Sprachlich und naturwissenschaftlich kompetent ins erweiterte Europa. Das Are-Gymnasium in Bad Neuenahr im Porträt
In der relativ kurzen Zeit seines Bestehens seit 1947 hat das Are-Gymnasium schon eine bewegte Geschichte hinter sich gebracht. Man erinnere sich zum Beispiel an den Schulauflösungsbeschluss von 1987 durch die rheinland-pfälzische Landesregierung. Nur dem beharrlichen Mut und der Initiative der Schulfamilie, insbesondere der Eltern, ist es zu verdanken, dass heute fast 900 Schülerinnen und Schüler die neugestaltete Schule weiter mit Leben füllen, wie Schulleiter Hans-Dietrich Laubmann bei der offiziellen Einweihung des neuesten Erweiterungsbaus im Sommer 2004 betonte: „Durch diese wechselvolle Geschichte bedingt hat das Are immer wieder zeigen müssen, dass Eltern, Schüler und Lehrer gemeinsam für ihre Schule leben und, wenn es nötig war, für sie gekämpft haben. Neue Wege mussten immer wieder eingeschlagen werden, aber Innovation und Mut wurden gefordert und auch belohnt.“ Der seit 1994 eingerichtete Bilinguale Zweig ist eines der wichtigsten Standbeine des schulischen Lebens am Are-Gymnasium.
Das Are-Gymnasium in Bad Neuenahr mit dem Erweiterungsbau, 2004
Zielsprache ist das Englische. Von der Klasse 7 an werden in den bilingualen Klassen und Kursen Fächer des gesellschaftswissenschaftlichen Kernbereichs in englischer Sprache unterrichtet. Das Hauptgewicht liegt hierbei allerdings nicht auf dem reinen Sprachunterricht, der natürlich parallel weiterhin regulär erteilt wird, sondern auf den Inhalten des jeweiligen „Sachfaches“ wie Geschichte und Erdkunde, später auch Sozialkunde. Die englische Sprache dient dabei als Mittel zur Informationsvermittlung und zur Kommunikation im Unterricht. Ziel des bilingualen Unterrichts am Are-Gymnasium ist eine deutliche Erweiterung der Sprachkompetenz in der Fremdsprache. Damit werden unverzichtbare Voraussetzungen für das spätere Berufsleben der Schülerinnen und Schüler geschaffen. Der Bilinguale Zweig wächst über drei Stufen, wobei der Englischunterricht immer die Grundlage bildet. Die Orientierungsstufe (Klassen 5 und 6) beginnt mit einem mindestens einstündigen Englisch Zusatz-Unterricht. Darüber hinaus stärkt das Are-Gymnasium die englische Sprachkompetenz in der 6. Klasse auch bei leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern durch zusätzliche Stunden. Ab dem 7. Schuljahr werden die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer Geschichte und Erdkunde in englischer Sprache unterrichtetet und damit zum Kernbereich des bilingualen Unterrichts. In der Oberstufe, der MSS, haben Schülerinnen und Schüler des Bilingualen Zweiges unabhängig von ihrer sonstigen Kurswahl als zusätzliches Beifach „Gemeinschaftskunde bilingual“. Mit dem Abiturzeugnis erhalten die Absolventen des Bilingualen Zweiges ein zusätzliches Zertifikat, auf dem ihre bilinguale Schullaufbahn mit den entsprechenden Qualifikationsvermerken bescheinigt wird. Aufgrund ihrer sprachlichen Zusatzqualifikationen bringen diese Schülerinnen und Schüler gute Voraussetzungen zum Studium an internationalen Universitäten mit. Im Schuljahr 2004/05 werden die ersten Schülerinnen und Schüler des bilingualen Zweiges ihr Abitur ablegen. Mit den bilingualen Klassen 10 werden Fahrten ins englischsprachige Ausland durchgeführt, bei denen die Schüler zumeist als „paying guests“ in Gastfamilien untergebracht sind.
