Majestas Domini – Romanische und gotische Fresken in Kirchen des Kreises Ahrweiler

Ergebnis einer Projektarbeit am Peter-Joerres-Gymnasium Ahrweiler 

Horst Müller

Im Februar 1986 fanden am Peter-Joerres-Gymnasium Ahrweiler Projekttage statt unter dem Thema »Unsere Heimat – Unsere Umwelt«. Eine Projektgruppe beschäftigte sich mit den mittelalterlichen Wandgemälden in den Pfarrkirchen von Remagen, Gedingen, Sinzig, Heimersheim, Franken, Oberbreisig und Ahrweiler. Diese Fresken aus dem 13. bis 15. Jahrhundert hat man zumeist kurz nach Fertigstellung der Kirchenbauten auf die Wände aufgebracht. In späteren Zeiten wurden sie vielfach übertüncht und erst wieder im 19. oder gar 20. Jahrhundert entdeckt und freigelegt. Heute sind die Kunstwerke teilweise nur noch in spärlichen Resten vorhanden, oft kaum noch erkennbar.

Blick zum gotischen Sterngewölbe: im Mittelfeld, eingespannt zwischen zwei Vierpaßschlußsteinen, thront Christus als Weltherrscher, umgeben von einem Chor anbetender und musizierender Engel. 
Fotos: Kreisbildstelle

Ziel des Projektes war es, alle Fresken mit figürlicher Darstellung, auch die nur noch in Spuren erhaltenen, möglichst vollständig fotografisch zu dokumentieren und zu beschreiben, um so wenigstens den jetzigen Zustand für spätere Zeiten zu konservieren, weil sie im Laufe der Zeit möglicherweise noch mehr verblassen und verfallen werden, wie ein Vergleich von heutigen Fotos mit Aufnahmen von vor 50 Jahren bereits schmerzlich beweist. Als Ergebnis liegt eine Serie von 100 Farbdias vor, die am »Tag der offenen Tür« des Peter-Joerres-Gymnasiums Ahrweiler zusammen mit einer Bild- und Textausstellung gezeigt wurde und großes Interesse fand. Im folgenden wird eine Zusammenfassung unserer Beschreibung und Deutung der Fresken gegeben. Dabei soll auf eine Darstellung der im ganzen sehr gut erhaltenen und weithin bekannten Wandbilder von Oberbreisig und Ahrweiler verzichtet werden, um die Aufmerksamkeit auf die Fresken in den anderen Kirchen zu lenken, die, bis auf jene in Remagen, sämtlich dringend einer Restaurierung bedürfen.

Bei den erst vor wenigen Jahren abgeschlossenen Renovierungsarbeiten am romanischgotischen Teil der Remagener Pfarrkirche fand man in den Chornischen Fresken des 13. Jahrhunderts, die durch Schlichtheit bestechen und gerade dadurch tiefe religiöse Inbrunst ausstrahlen.

Die mittlere Chornische ziert ein Weihekreuz mit einer darüber befindlichen Inschrift in lateinischer Sprache, die bisher nicht gedeutet werden konnte, weil große Teile nicht mehr lesbar sind.

Rechts davon im Bogen über dem Schranktabernakel ist der segnende und lehrende Christus dargestellt in blauem Gewand und rotem Mantel. Die Worte auf dem Spruchband in seiner linken Hand sind nicht mehr vorhanden. Dieses Fresko ist in seiner vollen Farbigkeit erhalten, die drei anderen bewahren nur noch spärliche Farbflächen, die filigranen Linien der Personendarstellung sind dadurch jedoch besonders wirkungsvoll hervorgehoben. Es handelt sich um Darstellungen der Apostel Petrus, Jakobus und Johannes, wobei auf den Bildern der beiden ersten jeweils eine weitere kleine Figur zu sehen ist, bei der es sich möglicherweise um die Stifter des Freskos handelt. Ob diese Fresken »zu einem nicht mehr komplettierbaren Apostelzyklus« gehören, wie im Kunstführer der Kirche (Schnell Kunstführer Nr. 1 409) vermutet wird, mag dahingestellt sein. Auffällig ist, daß es sich bei den drei Aposteln um jene handelt, die Christus mehrfach auszeichnete: sie waren Zeugen seiner Verklärung auf dem Berg Tabor, und sie begleiteten ihn vor seiner Gefangennahme auf den Ölberg. In der St.-Mauritius-Kirche in Heimersheim sind am ersten südlichen Arkadenbogen noch Reste von zwei Jesus-Darstellungen zu sehen. Die eine zeigt den Gekreuzigten, die andere den Weltenrichter in rotem Mantel, die Rechte zum Segnen erhoben. Deutlich zu erkennen ist die große Wunde an der rechten Seite der Brust. Weitere Einzelheiten sind jedoch bei dem schlechten Zustand beider Fresken nicht mehr auszumachen.

