Die Teufelslei bei Hönningen kündet aus der Wunderwelt der Natur
Von Jakob Rausch
Auf der tertiären Trogterrasse bei Hönningen erhebt sich unweit des Karl=Kaufmanns=Weges ein gewaltiger Quarzitblock, die Teufelslei, von 42 m Länge, 6 m Dicke und in einer Höhe von 6—20 m. Heute führt von der Bundesstraße des Ahrtales zwischen Hönningen und Dümpelfeld eine Autostraße bis dicht an den Quarzitfelsen hinan. Der Fels und seine Umgebung stehen unter Naturschutz. Von dem Felsen überschaut man die ganze Ahreifel; unser Blick schweift nach Süden zur Hocheifel mit Hohen Warte, Lützelacht und Hohen Acht, und im Westen grüßt der Aremberg. Aus dem gegenüberliegenden Liersbachtale winkt uns die Wensburg, wo einst die von Orsbeck regierten, hinauf. Was berichtet uns die Erdgeschichte über die Entstehung der Teufelslei? Vor etwa 400 Millionen Jahren war unsere Heimat von dem gewaltigen Devonmeere bedeckt, das sich von Südengland, durch Nordfrankreich, Belgien über das heutige Rheinische Schiefergebirge bis zum Fichtelgebirge erstreckte. In diesem Devonmeere lagerten die benachbarten Urgebirge ihre Verwitterungsstoffe ab. Nehmen wir in jedem Jahr nur 1 mm Schlammablage“ rung an, so ergibt das in tausend Jahren l m, in einer Million Jahren aber schon 1000 m. So konnte das 6000 m tiefe Devonmeer schon in 6 Millionen Jahren verschlämmt sein. Der Schlamm verhärtete zu Gesteinen. Da die Urgebirge, somit auch der Schlamm, aus Feldspat, Quarz und Glimmer bestanden, so finden wir dieselben Bestandteile in unserem versteinerten Devonschlamm; Feldspat, Quarz und Glimmer. Der rheinische Tonschiefer ist sehr glimmerreich, die Grauwacke feldspatreich, und die Quarzite sind quarzreich.
Foto: Schneider
Vor der Kohlenzeit türmten sich durch gewaltige Faltungen die Devonmassen zu den bis 6000 m hohen Variskischen Alpen auf. Diese Bergriesen wurden nun in der Kohlenzeit abgetragen; und Feldspat, Quarz und Glimmer von unsern Variskischen Alpen halfen in den Kohlenrevieren an der Ruhr, am Niederrhein und bei Aachen die Kohlenflöze fest einpacken, so daß sie nicht verwesen konnten, sondern sich zur Steinkohle verhärteten. Bei dieser Abtragung leisteten die Quarzitwände wegen ihrer Härte einen heftigen Widerstand, , so daß sie als Härtung stehen blieben. Im Tertiär (60 Mill. bis 1 Mill.) waren unsere Variskischen Alpen abgetragen; das heutige Rheinische Schiefergebirge glich einer Schollenebene, über die die Urströme träge, weil ohne viel Gefalle, ihre schlammreichen Fluten wälzten.
Da setzte am Ende des Tertiärs, im Pliozän, ein Heben der rheinischen Gebirgsscholle ein, das sich in fünf weiteren Hebungen während des Diluviums wiederholte. Durch dieses Heben der rheinischen Scholle ergab sich das Einschneiden der Flüsse; es folgt die Zertelung, die unserer Heimat wieder gebirgigen Charakter gab. Bei dieser Zertalung blieb natürlich der Quarzitfels der Teufelslei als Härtung stehen, während Denn= und Ahrbach die weicheren Grauwacken= und Tonschieferschichten auswuschen und abtrugen. So ist unser Quarzitfels Teufelslei ein 400 Millionen Jahre alter Zeuge, der berichten kann vom Devonmeere, von den Variskischen Alpen, von der Abtragung derselben, vom Heben der rheinischen Gebirgsscholle und von der Zertalung der Landschaft, so daß er jetzt wieder auf Bergeshöhe liegt. Wahrlich eine interessante Erdgeschichte von 400 Millionen Jahren! Fast noch interessanter ist das, was uns die Mineralogie vom Quarz berichtet.
