Die Wiederherstellung des ehemaligen Luftwaffenübungsplatzes Ahrbrück
Von Sanitätsrat Dr. med. G. Habighorst
Im Frühjahr 1939 hatten die letzten Familien, auf Anordnung der nationalsozialistischen Staatsführung, ihre Heimat verlassen müssen, in der seit vielen hundert Jahren ihre Vorfahren ihre Existenz, wenn auch unter harten Lebensbedingungen gefunden hatten. Es wurden damals die Orte Cassel, Lederbach, Blasweiler mit Beilstein, Denn, Ober- und Niederheckenbach mit Watzel, Weidenbach, Herschbach, Kaltenborn und Fronrath. dabei 400 Familien mit insgesamt 2400 Einwohnern umgesiedelt. Das Gebiet wurde in einen Flieger-Übungsplatz umgewandelt. Nun begann die Zerstörung der Ortschaften. Täglich brausten über das Gebiet Flugzeuge und übten Zielwerfen auf die Ortschaften; was hierbei noch nicht zerstört wurde, vollendete die Flak, die hier ihre Schießübungen abhielt. Der Luftwaffenübungsplatz stellte sich schon in seiner ersten Zeit als ein’e Fehlplanung heraus; mit einer Wiederinanspruchnahme für militärische Zwecke war aus diesem Grunde nach dem Krieg durch die Alliierten nicht zu rechnen.
Am 13. November 1946 wurde das Gelände durch Erlaß des französischen Generalgouverneurs zur Wiederbesiedlung freigegeben. Am 20. Dezember 1946 wurden durch den Oberpräsidenten von Rheinland-Hessen-Nassau als obere Umlegungs- und Siedlungsbehörde die seinerzeit von der Wehrmacht in Anspruch genommenen Gemarkungen und Gemarkungsteile als Siedlungs- und Umlegungsgebiet festgestellt und das Kulturamt Adenau mit der Durchführung dieser Maßnahme beauftragt. Danach sollte die Wiederbesiedlung nach den geltenden Bestimmungen der Umlegungs- und Siedlungsgesetzgebung planmäßig durchgeführt werden. Zum Siedlungsträger wurde der Siedlungsverband Ahrbrück, der zu diesem Zweck gegründet wurde, bestimmt. Die Landzuteilung sollte vornehmlich an Rücksiedler erfolgen, da die Rückgabe des Luftwaffenübungsplatzes an die früheren Bewohner ein Akt der Wiedergutmachung bedeuten sollte und namentlich für diejenigen Siedlungsbewerber, die seinerzeit keine oder keine volle Landentschädigung erhalten hatten. Über die Abgrenzung der für die landwirtschaftliche Nutzung geeigneten Flächen und für die forstwirtschaftlichen Flächen bestand volle Übereinstimmung zwischen Siedlungsverband, Landeskultur-Verwaltung und Forstverwaltung. Das Siedlungsprojekt umfaßt rund 10 000 Hektar; davon sollten 7 500 ha forstwirtschaftlich und l 500 ha landwirtschaftlich genutzt werden.
Bis zur Währungsreform konnte das Siedlungsverfahren nur wenig gefördert werden. Zwar war die Planung durch das Kulturamt in Adenau weitgehendst vorangetrieben und zum größten Teil abgeschlossen. Für das gesamte Gebiet wurden 166 Siedlerstellen vorgesehen. Es kam darauf an, nur so viel Siedlerstellen zu schaffen, die eine dauernde Lebensfähigkeit der einzelnen Siedlerstelle garantierten. Es wurde für eine Bauernstelle eine Betriebsgröße von 50—60 Morgen, für eine Landwirts- oder Aufstiegsstelle 30—40 Morgen, für eine Handwerkerstelle 10—12 Morgen, für eine nichtständige Waldarbeiterstelle 16—20 Morgen und für ständige Waldarbeiter 8—10 Morgen festgelegt. Für die Auswahl der Rücksiedler war der Gedanke bestimmend, daß nur solche Siedlungsbewerber für eine Landzuteilung in Betracht kamen die gewillt waren, ihren Wohnsitz im Siedlungsgebiet zu nehmen und die ihnen zu geteilten Grundstücke auch selbst bewirtschaften wollten. Die Siedlungsbewerber, die seinerzeit anderswo Ersatzgrundstücke erworben hatten, sollten im Falle ihrer Rücksiedlung verpflichtet werden, diese zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Auf Grund dieser Forderung ist die Zahl der Rücksiedler wesentlich geringer geworden, trotzdem hatten sich 140 Familien zur Rücksiedlung gemeldet, von denen aber nur neunzig berücksichtigt werden konnten.
