Ein Kapitel ordensgemeinschaftlichen Wirkens zum Wohle der Mitmenschen – Vom alten „Klösterchen“ zum neuen Alten- und Pflegeheim St. Josef in Bad Breisig
Ein Kapitel ordensgemeinschaftlichen Wirkens zum Wohle der Mitmenschen
Vom alten „Klösterchen“ zum neuen Alten- und Pflegeheim St. Josef in Bad Breisig
Friedhelm Schnitker
Rheinseits der vielbefahrenen Bundesstraße 9 im Ortsbereich Bad Breisig geht, von altem Baumbestand abgeschirmt, laut Bauanzeigetafel der Neubau eines Alten- und Pflegeheims der Marienhaus GmbH aus Waldbreitbach seiner Fertigstellung entgegen.
Der flüchtige Betrachter wird möglicherweise gedanklich kurz innehalten, anerkennend solche Initiative angesichts aktueller Diskussion über Alters- und Pflegevorsorge vermerken und dann in gewohnter Art und Weise zur vielfältigen Tagesaktualität übergehen.
Doch sollte man trotz eiliger Zeitläufe und aktueller Verpflichtungen sich einmal rückbesinnen und sich erinnernd ein traditionsreiches Kapitel wohltätigen Wirkens des Ordens der Waldbreitbacher Franziskanerinnen im Dienst am Nächsten vergegenwärtigen sowie Ausblick halten auf die engagierte Fortführung dieser Tätigkeit im gleichen Geiste in unserer Zeit.
Seit 1851 in einer Einsiedlerklause in der Nähe von Waldbreitbach lebend, gründete Margaretha Flesch 1863 die Schwesternschaft der „Franziskanerinnen der allerseligsten Jungfrau Maria von den Engeln“. Bereits 1867 gründet sie unter ihrem Ordensnamen Maria Rosa mit zwei Schwestern und einer Novizin als achte auswärtige Gemeinschaft eine Niederlassung in Niederbreisig, nachdem aus Anlaß einer Pokkenepidemie dringend um pflegerische Hilfe und christlichen Beistand in der Region gebeten worden war.
Getreu ihren Grundsätzen „für die Armen, mit den Armen und wie die Armen“ leistete sie den Kranken und Armen tatkräftige Hilfe. Die Nie-derbreisiger Niederlassung entwickelte sich über die Jahrzehnte hin aus ihren Anfängen als Hospiz zu einem bedeutenden Haus des Ordens im Breisiger Ländchen. Dazu trug in nicht unerheblichem Maße die Erweiterung um eine Nähschule und eine „Kinderbewahranstalt“ bei. Mutter Maria Rosa blieb Zeit ihres Lebens der Nieder-breisiger Gründung besonders verbunden, waren ihr doch in persönlich schwerer Zeit aufopfernde Pflege und aufmunternder Zuspruch hier zuteil geworden.
Während anfänglich die Bezeichnung „Kloster“ von der lateinischen ursprünglichen Sinngebung her eine religiöse Lebensgemeinschaft in einem geschlossenen Wohnbereich umreißt, traf und trifft auf die Einbettung des Standortes der Waldbreitbacher Gründung in eine Parklandschaft mit altem Baumbestand mitten im heute geschäftigen Bad Breisig das Kriterium der Abgelegenheit und Abgeschlossenheit zu.
Die Wertschätzung der „Waldbreitbacherinnen“ und ihrer Niederlassung im damaligen Niederbreisig und heutigen Bad Breisig und weit darüberhinaus findet ihre Dokumentation in der Bezeichnung „Klösterchen“; hierbei dient die Endsilbe ,,-chen“ nicht nur zur Bezeichnung der Überschaubarkeit dieser Niederlassung, sondern sie zeugt, im Munde der einheimischen Bürgerschaft sowie der Bewohner des Breisiger Ländchens, von der hohen Wertschätzung und der liebevollen Zuneigung, die man für die Schwestern und ihre Tätigkeit empfand und empfindet.
Doch trotz aller Beliebtheit und Anerkennung stellte sich im Laufe der Jahr 1983/1984 und danach in stetiger Dringlichkeit die Frage der Schließung des „Klösterchens“. Besonders die aktuelle Anwendung der sanitären und baulichen Bestimmungen der Heimdienstbauver-Ordnung sowie die Brandschutzbestimmungen ließen sich nach Ansicht der Geschäfts- führung der Heimbetriebe der Waldbreitbacher Franziskanerinnen nur durch einen größeren Umbau erfüllen; doch erschienen angesichts der geringen Kapazität von 22 Heimplätzen die kalkulierten Umbaukosten als wirtschaftlich nicht vertretbar.
