Kesseling und das Kloster Prüm

VON JAKOB RAUSCH

Kesseling, das 1962 eine 1200=Jahrfeier begeht, kann sich rühmen, zuerst von allen Orten des Ahrtales in einer Urkunde, die sogar ein König ausstellte, genannt zu werden.

Um 700, als die Merowingerzeit bald zu Ende ging und die Karolingerzeit begann, lebten in unserer Heimat durchweg freie fränkische Bauern, die auf ihr Boden=, Wehr= und Dingrecht recht stolz waren. Dazu kamen auch Sal= und Königshöfe, die als Mustergüter von einem Meier verwaltet wurden. Zudem galten große Waldflächen als Königsgut. Das gesamte Kröngut des Ahrgaues wurde von der königlichen Pfalz in Sinzig verwaltet. Am 10. Juli 762, als König Pipin auf dieser Königspfalz in Sinzig weilte, schenkte er das schon bestehende Klösterchen Kesseling, cella Casleoca genannt, das dem hl. Petrus geweiht war, dem Kloster Prüm.

Sicherlich lag dieses Klösterchen auf königlichem Grund und Boden; vielleicht ist es sogar von Pipin selber gestiftet worden. Das Benediktinerkloster Prüm betrachtet als seine Stifterin die Großmutter von Pipins Gemahlin Berta, nämlich Bertrade von Mürlenbach. Ja, das Kloster Prüm war so echt eine karolingische Familienstiftung, und die jeweiligen karolingischen Könige beschenkten die Abtei Prüm reichlich. So erklärt sich auch die Schenkung des Petrusklösterchens in Kesseling am 10. Juli 762 an Prüm.

Der Wert dieser Schenkung wird noch dadurch erhöht, daß König Pipin das Kesselinger Klösterchen mit einem Teil des anliegenden Waldes Meliere ausstattete. Bei der Grenzbestimmung des geschenkten Waldes werden die Bäche Casella, Hallebracha, Dem und Casleoca genannt, deren Namen noch in den Ortsnamen Kassel, Hallbacherhof, Denn und Kesseling weiterleben.

Die Ostgrenze des geschenkten Waldgebietes wurde vom Bach Casella gebildet, der bei Kassel entspringt, an Watzel und Niederheckenbach vorbei und bei Staffel in den Kesselinger Bach fließt. Die Südgrenze folgt ungefähr der Kohlstraße, wo auch der Hallbacher Hof lag; dann aber verlief die Grenze nördlich der Kohlstraße zur Hohen Warte, an deren Südseite der Dennbach entspringt, der nun die Westgrenze unseres Waldgebietes bestimmt. Von Denn bis Staffel bildet der Kesselinger Bach die Nordgrenze, so daß die Wald=Schenkung südlich des Ortes Kesseling lag. Dieser geschenkte Wald war nur ein Teil des königlichen Forstes Meliere, der sich vom Adenauer Bach im Westen bis zum Hohenberg (dar später die Burg Neuenahr trug), im Osten u. auch nördlich des Kesselinger Baches erstreckte. Das Stück des Königswaldes Meliere, das durch die Urkunde vom 10. Juli 962 Klosterbesitz wurde, erhielt den Namen „die Denn“. Auf Seite 35 seiner Schrift „Die Ortsnamen des Kreises Ahrweiler“ leitet Dr. Mürkens den Namen von Tanne (Danne, Denne, Denn) her.

Folgen wir aber Karl Lampfrecht, so geht das Wort auf „Dem“ = lat decem = Zehnten zurück, zumal die älteste Form auch „Dem“ hieß. Bis ins 18. Jahrhundert war die Hauptnutzung des Waldes die Eichelmast für Schweine. Der „Dem“ war ein Entgelt an den Waldbesitzer, das er von den Bauern erhielt, die ihre Schweine in den Wald trieben. Der Bach hieß zuerst Dembach, weil hier der Förster wohnte, der den „Dem“ einzog. Dem Kloster Prüm wurden in dem Denn=Walde sämtliche Nutzungsrechte übertragen: Jagd, Fischerei, Schweinemast, Viehweide, Holzhieb, Viehstreu (Moos, Heidekraut, Ginster, Laub) und besonders das Siedlungsrecht. Nun konnten geeignete Waldstellen gerodet und in Acker= und Weideland verwandelt werden. So entstand durch Waldrodung- das Dorf Cranscheid, das südwestlich von Kesseling lag und heute eine Wüstung ist, an die nur noch der Flurname erinnert.