Von dem kleinsten hellschimmernden Sandkörnchen, das unbeachtet auf dem Boden liegt, bis zu dem prächtigen Bergkristall, dessen Glanz, Form und Größe wir staunend betrachten, zeigt uns der Quarz eine Reihe von Varietäten wie kaum ein anderes Mineral. Und doch ist der ihn bildende Grundstoff, die Kieselsäure=SiO2, derselbe, den wir auch im Opal finden; aber unser Quarz enthält kein Wasser. Geringe Beimischungen sonstiger Bestandteile geben ihm häufig eine schöne Färbung; denn die krystallisierte Kieselsäure ist wie Glas farblos. Vom Zahne der Zeit,
von der Verwitterung aller Art, wird der Quarz mehr als andere Mineralien verschont; denn er widersteht Hitze und Frost und ist weder im Wasser noch in Säuren löslich. Wenn auch in Quarzkonglomeraten die tonigen, kalkigen Bindemittel aufgelöst werden, die einzelnen Quarzteilchen werden nicht zerstört. Auch die Pflanzensäure kann den Quarz nicht zersetzen, woraus sich die totale Unfruchtbarkeit des Quarzbodens erklärt. Die Kristalle des Quarzes zeigen 160 verschiedene Formen. Sie gehören dem hexogonalen System an. Ihre Grundform ist die sechsseitige Doppelpyramide, also der doppelpyramidale Zwölffächer.
Die Kristallflächen erscheinen im schönen Glasglanze, während die Bruchflächen oft Fettglanz zeigen. Vom undurchsichtigen Jaspis bis zum wasserklaren Bergkristall durchläuft der Quarz alle Grade der Durchsichtigkeit.
Häufig finden wir die Quarzkristalle auf gemeinsamer Grundlage, nebeneinander und durcheinander, aufgewachsen, zu Drusen vereinigt, wobei dann eine volle Kristallform nicht möglich ist. Noch häufiger erscheint der Quarz in derben Massen, in körniger bis dichter Zusammensetzung, in Geröllen, Geschieben und als Sand. Der gemeine Quarz ist das häufigste aller Minerale. Auch der Milchquarz gehört zum gemeinen Quarze. Der rosenrote Rosenquarz, der grüne Fräsern und die verschieden gefärbten Avanturin und Katzenauge dienen als Schmuckgegenstände. Der Bergkristall ist die schönste aller Quarz=Varietäten. Vielfach sind seine Kristalle durchsichtig und hell. Zuweilen sind auch Bergkristalle schön gefärtt: gelblich im Citrin, bräunlich im Rauchtopas, der kein Verwandter des Edelsteines Topas ist, fast schwarz in den Morionen. Quarze sind auch Jaspis, Chalcedon, Amethyst und Achate.
Quarz, heute hauptsächlich Quarzsande, bilden das Hauptmaterial zur Glasfabrikation.
Aber noch auf eine großartige biologische Erscheinung sei hingewiesen. Wohl ist die Quarzmauer unfruchtbar, fast steril zu nennen. Doch wachsen in den Felsrissen, wohin Wind und Regen Humuserde hinfegten, Birkenreiser und Hainbuchen. Aber auch an den steilen Außenwänden, besonders an der mächtigen Ostwand, finden wir drei Arten von Lebewesen: Algen, Flechten und Moose, die gelbleuchtenden Algen, die silbergrauen Flechten und die hell= und dunkelgrünen Moose. Und während wir den bunten Teppich der Zwerg= und Trockenalgen betrachten, ist es, als wenn der uralte Quarzitblock uns zuraunte: „Ihr Menschenkinder, die ihr erst seit kurzer Zeit über die Erde wandert; ihr habt nie die Riesenalgen gesehen, die im Devonmeere gleich großen Riesenbäumen wuchsen, zu denen sich noch andere Riesenkryptogamen (Sporenpflanzen) gesellten, und die ich alle im Devonmeere sah und kannte.“
So staunen wir am Quarzitfels der Teufelslei über die wunderbaren Erscheinungen in der Natur!
Und dasselbe Loblied auf die Natur können wir singen, wenn wir vor oder auf dem „Findling“ im Neuenahrer Wald im Bachemer Tal stehen. Denn auch dieses Naturdenkmal ist ein Quarzitblock, der dieselbe Entstehungs= und Erdgeschichte hat wie die Teufelslei. Es ist daher kein „Findling“. Findlinge oder erratische Blöcke sind erst in der Eiszeit von den Gletschern Skandinaviens über die zugefrorene Nord= und Ostsee in die Norddeutsche Tiefebene geschlittert worden, wo sie beim Rückgange des Eises natürlich liegen blieben. „Findlinge“ bestehen deshalb .aus Gneis, Granit und Syenit wie die skandinavischen Alpen. Sie lagern erst seit mehr als 1oo ooo Jahren im norddeutschen Raum. Unsere Quarzitblöcke aber sind keine Einwanderer, sie sind bodenständige Gesteine und lagern schon über 300 Millionen Jahre in unserer Heimat und künden von dem wunderbaren Schöpfungswerk Gottes.