DER NAME Neuenahr
IN GESCHICHTLICHER SCHAU
VON JAKOB RAUSCH
Die Grafen von Are waren seit 1100 die Landesherren der Grafschaft Are, die sich von der Landskrone ausschließlich bis zur Nürburg einschließlich beiderseits der Ahr erstreckte, Theoderich I. besitzt als erster Graf von Are die Burgen Are, Nürburg, Vischel und Hardt. Ihm folgten in der Regierung seine beiden Söhne Lothar I. und Ulrich. Da letzterer auf der Nürburg wohnte, wird er auch Graf von Ahr-Nürburg genannt. Jedoch regierten die beiden Brüder und nachher ihre Söhne die gesamte Grafschaft gemeinsam, so blieb also hundert Jahre lang die Grafschaft als Familienbesitz ungeteilt.
Aber in der dritten Welle des Kampfes der Staufen und Welfen, als der Staufenkaiser Philipp von Schwaben im Kampfe mit dem Weifen Otto IV. lag, als 1205 Philipp von Schwaben die Landskrone als staufisches Bollwerk erbauen ließ, teilte sich die Familie der Grafen von Are zunächst politisch. Während der auf der Burg Are regierende Lothar II. 1205 wieder der Staufenpartei beitrat, blieb sein Vetter Gerhard von Nürburg auch weiter im Lager der Weifen; so kam es, daß die Kaiserfehde in unserer Grafschaft eine Bruderfehde der verwandten Grafen aus dem Hause Are herbeiführte. Durch diese Bruderfehde veranlaßt, schritt man zur endgültigen Teilung der Grafschaft. Gerhard von Nürburg erhielt mit der Nürburg das heutige Amt Adenau, also die rauhen Eifelhöhen; um auch Weizen und Wein zu erhalten, erhielt er den Ostrand der Grafschaft, der sich von Ramersbach im Süden bis über Meckenheim im Norden erstreckte.
Gerhard nennt sich nun Graf von Nürburg; auch führte er nicht mehr den „Aar“, sondern den Löwen im Wappen. Gerhard teilt seine Grafschaft unter seine zwei Söhne Johann von Nürburg und Otto von Neuenahr. Otto erhielt den an der unteren Ahr gelegenen Teil. Er erbaute nach 1220 auf dem Hohen Berg bei Beuel eine Burg, die er Burg Neuenahr zum Unterschiede von Altenahr nannte. Er führte auch wieder den Aar im Wappen. Der Name der neuen Burg gab nun auch dem Berge den Namen, der fortan der Neuenahrer Berg heißt. Auch die Landesherren nennen sich nun auch Grafen von Neuenahr, und ihr Land wird nun Grafschaft Neuenahr genannt. Diesen Namen behielt auch diese fruchtbare „Grafschaft“, als sie 1360 durch Heirat an die Saffenburg und 1424 an Virneburg fiel. Ja, als 1545 Jülich die Herrschaft als erledigtes Lehen einzog, blieb der Name „Grafschaft Neuenahr“ erhalten. Der Herzog von Jülich nannte sich auch Graf von Neuenahr. Auch seine Erben, die Pfalzgrafen von Neuburg und deren Erben, die Kurfürsten von der Pfalz, nannten sich stolz die Grafen von Neuenahr; wohl ließen sie die Grafschaft Neuenahr durch Amtmänner, die in Wadenheim regierten, verwalten. So blieb der Name „Grafschaft Neuenahr“ ein politischer Begriff bis zur Franzosenzeit 1795. Aber in der Franzosenzeit (1795—1815) gab es keine Grafschaft Neuenahr, ja sogar keine Mairie Neuenahr, sondern eine Mairie Ringen. Auch in den ersten 60 Jahren der Preußenzeit (1815—1945) gab es keine Bürgermeisterei Neuenahr, da die ehemalige Grafschaft, die im Ahrtal lag, zur Bürgermeisterei Ahrweiler, und der nördliche Teil zur Bürgermeistere! Gelsdorf (später Ringen) gehörte. Wohl führte der Berg und die Burg noch den Namen Neuenahr; aber keine menschliche Siedlung trug noch den Namen; denn die drei Orte am Fuße des Berges hießen Beuel, Wadenheim und Hemmessen. Da erweckte die Brunnengesellschaft den Namen aus dem Dornröschenschlaf.
Im Jahre 1856 legte sich die Aktiengesellschaft den Namen Neuenahr bei. Am 25. April 1857 wurde durch den Landrat von Hövel, der auch Teilhaber des Brunnens war, bei der Staatsregierung der Antrag gestellt, die Badeanstalt „Neuenahr“ nennen zu dürfen, was auch genehmigt wurde.
Am 2. Januar 1874 beantragte der Gemeindevorsteher Esser in weitschauender Weise, daß man die drei Orte des Kirchspiels Wadenheim den gemeinsamen Namen Neuenahr geben und diesem aufblühenden Orte Stadtrechte verleihen solle. Jedoch wollten die Aktionäre den Namen „Neuenahr“ nur auf die Einrichtungen der Gesellschaft beschränkt wissen. Am 9. Juni 1875 wurde durch königliche Genehmigung der aus den drei Ortschaften Wadenheim, Beuel und Hemmessen gebildeten Gemeinde Wadenheim der gemeinschaftliche Name „Gemeinde Neuenahr“ beigelegt. Auch bekam die bisherige Landbürgermeisterei Ahrweiler, die 1857 durch Austritt der Stadt Ahrweiler aus dem Bürgermeistereiverbande entstand, aber auch weiterhin durch Personalunion mit Ahrweiler verbunden blieb (1875), ihren eigenen Bürgermeister, der seinen Sitz in Neuenahr-Wadenheim nahm, und nun ging der Name Neuenahr auch auf die Bürgermeisterei (heute Amt) Neuenahr über. Der Ort Neuenahr, seit 1874 gefordert, erhielt 1951 die Stadtrechte. So erweiterte sich der Begriff „Neuenahr“ von Burg und Berg Neuenahr zum Familiennamen der Grafen von Neuenahr zur Grafschaft Neuenahr und in der Neuzeit zum Bade Neuenahr, zum Amte Neuenahr bis zur Stadt Bad-Neuenahr.