Marienthal an der Ahr
Foto: Kreisbildstelle
Zwischen Walporzheim und Dernau liegt oberhalb der „Bunten Kuh“ der Ort .Marienthal, der durch den Hubach in zwei Teile geteilt wird. Der westliche Teil gehörte früher zum Saffenburger Ländchen und heute zur Gemeinde Dernau. Der untere östliche Teil gehörte zur kurkölnischen Stadt Ahrweiler und bildet auch heute noch einen Teil der Kreisstadt.
Hier erblicken wir in der links der Ahr gelegenen Talschlucht des Hubaches die Ruinen des ehemals so glänzenden adeligen Nonnenklosters Marienthal.
Da die Ruinen auf der rechten Seite des Hubaches liegen, so lag das Kloster im Saffenburger Gebiet. Ja, auch eine Adelsfamilie aus dem Saffenburger Ländchen ist Gründerin des Klosters Marienthal.
Da, wo die Grafen von Are-Hochstaden die drei Hauptteile ihres Besitzes hatten, nämlich die Grafschaft Are an der Ahr, die Grafschaft Hochstaden an der Erft und die Grafschaft Dalheim im ehemaligen Herzogtum Limburg an der Maas, da lag auch der dreigeteilte Besitz der Grafen von der Saffenburg, nämlich die Herrschaft Saffenburg an der Ahr, Hülchrath an der Erft und Herzogenrath an der Maas, in das Augustinerherrenkloster Klosterrath bei Herzogenrath trat der Edle Embrico von Mayschoß im hohen Mannesalter als Mönch ein. Durch Schenkungen vermehrte er das dortige Klostergut. Auch ließ er in unmittelbarer Nähe ein adliges Augustiner-Nonnenkloster errichten. In dieses Nonnenkloster trat seine Frau ebenfalls als Nonne ein. Aber der Abt von Klosterrade war mit der unmittelbaren Nähe des Frauenklosters nicht einverstanden und erreichte es, daß die Klosterfrauen ein schlichtes Gebäude auf dem Friedhof bei Kerkrade beziehen mußten. Mit dieser Regelung war der Stifter und Gönner des Klosters, der Mönch Embrico, nicht einverstanden. Da erinnerte er sich seines reichen Besitzes an der Ahr und schenkte den Augustinerinnen sein Gut im Hubachtale. Im Jahre 1137 kamen mit Erlaubnis des Bischofs von Lüttich und des Erzbischofs von Köln 37 Augustinerinnen in das neuerbaute Kloster Marienthal. Im Jahre 1141 wurde die Klosterkirche von Erzbischof Arnold von Köln eingeweiht. Das Kloster Marienthal stand unter Aufsicht des Männerklosters Klosterrade. Da dieses Kloster in Ahrweiler großen Grundbesitz und den Klosterrather Hof innerhalb der Stadtmauer in unmittelbarer Nähe des Obertores besaß, wurde von dem Vorsteher dieses Klosterrather Hofes auch die Verwaltung von Marienthal versehen. Der ehemalige Klosterrather Hof führt heute noch den Namen Rodder Hof (= Rather Hof).
Die Vorsteherin des Klosters hieß nicht Äbtissin, sondern Meisterin, Fraw Meistersche, magistra, auch „Mefrow“. Ihr stand als Stellvertreterin die Priorin zur Seite. Der Abt von Klosterrath ernannte auch den Prior von Marienthal sowie dessen Kaplan, die beide der Meisterin in geistlichen und weltlichen Dingen zur Seite standen und namentlich das Rechnungswesen besorgten.
Die Herren von der Saffenburg, die Grafen von Are, die Herren von der Landskrone und viele Adelsfamilien von nah und fern beschenkten das Kloster Marienthal reichlich, so daß es bei seiner Aufhebung 1801 folgende Güter besaß:
- In Marienthal Kloster, Mühle, 2 Gärten, 3 Weingärten, einige Wiesen und 15 Morgen Land.
Von der Mühle mußte „Eselskurmede“ an den Herrn von Saffenburg gegeben werden, d. h. dieser hatte das Recht, beim Tode des belehnten Müllers von dessen Eseln sich den besten auszuwählen. - In Ahrweiler besaß das Kloster 1/2 Morgen Weinberg im Bezirk Achterwasser, dazu die Hälfte der nördlichen Straßenseite der Wolfsgasse.
