Letzte Spuren der alten Eisenbahn
Bahnhofsbauten an den stillgelegten Eisenbahnstrecken im Kreis Ahrweiler
Matthias Röcke
In vielen Orten weist die Bahnhofsstraße den Weg, an manchen Empfangsgebäuden steht der Dorfname noch angeschlagen. Hier und da ist der Schriftzug „Bahnhof« über der großen Tür zu lesen. Aber, es fährt längst kein Zug mehr zwischen Hönningen und Adenau und zwischen Dümpelfeld und Jünkerath, die Trasse wird allmählich von Mensch und Natur eingeebnet. Nur Brücken und Tunnel stehen als Denkmäler einer technischen Entwicklung, die in den letzten 15 Jahren an der Oberahr und im Raum Adenau ihr Ende gefunden haben.
Daten zur Ahrtalbahn | |
Errichtung: | |
Remagen – Ahrweiler: | 1880 |
Ahrweiler-Altenahr: | 1886 |
Altenahr-Adenau | 1888 |
Dümpelfeld – Jünkerath: | 1912 |
Stillegung: : | |
Dümpelfeld – Jünkerath | 1974 |
Hönningen – Adenau: | 1985 |
(Kreuzberg – Hönningen ab diesem Zeitpunkt nur noch Güterverkehr). |
Und eben die Bahnhofsbauten. Ihnen ist dieser Beitrag gewidmet, nachdem im Heimatjahrbuch 1987 die Bauten an den in Betrieb befindlichen Strecken (Remagen – Rolandseck -Brohl, Remagen – Kreuzberg und die Brohltal-bahn Brohl – Engeln) beschrieben wurden. Es wurde Zeit, sich auf ihre Spur zu begeben, denn sie werden an manchen Stellen die nächsten stummen Zeugen der Vergangenheit sein, die untergehen. Bahntechnische Nebengebäude sind kaum noch anzutreffen, wenn also von Bahnhof die Rede ist, so ist das Empfangsgebäude gemeint (der Eisenbahner macht da bekanntlich feine Unterschiede).
AHRBRÜCK
Nächste Station hinter Kreuzberg auf der Strecke nach Adenau war für die Reisenden bis zur Stillegung 1985 der stattliche Bahnhof Ahrbrück. Wirkte er schon in den letzten Jahren des Bahnbetriebes von seinem Zustand her nicht gerade als Schmuckstück, so macht er jetzt auf den Betrachter einen erbärmlichen Eindruck. Er steht leer und droht zu verfallen. Ahrbrück war offensichtlich kein unwichtiger Halt für die Bahn auf der in diesem Abschnitt bis 1888 ausgebauten Strecke. Das Empfangsgebäude hat zwei Stockwerke und ein großes, ausgebautes, an den Giebeln abgeschrägtes Dach, das mit Schiefer bedeckt ist. Der Eingangsbereich ist besonders betont, springt auf der Straßenseite aus der Fassade etwas hervor, der Eingang selbst ist durch eine Tuffeinfassung nochmals verziert. Er liegt nicht in der Mitte des Gebäudes, es ist aufgeteilt in eine Achse westlich des Eingangs und in zwei östlich. Eine eigene Note gibt dem Gebäude die Bruchsteineinfassung, ein optisches Fundament, dessen obere Begrenzung genau der Linie folgt, die die Fenster rund um das Haus beschreiben. Zur Bahnseite ist die Gestaltung bescheidener ausgefallen, auf einen hervorspringenden Eingangsbereich wurde verzichtet. Nach Westen ein einfacher Schuppen und nach Osten ein eingeschossiger Anbau sind ebenso noch vorhanden wie ein weiterer Schuppen und das kleine Toilettenhäuschen. So ist gegenüber einem Lageplan von 1930 noch alles da im Bahnhof Ahrbrück, eine Nutzungsmöglichkeit hat sich jedoch bisher noch nicht gefunden, so daß das ganze Areal einer Abbruchfläche ähnelt. Der Bahnhof gehört seit gut einem Jahr der Gemeinde Ahrbrück.
