Team Zakspeed: Die PS-Schmiede im Brohltal
Luki Scheuer
Dieter Glemser (links) und Jochen Maas (rechts) griffen für Erich Zakowski (Mitte) in die Lenkräder
Foto: Esch
„See you tomorrow at Zaktown“, sagte Bob Constanduros, bekannter englischer Motorsportjournalist, und sein Photograph antwortete kurz: ,,0kay!“ Die beiden hatten nichts anderes getan, als sich für den nächsten Tag in Niederzissen verabredet. Zaktown — Zakstadt — ist nämlich für viele Motorsportenthusiasten lediglich ein neuer Name für den Ort, der die Verwaltung der Verbandsgemeinde Brohltal in seinen Mauern beherbergt.
Leuten, die von ,,Zaktown“ reden, ist allerdings die Verwaltungseinrichtung reichlich schnuppe, sie denken an das Rennteam Zakspeed und an dessen Chef und Inhaber Erich Zakowski. Beide Namen sind im Motorsport heute praktisch weltweit bekannt. Der Name Team Zakspeed und der des Herkunftsortes Niederzissen tauchen in allen Motor-Fachzeitschriften immer wieder auf. Erich Zakowski formte das Team Zakspeed in den vergangenen zwölf Jahren zum erfolgreichsten Produktionswagen-Team Europas.
Dabei fiel dem Mann mit dem Silberhaar nichts in den Schoß. Harte Arbeit und überdurchschnittliche Mitarbeiter sind die Grundlagen der Zakspeed-Erfolge. Erich Zakowski hat seinen Weg zum erfolgreichen Unternehmer mit Beharrlichkeit und vom Nullpunkt aus gemacht.
Als Zwölfjähriger flüchtete Erich Zakowski mit Eltern und Geschwistern aus der ostpreußischen Heimat über das Haff in den Westen, Nach dem Schulbesuch hieß es zunächst einmal, Geld zu verdienen. Geld verdiente man im Bergbau. Erich Zakowski zog in das Ruhrgebiet. Als seine Familie dann in das Brohltal übersiedelte, zog er mit und absolvierte in Andernach eine Kfz-Mecha-niker-Lehre. Er machte Gesellen- und Meisterprüfung. Mehr als mit sensationell schnellen Autos machte er damals durch seine ausgeprägte Härte beim Fußballspiel von sich reden. Er spielte bei der TuS Niederoberweiler und weiß heute noch von den heißen Lokalkämpfen gegen Mannscharten aus Niederzissen oder Burgbrohl zu berichten. Doch Fußball war allenfalls Ausgleich, die Arbeit wichtiger.
Erich Zakowski arbeitete tagsüber in Andernach und reparierte — er hatte inzwischen ein eigenes Unternehmen angemeldet — bis spät in die Nacht in einem angemieteten Schuppen in Niederoberweiler Lastwagen. Schließlich wagte er den Sprung zum ,,richtigen“, das heißt völlig selbständigen Unternehmen.
Sieger beim Großen Preis der Tourenwagen 1974: Ein Zakspeed-EscortDer Zakspeed Capri Turbo (vorn) leitete eine neue Ära im Produktionswagensport einDie Zakspeed-Crew beim Tankstop während des 1000-Kilometer-Rennens Fotos: Esch |
In Niederzissen entstand an der Wehrer Straße in einem ehemaligen Gebiet saurer Wiesen Zakowskis erster Betrieb, Ford auf dem Pkw-Sektor und Magirus Deutz im Lastwagenbereich wurden betreut und verkauft. Das Unternehmen wuchs rasch. Sein Chef hatte damals noch keine Gedanken daran, einmal in den Automobilrennsport einzusteigen. Autos verkaufen und für zufriedene Kunden sorgen, das waren für Erich Zakowski und seinen Geschäftsführer Siegfried Vogel wichtigere Dinge.
An den Wochenenden jedoch, wenn auf dem Nürburgring Rennen liefen, sah man Zakowski meist im Fahrerlager herumwandern und aufmerksam nach technischen Details an den Fahrzeugen Ausschau halten. Und allmählich reifte in ihm die Erkenntnis: „Was andere können, können wir in unserem Betrieb auch . Nun hieß es, sich Gedanken darüber machen, welches Auto als Basis für einen Renntourenwagen infrage kommen konnte, Klar, daß sich Ford-Händler Zakowski für einen Ford entschied. Der Escort bot damals von den sportgesetzlichen Bestimmungen her wohl die besten Möglichkeiten.
Erich Zakowski richtete einen Raum im Untergeschoß seines Niederzissener Betriebes her. Dann ging es darum, erfahrene Rennmechaniker zu finden, denn zunächst fing man ja in Niederzissen ganz von vorn an und eigene Leute mußten noch ausgebildet werden. Da kam dann unter anderem auch ein Engländer namens Phil. Ein netter Junge, der allerdings die englischen Teepausen für wichtiger zu halten schien als die Arbeit am Rennwagen, Doch mit Helmut Barth aus Niederoberweiler machte sich damals schon ein technisches Talent bemerkbar. Barth ist heute Chefmechaniker bei Zakspeed und gehört zweifellos zu den Spitzenleuten seines Fachs.
