Kalenborn

VON FRANZJOSEF HABITZ

Kalenborn, zwischen Gelsdorf und Altenahr gelegen, wurde in früheren Jahrhunderten zur Unterscheidung von den ändern Kalenborn und Kaltenborn auch Kalenborn (Kaltenborn) am Rossbach genannt. Der kalte Born, der der Siedlung den Namen gab, ist wahrscheinlich nicht die Stelle, die heute „Am kahlen Börnchen“ heißt; denn die Wasser, die von dort kommen, fließen zum Vischelbach. An den Wassern der Swist entstand die erste Siedlung und das frühere Kalenborn dürfte tiefer im Tal des Swistbaches gelegen haben. Dort unten sind noch alte Grundmauern festzustellen, vielleicht die der alten Burg. Die Wohnungen der einfachen Leute waren meist Fachwerkhäuser, deren Spuren nur bei sorgfältiger Grabung ausfindig zu machen wären. Eine Siedlung unten im Tal wäre nichts besonderes. Suchten doch die frühen Siedler gern die Flußläufe auf und wurden dort seßhaft.

Die Götter der Vorfahren waren durchweg Wassergötter und -göttinnen. An der Swist wurden die drei Schwestergöttinnen verehrt, die die spätere Römerzeit zu Matronen gemacht hat und die auf vielen Votivsteinen dargestellt sind. Die Verehrung dieser Schwestergottheiten wandert von den Quellgründen bei Kalenborn dem Bach nach bis Meekcnhcim und Weilerswist, ja sogar an die Erlt, in die die Swist fließt. Später verbreitete sich ihre Verehrung weiter ins Land. So finden wir ihre Namen, wenn auch für die verschiedenen Gegenden irgendwie abgewandelt, auf Votivsteinen im Drachenfelser Ländchen, im Bonner Raum und bis in die Aachener Grenzbezirke. Daß es hier nicht um Muttergottheiten ging, wie das sonst viel üblich ist, dürfte auch daraus erklärt werden, daß die Kalenborner die Swist den „Schwesterbach“ nennen. Diese Schwestern waren wie die meisten fraulichen Gottheiten Fruchtbarkeitsgötter. Auf den Votivsteinen der Römerzeit tragen sie vielfach Körbchen mit Früchten auf dem Schoß. Über die Besitzverhältnisse der Herrschaft Kalenborn ist nicht viel überliefert. Im Jahre 1617 kam die Herrschaft Kalenborn von Edmund von Metternich an die Gertzen von Sommersberg. Über die Erbtochter des Erbmarschalls von Gertzen zu Sommersberg gelangte die Herrschaft an die Freiherren von Palant. Im Jahre 1737 verkaufte Freiherr Theodor Philipp Carl von Palant-Breitenbent und seine Frau M. Agnes geb. Rufy die reichsunmittelbare Herrschaft Kalenborn und gleichzeitig das Haus Sommersberg dem Grafen von Hillcsheim. Nach dem Tode des letzten Grafen von Hillesheim im Jahre 1785 fiel der Besitz an die beiden Schwestern Auguste, Gemahlin des Grafen von Spee, und Charlotte. Auf dem Gelände der Burg Kalenborn stand schon vor 1600 eine Kapelle, die dem hl. Gereon geweiht war. Das läßt vielleicht darauf schließen, daß Kalenborn früher einmal zu Holzweiler gehörte; denn die Kollatoren und Patronatsherren von Holzweiler waren die Stiftsherren des Gereonsstiftes in Köln. Kalenborn hat wohl nie zur Pfarre Vischel gehört, wie die Kalenborner gern behaupten. Sie sind nur zur Vischeler Kirche gegangen, weil sie dorthin einen trockenen Steinweg hatten, während andere Wege oft monatelang wässerig und sumpfig waren. Daß Kalenborn schon um 1600 zur Pfarre Hilberath gehörte, bezeugen nicht nur die Eintragungen in den Kirchenbüchern, sondern auch ein alter Grabstein auf dem Friedhof zu Hilberath, der für den 1602 verstorbenen Michael Storm, Schultheiß zu Kalenborn, errichtet wurde. Als im Laufe der Zeit, vielleicht nach ZerStörung der Siedlung im Tal, das Dorf in höherer Lage neu entstand, wurde dort auch der Herrenhof neugebaut. Auf dem Gelände des Herrenhofes, heute der Hof Marhöfer und das Geschäft gegenüber, baute der Grundherr eine neue Kapelle. Diese neue Kapelle war wahrscheinlich dem hl. Gereon geweiht. Im Jahre 1686 stand diese Kapelle und zwar als Fachwerkbau. Ob diese Kapelle auch schon den hl. Bartholomäus zum Patron hatte, ist nicht sicher. Ein Antependium vom Ende des 18. Jahrhunderts zeigt beide Patrone und in der Mitte den hl. Josef, den die Kalenborner immer sehr verehrten. Jahrhundertealt ist das gestiftete Hochamt zu Ehren des hl. Josef. Der hl. Bartholomäus war einer der Winzerpatrone. In Kalenborn, auf dem Roßberg, waren wohl damals noch Weinberge. Aus den Winzerdörfern der Ahr zogen noch 1950 Pilger zum Barlholomäusfest nach Kalenborn. Diese Fachwerkkapelle muß bereits um 1750 eine Dotation besessen haben; denn vor 1759 war Johannes Finck (geb. 1717 in Lüttich) Vikar in Kalenborn. Diese Dotation wird auch in einem alten Bruderschaftsbuch aus dieser Zeit erwähnt. 1785 bis 1786 hatte der in Hasselsweiler geborene Johannes Peter Dohmen die Vikarie. Im Jahre 1773 wurde die Kapelle abgerissen und eine neue gebaut. Fachwerkbauten waren eben nicht so stabil und wurden wahrscheinlich viel häufiger erneuert, als wir wissen. Das Benefiziatshaus wird wohl das früher neben der Kapelle stehende Haus gewesen sein, von dein man durch ein Fenster in die Kapelle sehen konnte. Eine Urkunde im Urkundenbuch der Pfarre Hilberath berichtet über die Errichtung eines Benefiziums im Jahre 1790: „Im Jahre 1790 wurde in Kalenborn ein Benefizium errichtet: Von wegen der Reichsgräfinnen Auguste und Charlotte von Hillesheim wird kraft der Hochderselben zustehenden Paetronatsrechte der Theologiae Candidatus Johann Peter Schmitz von Oberdrees, als ein hinlänglich dazu tauchliches Subjekt zu der erledigten Frühe-Meßerei in Kalenborn Rosbach kölnischer Diözes hiermit nominiert und präsentiert, und der Ordinarius Loci oder jeder andere, dem es von Rechts- und Gewohnheitswegen zukömmt, gebührend ersuchet, besagten Praesentierten mit allen erforderlichen Feierlichkeiten hierüber zu providieren, zu instituieren und zu investieren. Gegeben Ahrendahl den 14ten Brachmonat 1790. Pfr. Lasaul. Gemeinschaftlicher gräflich von Hillesheimischer Commißarius.“