Der Engel, das Symbol des Evangelisten Matthäus, umgeben von Pflanzenranken, im Gewölbezwickel einer Nische. Auch in dem erhaltenen Rest noch gut erkennbar sind die elegante Linienführung seines Gewandes, das Spruchband und die feine Zeichnung der mächtigen Schwingen.

Auch der ehemalige Chorraum der Kirche in Franken, der heute als Taufkapelle genutzt wird, war mit Fresken ausgemalt. Im Gewölbe über dem Joch sind in den von den Kreuzrippen gebildeten 4 Feldern jeweils einander zugeordnete Darstellungen stilisierter Rosen und Lilien zu erkennen. Beide Blumen sind Symbole der Jungfrau Maria, und da das zentrale Motiv in der Apsiswölbung eine Marienkrönung ist, wird man schließen dürfen, daß die Verehrung der Gottesmutter in Franken einmal eine besondere Rolle gespielt hat. Die Krönung Ma-riens durch ihren Sohn vollzieht sich vor einer im Hintergrund angedeuteten Stadt, in der man wohl das himmlische Jerusalem vermuten kann. Auf den beiden seitlichen Gewölbefeldern sind die Symbole der vier Evangelisten dargestellt: Stier (Lukas) und Adler (Johannes) zur linken, zur rechten der Löwe (Markus) und der Engel (Matthäus). Abbildungen der Evangelistensymbole finden wir häufig in unseren Kirchen, z. B. auch in Oberbreisig. Die Evangelisten galten wohl seit je als besonders starke Zeugen und Stützen des Glaubens. Zu beiden Seiten des Mittelfensters sind noch Reste von zwei Heiligen zu sehen: die heilige Katharina mit dem Rad, auf dem sie gemartert wurde, und die heilige Barbara. Hier sind im Putz tiefe Einkerbungen wahrzunehmen, die geschlagen wurden, damit ein neuer Putz besser haften konnte. Leider wurden dadurch die ursprünglichen Kunstwerke zerstört. Besondere Beachtung verdient die alte St.-Gertrud-Kirche auf dem Friedhof in Gedingen, die nicht mehr als Pfarrkirche genutzt wird, sondern nur noch bei Begräbnissen als Auf-bahrungsstätte dient. Bei unserem Besuch machte sie leider einen etwas verwahrlosten Eindruck, besonders im Chorraum, der wirklich als ein Juwel gotischer Baukunst bezeichnet werden kann. Im Zuge von Reparatur- und Renovierungsarbeiten nach dem Krieg wurden die Freskenreste entdeckt, die den gesamten Raum ausschmücken. Sie lassen früheren Glanz nur noch erahnen, ihre ehemalige Pracht muß den Gläubigen damaliger Zeit, die noch empfänglicher waren als wir heute für die Sinn-Bildlichkeit solcher Kunst, wie ein jubilierendes Abbild des Himmels erschienen sein.

