Die Eifelfango-Werke

VON ALOIS SCHRANDT

Wer von Bad Neuenahr über die Ringener Straße in Richtung Bonn fährt, sieht kurz hinter dem Bahnübergang auf der linken Seite ein ausgedehntes eingeschossiges Werksgelände: die Eifelfango=Werke des Grafen Wolff=Metternich. Nach der Straße zu Hegt das breite Bürogebäude, dahinter der Mahlraum, die große Lagerhalle, die Laboratorium=, Abfüll=, Verpackungs= und Lagerräume sowie der Extraktionsraum. Die hellen Räume bieten sich dem Besucher recht freundlich an. Am 8. Juni 1958 konnten die Eifelfango=Werke ihr jojähriges Bestehen feiern. Sie haben sich aus kleinen Anfängen zu einem beachtlichen Glied im Wirtschaftsleben unseres Kreises und der Badestadt Bad Neuenahr entwickelt; zählen sie doch über 70 Werksangehörige. Durch ihre Geschäftsverbindungen nach vielen europäischen Ländern und nach Übersee bilden sie mit den durch ihre Heilkräfte weltberühmten Fangopackungen und durch zahlreiche chemisch=pharmazeutische Artikel gerade für Bad Neuenahr einen werberischen Faktor erster Ordnung.

Wie viele andere Wirtschaftsbetriebe unserer Heimat verdanken auch die Eifelfango=Werke dem Vulkanismus ihre Existenz. Fango ist ein italienisches Wort und bedeutet Schlamm. Man bezeichnete damit zunächst einen Schlamm, der aus gipshaltigen Kochsalzthermen Norditaliens stammte. Die heilkundigen Römer benutzten schon zur Zeit des Plinius den Fango zu Umschlägen als Wärmestauungsmittel bei vielerlei Erkrankungen. 1907 erkannte Herr Dr. von Öfele, daß der am Osthang des Neuenahrer Berges lagernde, eingetrocknete Vulkanschlamm die gleichen Eigenschaften besitze wie der italienische Fango. Wissenschaftliche Untersuchungen und ärztliche Erfahrungen ergaben, daß man ihm eine noch größere Wirkkraft zuerkennen könne. Der Eifelfango, „das schonendste und mildeste Wärrnestauungsmittel“, war entdeckt. „Von der Natur seit Jahrmillionen im Schöße der Erde aufgespeichert, vom Menschen aufgespürt und geweckt, wandelt sich die einstmals ungebärdige Naturkraft der Eifelvulkane in wohltätige Heilkraft für die kranke Menschheit.“

