Der Wagen des Segens
(Alte Eifelsage)
Die Maare brüllen in Eisesnot,
Die Nacht starrt finster.
Durch’s Eifelland schreitet der weiße Tod.
Wie Glas klirrt der Ginster.
Doch Mütterchen Eifel sinnt und spricht:
„So war es immer.
Im schwarzen Dunkel wächst goldenes Licht;
Ich sehe den Schimmer.“
Da kommt es auch schon die Berge hinab,
Seht nur, wie schön!
Und über’m starrenden Wintergrab
Liegt’s wie Getön.
Ein Wagen aus gelblichem Feuergold,
Kristallenen Säulen,
Kommt vom Vulkanberg herabgerollt,
Mit schneeweißen Gäulen.
Hei, wie das himmlisch leuchtet und glänzt
In farbigem Licht!
Wie der Wagen schimmert von Schönheit umglänzt,
Sagt kein Gedicht.
Und drinnen vieledle gütige Geister
Mit segnender Hand.
Die schickt alljährlich der Weltenmeister
In’s nachtdunkle Land.
Wo alles in Kälte tödlich erstarrt,
Zieht ihre Spur.
Sie küssen auf ihrer Winterfahrt
Die treue Natur.
Wenn zwölfmal heilig die Tage machten
Zur Jahreswende,
Fahren sie ihre schimmernden Frachten
Als fruchtende Spende.
Auf jauchzt in geheimem Jubel die Erde,
Ihre Seele erbebt:
Sie hegt das neue zukünftige Werde
Von Licht umwebt.
Und tritt am Morgen des Jungen Jahres
Der Bauer vor’s Haus,
Ahnt er noch Schimmer des goldenen Haares
Im Wintergebraus.
Und Mütterchen Eifel sinnt und spricht:
„So war es immer.
Jetzt sind die Äcker voll goldenem Licht.
Ich sehe den Schimmer . . .“
E. K. Plachner