Dieses Programm wird auch interessierten nicht-bilingualen Klassen als Klassenfahrt in der 10 angeboten. Mit der Greater Latrobe High School (Nähe Pittsburgh) besteht seit 1982 ein Austauschprogramm für Schüler ab Klasse 10, die über Ostern jeweils 3 Wochen nach Amerika fahren und vor den Sommerferien ihre Partner aus den USA für 3 Wochen nach Deutschland einladen. Der Austausch wurde leider nach dem 11. September 2001 von den Amerikanern unterbrochen, soll aber fortgeführt werden. Zur Förderung der internationalen Verständigung unterhält das Are-Gymnasium zwei weitere Austauschprogramme mit Schulen in Frankreich. Für die Klassen 7 – 9 findet seit neun Jahren ein jährliches Austauschprogramm mit dem Collège André Dethou in Bléneau (Burgund) statt. Hierbei besuchen sich etwa 20-25 Schülerinnen und Schüler beider Schulen für acht Tage gegenseitig. Für die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 – 12 wurde bereits 1971 ein Austauschprogramm mit dem Lycée Ronsard in Vendôme initiiert, das seitdem fester Bestandteil der Schulaktivitäten des Are-Gymnasiums ist. Dieser für jeweils zwei Wochen konzipierte Austausch wird alle zwei Jahre durchgeführt. Im Fach Französisch der Oberstufe können die Schülerinnen und Schüler eine Zusatzqualifikation erwerben durch eine dreistufige Prüfung (Diplôme d’Etudes en Langue Française – DELF), die von der französischen Botschaft konzipiert und durchgeführt wird. Für das Are als bilinguales Gymnasium mit einem zweiten naturwissenschaftlichem Schwerpunkt ist wichtig, das Chemie-Projekt „Salters“ im Leistungskurs in der Oberstufe anzubieten. Sein Konzept basiert vor allem darauf, chemische Sachverhalte anhand von Alltagsphänomenen darzustellen und so einen starken Kontextbezug herzustellen, wie dies auch als Konsequenz aus der aktuellen Pisa-Studie gefordert wird. Durch die Arbeit mit englischen Unterrichtsmaterialien lernen die Schüler dabei frühzeitig mit der in den Naturwissenschaften üblichen englischen Fachterminologie umzugehen. Die verwendeten Unterrichtsmaterialien sind ein Gemeinschaftsprodukt von Schule, Hochschule und Industrie. Folgerichtig hält die chemische Industrie in Deutschland dieses Konzept für so innovativ, dass sie das Are-Gymnasium mit Forschungsgeldern aktiv unterstützt. Außerdem wird gerade bezüglich dieser besonderen Unterrichtsarbeit die Kooperation mit der Fachhochschule Remagen von beiden Seiten intensiv genutzt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. In der Orientierungsstufe werden, noch vor dem Pflichtunterricht in Biologie, Chemie und Physik der Mittelstufe, die Fächer Biologie und Physik/Chemie unterrichtet. Ziel ist es, das große Interesse der Kinder gerade für die Naturwissenschaften durch einen möglichst auf ihre Erlebniswelt abgestimmten Lehrplan zu wecken. Im wöchentlich 3-stündigen naturwissenschaftlichen Unterricht steht das Experiment, wenn möglich das Schülerexperiment, im Mittelpunkt. Auf diese Art lernen die Schülerinnen und Schüler Sachinhalte durch eigenverantwortliches Tun. Zusätzlich wird in den Jahrgangsstufen 9 und 10 „Experimentelle Naturwissenschaft“ als Wahlfach alternativ zur 3. Fremdsprache angeboten. In diesem länderweiten Modellprojekt wird der Schwerpunkt auf die Anwendung der naturwissenschaftlichen und informatorischen Erkenntnisse in der Technik gelegt. Als weiterführende Schule bietet das Are Gymnasium in der Jahrgangsstufe 11 besondere Einstiegsmöglichkeit für externe Schüler in die Oberstufe. Diese Schüler kommen von Haupt-, Real-, Regional- oder Berufsfachschulen. Da sie sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, bedeutet ihre Integration eine besondere Herausforderung, die durch langjährige Erfahrung des Kollegiums geleistet werden kann. Integration bezieht sich hier einerseits darauf, die neuen Schüler in die bestehende Schulgemeinschaft sozial einzubeziehen, sowie andererseits auf die Angleichung ihrer Leistungen an die gültigen Bildungsstandards. Probearbeiten, Zusatzunterricht und Arbeitsgemeinschaften zur Aufarbeitung von Defiziten, Methodentraining aber auch Integrationsfahrten ins Skischullandheim bzw. die Teilnahme an einem Politischen Seminar helfen bei der Bewältigung dieser Aufgabe.
