Literarische Wanderung durch den Kreis Ahrweiler

Literarische Wanderung durch den Kreis Ahrweiler

Leonhard Janta

Vom Mittelalter bis hin zur unmittelbaren Gegenwart reichen die literarischen Werke mit Beziehungen unterschiedlichster Art zum Kreis Ahrweiler. Zu ihnen zählen Notizen, Briefe, Tagebucheintragungen, Geschichten, Gedichte, Romane und Dramen.

Sie haben vor allem die Landschaft, Orte, besonders herausragende Bauwerke, merkwürdige Ereignisse, Bräuche und den Alltag zum Gegenstand. Aufgrund ihrer Vielfalt sind sie kaum noch überschaubar. Eine literarische Wanderung durch den Kreis soll nachfolgend auf einige Werke und Erwähnungen des Kreisgebietes aufmerksam machen. Die Literatur-Tour beginnt in Maria Laach, führt durch das Brohltal zum Rhein und von dort in das Ahrtal.

Maria Laach und das Brohltal

Im Laufe ihrer 900jährigen Geschichte wurde die Benediktinerabtei Maria Laach von unzähligen frommen Pilgern, Kunstinteressierten, Malern und Dichtern besucht. Das architektonische Kleinod der Romanik und der Laacher See regten zu Betrachtungen, zu des „Merkens würdigen“ Erwähnungen in Briefen und Notizen sowie zu literarischen Arbeiten an.

Um 1220 rühmte bereits der Zisterziensermönch Cäsarius von Heisterbach in seinem „Wunderbuch“ die Gastlichkeit der Mönche von Laach und das Kloster, „reich an Leuten und Besitztümern und an Frömmigkeit ausgezeichnet von den Klöstern unseres Landes“.

In der Umgebung von Laach ist die Legende der heiligen Genovefa angesiedelt. Des Ehebruchs bezichtigt und verstoßen lebte die Unschuldige der Legende nach mit ihrem Sohn sechs Jahre in den Wäldern um Laach, bis sie von ihrem Gatten auf einer Jagd aufgefunden und heimgeführt werden konnte.

Mit dem „Wanderbüchlein“ von Johannes Butzbach (1478-1516) – niedergeschrieben 1506 in Laach – ist eines der bedeutendsten Selbstzeugnisse des 16. Jahrhunderts auf uns gekommen. Der spätere Prior zu Maria Laach hat darin seine Kindheit, Jugend und Wanderschaft als fahrender Schüler sowie seine erste Zeit im Kloster geschildert. Butzbach zeichnet ein anschauliches Bild vom Zustand der Abtei zu jener Zeit.

In kaum einer Reisebeschreibung den Rhein entlang fehlen Schilderungen von Abstechern nach Maria Laach und ins Brohltal. Pastor Joseph Gregor Lang kommt in seiner „Reise auf dem Rhein“ aus dem Jahre 1789 ins Schwärmen angesichts von See und Abtei.

Dorothea Schlegel fand 1808 schon ein verödetes Kloster vor. In einem Brief an ihren Mann, Friedrich Schlegel, spricht sie vom „Wundersee“, den sie im hellen Mondschein „romantisch“ erlebte. Sie dankt Sulpiz Boisseree dafür, daß er sie mit dieser einmaligen Landschaft bekannt machte. Friedrich Schlegel verfaßte ein Gedicht vom „versunkenen Schloß“ im Laacher See.

Sagen und Legenden des 19. Jahrhunderts künden von der Gründung von Laach, sehen Reiter auf dem Eifelmaar, das versunkene Schloß im See und stellen wundersame unterirdische Verbindungen zu anderen Eifelmaaren und Orten fest.

Zu den berühmtesten Besuchern von Maria Laach zählte im 19. Jahrhundert Johann Wolfgang von Goethe, der am 28. Juli 1815 mit dem Reichsfreiherrn vom Stein in Laach weilte. Als Anhänger des „Neptunismus“ zog er irrtümlicherweise für die Entstehung des Laacher Sees und des vulkanischen Gesteins auch Wasser anstelle des Vulkanismus in Betracht.

Ernst Moritz Arndt wanderte aus Bonn nach Laach und hielt seine Eindrücke in den „Wanderungen rund um Bonn ins rheinische Land“ (1844) fest. Karl Simrock weilte ebenfalls wiederholt dort. In seiner umfassenden Darstellung, „Das malerische und romantische Rheinland“, fehlt auch Laach nicht.