Das zuständige Kulturamt in Adenau legte die für die Siedler vorgesehenen Ländereien, die sich zur landwirtschaftlichen Nutzung eigneten, im Einvernehmen mit dem Siedlungsverband fest. Unter normalen Witterungsverhältnissen betragen die Erträge durchschnittlich in Morgen hier 10 Zentner Getreide, 80—100 Zentner Kartoffeln, und auf einem Hektar kann ein Stück Großvieh gehalten werden. Diese Tatsache wurde auch von den landwirtschaftlichen Sachverständigen, die in allen Gemarkungen Bodenuntersuchungen durchgeführt haben, bestätigt. Die Lebensfähigkeit der Siedlerstellen wurde sowohl der Bodenbeschaffenheit als auch der Größe nach bejaht.
Im Frühjahr 1950 mußte der Kreis einen größeren Prozentsatz Heimat- und Ostvertriebene aufnehmen. Im Zuge der immer zunehmenden Flüchtlingszuweisung wurde die Frage der Besiedlung im Gutsbezirk Ahrbrück mit heimatvertriebenen Bauern erwogen. Nach Verhandlungen mit den zuständigen Ministerien wurden zunächst sechzig ermländische Bauern und Landarbeiter dort angesetzt. Mit dem Eintreffen der ermländischen Siedler begann die Wiederbesiedlung des Gutsbezirks in seiner Kernzone. In den Orten Cassel wurden sechzehn Stellen, in Oberheckenbach drei, in Niederheckenbach zwei, in Watzel zwei, insgesamt also 23 Stellen errichtet. Diese 23 Stellen reichen nicht aus, um eine neue politische Gemeinde zu bilden, wie auch die anderen öffentlich-rechtlichen Verhältnisse neu zu ordnen. Es wurde daher eine verstärkte Wiederbesiedlung in Niederheckenbach verlangt, die nur möglich ist, wenn die landwirtschaftlich nutzbaren und auch früher benutzten Flächen von Fronrath zur Errichtung von Bauernstellen mit herangezogen wurden. Die Forstverwaltung war gegen die Wiederbesiedlung von Fronrath, da sie durch die Aufforstung des ganzen Höhenrückens eine bessere forstwirtschaftliche Nutzung erhoffte. Weiter wies auch mit Recht die Forstverwaltung darauf hin, daß durch die Aufforstung des Fronrather Höhenrückens Klima- und Wasserhaushalt der angrenzenden Täler günstig beeinflußt würden. Gegen den Widerstand der Landesforstverwaltung mußte dennoch die Wiederbesiedlung der Gemarkung Fronrath durchgesetzt werden, damit durch eine verstärkte Besiedlung erst die Schaffung einer lebenswichtigen politischen Gemeinde ermöglicht wurde. Inzwischen ist die Wiederbesiedlung in Fronrath teilweise erfolgt. Es wird in den kommenden Monaten hier und in Heckenbach noch weiter ausgebaut werden. Für die Wiederbesiedlung sind in erheblichem Umfange Landes- und Bundesmittel aufgewandt worden. Im Jahre 1954 dürfte das Projekt zum Abschluß gebracht werden. Der Grundsatz, nur lebensfähige Betriebe zu schaffen und die Möglichkeit einer gemeindlichen Neuordnung zu gewährleisten, ist in die Tat umgesetzt worden. Die gemeindliche Neuordnung dürfte durch Landesgesetz baldigst erfolgen. Es ist zu erwarten, daß nur wenige Gemeindeverbände gebildet und diese wieder ihrem alten Amtsbezirk Niederzissen eingegliedert werden.
In guter Zusammenarbeit zwischen Kreis-, Landeskulturverwaltung, Siedlungsverband und Ministerien ist es möglich gewesen, ein umfangreiches und schwieriges Projekt trotz auftretender häufiger Schwierigkeiten zu einem guten Abschluß zu bringen.