Lieder bauen Brücken zur Völkerfreundschaft.
Willi Gebhard
Fast ein Jahrzehnt kennen sich die Sängerinnen und Sänger vom »Milton Glee Club« in Portsmouth/England und die Sänger vom »Bölinger Liederkranz«. Durch gegenseitige Besuche mit gemeinsamen Konzerten sowie zahlreiche persönliche Kontakte und Besuche einzelner Sangesfreunde hat sich eine bleibende Freundschaft entwickelt, die durch die kürzlich durchgeführte 4. Konzertreise der Bölinger Sänger nach Portsmouth lebhaften Ausdruck fand.
Die ersten Kontakte wurden Anfang 1977 aufgenommen. Eddie Greenfell, stellv. Marine-Attache a. D. der Britischen Botschaft in Bonn, damals wohnhaft in Holzweiler und aktiver Sänger im »Bölinger Liederkranz«, vermittelte über die Stadt Portsmouth die erste Konzertreise des MGV »Eintracht« Adendorf und des MGV »Bölinger Liederkranz« mit ihrem gemeinsamen Chorleiter Helmut Assenmacher im März 1977. E. Greenfell hat sich mit seinen vielfachen Bemühungen, die gegenseitige Verständigung zu schaffen und zu vertiefen, bleibende Verdienste erworben. Nach einem Empfang durch den stellv. Oberbürgermeister von Portsmouth, der großen englischen Marinebasis am Kanal gegenüber der Insel Wight, sangen wir im britischen Fernsehen in Southampton und hatten danach das erste Treffen mit den Sängerinnen und Sängern des Chores »Milton Glee Club« mit seinem Chorleiter Stanley Mortimore und seinem Manager Sidney Oliver. Unvergessen bleibt uns allen dieser überaus herzliche Empfang. Höhepunkt der Reise war das 1. Konzert unserer Chorgemeinschaft Adendorf/Bölingen, unterstützt von der Instrumentalgruppe der Altenburger Sänger und zusammen mit der Kapelle des königlichen Garderegiments »The Scots Guards« und der »Band of the Metropolitan Police«. Mit ihren bunten Uniformen bildeten sie auf der Bühne ein farbenprächtiges Bild in der vollbesetzten Guildhall (über 2 000 Plätze). Tief empfundene Begeisterung erfaßte alle beim Finale, als wir mit Begleitung beider Kapellen »Alte Kameraden« sangen.
Der MGV Bölingen beim Konzert in der Guildhall in Portsmouth im März 1977
Zum Abschluß unseres 1. unvergeßlichen Besuches sangen wir beim Gottesdienst in der Kathedrale von Portsmouth. Im folgenden Jahr erfolgte der Gegenbesuch aus England zu unserem 110jährigen Bestehen. Das Festkonzert am 25. Mai 1978 im Festzelt am Waldrand mit dem »Collegium musicum« der Kreismusikschule unter Leitung von Gisbert Stenz, 90 Sängerinnen und Sängern des »Milton Glee Club« und der Chorgemeinschaft Adendorf/Bölingen wurde für uns und unsere englischen Gäste zu einem bleibenden Erlebnis, worüber auch hier anwesende englische Reporter anerkennend und begeistert berichteten. Auch beim Freundschaftssingen an den folgenden Tagen sowie beim gemeinsamen Festgottesdienst im Zelt wirkten unsere englischen Freunde mit, die bei unseren Sangesfreunden von »Eintracht« Altenburg untergebracht waren. Dieser erste Besuch in Deutschland ermöglichte Begegnungen geselliger und privater Art zum näheren Kennenlernen.
Anfang Mai 1979 erfolgte unsere 2. Englandreise bei sehr stürmischer See mit der Kanalfähre Zeebrügge-Dover zusammen mit den Sängern von Adendorf und Altenburg in Chorgemeinschaft von Helmut Assenmacher. Mit dem »Milton Glee Club« und der Marine-Band der königlichen Yacht »Britannia« nahmen wir an unserem 2. Konzert in der Guildhall mit gutem Erfolg teil. Bei diesem Besuch lernten wir London kennen und wurden Zeugen des Antrittsbesuches von Frau Thatcher im Buckinghampalast und ihres Einzugs in Downingstr. 10. Den Abschluß des Besuches bildete ein von beiden Chören gestalteter Gottesdienst in der St. Jameskirche im Stadtteil Milton, aus dem der Chor hervorging.