„Dichterklänge vom Laacher See und seiner Umgebung“ verdanken wir dem Mayener Heimatdichter Joseph Hilger (1857 – 1935).

Die Erwähnungen in literarischen Werken reichen bis zum Roman „Örtlich betäubt“ von Günter Grass, wo die von der Steinindustrie ausgebeutete Voreifel um Laach als „Mondlandschaft“ gesehen wird. Geschrieben und gedichtet wurde seit jeher auch hinter Klostermauern. Mönche von Maria Laach waren auch stets auf künstlerischem Gebiet produktiv. Ungewöhnliche Gedichte verfaßte der heutige Prior von Maria Laach, Pater Drutmar Cremer, mit seinen „Tiergebeten“.

Das vom Vulkanismus geprägte Brohltal stieß vor allem aufgrund seiner geologischen Besonderheiten, der zerklüfteten Felsformationen, Tuffsteinbrüche und Mineralwasserquellen auf Interesse.

Ein „Lob des Heilbrunnens“ von Tönnisstein kleidete der kurfürstliche trierische Leibarzt. Dr. S. E. von Cohausen, 1748 in Verse.

Mit dem Brohltallied gelang dem für die Erforschung der Geologie des Brohltals bedeutenden Lehrer Johann Jacobs 1907 ein bis heute im Brohltal beliebtes „Volkslied“. Heinrich Ru-land (1882 – 1943) sah in einem Gedicht die trutzige „Ruine Olbrück“ im Zissener Land „voller Größe selbst noch im Verfalle“. Viele Sagen ranken sich um die Olbrück und ihre Herren, um Kempenich und Umgebung, das Schneiderkreuz bei Galenberg und „Molemännchen und Herchenbergsjuffer“ bei Burgbrohl.

Am Rhein

Kaum ein Landstrich Europas ist so oft beschrieben und besungen worden wie der Rhein. Unzählige waren und sind vom Zauber des Stroms und seiner Nebentäler fasziniert.

Alle „Requisiten“ der Rheinromantik finden sich auch in dem zum Kreis Ahrweiler zählenden Abschnitt des Mittelrheins: schroffe Felsen, Wein, Ausblicke auf Berge und Auen, Burgruinen, alte Städtchen und Dörfer mit verwinkelten Gassen und mittelalterlichen Kirchen. Burg Rheineck veranlaßte Dorothea Schlegel zu einer Liebeserklärung an die Rheingegenden. In einem Brief vom 4. August 1808 an Sulpiz Boisseree schreibt sie über ihre Rheinfahrt von Remagen nach Koblenz: „Ein vorüberfliegender Sonnenstrahl zog mich aufs Verdeck; die alte Rheineck ist sehr schön, auch Hammerstein mit derzertrümmerten Burg: ich bekam die herrlichen Ufer immer lieber, und ich fühle es ganz bestimmt, daß ich sie nicht auf lebenslang zu verlassen glauben kann; gerade diese Ufer, diese Hügel und diese Felsen sind es, die mir immer als Phantasie vorschwebten, als ich noch trostlos auf immer an Berlin geschmiedet zu seyn wähnte; mag immerhin mein Körper zufällig in jener Wüste geformt seyn; meine ganze Seele bekennt die Ufer des Rheines zu ihrem Vaterlande!“

Von Johann Joseph Reiff stammt ein historisches Ritterstück, „Otto von Rheineck“, das 1828 in Koblenz erschien, dem jedoch auf der Bühne kein Erfolg beschieden war.

Cäsarius von Heisterbach erzählt um 1220 von einer wundersamen Begebenheit, die einem Priester der Niederlassung des Templerordens in Niederbreisig als Kind widerfahren war. Als Knabe starb er plötzlich, stand aber wieder von den Toten auf, nachdem er zuvor jedoch eine Begegnung mit dem Teufel hatte und auch im Himmel war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte in Niederbreisig der Arbeiterdichter Max Barthel (1893 -1972). Seine Autobiographie mit dem programmatischen Titel „Kein Bedarf an Weltgeschichte“ beginnt die Rückschau auf ein bewegtes Leben mit einem Blick vom Breisiger EIzenberg aus, wo Max Barthel eine große Anzahl Lieder schrieb. Viele davon wurden vertont. Der Dichter fand seine letzte Ruhestätte auf dem Breisiger Waldfriedhof.