HÖNNINGEN
Hier liegt die letzte Weiche der stillgelegten Strecke, hier steht der Prellbock. Offiziell eingestellt wurde 1985 nämlich nur der Reiseverkehr, Güterverkehr findet bis Hönningen unverändert statt. Auch Sonderzüge könnten bis hierhin rollen. Die Gleise reichen jetzt bis zu einem Gewerbebetrieb, dem inzwischen auch der Bahnhof gehört. Er liegt unmittelbar an diesem Betrieb, ist ein einfaches, eingeschossiges Fachwerkhaus entsprechend dem Wal-porzheimer Bahnhof an der Unterahr. Das steile Dach ist mit Schiefer gedeckt, ein offener Unterstand, von Balken gehalten und in schöner Holzverkleidung ausgeführt, bot den Wartenden Schutz. Zwei Schilder am Gebäude erinnern an den Bahnbetrieb: »Ahrtalbahn 1988« und »Ausgang“. Durch Hönningen gab es zu Anfang eine andere Trassenführung, der ursprüngliche Bahnhof, ein Bruchsteinbau, wurde Anfang der siebziger Jahre abgerissen. Der spätere Bahnhof stammt aus den Jahren 1910 bis 1912. In sich birgt er eine Besonderheit: er ist Wohnplatz von Fledermäusen, Wissenschaftler aus Bonn beobachten dort deren Lebensweise. So kann aus einem Bahnhof ein Naturdenkmal werden. Wie die Trasse ab Hönningen später genutzt wird, ist noch in der Schwebe. Das Planfeststellungsverfahren für die Bundesstraße klärt derzeit, ob hier die Umgehungsstraße gebaut werden soll. Ist dies nicht der Fall, würde die Trasse einem Radwanderweg Platz geben.
DÜMPELFELD
Der Bahnhof Dümpelfeld war seinerzeit immerhin ein kleiner Knotenpunkt. Hier mündete die Strecke von Jünkerath, die Verbindung zur Ei-feibahn, in die Strecke Remagen – Adenau und zwar in Form eines Gleisdreiecks. Das ermöglichte ein Einfahren in die Remagen – Adenauer Strecke in beide Richtungen ohne Umspannen, was von Bedeutung für den Güter- (und Militärverkehr) war. Zwei steinerne Brücken nebeneinander erinnern in Dümpelfeld heute noch an diese Situation, die Gleise auf beiden Strecken sind abgebaut. War vor dem ersten Weltkrieg jeder Eisenbahnbau vor allem militärisch motiviert, so gilt dies besonders für die Strecke an der Oberahr. 1912 wurde sie eingeweiht, im Personenverkehr aber nie intensiv genutzt.
Das Empfangsgebäude in Dümpelfeld entspricht dem in Kreuzberg und dürfte zur selben Zeit (1910/1912, also mit Inbetriebnahme der neuen Strecke) umgebaut worden sein. Es ist ein verputzter, zweigeschossiger Bau, unten in Bruchstein abgesetzt, verziert mit einem kleinen, turmartigen Erker zur Straßenseite. Das Haus ist renoviert, in Privathand und in gutem Zustand. Der einfache Fachwerkgüterschuppen mit einem kleinen Holzvorbau ist ebenfalls noch erhalten. So ansprechend das Empfangsgebäude heute aussieht, so wenig einladend wirkt das ganze Areal. Halb zugeschüttete Bahnsteige machen einen verwilderten Eindruck, lassen den Betrachter aber die Strekkenführung in Richtung Adenau immer noch nachvollziehen.
Abgestelltes Wagen- und Gleismaterial von Feldbahnen deutet auf eine vielversprechende Privatinitiative hin: Zwischen Dümpelfeld und Adenau ist die Einrichtung einer kleinen Eisenbahn im Gespräch. Das wäre eine Touristenattraktion und eine sinnvolle Verwendung von Museumsbahnen zugleich.
LEIMBACH
Leimbach hatte von Anfang an nur einen Haltepunkt. Bis Ende der fünfziger Jahre stand auf dem Bahnsteig ein Wartehäuschen in Fachwerk und eine Wellblechbaracke für den Fahrkartenverkauf. Dem Schrankenwärter stand ein kleines Häuschen zur Verfügung. Es verschwand als letztes, als nämlich in den frühen achtziger Jahren eine automatische Schrankenanlage installiert wurde. Seitens der Bahn wurde das übrigens seinerzeit als Beweis dafür »verkauft«, daß man in die Strecke durchaus zu investieren bereit sei. Die Anlage wurde nach dem letzten Zug abmontiert…
ADENAU
Als Wohnung und im Nebengebäude als Restaurant genutzt ist der Adenauer Bahnhof. Bei der Renovierung hatte man mit der Farbwahl keine glückliche Hand, die Mischung zwischen rot und orange wirkt zu auffällig. Der Eingang ist auf der Straßenseite durch eine Steineinfassung besonders herausgehoben und springt auf der Straßenseite leicht hervor. Der langgestreckte Güterschuppen nach Osten ist etwas schmaler als das Hauptgebäude und voll in Bruchstein ausgeführt.