Um den Anforderungen der heutigen Gesellschaft gerecht zu werden, müssen die Schülerinnen und Schüler über methodische, kommunikative und teamorientierte Fertigkeiten verfügen. Das Ziel des Methodentrainings im Pädagogischen Schulprogramm ist daher die systematische Förderung des eigenverantwortlichen Arbeitens und Lernens im Unterricht, um die Schülerinnen und Schüler zeitgemäßer und effektiver zu qualifizieren. „Das Lernen lernen“ steht dabei im Mittelpunkt. Schlüsselqualifikationen wie Fach-, Methoden-, Kommunikations-, Team- und Sozialkompetenz werden an speziellen Trainingstagen geschult. Die dort erlernten Fertigkeiten und Fähigkeiten sollen den Schülerinnen und Schülern helfen, ihnen übertragene Aufgaben und entstehende Probleme in eigener Regie zu lösen, die gängigen Lern-und Arbeitstechniken anzuwenden und regelgebunden im Team zu arbeiten. Bereits in der 5. und 6. Jahrgangsstufe organisieren die Klassenlehrer und Fachlehrer jeweils 4 Trainingstage, um mit den Schülerinnen und Schülern verschiedene Arbeitstechniken, Lernstrategien und einfache Präsentationstechniken zu erarbeiten. In der 7. und 9. Klassenstufe werden unter der Leitung der Klassen- und Fachlehrer jeweils 4 Methodentage durchgeführt, um Argumentations-, Präsentations- und Kommunikationstechniken zu erarbeiten. Im Mittelpunkt dieser Trainingstage stehen selbständige Beschaffung, Verarbeitung und Präsentation von Informationen (neue Medien), Gestaltung von Referaten, Seminararbeiten, mediengestützte und freie Rede. So können die Kinder und Jugendlichen auf ein lebenslanges Lernen vorbereitet werden. Seit Beginn des Schuljahres 2001/2002 bietet das Are-Gymnasium den Schülerinnen und Schülern der Orientierungsstufe die Möglichkeit, im Rahmen einer Bläserklasse ein Blasinstrument zu erlernen. Das Musikinstrument wird den Schülern von der Schule zur Verfügung gestellt. Zur Auswahl stehen folgende Instrumente: Querflöte, Klarinette, Alt-Saxophon, Trompete, Posaune und Euphonium. In dem zwei Jahre dauernden Projekt „begreifen“ die Schüler nicht nur instrumentale und fachliche Fähigkeiten, sie lernen und trainieren ebenso Sozialkompetenz, Rücksichtnahme und Teamfähigkeit, so dass man von einem Ort des sozialen Lernens sprechen kann. Um den Herausforderungen der heutigen Gesellschaft begegnen zu können, müssen Kinder und Jugendliche stark gemacht werden, damit sie ihre Konflikte selbständig lösen können. Deshalb versuchen wir schon in den Jahrgangstufen 5 und 6 im Rahmen des Präventionsprogramms gegen Sucht und Gewalt, die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler zu fördern und ihre sozialen Kompetenzen zu stärken, und führen dieses Programm über die gesamte Mittelstufe weiter. Studien- und Berufswahlvorbereitung sind ein wichtiger Bestandteil der Lebensplanung junger Menschen. Das Are-Gymnasium unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei, eigene Entscheidungen für den Übergang zum Studium bzw. Erwerbsleben vorzubereiten und selbstverantwortlich zu treffen. Das bedeutet, dass die Schule grundlegende Kenntnisse über Wirtschafts- und Arbeitswelt vermittelt, aber auch die Möglichkeit gibt, Praxiserfahrungen zu sammeln, und Hilfestellungen bei der individuellen Berufswahlentscheidung anbietet. Studien- und Berufswahlorientierung als Bestandteil des Schulprogramms des Are ist ein auf mehrere Jahrgangsstufen der Sekundarstufen I und II ausgelegtes Gesamtkonzept. Dazu gehört die Teilnahme am Girls Day, die den Schülerinnen der 8. und 11. Jahrgangsstufe erste Einblicke in Technik-Jobs bietet, in der Jahrgangsstufe 11 auch in Zusammenarbeit mit dem Rhein-Ahr-Campus Remagen und der Fachhochschule Rhein/Sieg. Für die Jungen gibt es ein entsprechendes Angebot, in männeruntypischen Berufen Erfahrungen zu sammeln. In der Klasse 9 findet das Betriebspraktikum statt, das in Unterrichtsreihen zur Arbeitswelt und Berufswahl (insbesondere im Fach Sozialkunde) intensiv vor und nachbereitet wird. Kommunikationstraining, Einstellungstests und Bewerbungstrainings in Zusammenarbeit mit der Volksbank kommen dazu. Den Jahrgangsstufen 10 und 13 werden Betriebserkundungen und Berufswahlunterricht im Berufsinformationszentrums BIZ in Mayen angeboten und die Jahrgangsstufen 12 und 13 können Universitäten und Hochschulen besuchen und an deren Informationstagen teilnehmen. Ebenfalls in der Jahrgangsstufe 12 wird der sogenannte B.O.S.S.-Tag in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsjunioren Rhein/Ahr durchgeführt. Unter dem Motto „Schüler treffen Unternehmen“ konzentrieren sich die Schülerinnen und Schüler auf das Bewerbungstraining und erhalten Berufswahlinformationen durch ehemalige Schüler, die vor allem durch ihre zeitnahen persönlichen Berichte über Ausbildungswege und Erfahrungen an Universität, Fachhochschule oder Ausbildungsplatz überzeugen. Das letzte Schuljahr beschloss vorerst die Erweiterungsmaßnahmen für das Are-Gymnasium in Bad Neuenahr. Endlich konnte das Are der auf fast 900 gestiegenen Schülerzahl auch räumlich gerecht werden. Die Einweihung des Erweiterungsbaus, der dem Are eine neue Zweifeldturnhalle, sechs neue freundliche Klassenzimmer sowie die Renovierung der alten Turnhalle bescherte, feierte die Schulfamilie unter anderem im Rahmen ihres großen Schulfestes im Sommer 2004 zum Abschluss einer arbeitsreichen und anregenden Projektwoche.