Die Motoren bezog Zakowski damals von dem englischen Tuner Ralph Broad. Die Triebwerke waren sündhaft teuer, hatten auch reichlich Leistung, vermiesten aber den Leuten aus dem Brohltal oft die Stimmung, da sie schneller auseinanderflogen als man sie aus England herbeischaffen konnte. Nun, inzwischen hat sich das natürlich längst geändert. Die Zakspeed-Motorenabteilung, mit Ernst Hirsch aus Niederdürenbach an der Spitze, garantiert heute kraftvolle und zugleich auch zuverlässige Motoren „Made in Niederzissen“.
Fahrer bei Zakowski Formel-1-Weitmeister 1979 Jody Scheckter
In der Brohltalmetropole trauerte man eines Tages übrigens der Zakspeed-Rennabteilung nach, denn der Betrieb an der Wehrer Straße platze einfach aus den Nähten und so verlegte Erich Zakowski sein Rennunternehmen nach Neuhäusel im Westerwald, wo er einige Jahre zuvor einen hochmodernen Betrieb zur Betreuung seiner Magirus-Deutz-Lkw-Kunden dieses Gebietes aufgebaut hatte. Er versprach allerdings: ..Wenn sich eine Möglichkeit bietet, kommt das Team Zakspeed zurück in das Brohltal. Das ist inzwischen längst geschehen.
An der Brohltalstraße zwischen Niederzissen und Burgbrohl-Weiler ist heute nicht nur die Rennabteilung sondern auch der Ford-Haupthändler-Betrieb ,,Autodienst Zakowski“ untergebracht.
Doch zurück zur ,,Gründerzeit“ . Die Erfolge fielen, wie bereits erwähnt, den Brohltalern nicht in den Schoß. Und nicht immer konnte sich Erich Zakowski nach einem Rennen abends in einer der vielen gemütlichen Brohl-tal-Kneipen des anerkennenden Schulterklopfens, wie heute meist üblich, erfreuen. Spöttisches Mitleid begleitete zunächst wohl mehr die Kommentare. Doch der Ostpreuße Erich Zakowski bewies damals vor allem Durchhaltevermögen und wurde dafür belohnt. Allmählich stellten sich die Erfolge ein. Fahrer wie Harald Menzel (Dannenberg) und Willi Sommer (Mainz) brachten die damals gelbgrünen Zakspeed-Flitzer in die Siegerlisten. Und noch einer war es, der für Zakspeed fuhr und den ersten Nürburgring-Sieg für das Team beisteuerte: Michael Kranefuß, heute Europa-Motorsport-Direktor bei Ford.
Anfang der siebziger Jahre mußte Zakowski sehr geschickt taktieren. ,,Mit Ford gegen Ford , hieß das Motto. Schließlich betrieb die Rennsportabteilung des Kölner Werks damals selbst noch sehr intensiv Motorsport. Zwangsläufig mußte es zu Interessenkollisionen kommen. Zakspeed avancierte zum härtesten Konkurrenten der Werks-Rennsportabteilung. Höhepunkt dieses verdeckt geführten Zweikampfes war der Sauerland-Bergpreis 1973, letzter Lauf zur deutschen Rennsportmeisterschaft. Sowohl Dieter Glemser auf dem Zakspeed-Escort als auch Hans Heyer auf dem Werks-Capri konnten den Titel noch gewinnen. Erich Zakowski landete bereits im Training einen Punktsieg. Davon ausgehend, daß bei dem zu erwartenden naß-kalten Wetter die richtige Reifentemperatur eine entscheidende Rolle spielen würde, hatte er sich etwas besonderes einfallen lassen: In seinem Transporter war eine komplette, funktionsfähige Sauna installiert, in der die Zakspeed-Crew nicht etwa überflüssige Pfunde abspeckte, sondern die Rennreifen ,,vorheizte. Dieter Glemser wurde deutscher Automobil-Rennsportmeister.
Gab es noch Zweifler an der technischen Potenz des Teams Zakspeed, so wurden diese im Jahr darauf nachdrücklich in die Ecke verwiesen. Die Renner aus dem Hause Zakowski gewannen alles, was es zu gewinnen gab. Dazu gehörten die deutsche Automobil-Renn-sportmeisterschaft, erneut mit Dieter Glemser als Fahrer, die Europameisterschaft der Tourenwagen für Marken und der Titel des Tourenwagen-Europameisters durch Hans Heyer. Spektakulärster Erfolg des Jahres war der Sieg beim Großen Preis der Tourenwagen auf dem Nürburgring durch Klaus Ludwig und Hans Heyer. Dieser Erfolg wurde gegen die Werkswagen von Ford und BMW, hubraummäßig und motorisch weit stärkere Fahrzeuge, herausgefahren. Der Name ,,Zakspeed“ wurde zum Inbegriff für technische Höchstleistung und Zuverlässigkeit. Dieter Glemser, der Rosenzüchter aus dem schwäbischen Warmbronn, hängte am Saisonende den Sturzhelm an den Nagel. Sein Nachfolger als Fahrer Nummer eins wurde Hans Heyer aus Wegberg.