Am 13. August 762 wiederholte König Pipin diese Schenkung der Klosterzelle Casleoca mit Zubehör in der großen Schenkungs= und Privilegienurkunde, die das Kloster Prüm im Ahr= und Eifelgebiet so reichlich bedachte.

Am 3. August 763 erwies König Pipin der Abtei Prüm seine weitere Gunst. Durch einen Immunitätsbrief befreite er die Prümschen Hörigen und ihre Güter von der weltlichen Gerichtsbarkeit. Durch dieses Privileg verloren die weltlichen Lokalbehörden zunächst jegliche Gewalt über die auf den Gütern des Klosters Prüm ansässigen Bauern. Nur der Prümer Schultheiß war Gerichtsherr.

Zu den königlichen gesellten sich auch private Schenkungen, die den Prümschen Güterbesitz mehrten. Der freie Bauer erkannte, daß man „unter dem Krummstab“ gut lebte. Deshalb übertrug er seinen freien Hof durch einen Precarievertrag dem Kloster Prüm, um ihn als erbliches Lehen wiederzuerhalten. Um seine Familie richtig ernähren und seine Lehnspflichten erfüllen zu können, wurde oft das einst freie Gut des Bauern durch weiteres Klostergut aufgestockt. Ein Bauer, der Prüm etwa 20 Morgen übertrug, erhielt als Lehen oft 40 Morgen. Nun übernahm das Kloster für den hörigen Bauer die Ding= und Wehrpflicht.

So erschienen am 29. Juni 772, also am Feste des Kirchenpatrons St. Peter, eine Frau Bertrud und ihr Sohn Waning in Kesseling, um dem Abt Asver von Prüm ihr ganzes Eigengut in dem Ort Hagane im Eifelgau zu übertragen. Der Heimatforscher Dr. Ludwig Wirtz vermutet in Hagane den Ort Honerath, westlich Adenau. Durch das Prümer Urbar (= Güterverzeichnis), das der Abt Regino nach der Zerstörung des Klosters im Normannensturm 893 wieder erneuerte, kennen wir den Besitz Prüms in Kesseling genau. An Herrenland besaß Prüm in Kesseling: 120 Morgen Ackerland, Wiesen/ die 20 Fuder Heu brachten, und eine Waldfläche, die für 100 Schweine die Mast lieferte. In der Gemarkung Dernau besaß das Kesselinger Kloster ca. 3 Morgen Weinberg, die durchschnittlich 3 Fuder Wein jährlich ergaben. Außerdem wohnten in Kesseling 21 Lehnsbauern, die mit je einem Diensthufe von 30 bis 60 Morgen Land Prüm lehnspflichtig waren.

Die Abgaben dieser Prüm hörigen Bauern waren mäßig und tragbar. So mußte wohl jeder Hof ursprünglich jährlich ein Schwein abliefern. Aber schon 895 war diese Abgabe durch die jährliche Zahlung von 12 Pf. abgelöst worden. Diese 12 Pf. mögen um 800 den Naturalwert eines Schweines gehabt haben; durch eine allmähliche Geldentwertung waren diese 12 Pf. eine geringe Abgabe. Außerdem lieferte jeder Hof jährlich 2 Hühner und 10 Eier an Prüm. An Flachs und Leinen wurde ursprünglich ein fertiges Leintuch von 12 Ellen Länge und 2 Ellen Breite geliefert. Diese Naturalabgabe war auch schon 893 mit 12 Pf. abgelöst. Statt der jährlichen Lieferung von 100 Schindeln zahlte der Bauer nur 3 Pfennige. Dafür, daß Prüm die Kriegsdienste für die hörigen Bauern übernahm, entrichtete jeder Höfner jährlich das „hostilicium“ in Höhe von 3 Pf.