Einhardus – der Biograph Karls des Großen – überliefert uns im Jahre 828 ein Weinwunder, das sich im Königshof in Sinzig zugetragen haben soll. Zum Erstaunen der dort Anwesenden wurde Bier zu Wein. DerSinziger Königshof dürfte im Bereich des heutigen Zehnhofes gelegen haben.

Sinzig ist auch der Schauplatz einer kleinen Erzählung der Weltliteratur. Der russische Schriftsteller Iwan S. Turgenjew hielt sich hier 1857 zu einer Kur im jungen Heilbad Sinzig auf, weil ihm das dortige Mineralwasser empfohlen worden war. In der melancholischen Liebesnovelle „Assja“ (1858) setzte Turgenjew der Landschaft um Sinzig ein literarisches Den.kmal: „Das Städtchen (Sinzig), am Fuße zweier Höhen gelegen, gefiel mir wegen seiner altersschwachen Mauern und Türme, der uralten Linden und der steilen Brücke über einem klaren Flüßchen, das in den Rhein mündet, nicht zuletzt wegen seines guten Weines. (…) Oft suchte ich den majestätischen Strom auf, um seine Schönheit zu bewundern …“

In der Sinziger Pfarrkirche St. Peter kann eine Mumie besichtigt werden, die im Volksmund als der Hl. Vogt bezeichnet wird. Ludwig Mathar hat die Rückkehr des „duden leichnams“ anno 1817 aus Paris, wohin ihn die Franzosen mitgenommen hatten, in dem Eifelroman „Das Schneiderlein im Hohen Venn“ (1932) lebendig beschrieben.

Remagen gehört mit dem Apollinarisberg und dem rätselhaften romanischen Pfarrhoftor seit dem 19. Jahrhundert zu einem der beliebtesten Ziele für Rheinreisende. Von 1807 – 1836 befand sich der Apollinarisberg im Besitz der Brüder Melchior und Sulpiz Boisseree. In ihrem gastfreundlichen Haus gaben sich besonders im weinseligen Herbst zur Lesezeit viele ein Stelldichein. Die Tagebücher und Briefe von Sulpiz Boisseree aus den Jahren 1808 – 1854 enthalten zahlreiche Eintragungen und Berichte über den Apollinarisberg, Remagen und Umgebung, Besucher, Gespräche über berühmte Zeitgenossen und Freunde, darunter Goethe in Weimar.

Das erste problemorientierte Stück des irischen Dramatikers Bernard Shaw (1856 -1950) hat im l. Akt das Gartenrestaurant eines Hotels in Remagen am Rhein zum Schauplatz. In ,,Die Häuser des Herrn Sartorius“ (1892) – so der Titel  greift Shaw die Verlogenheit der viktorianischen Gesellschaft an und parodiert Rheinromantik und Konventionen. Werner Bergengruen sah in seiner „Deutschen Reise“ (1934) die Apollinariskirche im Gegensatz zu den Beschreibungen des 19. Jahrhunderts mit wenig Begeisterung:

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Musenbahnhof Rolandseck: Berühmte Besucher – darunter Heine, Apollinaire, Shaw – auf dem Gemälde von Steven McKenna

„Die schlanke Kirche, deren Mängel auf die Entfernung nicht wahrgenommen werden“, lenkt aus seiner Sicht „die Augen aller Rheinfahrer mit sanftem Zwange auf sich“.

Auf den Feldern zwischen Niederbreisig und Remagen, die wegen ihrer Fruchtbarkeit die Goldene Meile genannt werden, befand sich von Frühjahr bis Herbst 1945 ein riesiges Kriegsgefangenenlager mit deutschen Soldaten – unter ihnen der Lyriker Günter Eich (1907-1972). Sein 1. Gedichtband nach dem Krieg enthält Gedichte mit direktem Bezug zum Leben in dem berüchtigten Rheinlager: Frühling in der Goldenen Meil, Erwachendes Lager, Camp 16, Blick nach Remagen, Sinzig bei Nacht, Latrine, Inventur, Gefangene bei Nacht. Das Gedicht „Latrine“, in dem Hölderlin auf Urin gereimt wird, gab der völligen Desillusionierung in der Kriegsgefangenschaft Ausdruck und wurde zu einem der bekanntesten Gedichte dieser Zeit. Geschrieben wurde es auf den Feldern nahe der Remagener Brücke, die zu trauriger Weltberühmtheit gelangte. Zur Versöhnung mahnen dort heute die Friedenskapelle mit der Schwarzen Madonna und das Friedensmuseum.