Den Übergang vom Versammlungsraum der Gläubigen zum Chor, dem Platz des Allerheiligsten, bildet ein Rundbogen, den Fresken von Engeln schmücken. Ihm wird somit die Rolle des Triumphtores zuteil, durch das die Seligen ins ewige Leben eintreten. Der Blick gleitet sodann über ein herrliches gotisches Sterngewölbe, das auf den Köpfen von sechs Aposteln ruht und von zwei Schlußsteinen getragen wird. Die Apostel erscheinen als Säulen des Himmelreiches. Die beiden Vierpaßschlußsteine sind geschmückt mit Halbfigurenreliefs des Schmerzensmannes und der schmerzhaften Gottesmutter. Im zentralen Feld des Gewölbes zwischen den Schlußsteinen sehen wir ein Bild Christi, der beide Arme erhoben hat und vom goldenen Heiligenschein umgeben ist. Damit wird seine Herrscher- und Königsrolle angedeutet, die aus seinem erlösenden Leiden erwachsen ist, er ist die Mitte des Universums. Umgeben ist Jesus von 5 einander zugeordneten Engelspaaren, die beten oder auf verschiedenen Instrumenten musizieren. Sie sind bekleidet mit gelbgoldenen oder lichtblauen Gewändern mit reichem Faltenwurf. Ihre mächtigen Schwingen sind in dunkler Farbe gehalten. Spruchbänder umgeben sie, Pflanzenranken mit Blättern und Blüten überziehen den gesamten übrigen Raum des Gewölbes. Jesus thront inmitten der Engel und Heerscharen und herrscht als König über Himmel und Erde. Die ausdrucksstarke Darstellung des Gottesreiches im Gewölbe wird vervollständigt durch die Symbole der 4 Evangelisten in den Zwickeln über den Chornischen: die Verfasser der Evangelien mögen als »Eckpfeiler« dieses Reiches gesehen werden.

Der Ausschnitt aus dem Fresko der Kreuztragung zeigt die hoheitsvolle Gestalt Christi, dessen Haupt ohne Dornenkrone vom Heiligenschein umgeben ist. Auf dem Bild sind fast nur noch die kräftigen Umrißlinien der Figuren, kaum noch Farbflächen zu erkennen.

In drei Chornischen sehen wir, ebenfalls in sehr schlechtem Zustand, die Darstellung von Heiligen. Über dem Eingang zur Sakristei dürfte wohl die heilige Barbara mit einer weiteren weiblichen Heiligen abgebildet sein. Diese Vermutung stützt sich auf den im Hintergrund sichtbaren Turm, Symbol für die Leiden der heiligen Barbara. In der Nische an der Nordostseite kann man das Bild einer Frau mit zwei Kindern auf dem Arm nur noch in schwachen Umrissen erkennen, es läßt jedoch die Schlußfolgerung zu, daß es sich um Anna Selbdritt mit Maria und Jesus gehandelt hat.

Darstellung des Jesuskindes im Tempel. Trotz der Schäden ist dies noch eines der am besten erhaltenen Fresken des Sinziger Zyklus.

Die Nische auf der südlichen Chorseite schließlich zeigt das Bild der Kirchenpatronin Gertrud im schwarzen Gewand des Zisterzienserordens mit dem Äbtissinenstab, begleitet von einer Figur im Priestergewand, bei der es sich möglicherweise um den Bischof Amend von Utrecht handelt, auf dessen Anraten Gertruds Mutter ein Kloster gegründet hatte, in dem Gertrud Äbtissin wurde.

Das Gesamtkunstwerk aus Architektur, Skulptur und Malerei mit dem vorherrschenden Goldton zeigt Himmel und Erde mit Christus als Herrscher im Reich des ewigen Lebens, wohin für den Gläubigen die Heiligen Vermittler und Führer sein sollen.

