Der Höllenhund
Heinrich Schäfer
Das erzählte mir mein Vater. Er hatte es von seinem Vater und der war Schäfer. Einst kam Großvater an einem späten Novemberabend die Sahrtalstraße hoch. Er war »auf der Ahr« gewesen, wie man so sagte, und kehrte zurück nach Plittersdorf, seinem Heimatort.
Ich weiß nicht, ob die Stelle heute noch zu erkennen ist, das »Herrenhäuschen« nämlich. Es muß in der Gegend des jetzigen Campingplatzes sein. Dort gab es in den Wiesen zum Bach hin eine runde Erhöhung, zu der von der Straße her ein Dammweg führte. Früher stand da – ich glaube bis zum Ende des 1. Weltkrieges – das »Härehüsche«, eine Feldscheune oder etwas mehr. Jedenfalls war der Name »Herrenhäuschen« bei allen Dorfbewohnern sehr geläufig, markierte er doch für den, der vom Bahnhof Kreuzberg kam, die Hälfte der Wegestrecke. Dreiviertel Stunden hatte er von hier aus noch zu gehen.
Und so nannte mein Großvater auch diesen Ort, von wo aus er in der Ferne so etwas wie einen Feuerschein gesehen habe. »Das kommt mir gelegen, dort werde ich mir mein Pfeifchen anstecken,“ sagte er sich. Er ging schneller und tatsächlich kam er bald zu einem lodernden Feuer. Das war genau dort, wo hinter der »Schafsbrücke« ein einfacher Weg beginnt, auf dem früher die Leute von Lind ihr Heu nach Hause fuhren. Die Wiesen in diesem Teil des Sahrtales gehören zur Gemeinde Lind. Gleich hinter der Brücke links, ich sagte es schon, brannte das Feuer.
Sofort begibt sich mein Großvater zu der Feuerstelle, um mit einer glühenden Kohle seine Pfeife anzuzünden. Das erste Mal mißlingt es ihm, die Kohle fällt zu Boden. Da erst bemerkt er etwas, was ihm zunächst entgangen war:
Neben dem Feuer sitzt ein großer schwarzer Hund. Die Augen glühen und das geöffnete Maul zeigt scharfe Zähne.
Nun war mein Großvater bestimmt kein Mann, der sich vor einem Hund fürchtete. Als Schäfer wußte er mit den Tieren umzugehen. Auch sein Schäferhund war von schwarzer Farbe und wurde deshalb »Koll« genannt. Es war ein besonders gehorsamer Hund. Wenn Großvater auf den manchmal recht schmalen Driften weidete, dann bedurfte es nur des Rufes: »Koll, op de Fuhr!« Und schon sauste er der Furche entlang, um die Schafe am Betreten des angrenzenden Getreidefeldes zu hindern.
In diesem Falle richtet Großvater nur ein paar Worte an den Hund. Ich glaube, es waren keine richtigen menschlichen Worte, sondern einige für uns unverständliche Laute. Der Hund antwortete mit einem leisen Knurren, und Großvater legt eine neue Kohle auf sein Pfeifchen. Dann zieht er weiter. Während er unterwegs nachdenkt, wird ihm klar: Das kann doch nur der Teufel oder sein Höllenhund gewesen sein. Als er am nächsten Morgen seine Pfeife ausklopft, findet er darin ein Klümpchen Gold . . .