Bei Remagen verlief nach dem Zweiten Weltkrieg die Grenze zwischen der französischen und englischen Besatzungszone. Auf dem Remagener Bahnhof spielten sich bei Grenzkontrollen dramatische Szenen ab. Die Atmosphäre der frühen Nachkriegszeit hat Mathilde Hu-sten-Causemann in dem Roman „Grenzstation Remagen“ eingefangen, mit dem sie den Roman „Die Stadt im Berg“ fortsetzte. Dieser schildert das Leben im Ahrweiler Silberbergtunnel während des Bombenkrieges.

Von 1950 -1961 lebte in Unkel der Schriftsteller Stefan Andres. Von seinem Haus am Rhein blickte er auf den Strom und eine alte Villa an der Mündung des Unkelbaches bei Oberwinter. Dieses Haus ließ ihn von Italien träumen: „Das große, gelbliche Haus jenseits des glitzernden Wassers erinnert mit seinem weit vorspringenden, flachen Dach an eine florentinische Villa, und die Tujabäume wirken wie Zypressen. Aber dann bewegt sich unsagbar waagerecht auf dem lichten Silber des Wassers ein Raddampfer mit Ausflüglern heran – und ich weiß wieder, wo ich bin: am Rhein, am Ufer des Stromes, auf dem der Gott des Handels und Wandels seine Schiffe auf- und abzieht.“ Die Internationalität des Rheines läßt Stefan Andres in dieser Skizze, die er „Europa auf dem Rhein“ nannte, auf das künftige Europa hoffen. Schon 1952 ist er zuversichtlich, „daß dies begonnene Spiel nicht als Tragödie endet oder gar als Farce.“

Weltoffen und international war und ist der Rhein. „Völkermühle, Kelter Europas“ war für Carl Zuckmayer der Strom. 1787 stattete der Italiener Abbate de Giorgi de Bertöla Oberwinter einen Besuch ab. Er war begeistert, pries die Weingegend und ihre Bewohner: „Habsucht und Betrug scheint in dem Busen dieses herzlichen, freundlichen und mit seinem Flusse, seinen Hügeln und Bergen höchst vergnügten Volkes keine Wurzeln fassen zu können.“ Zu Oberwinter bemerkte er, daß er diesen Weinort allen anderen Rheingegenden vorziehen würde.

Egon H. Rakette (1909 -1991) fand in Oberwinter nach dem Zweiten Weltkrieg eine zweite Heimat. Viele seiner Gedichte weisen direkte Bezüge zur Rheinlandschaft um Oberwinter auf. Als Autor zahlreicher Romane, die in Schlesien, aber auch in Bonn spielen, hat er sich einen Namen gemacht.

Rolandseck mit dem Rolandsbogen und der Insel Nonnenwerth ist einer cterOrte der Rheinromantik. Wolfgang Müller von Königswinter (1816 -1873) schwärmte in seiner Rheinfahrt:

„Doch halt, halt an! Nie war der Rhein so schön, Seit von den Alpen Abschied er genommen, Wie hier. Es wogen herrlich Tal und Höhn!“ In seiner „Wanderung am Rhein“ besang Max von Schenkendorf (1783 – 1817) „Rolandseck auf steiler Höh“. August Kopisch (1799 – 1853) beschwor die Sage Rolands. Ferdinand Freiligrath (1810 – 1876) setzte sich mit seinem dichterischen Spendenaufruf für den Wiederaufbau des 1839 eingestürzten Rolandsbogens ein. Er war damit so erfolgreich, daß er im Juli 1840 schon die Baurede für den wiedererstandenen Rolandsbogen in Verse fassen konnte.