1791 wurde Schmitz dann wohl in sein Amt eingeführt. Der Richter von Kalenborn hat unter das Aktenstück folgende Notiz gemacht: „Daß obige gnädigst befohlene Anordnung gehörig befolgt werden, wird andurch attestiert. Kalenborn, den 5ten 8ber 1791. J. Härtung, Richter und Rentmeister.“ Johannes Peter Schmitz blieb bis 1793. Er ist aber nicht in das alte Benefiziatshaus eingezogen. In einer Urkunde vom 5. 10. 1791 ist die Rede von einem neuen Vikarie-Haus, das Heinrich Willerscheidt samt dazugehöriger Buschgerechtigkeit (100 Thaler) stiftete und „das der Vikarius zu bewohnen und zu benutzen habe“. Dieses Haus stand als mittleres von drei Häusern auf der Insel zwischen Brunnenstraße und Knie. Vikar Schmitz suchte sein Einkommen zu verbessern, er war ja auch gewiß nicht ausgelastet. In den fünf Wintermonaten hielt er Schule in Kalenborn. In Hilberath hielt er Weihnachten, Ostern, Pfingsten, St. Martin, Kirchweihe und am 40stündigen Gebet die Frühmesse. Wahrscheinlich hat der Brand der Kapelle 1793 seinen Dienst in Kalenborn beendet. Die Kapelle verbrannte, als der Blitz in ein Nachbarhaus einschlug und das Feuer auf die Kapelle übergriff.

1794 wurde die Kapelle aber schon wieder aufgebaut, nun in Bruchsteinen. Der neue Vikar Nikolaus Ley war gleichzeitig Subsidiar in Dernau und Hilberath. Es ist anzunehmen, daß er dort die Frühmesse halten mußte. Er wurde am 26.2.1759 in Mayschoß geboren. Um sein Gehalt aufzubessern, übernahm er die Lehrerstelle in Kreuzberg.

1795 versuchten die Kalenborner eigenständig einen Geistlichen zu nehmen. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit dem Reichsgrafen von Spee, der 200 Thaler zum Wiederaufbau der Kapelle vorgeschossen hatte. Er weigerte sich nun, die üblichen 30 Thaler Rente für den Geistlichen zu zahlen. Der Streit zog sich lange hin. Da die Kalenborner die geliehenen 200 Thaler nicht zurückzahlen konnten und gewisse Rechnungen immer noch offen standen, so schickten sie die Rechnungen 1821 dem Grafen zu. Graf von Spee wollte keinen Prozeß. Er schickte 1826 einen Betrag von 600 Thalern nach Kalenborn. Diese großherzige Gabe ermöglichte es, nicht nur die Schulden abzutragen, sondern auch noch einen schönen Rest als Kapitalfonds für die Kapelle anzulegen.

Foto: Kreisarchiv. Freigegeben unter Nr. 8429-3, Bezirksregierung für Rheinhessen Kalenborn

Es wird noch von einem Vikar Johann Heinrich Best gesprochen, der 1749 in Gelsdorf geboren war. Dieser arme Schlucker (1773 Subsidiar in Ersdorf und 1803 Frühmesser in Wormersdorf) scheint nur nebenamtlich in Kalenborn Dienst getan zu haben. Er starb in größter Armut und wurde am 8.11. 1819 in Hilberath begraben. Der letzte Benefiziat in Kalenborn scheint 1821 Anton Barzen gewesen zu sein. 1821 wurde die von Napoleon aufgelöste Diözese Köln wiederhergestellt. Wahrscheinlich wurden von da an die seelsorglichen Verhältnisse durch die Pfarrer von Hilberath gelöst. Die Verwaltung der Kapelle, die bis dahin das Dorf, also die Gemeinde hatte, wurde durch Entscheid des Amtsgerichtes zu Ahrweiler der Pfarre Hilberath übertragen.

Kalenborn hat noch eine zweite Kapelle auf der Kalenborner-Höhe. Sie ist der Schmerzhaften Mutter geweiht. Es ist anzunehmen, daß es die Nachfolgerin der ehemaligen Leprosen-Kapelle ist, die zum dortigen Sichenhaus gehörte. Die Kalenborner sagen nicht „Auf der Kalenborner Höhe“ sondern „Am Seeches“.

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