Fahrer beim Team Zakspeed: Harald Ertl
Fahrer beim Team Zakspeed: Hans Heyer
Fotos: Archiv
Heyer und Zakspeed setzten die Erfolgsbahn fort. 1975 holte der Mann vom Niederrhein mit dem typischen Tirolerhut auf Zakspeed-Escort den Meistertitel, 1976 ebenfalls.
1975 begann die Serie der „Zakspeed-Südafrika-Expeditionen‘. Das 1000-Kilometer-Rennen von Kyalami bescherte Zakowski zweifellos die international wertvollsten Erfolge. 1975 war BMW mit einer großen Streitmacht und so bekannten Fahrer wie Hans Joachim Stuck, Ronnie Peterson. John Fitzpatrick und anderen vertreten. Ford startete mit einem Werks-Capri. Da nahm sich der eine Zakspeed-Escort aus wie ein klitzekleiner David gegen eine ganze Heerschar riesiger Goliaths.
Und dann geschah das, was südafrikanische Zeitungen überschwenglich als ,,Wunder von Kyalami“ feierten: Der Escort aus Niederzis-sen gewann das bedeutendste Tourenwagenrennen der südlichen Hemisphäre. Und das gleich mit elf Runden Vorsprung vor dem Zweitplazierten. Zakspeed wurde dadurch in Südafrika so populär, daß beim zweiten Auftritt im Jahr darauf praktisch vom ersten Tag an Fernsehteams und ganze Reporterschwärme den Leuten aus der Eifel folgten.
Ein Jahr darauf trat BMW unter Leitung von Jochen Neerpasch in Kyalami mit einem Superaufgebot an. Zakspeed schickte zwei Wagen in das Rennen, hatte aber mit Jody Scheckter den Publikumsliebling der Südafrikaner verpflichtet. Nach einer kampfbetonten Materialschlacht fuhren die beiden Zakspeed-Escort mit sechszehn Sekunden Abstand voneinander als Erster und Zweiter über die Ziellinie. Der beste BMW hatte neun Runden Rückstand. Weitere Erfolge „ganz weit weg von zu Hause“ sind der zweimalige Sieg im Großen Preis von Malaysia in Kuala Lumpur und der zweite Platz im Großen Preis von Macao.
Im Jahre 1978 begann für das Team Zakspeed ein technischer Übergang. Die Zeit des Escort als Spitzenfahrzeug in der Produktionswagenkategorie ging zu Ende. In der Niederzissener Rennsportabteilung befaßte man sich intensiv mit dem Aufbau eines völlig neuen Rennwagens auf der Basis des Ford Capri. Parallel zur Entwicklung eines Rohrrahmen-Chassis lief das technische Programm für einen Motor mit sogenannter Turbo-Aufladung. Beim letzten Rennen des Jahres, dem ADAC-Bilstein-Super-Sprint auf dem Nürburgring, konnten die Zakspeed-Fans jubeln: Hans Heyer steuerte den Turbo-Capri zum ersten Sieg. Durch Heyer und Harald ErtI folgte eine ganze Serie von Erfolgen im Jahre 1979.
Die Rennabteilung ist im Gesamtunternehmen Zakowski GmbH nur ein kleiner aber intensiver Teil. Ein Teil, der das Unternehmen und seinen ,,Heimathafen“, Niederzissen, weltweit bekannt macht. Ein in der Wirkung kaum abzuschätzender PR-Faktor. Doch auch für den engeren Heimatbereich ist die Zakowski-Gruppe von Bedeutung. 130 Leute werden insgesamt beschäftigt, 90 davon in Niederzissen. Wertvolle Arbeit wird auf dem Gebiet der Berufsausbildung geleistet. 30 Jugendliche befinden sich bei Zakowski im gewerblichen Bereich, neun auf dem kaufmännischen Sektor in der Ausbildung. Sicher werden einige von ihnen eines Tages als Rennmechaniker im Team Zakspeed die große, weite Rennsportwelt kennenlernen. Denn Erich Zakowski hat noch viele Pläne. Und vielleicht gibt es eines Tages sogar einen Formel 1-Rennwagen aus dem Brohltal. Darauf angesprochen winkt der PS-Zauberer zur Zeit noch lächelnd ab. Wer ihn aber kennt, traut auch ein solches Engagement Erich Zakowski zu. Denn ihn reizen gerade Aufgaben, die schwierig zu lösen sind. Wäre er keine unternehmerische Kämpfernatur gäbe es heute bestimmt nicht das Gesamtunternehmen Zakowski in der beschriebenen Größenordnung und mit Sicherheit kein Team Zakspead, und Bob Constanduros, der Journalist aus England, würde Niederzissen nicht „Zaktown“ nennen.