Karl Simrock (1802 – 1876), Gustav Pfarrius (1800 -1884) fehlen im Reigen der Dichter des 19. Jahrhunderts ebenso wenig wie Heinrich Heine (1796 -1856), der als Student der Universität Bonn am 7. März 1856 die Rolandssage ironisierte:

„Oben auf dem Rolandseck Saß einmal ein Liebesgeck, Seufzt‘ sich fast das Herz heraus, Kuckt‘ sich fast die Augen aus Nach dem hübschen Klösterlein, Das da liegt im stillen Rhein. …“ Der große französische Lyriker Guillaume Apollinaire (1880-1918) war 1901 in HonnefHauslehrer. Sein Gedicht „Rheinische Nacht“ dürfte von Eindrücken in Rolandseck und Umgebung inspiriert worden sein.

Der repräsentative klassizistische Bahnhof Rolandseck mit der Sammlung Hans Arp, Ausstellungen, Konzerten und Dichterlesungen ist ein Bahnhof der Musen. Von der Stiftung Bahnhof Rolandseck wurde im Juni 1984 eine „Literarische Rheinreise“ veranstaltet. Sie ist dokumentiert in dem Sammelwerk „Die Vergeßlichkeit ist das Ende von allem“.

Ahrtal und Eifel

Am Anfang steht die „Entdeckung“ des Ahrtals durch Maler und Dichter sowie Studenten und Professoren der 1818 gegründeten Bonner Universität.

Die frühen Reiseführer durch das Ahrtal haben heute ihren eigenen Reiz. Ahrführer und Beschreibungen des Ahrtals verfaßten Ernst Wey-den (1835), Philipp Wirtgen (1839), Ernst Moritz Arndt (1844) und Gottfried Kinkel (1846). Besonders Kinkel sah nicht nur die pittoreske Weinlandschaft, die Geschichte, kunstgeschichtlich Bedeutsames und die Bräuche im Ahrtal, sondern er hatte auch ein Auge für die wirtschaftliche Not der Bewohner um 1840, die viele zur Auswanderung zwang.

Die Not der Winzer in den Rheinlanden klagte auch Georg Weerth (1822-1856) an. Er war mit Marx und Engels befreundet und arbeitete als Redakteur für die „Neue Rheinische Zeitung“ in Köln. Seine gesellschaftskritische Lyrik schonte weder Kirche noch Staat, so in dem Gedicht „Die Rheinischen Weinbauern“.

Den literarischen Spuren der Dichter, die im 19. Jahrhundert das Ahrtal besuchten, ist Walther Ottendorff-Simrock – ein Nachfahre Karl Sim-rocks – in vielen Veröffentlichungen nachgegangen.

Er zeigte u. a. die Beziehungen zur Ahr in Werken und Schriften von Emanuel Geibel, Ferdinand Freiligrath, Karl Simrock, E. M. Arndt, Jacob Burghardt, Karl Immermann und Wolfgang Müller von Königswinterauf. Das meiste, was diese Poeten schrieben, ist heute größtenteils vergessen.

In Bodendorf besaß die Familie von Wolfgang Müller ein Weingut. Zur Weinlese fanden dort viele Künstlerfreunde gastliche Aufnahme. 1858 verfaßte Müller zur Quellenweihe von Neuenahr das Eröffnungsgedicht. Auch sonst hat er in seiner Dichtung und Gelegenheitsgedichten das Ahrtal vielfach besungen.

Bodendorf wurde von 1932 – 1936 zur Heimat für den Arbeiterdichter Heinrich Lersch (1889 -1936). 1914 war der Kesselschmied aus Mönchengladbach durch das pathetische Gedicht „Soldatenabschied“ schlagartig berühmt geworden. Heute ist sein Werk einer breiteren Öffentlichkeit unbekannt.

Der Schriftsteller und Priester Johannes Kirschweng (1926 – 1934 Kaplan in Neuenahr) wählte das Heilbad Neuenahr zum Schauplatz seiner Schlüsselerzählung „Geschwister Sörb“ (1935). Die klatschsüchtigen Schwestern Sörb – Besitzerinnen eines Putzmacherladens – werden in dieser Satire der Lächerlichkeit preisgegeben. In dem Roman „Till Eulenspiegel im Ahrtal“ (1972) läßt Theodor Seidenfaden einen „modernen Till“ in Bad Neuenahr küren.