Zudem mußte jeder Hof noch 15 Pf. abgeben. Also betrugen die Abgaben eines jeden Hofes jährlich insgesamt 42 Pf., zwei Hühner und zehn Eier. Welche Frondienste mußte nun der Kesselinger Bauer dem Prümer Kloster leisten? In erster Linie stehen die Ackerfronden, im Urbar „iugera“ genannt. Jeder der 21 hörigen Bauern mußte in Kesseling 3 Morgen des klösterlichen Herrenlandes bestellen. So bearbeiteten die 21 Bauern insgesamt 63 Morgen Klosterland, so daß über die Hälfte des Klosterlander durch die Frondienste bebaut wurde. Auch bestellte jeder Höfner 2 Morgen Beundeland. Das Beundeland war ebenfalls Herrenland, das die hörigen Bauern durch Waldrodungen gewonnen hatten. Diese Rodungen konnten von einem Neusiedler bebaut werden. Auch konnte das Rodland den Besitz der alten Bauern vergrößern. Blieb dieses Beundeland, das mit dem al= ten Grundbesitzer stets verbunden blieb (darum Beunde), im Eigenbesitz desselben, so mußte das Land von den hörigen Bauern bestellt werden. In Kesseling bearbeitete jeder Höfner 2 Morgen Beundeland, so daß insgesamt 42 Morgen auf diese Weise bestellt wurden. Die längste Fronarbeit der Kesselinger hörigen Bauern waren die 15 noctes; die 15 Nächte entsprechen einer Arbeitszeit von 12 Tagen, da aber jeder zweimal 15 noctes Frondienst leistete, so waren dies 24 Arbeitstage.

Cäsar von Heisterbach gibt 1222 an, daß in diesen zwei Wochen Holz für den Herren* hof geschlagen wurde. An einer anderen Stelle verzeichnet er, daß die Höfner in dieser Zeit die Schweine im Walde hüteten. Jeder Höfner pflegte in Kesseling Beet im Klostergarten, was im Urbar mit „lectus in horto“ (parare) bezeichnet wird. Für das Herrenland von 120 Morgen leistete jeder Höfner 8 Düngerfuhren. Diese Düngerfuhren waren nicht nur ein Frondienst, sondern teilweise auch eine Abgabe, da ein Teil des Düngers aus der eigenen Wirtschaft entnommen werden mußte. ,Insgesamt leisteten also die Kesselinger Bauern jährlich für die 120 Morgen Klostergut 168 Düngerfuhren.

Die Fronfahrten, welche 250 Fuder Wein und Getreide aus dem Ahrgebiet nach Prüm brachten, wurden angariae genannt. Jeder Kesselinger Höfner war jährlich zu zwei Prümfahrten verpflichtet. Meist mit Ochsen bespannte Karren zogen im langen, wohlbewachten Zuge ahraufwärts, vor Schuld durch das Prümer Tor, durch die Mutscheid nach Münstereifel. Hier wurde übernachtet. Am nächsten Tage ging der Zug über Gerolstein nach Prüm weiter. Den Fuhrleuten wurde unterwegs und besonders in Prüm eine gute Verpflegung durch Speise und Trank zuteil, so daß diese Fernfahrten für unsere Höfner wohl die größten und beliebtesten, dazu kostenfreien Reisen ihres Lebens waren. So mußten also unsere Kesselinger hörigen Bauern dem Kloster Prüm 5 Morgen Herrenland bebauen, 24 Tagewerke mit Holzfällen oder Schweinehüten verrichten, ein Gartenbeet bearbeiten und jährlich zwei Prümfahrten unternehmen. Jährlich mußte der hörige Bauer ca. 45 Tagewerke frönen, so daß auf eine Woche durchschnittlich fast ein Tag kam.

Kesseling/Ahr
Foto: H. Esch

So gibt uns das Prümer Urbar des Abtes Regino aus dem Jahre 893 eine anschauliches Bild von der Agrarverfassung des Dorfes Kesseling.

Im Jahre 1222 schrieb nun der Prümer Exabt Cäsarius, der sich als Zisterzienser mönch nach Heisterbach zurückgezogen hatte, dieses Urbar sorgfältig ab, verzeichnete im Glossar alle Änderungen, die von 893 bis 1215, also in einem Zeitraum von 322 Jahren, sich ergaben. Er stimmte ein Klagelied an, daß durch die Sorglosigkeit der Äbte und durch die Landgier der adeligen Lehnsleute, die er als Ungetreue bezeichnet, der Prümsche Besitz im Ahrgau sehr geschmälert worden sei. Nur das Klostergut in Kesseling und Ahrweiler hielt Prüm ungeschmälert und fest in seiner Hand. Cäsarius berichtet über Kesseling:

Der Klosterhof (ehemals 120 Morgen) wird als gut und ertragreich gerühmt. Er bringt 36 Scheffel Weizen und seine Mühle 16 Malter Weizen ein. Statt 21 Diensthufen werden nur 16 genannt. Diese sind erbliche Lehen. Sie zahlen zu Martini 40 kölnische Denare und zu Weihnachten 2 Malter Hafer. Frondienste werden nicht erwähnt. Die Hofleute werden Mansionarie oder Höfner genannt.