Nach Verhandlungen mit der Stadt Bad Breisig sowie mit Privatfirmen zwecks Kauf des Hauses einschließlich Gelände, die sich zerschlugen, teilte der Orden die Schließung des Hauses zum 30. September 1985 mit.
Vielfältiges Engagementauf allen Ebenen kirchlicher und politischer Verantwortungsträgerschaft wie der Diözese, des Ordens, der Pfarrgemeinden einschließlich Förderverein, des Landes, des Kreises, der Verbandsgemeinde, der Stadt sowie vieler älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger leitete einen umfassenden Prozeß neuer Überlegungen, besonders den erforderlichen Finanzbedarf betreffend, in die Wege. Die betroffenen Seniorinnen und Senioren haben allerdings längst ihr Votum abgegeben. „DoloßoslehverfürherderlehverHerrjotthole!“
Am 04. Oktober 1985 wird die Niederlassung des Ordens aufgelöst. Der gute Stern christlicher Caritas über dem „Klösterchen“ scheint zu erlöschen.
Und doch, trotz aller Zweifel, sollte sich an gleicher Stelle ehedem aufopfernder Pflege nach Jahren scheinbar untätigen Verharrens eine Wiedergeburt ereignen. Es schien der „Spiritus loci“, der Geist, der den Ort umwehte, zu sein, der alle Betroffenen nach langen, konstruktiven Verhandlungen ein baulich und finanziell stimmiges Gesamtkonzept finden ließ.
So kam es im Frühjahr 1992 zum Spatenstich für ein von Professor Neckenig (Neuwied) modern konzipiertes Alten- und Pflegeheim mit 99 Plätzen, und bereits im Januar 1993, nach nur zehn Monaten Bauzeit, konnte die Marienhaus GmbH Waldbreitbach als Bauherrin das Richtfest gebührend feiern.
Das neue viergeschossige Gebäude ist U-för-mig konzipiert, einem der U-Bögen ist eine Kapelle angegliedert. In den drei Obergeschossen gibt es jeweils 31 Einzelzimmer und je 1 Zweibettzimmer. Sämtliche Zimmer erhalten eine behindertengerechte Naßzelle; siewerden so eingerichtet, daß die Bewohner, auch wenn sie pflegebedürftig werden, in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Außerdem sind je Stockwerk drei Wohnbereiche mit eigenen Gemeinschaftsräumen und eine Küche vorgesehen. Besonders erwähnt werden sollte das Angebot von 6 Betten für die Kurzzeitpflege von älteren Menschen, die nur vorübergehend im Hause leben möchten. Im Erdgeschoß sind besonders zu erwähnen, mit Blickauf den Rhein, eine große Cafeteria sowie einige Mehrzweckräume für Veranstaltungen.
Der gesamte Gebäudekomplex wurde wegen möglicher Hochwassergefahr auf Pfählen errichtet und verfügt daher über keinen Kellerbereich. Die Strenge der Fassade soll durch kleine Erker und Balkone mit Dachreitern aufgelockert werden.
Bei zügigem Fortschreiten der Baufertigstellung ist mit dem Einzug der 99 Seniorinnen und Senioren für etwa Mitte 1994 in das geschätzte 22 Millionen teure Alten- und Pflegeheim zu rechnen.
Anläßlich des Richtfestes bezeichnete Landrat Joachim Weilerdas neue Haus „als eine Investition in die Zukunft“ und erinnerte daran, daß 1993 das „Europäische Jahr der Älteren und der Solidargemeinschaft der Generationen“ sei.
Diese Solidargemeinschaft gilt es, trotz aller Widrigkeiten angesichts knapper werdender finanzieller Mittel, engagiert fortzugestalten und ihr zu dauerndem Bestand zu verhelfen.
Quellen:
Presseberichte der örtlichen Regionalzeitungen Generalanzeiger, Rhein-Ahr-Rundschau, Rhein-Zeitung.
Carl Bertram Hommen: „In Bad Breisig Pflege und Mut gefunden – Die Franziskanerinnen von Waldbreitbach ehrten die Stifterin ihrer Ordensgemeinschaft“, in: „Rheinzeitung“ vom 09. Oktober 1987.