Die Sage vomSchinnebröter
Im Bachemer Auel ein Grundstück lag,
war ungenutzt seit Jahr und Tag
und hatte keine Steine.
Zwei Männer riefen an der Au:
»Das Richt’ge ist’s für mich genau!«
Von Hemmessen der eine.
Der hatte nur zwei arme Ziegen
und wußte sie nicht satt zu kriegen
am dürren Uferraine.
Der andre vom Kanonenwall,
der hatt‘ schon Felder ohne Zahl,
ihm fehlte noch dies eine.
Sie zankten sich und stritten sich
und randalierten fürchterlich
und krächzten wie die Raben.
Sie hätten sich geschlagen tot,
denn jeder fühlt nur seine Not
und jeder wollt‘ es haben.
Da trat ein Kräuterweib herzu
und sprach: »Ihr Männer gebt doch Ruh,
ich will Euch Ratschlag bringen.
Es ist fürwahr das Allerbest,
wenn man das Schicksal sprechen läßt,
dem wird das Recht gelingen.
Vernehmet als den Bescheid:
Ihr stapelt fleißig Scheit
auf Scheit zu einem Feuerbrand.
Wer längstens aushält auf der Stell
vor roter Glut eine halbe Eil,
dem eigen sei das Land!«
Der Städter war verlegen nie,
hielt sich die Pflugschar vor die Knie
und wähnte sich gerüstet.
Der andre doch, der arme Tor,
band sich nur eine Borke vor
und glaubt‘ sich überlistet.
Doch als die Flammen schlugen hoch,
die Hitze in die Glieder kroch
bis in die letzten Falten,
die Pflugschar wurde glühend heiß
und ihrem Träger rann der Schweiß.
S‘ war nicht mehr auszuhalten.
Der Hemmessener aber lacht verstohlen,
schnell lief er seine Geißen holen
auf seinen neuen Grund.
Die, aber, wie’s zu denken war,
vermehrten sich von Jahr zu Jahr
und wurden kugelrund.
Zu Ende ist nun die Geschieht.
Die Zwei, ich will’s verschweigen nicht,
das waren Schwerenöter.
Doch Ihr von heut, Ihr klugen Leut,
sagt an, die Ihr so sehr gescheit:
Wer war der Schinnebröter?
Es geht im Leben öfter so,
der eine Bauer drischt das Stroh,
der andre holt den Samen.
So war’s auch hier, zu seinem Schmerz
der eine trug nun Schand und Scherz
der andere den Namen.
P. A. Schmitt