Abiturienten am Are-Gymnasium 2004: Alexandra Appel, Christian Baltes, Sören Becker, Tobias Becker, Daniel Bender, Stephan Bochnia, Benjamin Bock, Alessa Böbel, Steve Buschmann, Christian Conrad, Borislav Dejanovic, Michael Ecker, Martin Eiser, Arthur Glados, Sebastian Hörsch, Henning Horn, Eva Irrgang, Denis Jakobs, Lars Janßen, Michaela Karpp, Nadine Keck, Simon Keelan, Matthias Kelter, Miriam Klaes, Dominik Kleefuß, Anne Klein, Thomas Klein, Melanie Klymko, Benjamin Köhler, Svenja-Caroline Kroeger, Sebastian Krupp, Alexander Luca, Daniela Mohr, Katja Moog, Max Oberhaus, Yvonne Ossenhofer, Christoph Phiesel, Isabelle Ponert, Isabelle Renner, Jörg Retterath, Robin Riedel, Florian Riske, Jan-Boris Schäfer, Stefanie Schäfer, Christina Schlegel, Kristin Schlütter, Tobias Schmitt, Cathrin Schneider, Anna Schoor, Matthias Schrading, Julia Schulz, Sandro Sobczinski, Eva Söller, Tim Surges, Stefan Thomas, Diana Todorova, Rebecca Verwijs, Katharina Weigl, Sonja Wirth, Philip Wohlfarth, Yasmin Zair, Michael Zimmer
Die umfangreichen Renovierungsmaßnahmen in diesem Zusammenhang umfassten die komplette Neugestaltung und Vergrößerung des Lehrerzimmers, des Musik- und Kunstbereichs, den Umbau und die Erweiterung der Chemiesammlung und die Schaffung eines zweiten Biologieraums mit Sammlung sowie weiterer Kursräume, eines Informatikraums und eines Fachraums für den Bilingualen Unterricht. Die kürzlich erst abgeschlossenen Baumaßnahmen bilden einen weiteren Meilenstein in der wechselvollen Geschichte des Are-Gymnasiums. Entstanden ist es 1947 als „Staatliches Pädagogium für Mädchen“ mit zeitweise angegliedertem Internat, zunächst noch auf dem Gelände des heutigen Kaufhauses „Moses“. Nach Umwandlung der Schulform und zwei Umzügen fand es schließlich seinen endgültigen Standort in der Mittelstraße 110. Stadtnah und landschaftlich reizvoll liegt es neben dem Gartenfreibad „TWIN“ und unterhalb des mit Laubwald bewachsenen Johannisberges. Dem Schulgebäude in Atriumform aus dem Jahre 1965 wurde 1996 der Schütz-Neubau, ein transparenter Erweiterungsbau, hinzugefügt, um den damals 550 Schülerinnen und Schülern genügend Raum zu bieten. Die beiden Gebäude sind durch zwei große Metallplastiken des Bildhauers Erwin Wortelkamp aufeinander bezogen. Zusammen mit der sie umgebenden Natur bilden Kunst und Architektur eine Schulanlage, die allen am Schulleben Beteiligten eine wohltuende und anregende Lernatmosphäre bietet. Der Name des Are-Gymnasiums weist in die Vergangenheit auf die Grafen von Are, deren Wappenzeichen nicht auf den Flusslauf der Ahr zurückzuführen ist, sondern auf den „König der Lüfte“, den Adler (im Mittelhochdeutschen „ar“). Heute ist das Are-Gymnasium eine zukunftsorientierte moderne Schule mit einem sehr jungen und engagierten Kollegium, das den Unterricht innovativ gestaltet und die Schülerinnen und Schüler zu eigenverantwortlichem Lernen befähigen will.