Die Rotweinstadt Ahrweiler im mittelalterlichen Mauerrund nannte Karl Immermann 1832 „die artigste kleine altdeutsche Stadt, die ich je gesehen“. Das Schützenbrauchtum von Ahrweiler faszinierte Alexander Kaufmann. Er beschrieb es in seinen „Jugenderinnerungen an Ahrweiler“ (1884).

In dem Gedichtband „Was die Ahr rauscht“ (1899) erschienen Gedichte von Emma Trosse über die Ahr von der Quelle bis zur Mündung. Das traditionsreiche Weinhaus St. Peter in Wal-porzheim war im 19. Jahrhundert eine wahre „Verseschmiede“. Kaum ein Poet, der dort nicht einkehrte und den Ahrburgunder pries.

Zur Zeit des Alten Reiches spielt in Altenahr die Erzählung „Das Mailehen – Eine Volksgeschichte aus dem Ahrtal“ von W. 0. Hörn (Pseudonym von Wilhelm Oertel, 1798 -1870). Dieser Pfarrer und Volksschriftsteller gab im 19. Jahrhundert das vielgelesene Volksbuch „Die Spinnstube“ heraus. Poetische Schilderungen von Altenahr und Umgebung schrieb Heinrich Hubert Mönch (1834 – 1900) aus Altenahr, der unter dem Pseudonym Hubert Ley veröffentlichte. Das obere Ahrtal, Adenau, Nürburg und die Hocheifel, wo Gottfried Kinkel 1841 „zur erschreckenden Einsamkeit der Hohen Acht emporstieg)“, haben ebenfalls in den Reiseführern, aber auch in den zahlreichen Sagenbüchern und Gedichten Niederschlag gefunden.

Mundartdichtung und heimatbezogene Literatur aus dem gesamten Kreisgebiet findet sich in allen Jahrgängen des seit 1926 erscheinenden Heimatjahrbuchs.

Eine Belebung und Bündelung der literarischen Szene im Kreis Ahrweiler hat sich seit 1989 die LiterAhrische Gesellschaft Ahrweiler e. V. zum Ziel gesetzt. Als Forum für ihre Autoren dient eine eigene Literatur-Zeitung, von der bereits mehrere Ausgaben erschienen sind.

Die kleine literarische Wanderung zeigt, daß der Kreis Ahrweiler auch im Bereich der Literatur kein weißer Fleck auf der Landkarte ist. Er weist vielmehr eine erstaunliche Vielfalt an Literatur aller Gattungen und unterschiedlichster Art auf. die es zu entdecken und zu lesen gilt.

Literatur:
Bogler. Theodor- Münster am See. Landschaft, Kuhst. Kultur Geschichte, Gegenwart. Ein Laacher Lese- und Bilderbuch. Honnef/Rh. 1956.
Deres. Karl: Iwan Turgenjew – ein früher Sinziger Kurgast. In: Heimat-Jahrbuch Kreis Ahrweiler 1990 . S. 76ff
Gumz, Wolf-Dietrich/Frank J. Hennecke (Hrsg.) Rheinreise. Gedichte und Lieder. Eine Textsammlung, Stuttgart 1986 Haffke. Günter: Heinrich Lersch – Ein deutscher Arbeiterdichter und Bodendorf in: Beiträge zur Heimatkunde von Bad Bodendorf Bad Bodendorf 1981. S. 73 – 86.
Maurer, Doris und Arnold E.: Bonn erzählt. Streifzüge durch das literarische Bonn von 1780 • 1980. Bonn 1983. 
Möhring Heino: Reiseimpressionen vom Mitteirhein zwiscnen Andernach und Remagen. Berlin 1987
Neumann. Clemens Josephus: Immer auf der Suche nach Heimat. Der Schriftsteller Egon H. Rakette wird 75. in: Heimatjahrbucn Kreis Ahrweiler 1984 S. 32ff.
Ottendorff-Simrock. Walther: Dichter des 19. Jahrhunderts im Ahrtal. In Heimatjahrbuch für den Kreis Ahrweiler 1956. S. 17-25. 
Oberhauser, F. u. G.: Literarischer Führer durch die Bundesrepublik Deutschland Frankfurt/Mainz 1974 
Ruland, Josef: Streifzüge im Ahrtal. Einblicke – Aussichten Bonn 1983—————————–7d03cb193027e Content-Disposition: form-data; name=“hjb1994.46.htm“; filename=““ Content-Type: application/octet-stream

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