In der Königskirche St. Peter zu Sinzig sind von der ursprünglich wohl vorhandenen Ausmalung nur noch die Fresken in der Taufkapelle erhalten. Sie wurden zu Beginn der 20er Jahre entdeckt und restauriert. Damals pries Paul Clemen sie in seinem Werk über die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler (a. a. O., S. 626) als »von hervorragender Schönheit und selten guter Erhaltung«. Auch der damalige Pfarrer von Sinzig, Johannes Mumbauer, schwärmte von den Kunstwerken: »ein vom Fußboden bis zum Schlußstein des Gewölbes lückenlos mit der ursprünglichen mittelalterlichen Bemalung versehener, von den entzük-kendsten Farbtönen unglaublicher Harmonie durchfluteter Raum«, (Rheinische Heimatblätter IV, 1927, S. 224). Von damals bis heute aber hat die Zeit ihr schlimmes Werk getan. Ein Großteil der Fresken ist nur noch sehr schwach oder gar nicht erkennbar. Zusätzlich zerstörend wirkte die Umgestaltung des Raumes zu einer Taufkapelle 1964, als ein Durchgang zum Querschiff gebrochen wurde und damit der gesamte untere Teil der Darstellung des Jüngsten Gerichts an der Westwand verschwand. Im Kunstführer der Kirche von 1981 sind zwar noch Schwarz-Weiß-Fotos der Fresken enthalten, auf denen sie noch schlechter erscheinen als in Wirklichkeit, im Text hingegen werden sie schon gar nicht mehr erwähnt. Dabei dürften sie in ihrer Art einzigartig im Kreis Ahrweiler sein: es handelt sich nicht um Einzelbilder wie z. B. in Ahrweiler oder Oberbreisig, sondern um einen in zwei Reihen übereinander angeordneten Bilderzyklus aus der Heilsgeschichte von der Verkündigung an Maria bis zum Jüngsten Gericht. Die beiden Reihen sind jeweils im Uhrzeigersinn von der Nordwand bis zur Westwand zu »lesen«, die Südwand wies nur eine Reihe von Fresken auf. Auch die Bilder in den Gewölbefeldern stehen in sinnvoll zu deutender Beziehung zu den Darstellungen an den betreffenden Wänden. Ein gemalter Teppich von etwa 1,80 m Höhe mit Rhomben, die zwei verschiedene Rosettmuster enthalten, und ein Akanthusfries in rot und grün auf dunklem Grund bildeten die Sok-kelzone für die zwei Bildreihen. Heute sind davon nur noch Reste an der Nord- und der Ostwand vorhanden. Die beiden Reihen wurden voneinander durch einen Streifen stilisierter Blumen und Blätter getrennt.

Der Zyklus beginnt in der oberen Reihe an der Nordwand mit der Darstellung der Verkündigung an die Jungfrau Maria. Der Erzengel Gabriel, eine würdevolle Gestalt, tritt ein bei Maria, die stehend seine Botschaft empfängt. Das zweite Bild zeigt die Heimsuchung: die beiden von Gott gesegneten Frauen, Maria und Elisabeth, bilden in ihrer Umarmung eine starre Einheit. In der rotbraunen Umrißzeichnung ist dieses Bild noch recht gut erhalten, weniger jedoch in der Farbgebung der Flächen. Noch erkennbare Bautendetails wie Bogen und Turm deuten an, daß der Hintergrund mit der Darstellung einer Stadt ausgemalt war. Im rechten Teil der Lünette ist die Geburt des Jesuskindes dargestellt. Von diesem Bild ist heute nur noch wenig wahrzunehmen. Eine Abbildung im Werk Paul Clemens (S. 599) zeigt die ehemals vorhandene Schönheit: Maria liegt als Wöchnerin gebettet, hinter ihr in einer kastenförmigen Krippe das Kind, dem Ochs und Esel Wärme spenden. Darüber leuchtet der Stern, Joseph kniet rechts von Maria. Im äußersten Zwickel rechts sah man einen schwebenden Engel, der den Hirten die frohe Botschaft verkündete. Auch die Anbetung der Könige an der Ostwand, die wohl zu beiden Seiten des Fensters gemalt war, ist sehr stark verblaßt. Auf dem linken Teil läßt sich mühsam noch die Zeichnung erkennen: Maria sitzt an einen Wandbogen gelehnt und hält das Kind auf dem Schoß. Vor beiden kniet einer der drei Könige und reicht dem Kind ein Geschenk dar. Vom rechten Teil des Bildes ist nichts mehr erkennbar. In der Lünette der Westwand sah man einst den bethlehemitischen Kindermord. In der Umrißzeichnung kann man noch den Unterkörper eines Mörders erkennen, der die Säuglinge erschlägt. Auch die sich rechts anschließende Darstellung der Flucht nach Ägypten, einst als besonders schön gepriesen (vgl. Mumbauer a. a. O.), ist nur noch schemenhaft wahrnehmbar: Joseph, auf einen Wanderstab gestützt, geleitet den Esel mit Maria und dem Kind. Dahinter ist noch eine Figur erkennbar.