Auf dem früheren Bahnsteig ist die Terrasse des Restaurants, das weitläufige Gelände ist als gewerbliches Lager genutzt. Seit 1985 ist die Stadt Adenau ohne Gleisanschluß, ein trauriges Kapitel aus der Finanzpolitik der Bundesbahn. Immerhin kam es zur Stillegung in diesem Bereich, als die Bedeutung des Nahverkehrs auf der Schiene erkannt war und die Ahrtalbahn Remagen – Kreuzberg einen leisen Aufschwung erlebte.
SCHULD
Von Dümpelfeld führte die Bahnstrasse, dem Tal der Oberahr folgend, die Linie nach Remagen rechts liegen lassend, nach Schuld. Außerhalb des Ortskerns liegt der Bahnhof von Schuld. Er wirkt auf den Betrachter einladend, ein pensionierter Eisenbahner und seine Frau haben ihn Ende der siebziger Jahre erworben und fein herausgeputzt. Das Empfangsgebäude ähnelt dem von Ahrbrück, ist allerdings, der geringeren Bedeutung der Strecke entsprechend, nicht so groß ausgefallen. Große Rundbogenfenster zeigen an, wo früher die Schalterhalle war, die Bruchsteineinfassung im Erdgeschoß gibt dem Haus sein charakteristisches Aussehen. In gutem Zustand ist auch der Schuppen mit seiner Rampe und den Originalschiebetüren. In Schuld ist noch mehr zu sehen. Einer der sechs Tunnel der Strecke Dümpelfeld – Jünkerath steht hier, in Verbindung mit der hohen Brücke über die Ahr ergibt sich eine imposante Trassenführung. Der Bahndamm ist vom Ortseingang von Dümpelfeld her über weite Strecken erhalten. Der letzte Teil bis zum Bahnhof wurde allerdings in die Zulieferstraße eines Baustoffgroßhandels umfunktioniert.
FUCHSHOFEN
Eine echte Überraschung in der Reihe der vergangenen Bahnhöfe ist der von Fuchshofen. Das Blockhaus in schwarz fällt völlig aus dem Rahmen. Würde nicht das alte Bahnhofsschild darauf hinweisen, könnte man nicht die Strekkenführung in der Landschaft noch ablesen, man würde nicht auf die Idee kommen, auf früherem Bahnhofsgelände zu stehen. Der Bahnhof Fuchshofen ist heute privat als Wochenendhaus genutzt.
ANTWEILER
Was man aus einem alten, abgenutzten Haus mit modernen Mitteln machen kann, zeigt sich noch besser als beim Beispiel Schuld in Ant-weiler. Der eingeschossige Fachwerkbau des früheren Empfangsgebäudes ist vorbildlich restauriert. Zur Straßenseite weist das schmucke Haus einen besonderen Clou auf: ein sanfter Bogen ragt aus der Fassade hervor, ein kleiner, optisch aber sehr wirkungsvoller Trick des damaligen Bahnarchitekten. Der übliche Schuppen wartet noch auf seine Restaurierung. Früher gehörte auch ein Unterstand in Fachwerk zum Bahnhof Antweiler (wie in Walporzheim), er ist als einziges nicht erhalten geblieben.
MÜSCH
Letzte Station im Kreis Ahrweiler: in Müsch verließen die Züge »heimisches Gebiet«, um über Ahrdorf, Ahütte, Niederehe, Kerpen, Walsdorf, Hillesheim und Lissendorf – hier stieß die Nebenstrecke auf die Eifelbahn Köln – Trier – nach Jünkerath zu gelangen. Der Müscher Bahnhof entspricht dem von Schuld, allerdings fehlt heute der kleine Vorbau für das Stellwerk. Der Schuppen ist abgetragen, das Toilettenhäuschen aus Fachwerk dagegen steht noch. Der Bahnhof Müsch ist verkommen, traurig und blaß lesen sich die großen Buchstaben des Bahnhofsschildes.
BROHLTALBAHN
Im Bereich der 1900 bis 1901 erbauten Brohl-talbahn gibt es ebenfalls einen ausgedienten Bahnhof. Es ist der von Kempenich, ein quer zum Gleis angelegter, zweigeschossiger Bruchsteinbau mit Fachwerk im Giebel und am Schuppen. Er liegt mitten im Ort und ist heute als Wohnhaus genutzt. Der Betrieb auf der Strecke Engeln – Kempenich wurde 1974 eingestellt, die Gleise bis 1976 abgebaut.
Quellen:
Klaus Kemp, Die Ahrtalbahnen, Freiburg, 1983 Gerd Wolff, Die Brohltal-Eisenbahn, Remagen, 1988 Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1987: Matthias Röcke, Bahnhöfe im Kreis Ahrweiler