»Dich grüß ich, du herrliches Land, vom Brohlbach durchflossen . . .«
Josef Keysers
Das in seinem unteren Teile enge, von hohen bewaldeten Bergen eingeschlossene Brohltal, bietet in reichlichem Wechsel solch reizvolle landschaftliche Bilder, daß der früher im Brohltal amtierende Hauptlehrer Johann Jacobs (1868 -1914), ein profunder Kenner des Brohl-tales, im Jahre 1907 einen fünfstrophigen Lobgesang seiner Heimat dichtete. Zitieren darf ich hier die ersten Verse: »Dich grüß ich, du herrliches Land, vom Brohlbach durchflossen, im Eifelgewand. Wo Eifeler Kraft und des Rheines Gemüt gar biedere, fröhliche Menschen erzieht ….’« Und man darf mit Recht sagen, daß unter allen kleineren Seitentälern des Rheins, die aus der Eifel kommen, keins so viele Mannigfaltigkeiten aufweist, als das Brohltal, das ja von jeher das Ziel wanderfrohen Menschen gewesen ist und bleiben wird. Und daß in früheren Jahren dieses Tal durch eine Kleinbahn dem Verkehr erschlossen wurde, um so ins Herz der »Hohen Eifel« zu kommen, ist auch heute noch als Attraktion ein wichtiger Magnet im Personenverkehr geblieben – dafür sorgt der »Vulkan-Express«.
Er ist in wenigen Jahren zur Sommerzeit ein wichtiger Anziehungspunkt geworden – weit über das Brohltal hinaus bekannt. Die Entfernung der Quelle des Baches bei Hannebach von seiner Mündung in den Rhein bei Brohl beträgt nur etwa 20 km, der Höhenunterschied der beiden Punkte aber 450 Meter. Das Tal hat also ein großes Gefalle. Während das Quellgebiet den Charakter der Hocheifel zeigt, öde Flächen mit Wacholder und Heidekraut bewachsen, gedeihen im unteren Tal von Niederzissen abwärts die besten Obstsorten. Der kurze Tallauf ist ungemein wechselvoll. Wer das Tal im Frühjahr aufwärts wandert, wird das vollauf empfinden. Wer es einmal erlebt hat, gegen Abend dort oben mit rotgoldenem Glanz die Heide und die Wälder übergössen zu sehen, die Olbrück mit ihrem trotzigen Bergfried noch sonnenbeleuchtet, dahinter tief violett/schwarz die Rheinberge, dazwischen die Höhen noch hell, die Täler schon im Dunkeln, den Himmel darüber aber in allen Farben glänzend – der weiß, daß es auch bei uns »Farbensymphonien« gibt, die zu einem echten Wandererlebnis werden. Selbst auf kleinstem Raum bietet unser Brohltal unglaublich viel für jeden, der Augen zu sehen hat, sei es nun »nur« der fröhliche Wanderer, sei er Geologe oder Botaniker. Keiner wird leer ausgehen – selbst der Historiker nicht. Ist doch das Brohltal uralter Kulturboden. Eine historische Kulturepoche kam für das Brohltal im Mittelalter. Die Gründung des Klosters Laach 1093 und der Propstei Buchholz etwa zur gleichen Zeit, später die von Tönisstein und Wehr, die Blüte stolzer Rittergeschlechter auf Olbrück, Kempenich, Burgbrohl und etwas später einzelner adliger Herrschaften zu Wassenach, Kray, Schweppenburg usw. beweisen das. Überall findet der geschichts-kundige Wanderer noch ansehnliche Reste, teils noch erhalten, alle von großer Schönheit. Die Kirchen und Kapellen aus dem 11.-13. Jahrhundert in Laach, Buchholz, Niederzissen und Kempenich, die neueren Bauten, die sich zum Teil den alten Vorbildern geschickt angepaßt haben, bieten dem Kunstfreund wirklichen Genuß. Sie alle mahnen an die alte Zeit und haben das Erbe der Väter zu bewahren gesucht.
Wahrzeichen des Brohltales: Ruine Olbrück
Foto: Kreisbildstelle
Eine moderne Zeit ist gekommen und hat das Brohltal in Anspruch genommen. Solange jedoch die Wälder nicht zerstört, die Berge nicht abgetragen sind, wird das Brohltal sein schönes landschaftliches Bild bewahren, und die Schornsteine, die sich da und dort erheben, werden nur Zeugnis ablegen, daß man im Brohltal nicht stillstehen wird. Der Reichtum an Traß, Tuffstein, Phonolith, Basalt wird in unserer Zeit nutzbar gemacht und das bringt sogar dem »Naturschwärmer« Vorteil.
Die Geologen aus der näheren und weiteren Umgebung unserer Heimat wußten wohl, warum sie gerade ins Brohltal kamen: waren der Rätsel so viele oder sind es noch, die gelöst sein wollen. Auch dem Laien bieten sich bei uns wunderschöne geologische Bilder: Da der Fornicherkopf mit seiner Aussicht auf das Rheintal und den Westerwald, hier der Herchenberg mit weiter Rundsicht, dann der Bau-senberg – alle Randberge sind vulkanischen Ursprungs.
Vergessen aber sollte man in Erinnerung an das Brohltal nicht Bad Tönisstein, das bereits seit altersher bekannt. Es ist nach dem oberhalb in Trümmern liegenden, 1809 aufgehobenen Karmeliterkloster Antoniusstein genannt, und war früher Landesbad und Sommersitz des Kurfürsten von Köln. Das Heilwasser ist eine starke Natron-Lithiumquelle und wird bei verschiedenen Stoffwechselkrankheiten erfolgreich angewandt.
Wer heute vom Brohltal spricht, weiß, was es als Erholungsgebiet bedeutet. In vielen Büchern liest man immer wieder Lobeshymnen vom Brohltal, vom Laacher See. Ernst Moritz Arndt spricht davon, daß er nirgendwo eine so weite Aussicht dem Rheinstrom entlang gefunden habe wie von Breisig aus mit seinen wunderbaren Wanderwegen hin auf Rheineck, Brohl und dem Fornicher Kopf zur Rechten und mit Andernach in der Ferne. War doch schon zu Goethes Zeiten das Brohltal Ausgangspunkt für Studienausflüge in die Tuffstein- und Traß-gruben des Brohltals und zum Laacher See. Wie treffend schließt Johann Jacobs 1907 sein Brohtallied:
»Und durch die Schöpfung – mit fröhlichem Sinn, da wandern wir jubelnd und singend dahin – drum grüß‘ und preis‘ ich dich muntere Brohl! Bei dir will ich weilen, bei dir ist mir wohl!«