Im Gewölbe der Taufkapelle ist das Bild des Apostelfürsten Petrus, des Patrons der Sinzi-ger Kirche, mit seinem übergroßen Schlüssel zum Himmel noch besonders schön zu sehen.

Die nunmehr folgenden Bilder der unteren Reihe sind die am besten erhaltenen Fresken der Kapelle. Die Darstellung Jesu im Tempel zeigt zwei säulenhafte Menschen: Maria reicht über den Altar hinweg ihr Kind der greisen Prophetin Anna oder Simeon, das läßt sich nicht klar ausmachen.

Die Taufe Jesu anschließend gehört zu den schönsten Bildern dieses Zyklus: in der Mitte steht die lichtumflutete Gestalt Jesu völlig unbekleidet in einer anmutigen, fast tänzerischen Bewegung im Wasser des Jordan, Johannes, viel größer als Jesus selbst dargestellt, gießt mit der Rechten das Taufwasser über das geneigte Haupt des Messias, während rechts ein Engel mit mächtigen, feingezeichneten Flügeln, das Gewand Jesu hält. Daran schließt sich das Abendmahl an. Es zeigt Jesus inmitten von 11 Jüngern; Judas, der Verräter, ist vor dem Tisch zu Boden gesunken. Die Ostwand zeigt mit der Kreuztragung, die sicherlich schönste und am besten erhaltene Darstellung des gesamten Zyklus. Nichts Schmerzliches, Grausames ist hier zu sehen; das in warmen Braun-, Rot- und Grüntönen gehaltene Bild strahlt Schönheit und gesammelte Würde aus. Alle Menschen, auch die durch ihre Kopfbedeckung offenbar als Soldaten gekennzeichneten, schreiten mit anmutiger Bewegung und grazilen Gesten. Jesus selbst trägt das am unteren Ende schon angespitzte gewaltige Kreuz, doch das vom Nimbus umgebene Haupt ohne Dornenkrone zeigt das Antlitz eines Königs.

Das Bild des Gekreuzigten mit Maria und Johannes war schon zur Zeit der Wiederentdeckung bis auf das obere Drittel zerstört durch eine schon früher geschlagene Nische. Das rechte Bild zeigt den Engel mit den drei Frauen am Grab des Auferstandenen. In die Südwand war, nach Mumbauer (a. a. O. S. 225), schon vor dem Umbau ein Schrank eingelassen, dem wohl der Mittelteil des Freskos zum Opfer gefallen war. Die Darstellung eines Teufels führte zur Annahme, daß hier Christus in der Vorhölle zu sehen war. Links davon war der Auferstandene mit Magdalena dargestellt, rechts die Himmelfahrt. Von all dem ist heute nichts mehr vorhanden. Auf dem stark beschädigten Fresko des Jüngsten Gerichts ist inmitten einiger Köpfe mit Heiligenschein die Gestalt des rotgekleideten Weltenrichters zu sehen. Ein Schwert und ein in einer Lilie endendes Zepter entwachsen wie Strahlen seinem Haupt: die Zeichen seiner richterlichen und königlichen Gewalt. Die Lilie ist auch zu deuten als Lilie der Barmherzigkeit: als Richter hat Christus die Macht, barmherzig über die Sünder zu urteilen. (Eine ähnliche Darstellung sehen wir im Apsisgewölbe in Oberbreisig, diese Darstellungen beruhen auf der Apokalypse des Johannes, Kap. 19 Vers. 15). Diese Bilder aus dem Heilsgeschehen werden durch die Fresken im Gewölbe ergänzt und vollendet.