Unter Mitwirkung der Herren Roll und Deminer ließ Herr Dr. von öfele zunächst in der alten Landmühle den Eifelfango aufbereiten und vertreiben. Da aber die Fundstelle des Fango sich auf dem Grund und Boden der Familie Wolff=Metternich befand, übernahm diese am 8. Juni 1908 die Fabrikation, die zunächst im benachbarten Heppingen, dem Wohnsitz der Familie Wolff=Metternich, anlief. Durch den ersten Weltkrieg mit seinen wirtschaftlichen Rückschlägen gehemmt, entwickelte sich die Firma insbesondere, nachdem Herr Josef Graf Wolff=Metternich, der Vater des jetzigen Besitzers, im Jahre 1922 die Leitung übernahm und Herrn Direktor Jakob Braun im Jahre 1926 zum Leiter der kaufmännischen Abteilung bestellte. In Heppingen war die Ausdehnungsmöglichkeit beschränkt. So siedelte man 1937 nach Bad Neuenahr über in die jetzigen Werksräume an der Ringener Straße. Der graubraune Eifelfango, den einst die grollende Erde in der Tertiärzeit vor dreißig Millionen Jahren bildete, lagert am Fuße des Neuenahrer Berges unter einem Abraum von zehn Metern in einer Mächtigkeit von zwei bis vier Metern. Die Deckschicht wird heute durch einen Räumer entfernt, dann wird die Fango=Erde im Tagebau gewonnen und in Lastkraftwagen zum Werk gebracht. In einem Mahlaggregat, das 28 Zentner fassen kann, wird der Eifelfango zu einem feinen Pulver gemahlen und bei einer Hitze von etwa 300 Grad sterilisiert. Die Sterilität wird durch das bakteriologische Institut der Universität in Mainz, an dem der Sohn des Prokuristen Herrn Joachim Albrecht als wissenschaftlicher Assistent tätig ist, dauernd überprüft. Für Großabnehmer, deutsche und ausländische Kurverwaltungen, wird der Eifelfango in 50 kg=Säcken abgepackt. Sie stehen in Reih und Glied in der großen Lagerhalle mit Eisenbahnanschluß, wo sie nicht lange auf den Abtransport zu warten brauchen. Neben diesen Großpackungen gelangt Eifelfango in sechs verschiedenen Präparaten in insgesamt 26 verschiedenen Packungsgrößen in den Handel. Die Fangopackungen finden als Heilmittel immer mehr Freunde. 1957 kannte man schon 82 Krankheiten, die durch Eifelfango erfolgreich behandelt werden konnten. Dadurch mußte die Kapazität des Werkes dauernd erhöht werden. In zehn Jahren hat sie sich verdoppelt. Da das vorhandene Mahlaggregat Tag und Nacht in Betrieb sein mußte, hat die Firma sich als Geburtstagsgeschenk ein weiteres Aggregat errichten lassen.

1939 haben die Eifelfango=Werke auch die Herstellung chem.=pharmazeutischer Präparate in ihr Programm aufgenommen. Diese gewinnt für die Ausdehnung und Wirtschaftlichkeit der Firma zunehmend an Bedeutung. Noch heute ist sie die einzige pharmazeutische Fabrik in den rheinischen Bezirken von Rheinland=Pfalz. Es handelt sich vor allem um Injektionsmittel, Vitaminpräparate und Badeextrakte. Allein an Injektionsmitteln weist die Preisliste 42 verschiedene Präparate auf, die in Ampullen von 1 bis 500 ccm geliefert werden können. Rechnet man die verschiedenen Packungsgrößen hinzu, so kommt man auf über 425 Handelsartikel in dieser Sparte. Dieses Beispiel beweist die Vielseitigkeit des Werkes und seine Anpassungsfähigkeit an den Verbraucher. Auf Wunsch wird sogar Sonderanfertigung weiterer nicht in der Preisliste enthaltener Injektionsmittel, Ampullen= und Verpackungsgrößen, auch in außergewöhnlichen Dosierungen, ausgeführt. Daran ist vor allem die Leistungsfähigkeit des Werklaboratoriums zu ermessen. Es ist in hellen freundlichen Räumen untergebracht. Der interessierte Besucher wird beeindruckt von der Vielzahl der Tiegel, Phiolen, Glasröhren und Apparate. Hier werden die einzelnen Konzentrationen vorbereitet und hergestellt. Die Injektionsmittel werden ausschließlich in Ampullen oder Infusionsflaschen aus Jenaer Fiolaxglas abgefüllt. Dies erfolgt halbautomatisch in sterilen Abfüllräumen. Jede einzelne Ampulle wird zuvor gespült und getrocknet, kommt nach Füllung und Verschluß in einen Sterilisator, wird dann genauestens überprüft, bedruckt oder etikettiert und endlich nach modernen Gesichtspunkten verpackt. Zur Fertigung der pharmazeutischen Artikel ist eine ganze Reihe fleißiger Hände erforderlich. Meist Frauen und Mädchen in weißen Kitteln sind damit betraut. Viele sind schon jahrelang in der Firma beschäftigt, und eine Reihe Jubilare gibt Zeugnis von einem guten Betriebsklima.