Die Hausmarken von Westum

VON HEINZ SCHMALZ

Das Lesen und Schreiben war in früheren Jahrhunderten nur einer Minderheit vorbehalten, die sich hauptsächlich aus kirchlichen und adligen Kreisen zusammensetzte. Kleinere Gemeinden, wie auch Westum, hatten lediglich einen Schreibkundigen, der als Dorfschreiber alle Schriftstücke in Gemeinde- und auch Privatangelegenheiten verfertigte. Dieser Dorfschreiber war verschiedentlich mit dem Vikar der Westumer Kirche identisch.

Es kam nun vor, daß auch der einfache Dorfbewohner rechtsverbindliche Unterschriften zu leisten hatte, sei es in Streit- oder Gemeindesachen oder in Grundstücks- und sonstigen Besitzveränderungen. Heute macht ein Schreibunkundiger in solchen Fällen in Gegenwart des Urkundsbeamten drei Kreuze als Unterschrift. Dieser bestätigt die Richtigkeit des Handzeichens. Früher hätte man einfach -wegen den Unterscheidungsschwierigkciten keine Kreuze anbringen können. Deshalb hat sich jedes Familienoberhaupt ein besonderes Zeichen beigelegt, das er sein Leben lang verwendete und das nach seinem Tod auf den Erben überging.

Es gab Hausmarken, die u. a. mit wenigen Strichen ein bestimmtes Handwerksgerät darstellten, um so gleichzeitig auf den Beruf des Zeicheninhabers hinzuweisen. Solche Handzeichen sind von Westum nicht bekannt.

Die Zeichen wurden, weil sie an ein bestimmtes Haus gebunden waren, „Hausmarken“ genannt und weil sie wegen ihrer Einfachheit leicht zu merken waren, auch mit „Mirk-Zeichen“ angegeben.

Bei Schriftstücken schrieb der Schreiber als Unterschrift den Vor- und Familiennamen des

Unterzeichnenden nieder, und dieser machte dann eigenhändig sein Zeichen hinzu (in den meisten Fällen zwischen die beiden Namen). Von dieser Handhabung rührt auch die heute noch gebräuchliche Redewendung „unterzeichnen“ her. Die Hausmarken wurden nicht nur bei Unterzeichnungen angewandt, sondern dienten auch als Besitzzeichen auf beweglichem und unbeweglichem Eigentum sowie als Siegelbild und Urheberzeichen.

Als Besitzzeichen begegnen wir den Hausmarken auf Türbalken über der Haustür, wo sie oft zierlich herausgestellt sind, auf Handwerks- und Ackergeräten, auf Vieh (als Brandzeichen), auf Flursteinen (in der Gemarkung Westum auf Steinen der Grafen von Hillesheim von Schloß Ahrenthal) und sogar auf Grabsteinen (in Westum sind 3 Grabkreuze damit gekennzeichnet).

Als Siegelzeichen wurden die Hausmarken mit Petschaften auf Urkunden und als Urheberzeichen auf verfertigte Geräte, Bauten, Gemälde und auch auf Brot angebracht. Heute noch bringen einige Handwerker und Künstler solche Zeichen, wenn auch oft versteckt, an (z. B. Uhrmacher und die Porzellan- und Keramikhersteller).

Die nachstehend aufgeführten Hausmarken von Westum sind, bis auf 3 von Grabsteinen, alle aus Urkunden zusammengestellt worden. Weitere zeichentragende Gegenstände sind nicht mehr vorhanden. Weil die Hausmarken nach ihrem Anbringungsdatum geordnet sind, bildet die Zusammenstellung auch eine gute Hilfe in der Familienforschung.

Bei den letzten Zeichen kamen Buchstaben zur Verwendung, was erkennen läßt, daß zu dieser Zeit in Westum das Schreiben in der Allgemeinheit Beachtung fand. Ab 1743 hielt ja der Küster einen bescheidenen Schulunterricht in seiner Wohnung ab, dem gegen 1789 der Unterricht in einer gemeindeeigenen Schule folgte. Mit dem Aussterben der Analphabeten in Westum kam auch die Anwendung der Hausmarken in Wegfall.