- In Dernau und Mayschoß besaß das Kloster Äcker, Wiesen, einen % Morgen großen Baumgarten und Anteile an der Weinernte. Das Kloster besetzte die Pfarrstelle in Dernau und mußte dem Pfarrer und dem Schullehrer je l Malter Roggen und dem Hospital l Sester Roggen geben. Die Kirche zu Dernau erhielt vom Kloster jährlich 46 l öl, % Ohm Meßwein und 4 Gulden für Osterkerzen. Auch in Mayschoß wurde die Pfarrstelle vom Kloster Marienthal besetzt. Der Schullheiß von Mayschoß erhielt für das Einsammeln der Teiltrauben 7 Gulden jährlich.
- In Staffel brachten die klostereigenen Länder jährlich 20 Malter Hafer ein. Für 7 Morgen Rottland wurden 1 Malter Roggen und l Malter Hafer als Pacht entrichtet.
- Zu Mönchesch bei Holzweiler besaß das Kloster außer dem kleinen Zehnten den Stadelhof oder Roderhof ohne Behausung mit 40 Morgen Land und den Mönchescherhof mit Haus, Scheune und Garten und 90 Morgen Land. Im Jahre 1800 waren die Höfe zu 12 Malter Roggen und 12 Malter Hafer verpachtet.
- Der Hof zu Beller bei Ringen mit Haus, Garten und 43 Morgen Land brachte 1799 40 Malter Roggen, 5 Malter Weizen, 2 Malter Erbsen und 2 Malter Rübsamen ein.
- In Arzdorf bei Fritzdorf brachten 1795 22 Morgen Ländereien 8 Malter Pacht.
- Zu Eckendorf war der Dadenberger Hof mit 7 Malter Weizen verpachtet.
- Zu Gelsdorf lagen 22,2 Morgen Land und Waldung, die 1799 3 Malter Roggen und 3 Malter Pacht ergaben. Dazu bezog das Kloster als Erbzins 2 1/2 Malter Hafer, 5 Kapaune, 2 Hühner und 6 Heller.
- Der Hof zu Kleinbüllesheim mit 196 Morgen war im Jahre 1800 mit 50 Malter Roggen und 40 Malter Hafer verpachtet.
- Der größte Hof des Klosters Marienthal lag zu Irresheim, Kreis Euskirchen. Der Hof war 225 Morgen groß und war 1800 für 33 Malter Roggen, 25 Malter Hafer und 8 Malter Gerste verpachtet.
- Der Hof zu Bodenheim bei Lommer-sum mit 132 Morgen Äcker und 18 Morgen Weiden oder Benden war 1800 für 33 Malter Roggen, 8 Malter Gerste, 20 Malter Hafer und 1/2 Malter Rübsamen verpachtet.
- Zu Vischel besaß das Kloster 25 Morgen Land und Wald. Ein Pachtvertrag ist nicht angegeben.
Die Klostergeschichte bietet nur spärliche Nachrichten:
1259 befreite Erzbischof Konrad von Are-Hochstaden das Kloster von allen Beiträgen zu den Befestigungsbauten Ahrweilers. 1336 beschränkte der Erzbischof die Zahl der Nonnen auf 40.
1385 stifteten die Burggrafen von der Landskrone, die im Kloster Marienthal ihr Erdbegräbnis hatten, den Altar zum heiligen Kreuz.
1486 wurde das Kloster durch Einzug der Schwestern aus dem Kloster Engeltal in Bonn reformiert.
Eine Urkunde vom 1. Juli 1613 besagt, daß das Kloster Marienthal verpflichtet sei, jährlich zu Martini der Kellnerei des Erzstiftes zu Altenahr einen Salm von 13 bis 14 Pfund, einen Sester „aufrichtigen“ Mostertsamen und einen Krautkuchen (Leb- oder Pfannenkuchen) von 10 Pfund zu liefern.
Am Ende des Dreißigjährigen Krieges legte der französische Marschall Turenne das Kloster in Brand und Asche. Im Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Kloster wieder aufgebaut. 1720 machte das Kloster noch große Schenkungen zum Neubau der Kirche in Mayschoß.