Ferner wohnen in der Kesselinger Gemarkung außerhalb des Dorfes die haistaldi, die Hagestolze, d. h. die auf dem Hage gestellten (am Walde wohnenden), die kein erbliches Lehen hatten, sondern nur ihre Wohnung mit Stall und Scheune und Gemeinschaft an Weide, Wald und Wasser besaßen. Ihr Zehnt betrug insgesamt zehn Malter Hafer.

Außerdem gab es noch eine dritte Art Hofsleute, die capitales, die auswärts wohnten, die aber in Kesseling ihren Hof hatten, woraus sich die Verringerung der in Kesseling wohnenden Höfner von 21 auf 16 erklärt. Diese zahlten jährlich eine Mark Kopfzins.

Die sechzehn Höfner und die capitales waren verpflichtet, die Kurmede zu entrichten. Es war dies eine Erbschaftssteuer, die bei Todesfall der Erbe in Gestalt des „Besthauptes“ (des besten Rindes oder Pferdes oder Schweines) bei Empfang des Lehens nach Ablegung des Lehnseides entrichtete. Später wurde diese verhältnismäßig hohe Naturalabgabe durch Geld abgelöst, das nach und nach seinen Wert verlor. Jeder Höfner lieferte jährlich 2 Malter Weizen, Roggen und Gerste und 5 Malter Hafer. Auch der Flachszehnt bestand weiter. Ein Zehnt von Fohlen und Kälbern, Lämmern, Böcken, Schweinen, Gänsen, Hühnern und Honig werden genannt. Der Kesselinger Klosterhof besaß in Ahrweiler fünf Weingärten, die gegen die Hälfte des Ertrages bebaut“ wurden und jährlich 5—6 Ohm Wein einbrachten. Das Kloster besaß also in Kesseling selbst keine Weinberge. Wir wissen aber aus Urkunden, daß die Kesselinger Höfner Weinbau betrieben, was die Weinbergsmauern im Kesselinger Tal beweisen. Außerdem besagt das Kesselinger Gerichtsbuch, daß an den Dingtagen Kesselinger Wein verabreicht wurde.

Zu Kesseling gehörte außer Staffel und Weidenbach auch das Dorf Kranscheid, das südwestlich bei dem Flurbezirk Forst lag, der schon 1215 genannt wird. Der benachbarte Wald Kammerforst war zum Teil gerodet und angebaut; denn er lieferte jährlich etwa 20—30 Malter Roggen, Gerste und Hafer. Der Prümsche Klosterhof in Kesseling hatte einen Grundbesitz von 120 Morgen Ackerland, dazu noch Wiesen und Wälder. Er lieferte jährlich an das Kloster Prüm zu Weihnachten und Ostern je einen Salm oder fünf kölnische Denare; ferner am Jakobstage, 25. Juli, der auch das Kirchweihfest war, einen Stör oder zehn Denare. Der Kesselinger Hofmeier mußte an jedem Feste 8 Denare entrichten für die Herstellung einer Mahlzeit, die aus Brot und Fleisch bestand. Auch lieferte dieser Klosterhof für das Hospital in Prüm zwei Mastschweine. Alles dieses mußte der Klosterhof auf seine Kosten nach Prüm fahren lassen. An jedem dieser drei Feste lieferte der Hof 4 Pfd. Pfeffer, 4 Pfd. Wachs und zwei Bockshäute.

In der 1351 zwischen dem Abt und Konvent vorgenommenen Teilung erhielt der Abt die Peterskapelle, der Konvent die Mühle. Den Gemeinden Kesseling und Weidenbach überließ das Kloster Prüm fast die unbeschränkte Nutzung des Waldes. Durch die reformatorischen Maßnahmen des Abtes Christoph von Manderscheid hielt Trier sich 1576 für berechtigt und verpflichtet, die Reichsunmittelbarkeit der Abtei Prüm aufzuheben und mit dem Erzbistum so zu vereinigen, daß der Kurfürst von Trier als Administrator die Abtswürde von Prüm übernahm; insofern unterstand nun auch, die Propstei Kesseling in weltlichen und geistlichen Dingen ab 1576 dem Erzbischof von Trier. Dieser übertrug 1577 die Pfarrei Kesseling einem Weltpriester.

