„Die Wunderblume

AUF DER HOHEN ACHT

Von August Antz

Ein junger Ritter von Ulmen, der vor wenigen Tagen aus dem Morgenlande zurückgekehrt war, durchstreifte von seiner Eifelburg aus die Wälder an der Hohen Acht und freute sich der Schönheit seiner Heimat. Da leuchtete ihm aus dem Gebüsch eine blaue Blume von wunderbarer Schönheit entgegen. Freudig eilte er hin und pflückte sie. Zu seiner größten Überraschung fand er an derselben Stelle den Eingang einer Höhle, in die er erwartungsvoll hinabstieg. Plötzlich stand eine Jungfrau vor ihm, die schweigend mit der rechten auf einen reichen Schatz wies, der am Ende der Höhle aufgehäuft war. Der Ritter legte die Wunderblume auf den Boden und füllte sich die Taschen mit Gold und edlem Gestein. Als er wieder ins Freie trat, rief ihm eine Stimme zu: „Vergiß das Beste nicht!“ Doch der Glückliche dachte nicht mehr an die blaue Blume; all sein Sinnen war auf den Schatz gerichtet. Da war mit einem Male die Jungfrau samt allen Reichtümern verschwunden, und der Ritter sah sich wieder mit leeren Taschen zwischen Gebüsch und Felsgestein. Aus der Tiefe aber scholl spöttisches Gelächter. So sehr der Enttäuschte sich auch bemühte, die Höhle wiederzufinden, es war vergeblich. Die Schätze waren ihm für immer verloren; denn die blaue Blume blüht nur einmal in hundert Jahren. Und wer sie finden will, der muß ein froher Wanderer sein.