1666—68 raffte auch die Pest viele Klosterleute dahin, jedoch wurde die von der Krankheit befallene Meisterin Veronika von Weiß wieder geheilt. 1728 erhält das Kloster vom Kölner Erzbischof Klemens August das Recht, auf der linken Seite des Hubaches, also auf kölnischem Gebiet, einen Kraut- und Gemüsegarten mit Einfassungsmauer anzulegen.
Am 23. Januar 1792, als die Revolutionsheere der Franzosen das Rheinland besetzten, flohen die Klosterinsassen nach Niederprüm. Am 3. November 1793 kehrten sie wieder zurück. Am 14. August 1794 flüchteten sie mit Mobilien auf 9 Karren auf die rechte Rheinseite nach Arienheller bei Rheinbrohl. Die Meisterin flüchtete weiter mit zwei Schwestern in das Kloster Marienstatt bei Hachenburg. Das Klosterarchiv, Kirchenparamente und silberne Geräte wurden nach Altenberg bei Wetzlar gebracht.
Im Jahre 1801 wurde das Kloster durch den französischen Staat endgültig aufgehoben. Damals waren im Kloster noch beschäftigt: ein Küfer mit einem Gesellen, ein Gärtner mit einem Burschen, ein Schmied, ein Förster, eine Köchin, 2 Pferdeknechte, vier Diener für die Weinbergskultur und acht Mägde. Außer diesen wohnten auch noch Tagelöhner im Bering des Klosters.
Diese stellten an die französische Verwaltung die Forderung, die rückständigen Löhne von drei Jahren in Höhe von 400 Talern zu zahlen. Die Gemeinde Dernau legte die Ihr entstandenen Kriegskosten um und verlangte 4516 Taler als Rückvergütung von der neuen Klosterverwaltung. Im Jahre 1811 ließ die französische Regierung die Besitzungen versteigern. Die Klostergebäude wurden auf Abbruch verkauft und in roher Weise niedergerissen. Die Talbewohner betrachteten das Kloster als einen Steinbruch und bauten damit ihre Häuser, Scheunen und Stallungen. Die Ausstattung der barocken Kirche kam nach Dernau, Rech und Mayschoß, das beste, u. a. die Altäre, kam nach Aremberg.
Im 19. Jahrhundert hat die Klosterruine öfters ihren Besitzer gewechselt. Um 1850 gehörte sie der Familie von Neufville in Miel und dann den Erben von der Leyen. Diese verkauften um 1900 Marienthal an Dr. Pfahl in Bonn; von ihm erwarb es im Jahre 1910 Dr. G. Merren, der mitten in dem Terrassengarten ein modernes großes Herrenhaus errichten ließ. Als 1910 die Ahrtalbahn zweigleisig umgebaut wurde, kaufte der Eisenbahnfiskus das Haus als Verwaltungsgebäude. Seit 1925 Ist das ehemalige Kloster Sitz der staatlichen Weinbaudomäne. Nach dem zweiten Weltkrieg ist dort zudem die Bundesschule des „Technischen Hilfswerkes“. Von den Klostergebäuden ist noch gut erhalten und kürzlich wiederhergestellt das Gartenhaus von 1762 im Barockstil, auch „Äbtissinnenhaus“ genannt, Erhalten ist auch der Kreuzgang und teilweise der Ost- und Nordflügel mit schlichten Holzrahmenfenstern. Von der reichen Barockkirche stehen nur die mit Efeu umwachsenen Außenmauern.
Stolze Bogen, hohe Mauern, bis auf wenig Reste fort: Öde Trümmer — stilles Trauern — leisen Bächleins Klage dort. Einsam Plätzchen — süßer Ort. | |
Glockenschlag und Orgeltönen, Chorgesang und frommer Zug, innig Beten, stilles Sehnen, auch der Seufzer wohl genug, — alles weg wie Wolkenflug. | Frühlingshallen, lustig Prangen, Rosengärten blumig, grün. — Ach, auch dieses ist vergangen! Nur der Himmel drüber hin strahlt, ein ew’ger Baldachin. |
(Wilhelm Gawshorn) |