Edelfrauen von Eifelburgen in der deutschen Geschichte

VON JAKOB RAUSCH

Am Nordrand der Eifel grüßt die Tomburg und schaut weit nach Norden in die Kölner Bucht. Auf ihr regierte 996 bis 1035 Pfalzgraf Ezzo, der Schwager des Kaisers Otto III. Die Sage vom Schachspiel auf der Tomburg berichtet, daß Ezzo sich des Kaisers Schwester Mathilde durch dieses königliche Spiel erworben habe.

Pfalzgräfin Mathilde erhielt unter anderem als Morgengabe Güter in Brauweiler bei Köln, wo sie 1024 das berühmte Benediktinerkloster stiftete, das die Begräbnisstätte der Tomburger wurde. Ezzos Sohn wurde Pfalzgraf und später Herzog von Schwaben, sein Sohn Hermann wurde Erzbischof von Köln. Auch von den sieben Töchtern Ezzos ist Ruhmvolles zu berichten. Sechs Töchter waren Äbtissinnen in den vornehmsten Klöstern und Stiften sowohl in der rheinischen Heimat zu Essen, Neuss, Köln, Dietkirchen bei Bonn und Vilich bei Beuel als auch im alten Pippinidenkloster Nivelles in Brabant und in Gandersheim, der Stiftung des sächsischen Königshauses. Ezzos Tochter Richeza trug als Gemahlin des Polenkönigs deutschen Geist und deutsche Kultur nach dem Osten. Leider starb ihr Gemahl früh. Als Königinwitwe

wurde sie mit ihrem Sohne aus Polen vertrieben und erfuhr so die Wahrheit des Spruches, daß Undank der Welt Lohn ist. Richeza zog sich mit ihrem Sohn nach Klotten an die Mosel zurück, wohin später polnische Gesandte kamen, um ihrem Sohn die Königskrone von Polen anzutragen. Schweren Herzens gab Richeza ihren Sohn her. Dieser zog mit nach Polen, wo er als König segensreich für Polen und Deutsehland wirkte. Sie selber aber verbrachte ihren Lebensabend in einem Kölner Kloster.

Im 12. Jahrhundert schlägt ein anderes rheinisches Pfalzgrafengeschlecht durch zwei Frauen Brücken zwischen Ost und West. Siegfried, der Stiefsohn des Pfalzgrafen Heinrich II., hatte als Gemahlin Gertrud, die Schwägerin des Kaisers Lothar von Supplinburg, der ein Sachsenherzog war und sich große Verdienste um die Kolonisation des Ostens erwarb. Pfalzgraf Siegfried war es, der das von seinem Stiefvater 1093 gestiftete Kloster Maria Laach erweitterte und reichlich mit Gütern beschenkte. Auch ließ er die pfalzgräfliche Burg am Ostufer des Sees schleifen, damit dem Kloster „kein Stachel im Fleische “ entstände, so daß er mit Recht der zweite Gründer des Klosters Maria Laach genannt wird. Gertrud, die Gemahlin des Pfalzgrafen Siegfried, heiratete nach dessen Tod in zweiter Ehe Otto I. von Rheineck. Die aus dieser Ehe stammende Tochter Sophie heiratete Albrecht den Bären und wurde so die erste Markgräfin von Brandenburg und Stammmutter der Askanier, die 200 Jahre lang segensreich als Markgrafen in Brandenburg wirkten.

Kaiser Lothar ernannte nämlich 1133 Albrecht den Bären zum Markgrafen der Nordmark mit dem Auftrage, das Land zwischen Elbe und Oder christlich und deutsch zu machen. Er entledigte sich in mustergültiger Weise seines Auftrages, erweiterte die Nordmark zur Mark Brandenburg und wurde der Gründer Berlins, das deshalb heute noch das Familienwappen der Askanier, den Bären, im Wappen führt.

Aber noch in zwei anderen deutschen Herrscherhäusern floß Rheinecker Blut. In erster Ehe war Gräfin Sophie von Rheineck nämlich verheiratet mit dem Grafen Dietrich von Holland. Durch ihre zwei Söhne aus dieser Ehe wurde Sophie von Rheineck die Stammutter der Grafen von Holland und der Grafen von Bentheim, so daß starke Blutsbande von Rheineck nach Holland, Bentheim und Brandenburg gehen. So wie die Nürburg aus den Eifelburgen hervorragt, so ist auch die Gräfin Hedwig von Nürburg eine markante Gestalt unter den Frauen von Eifelburgen. Hedwig war die Tochter des Grafen Ulrich von Are, dem ersten Grafen von Nürburg, der als Verwandter der Laacher Pfalzgrafen über 50 Jahre Vogt des Klosters Maria Laach war und dem die Volkssage in der Erzählung „Der Schild von Nürburg“ ein ehrendes Denkmal gesetzt hat.

Lasinsky, Burg Rheineck, 1S28

Die Minnesänger kündeten das Lob der edlen Jungfrau Hedwig von Nürburg, sie rühmten ihre Schönheit und ihre Tugenden. Sie nannten sie „Rose ohne Dornen, Taube sonder Gallen“. Wie ihr Vater als langjähriger Klostervogt war auch sie eine Wohltäterin des Klosters am See. Ihr Lob trugen die Minnesänger über den Rhein bis tief ins Sachsenland, und der Edle Bernhard II. zur Lippe hielt um die Hand Hedwigs an. Im Jahre 1167 wurde Hedwig die Landesmutter von Lippe. Um 1270 verfaßte der Magister Justinus aus Lippstadt ein längeres lateinisches Gedicht „Lippiflorium“, in dem er die Schönheit, Tugend, Frömmigkeit und Leutseligkeit Hedwigs nicht genug zu rühmen weiß.

Von ihren elf Kindern, fünf Söhnen und sechs Töchtern, weihten sich acht dem Dienste Gottes. Ihr Gemahl Bernhard war ein berühmter Feldherr Heinrichs des Löwen und unterstützte tatkräftig dessen Ostpolitik. Er blieb Heinrich dem Löwen stets treu, und die Verbannung seines Herzogs brach ihm das Herz. Mit der Einwilligung seiner Gattin Hedwig schloß er sich 1197, nachdem er seinem Sohne Hermann II. die Regierung von Lippe übertragen hatte, einem Kreuzzuge nach Livland an. Im Jahre 1211 wurde er Abt des Zisterzienserklosters Dünamünde, und mit 78 Jahren wurde der rüstige Greis im Jahre 1218 Bischof des neugegründeten baltischen Bistums Selberg. Von seinem eigenen Sohn Otto, der seit!217 Bischof von Utrecht war, wurde er geweiht. Im folgenden Jahr weihte Bischof Bernhard mit seinem Sohn Otto seinen ändern Sohn, Gerhard, der bisher Probst zu Paderborn war, zum Erzbischof von Bremen. Die Nachkommenschaft Bernhards II. und Hedwigs von Are-Nürburg waren die Stammeltern der gräflichen und fürstlichen Häuser von Lippe-Detmold und Schaumburg-Lippe, die bis 1918 in ihren Ländchen regierten.