Zeigt die Nordwand die wesentlichen Stationen im »menschlichen« Leben Jesu, in denen er sich einreihte in die gültige Gesellschaftsordnung seiner Zeit oder den Seinen ein Vermächtnis der Liebe und Güte hinterließ, so paßt dazu vortrefflich die Gestalt des Guten Hirten im Gewölbefeld darüber. Die Westwand zeigt im oberen Teil Szenen, in denen sich menschliche Schuld und Sünden ausdrücken: den Kindermord und die Vertreibung und Flucht der Heiligen Familie. Im Jüngsten Gericht werden die Auferstandenen zur Seligkeit berufen oder zur Verdammnis verurteilt. Das Bild im Gewölbe darüber zeigt eine Heiligenfigur mit der Krone des ewigen Lebens. Die Südwand zeigte Christus, den auferstandenen und in den Himmel auffahrenden Herrn. Zuvor hatte er Petrus die Schlüsselgewalt für die irdische Kirche anvertraut. Er wurde sein Stellvertreter auf Erden. Die Gestalt des Sinziger Kirchenpatrons mit Buch und Schlüssel ist im südlichen Gewölbe zu sehen. Die Komposition der Ostwand in der Richtung des aufgehenden Lichts ist Christus, dem König, gewidmet. In der Anbetung der drei Weisen erschien Jesus zum erstenmal in seiner königlichen Würde, in seinem Kreuzestod bekräftigte er, daß er König ist in einem anderen Reich, das nicht von dieser Welt ist. Das Gewölbefeld schließlich stellt Christus Pantokrator, den Allherrscher und König des Weltalls, in der Mandelglorie dar, auf dem Regenbogen sitzend mit dem Zepter in der Hand. Die Mandel ist zu deuten als ein die ganze Körperlichkeit umgebender Heiligenschein, der auf die Verklärung des Leibes im Jenseits hinweist. Der Regenbogen ist seit alttestamentlicher Zeit (vgl. Arche Noah) das Zeichen der Versöhnung und des Neubeginns, der die Erde überspannt von einem Ende zum anderen. Drei Evangelistensymbole umgeben Christus, das 4., der Engel, ist möglicherweise verloren gegangen. Die Darstellung erinnert an das vierte Kapitel der Apokalypse, in dem der Seher den Herrscher von den vier Wesen umgeben schaut: Engel, Adler, Stier und Löwe. Die Figuren sind alle in erdfarbenen Tönen gemalt, der Hintergrund ist ein lichtes Blau, im Mittelalter Symbol des Himmels und damit einer dem Irdischen entrückten Geisteswelt. Die Heiligen und Christus selbst hatten Anteil am menschlichen Sein, aber sie leben in einem durch den Geist geläuterten lichtvollen Sein der Ewigkeit. In der Gesamtschau erkennen wir diese verheißende Botschaft als den tieferen Sinnzusammenhang des Sinziger Freskenzyklus. Es wäre wünschenswert, wenn die beschriebenen Fresken ebenso restauriert werden könnten wie die Fresken in Oberbreisig und Ahrweiler, damit sie wieder in gleicher Schönheit wie jene erstrahlen. Unsere romanischen und frühgotischen Kirchen mit ihrem wuchtigen Mauerwerk waren bestens geeignet, den Gläubigen in großen Bildern das Heilsgeschehen und die Heiligen sinnfällig vor Augen zu führen. Im Mittelalter waren sie die Bilderbibel des Volkes, Ausdruck der damals selbstverständlichen Hinordnung allen Lebens auf den Schöpfer: Achtung vor diesen Werken und den Menschen, die sie schufen, sollte uns Heutigen zur Verpflichtung werden, das vielhundertjährige Erbe zu pflegen und das noch Bestehende zu bewahren.

Literatur:

Paul Clemen, Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler, Düsseldorf 1938
Johannes Mumbauer. Die wiederaufgedeckten frühgotischen Wandmalereien in der Pfarrkirche zu Sinzig, in: Rheinische Heimatblätter IV, 1927, S. 224-226.
Graf Wolf Metternich, Die mittelalterlichen Wandmalereien in der Pfarrkirche zu Sinzig, Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler, 1928, S. 54 -57
Schnell Kunstführer Nr. 1 310: St. Peter, Sinzig/Rhein, von Peter Paul Pauly, München 1981
Schnell Kunstführer Nr. 1 409: St. Peter und Paul, Remagen/Rhein, von Peter Paul Pauly, München 1983