 25 Jahren Unternehmer. Er ist gelernter Werkzeugmacher. Mit einer selbst umgebauten Maschine machte er sich selbständig.
Der Inhaber des 1968 in Weibern angesiedelten Industrieunternehmens für Werkzeuge und Geräte des Heimwerkerbedarfs baute das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern von Jahr zu Jahr weiter aus. 1977 kam ein neues Werk in Kempenich hinzu. Seine ,,wolfcraft“-Erzeugnisse haben heute internationalen Ruf. Sie gehen in aller Herren Länder. 1971 wurden gerade 100 Mitarbeiter beschäftigt, 1978/79 nahezu 200. 17 Millionen Umsatz wurden 1975 erzielt, 34 Millionen im Jahre 1978. Für das Jahr 1979 strebt die Firma woifcraft ein Umsatz- und Gewinnwachstum von 20 % an.
Seinen Erfolg mit Werkzeugen und Geräten für den Hobby-Markt führt Wolff nicht nur auf die Welle des „Selber-Machens“ zurück, sondern vor allem auf die Umsetzung marktwirtschaftlicher Prinzipien und Spielregeln auch innerhalb des Unternehmens. In der Philosophie des woIfcraft-Unternehmens heißt das konkret: so wie jedes Unternehmenseine Verbraucher/Kunden mit Gütern und Service-Leistungen, dem ,,besonderen Nutzen“ usw., umwirbt, muß das auch mit den Mitarbeitern geschehen. Im neuen Wolff-Verständnis ist nicht nur der Kunde ,,König“, sondern auch der Mitarbeiter. So wie jedes Unternehmen versucht, die Bedürfnisse seiner Kunden so genau wie möglich herauszufinden, so muß der Unternehmer die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter erkennen und sie befriedigen. Als Gegenleistung erhält er die erhöhte Leistung, Zufriedenheit und Zukunftssicherheit des Unternehmens. Dadurch konnten 1978 DM 6000 pro Mitarbeiter als Gewinnanteil ausgezahlt werden.
Die persönliche Freiheit als Selbstbestimmung und Selbstverantwortung darf nach Wolff nicht nur Grundlage unserer Demokratie bleiben, sondern sie muß auch innerhalb der Unternehmen gelten. Auf dem inneren ,,Markt“ des Unternehmens erkannte Woiff die Mitarbeiter-Bedürfnisse nach Sicherheit, Anerkennung, Entscheidungsfreiheit, Weiterbildung und Eigentum. Konsequent gliederte er innerhalb von 5 Jahren seinen Betrieb in selbständige Gruppen um, in denen die Mitarbeiter an den Entscheidungen über die zu erreichenden Ziele, den Arbeitsplatzwechsel, der Gestaltung, über Einstellungen, Entlassungen usw. mitwirken. Überflüssige Hierarchie kappte er. Im Hause woifcraft sind alle Funktionen, also alle Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens ,,unternehmerische Tätigkeiten“, die im hohen Maße die Freiheit der Entscheidung, sprich: Selbständigkeit, voraussetzen. Da unternehmerische Tätigkeit, Mitdenken und Weitblick nicht ohne Fakten und Hintergrundwissen möglich sind, werden alle Mitarbeiter einmal im Monat über sämtliche Zahlen des Unternehmens (Umsätze. Kosten Gewinne Investitionen. Finanzplanungen usw. informiert Für Unternehmer ist es selbstverständlich, sich laufend zu bilden: da in der Philosophie und Praxis des Unternehmens alle Mitarbeiter unternehmerisch Tätige sind. wurde eigens ein „Trainer- und Organisationsentwickler engagiert Er Kennt den Betrieb gut und liefert den Mitarbeitern und Gruppenführern in 2tägigen Seminaren monatlich Denkanstöße und Arbeitsmittel und erarbeitet mit ihnen Hintergrundwissen aus dem Unternehmen. aus Wirtschaft und Gesellschaft. Was aber noch wichtiger ist: Mehr Wissen und die Möglichkeit, sachlich und offen Probleme zu diskutieren, fuhren zu besseren Entscheidungen, erhohen das Selbstwertgefühl jedes Einzelnen und verringern Reibungsflächen.
wolfcraft -Betrieb in Weibern
Foto: Kreisbildstelle
Unter Obhut eines Sportlehrers können alle Mitarbeiter wöchentlich in den werkseigenen Turn- oder Schwimmhallen schwimmen. Gymnastik treiben oder wandern. Im Hause woifcraft ist der Gewinn Ergebnis der unternehmerisch Tatigen, daher sind alle Mitarbeiter am Gewinn beteiligt. 1978 gab es zum normalen Einkommen pro Kopf DM 6000 Gewinnanteile. 1974 waren es noch DM 900. Allein an den Gewinnanteilen kann man schon die enorme Leistungssteigerung des Unternehmens ablesen Robert Wolff sieht das so:
„Die Anwendung marktwirtschaftlicher Prinzipien auch innerhalb des Unternehmens brachte jene Ergebnisse, die sonst den Erfolg und die Überlegenheit der Marktwirtschaf; gegenüber allen anderen Systemen ausmachen Dynamik. Beweglichkeit und Leistungssteigerung1 . Rcbert Woiff versteht die angewandte Marktwirtschaft als 2 Phase der Sozialen Marktwirtschaft. Nach seinen Beobachtungen hat längst ein neuer Ausleseprozeß begonnen Er folgert daher: Nur ivenn wir alle Energien und die Kreativität von Unternehmern und Mitarbeitern bundein, sorgen wir für das Überleben unserer Unternehmen und damit der freiheitlicheh Gesellschaftsordnung insgesamt. Diese gesellschaftspolitische Funktion des Unternehmens liegt ihm sehr am Herzen.
Robert WoIff gibt sich deshalb auch nicht mit den großen Erfolgen in seinem Unternehmen zufrieden Er lädt Unternehmer aus nah und fern in sein Unternehmen zu Gesprächen über Führungsstil Organisation und Erfolg der mittelständischen Werkzeugfabrik wolfcraft in Weibern ein. Und viele kommen Die erste Veranstaltung am 13. März 1979 war derart überbelegt daß ein weiterer Termin für eine Informationsveranstaltung mit Betriebsbesichtigung durchgeführt wurde. Robert Wolff sprach über „persönliche Freiheit und Verantwortung für alle Mitarbeiter durch das
Neben der Fertigung prägen Montage und Verpackung das Bild des Weiberner Unternehmens
Foto: Kreisbildstelle
Unter Anleitung eines Sportlehrers treiben die Mitarbeiter in der werkseigenen Turnhalle Gymnastik
Foto: Kreisbildstelle
Prinzip der angewandten Marktwirtschaft im Unternehmen“. 40 Unternehmer aus Siegen, Heilbronn, Duisburg und Mayen verfolgten seine Ausführungen mit größter Aufmerksamkeit und diskutierten über sein Angebot an seine Mitarbeiter. Dabei war interessant zu beobachten, daß die Seminarteilnehmer am Schluß der Veranstaltung die Notwendigkeit der weiter entwickelten Unternehmensführung erkannten.