Die Äbte von Prüm bzw. die Erzbischöfe von Trier belehnten mit ihren Zehntrechten u. a. die Herren von Mirbach, von Nenzerath, von Solemacher, von Clauspruch, von Eltz, P. Dötsch von Firmenich. Auch mit den Vogteirechten waren die Herren von Konigsdorf, von der Leyen, Quad=Wickerath zu Kreuzberg, Wirich von Bernsau von Schweinheim und zuletzt seit 1710 die freiherrliche Familie von Forst=Lombeck belehnt.

Dieses feudale System, wonach das Benediktinerkloster Prüm der einzige Grundherr in Kesseling war, erhielt sich bis 1794. Da brachen die französischen Revolutionsheere in unsere Heimat ein; sie stellten das linke Rheinufer unter französische Verwaltung, und im Frieden 1802 wurde das linke Rheinufer förmlich an Frankreich abgetreten. Die Erbuntertänigkeit wurde aufgehoben; der Bauer war nun wieder freier Herr des Grund und Bodens. Jedoch war er nun dem französischen Staat Steuerpflichtig. Die französische Verwaltung legte auch von Kesseling ein genaues Lagerbuch an, worin nicht nur der Besitz eines jeden Bewohners an Haus, Acker, Wiese, Weinberg und Wald angegeben, sondern auch „geschatztet“ wurde. Diese Schätzung bestimmte die Grundsteuer, die nun der französische Staat erhob. Dabei ergaben sich pro rheinischer Morgen = 32 a folgende Sätze an staatlichen Grundsteuern:

Güteklasse   Weinberg   Acker   Wiese
A   19,20 Fr.   4,80 Fr.   6,40 Fr.
B   14,40 Fr.   3,20 Fr.   4,80 Fr.
C   9,6o.Fr.   1,60 Fr.   3,20 Fr.

So mußte ein Hof von 30 Morgen durchweg über 120 Franken Grundsteuer zählen, die einem heutigen Wert von über 1000 DM entsprechen und auch die einstigen Abgaben an das Kloster Prüm in der feudalen Zeit wertmäßig weit übertrafen. Dazu kamen Frondienste im Interesse der Gemeinde (Wegebauten, Bachregulierungen usw.) und Kriegsfahrten im Dienste des Korsen. Zudem mußte unsere waffenfähige Jugend 12 Jahre im Dienste Napoleons kämpfen. So war die Bauernbefreiung teuer erkauft durch die Opfer, die nun dem Staate an Gut und Blut gebracht wurden. In der preußischen Zeit, die 1815 begann, wurden die Grundsteuern gesenkt, staatliche Frondienste beseitigt und Gemeindefrondienste eingeschränkt. Und trotzdem zeigte gerade das 19. Jahrhundert große Krisengefahren für die Bauern im Kesselinger Tal. Die Mißernten von 1817/18 stempelten das Jahr 1818 zu einem Hungerjahr.

Auch die Notjahre 1847/48 und 1852/53 zwangen manchen zur Auswanderung in das niederrheinische Industriegebiet oder sogar nach Amerika. (Vgl. Jahrbuch 1961.) Aber auch in dem sonst lobenswerten französischen Recht, das in unserer Heimat bis 1900 galt, wurde das Hofgut als Ware aufgefaßt, die mit Hypothekenschulden belastet wurde und am Ende sogar unter den Hammer kam. Dazu kam die Realteilung. Hatte der Bauer 30 Morgen und 6 Kinder, so erhielt jedes Kind 5 Morgen; das war zu viel zum Sterben, aber zu wenig zum Leben. Das zersplitterte Gut wurde verkauft, und man wurde Industriearbeiter am Niederrhein.

Während unter dem Schütze Prüms tausend Jahre lang der Hof fast für ewige Zeiten im Familienbesitz blieb, wurden seit dem 19. Jahrhundert die Güter meist geteilt und verkauft, so daß sich nur ein einziger Hof in Kesseling noch im alten Familienbesitz befindet.

Ja, der Bauer war wohl frei, blieb aber ein Freiwild in den Händen stärkerer Wirtschaftskräfte, die ihn oft von der Scholle entwurzelten und aus der Heimat vertrieben. Eine solche soziale Not kannte Kesseling nicht unter Prüms Grundherrschaft, so daß auch gerade für Kesseling mit Weidenbach und Staffel der bekannte Ausspruch volle Gültigkeit hat:

„UNTER DEM KRUMMSTAB WAR GUT WOHNEN!“

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