Wiederum ein Jahr später feierten die Aden-dorfer Sänger im Mai 1980 ihr 70jähriges Bestehen, bei dem auch die »Engländer« mitgestaltend zu Gast waren. Besonders beeindruk-kend war das Festkonzert auf Burg Münchhau-sen am 30. Mai. Auch dieser Besuch führte zu zahlreichen Einladungen in die Familien der Sänger.
Bei ihrer 3. Reise nach Portsmouth 1981 waren die wackeren Bölinger Sänger allein und verbanden damit einen gut aufgenommenen Konzertabend in Fauville en Caux in der Normandie, der Partnergemeinde unserer Gemeinde Grafschaft. Bei stürmischer See ging die Reise dann weiter von Le Havre direkt nach Portsmouth, wo am 3. Okt. in der Guildhall das 3. gemeinsame Konzert mit dem MGC und der »Band of H. M. Royal Marines« stattfand. Josef Gehlen, Chorleiter des MGV Wormersdorf-AItendorf-Ersdorf, begleitete uns vortrefflich am Klavier. Bei diesem Besuch erfuhren wir besonders beeindruckend englische Gastfreundschaft. Einen ganzen Tag besuchten wir als Gäste des MGC die Insel Wight und erlebten zum Abschluß des Besuches einen festlichen Abend mit gemeinsamem großen Dinner und anschließendem Tanz.
Im Mai 1983 feierte der »Bölinger Liederkranz« sein 115jähriges Bestehen, woran auch unsere englischen Sangesfreunde teilnahmen, die diesmal bei den Familien der Sänger untergebracht waren. Wir machten sie mit unserer Heimat, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ahr und Eitel mit Nürburgring, dem Rheintal und mit der Bundeshauptstadt Bonn näher bekannt. MdB Karl Deres führte unsere interessierten englischen Gäste durch das Bundestagsgebäude. Den Abschluß dieses 3. Besuches bildete ein festlicher Abend mit gemeinsamem Essen und anschließendem Tanz in Dernau.
1984 besuchten wir auf Einladung unsere französische Partnergemeinde Fauville en Caux, wo wir im Saale des Fetes ein Konzert gaben. Weiter auf dem Programm standen ein Besuch von Fecamps und Etretat an der Kanalküste und die Mitwirkung bei einem Folkloreabend in Abouville-Bellefosse. Zum Abschluß des Besuches sangen wir in der Pfarrkirche im Hochamt. Alle Sänger waren bei privaten Gastgebern untergebracht und hatten guten Kontakt trotz Sprachschwierigkeiten. Auch hier werden weitere Besuche sicher folgen.
Unseren 4. Besuch in Portsmouth machten wir im Mai 1985, erstmalig von Köln-Bonn und Düsseldorf nach London und zurück als Flugreise. Wir besichtigten die altehrwürdige Kathedrale von Winchester und den Naturpark »Exbury Gardens«. Auch unser 4. Konzert in der ausverkauften Guildhall wurde mit großem Beifall aufgenommen, nicht zuletzt auch für Hans-Albert Jahn, der uns sicher am Klavier begleitete.
So sehr wir uns über den Erfolg als Lohn der vielen Mühen freuen, noch mehr beeindruckt uns und unsere Freunde die gegenseitig gewachsene Verständigung, die zu einem festen Band der Freundschaft geführt hat. Die Presse in Portsmouth schrieb dieser Tage: »Die gegenseitigen Besuche in und vom Ahrtal in West-Deutschland haben seit 1977 viele Familienfreundschaften hervorgebracht.« Schönster Beweis dafür sind die zunehmenden gegenseitigen privaten Besuche und Urlaubseinladungen. Solche Eindrücke kann man nicht gut beschreiben, man kann sie nur erleben.