„De Fluuz kütt!“ – Über die Flößerei auf dem Rhein
De Fluuz kütt!“
Über die Flößerei auf dem Rhein
Heino Möhring
„Majestätisch kam das große Floß den Rhein herab und erschien wie ein treibendes Gebirge aus Holz. Es hatte gut acht- bis neunhundert Fuß Länge und sechzig bis siebzig Fuß Breite. Je näher es kam, desto besser konnten wir ein Dorf, Menschen und Herden erkennen. Das Dorf bestand aus einem Dutzend Hütten, seine Bewohner aus sieben- bis achthundert Ruderern und Arbeitern und die Herden aus ungefähr dreißig Ochsen und mehr als einhundert Schafen, die von Fleischern begleitet waren. Ich glaubte zuerst, es handele sich um die Einwohner irgendeiner zerstörten Stadt, die mit Waffen und Gepäck auswanderten. Aber unser Kapitän sagte mir, daß dies ein einfaches Floß sei, das Eichen- und Tannenholz von Mainz nach Dordrecht transportierte.
Da es sechs Uhr am Abend war, daß heißt die Zeit zum Abendbrot, bot sich uns bald ein weiteres Schauspiel. Als es sechs schlug, stieß der Floßführer einen Schrei aus und ein großer Korb wurde am Ende einer Stange gehißt; dies war. so wie es schien, das Zeichen zum Essen.
Jeder verließ seine Arbeit, mit Ausnahme des Floßführers und einem Dutzend Männer, die mit Hilfe von langen Stangen fortfuhren, diese enorme Masse zu steuern. Jeder kam mit einer Schüssel in der Hand zu einem großem Kessel, der so ungefähr acht- bis neunhundert Portionen Suppe enthielt. Wir wünschten ihnen einen guten Appetit.
Man muß schon eine geschickter Lotse sein, um eine derartige Masse mitten durch die Biegungen, Felsen und Stromschnellen des Rheins zu lenken; auch kommt es manchmal vor, daß sich Teile des Floßes lösen oder sogar, daß alles versinkt. Man bewahrt den Namen eines Schiffers, der mehr als fünfzig dieser großen Flöße von Mainz bis Dordrecht geleitet hat, ohne daß ihm ein Unfall zugestoßen ist, so wie den Namen eines berühmten Mannes.“
Welch großartiges Schauspiel muß die Vorbeifahrt eines solchen Floßes in früheren Jahrhunderten für jeden, der es noch nicht erlebt hatte, gewesen sein. Dieses erregte Staunen verraten auch die obigen Zeilen des berühmten französischen Romanciers Alexander Dumas, die er während seiner Rheinreise 1841 in Begleitung des Romantikers Gerard de Nerval niederschrieb. Angekündigt wurde ein solches Floß durch einen vorausfahrenden Kahn, den sogenannten „Wahrschauer“. Er war an seiner Fahne mit den acht roten und acht schwarzen, später roten und weißen Quadraten zu erkennen. Seine Besatzung hatte die Aufgabe, die Lage auf dem Strom zu „Wahrschauen“.
Da ein großes Floß äußerst schwer zu manövrieren war, mußten entgegenkommende Schiffe rechtzeitig gewarnt und etwaige Hindernisse wie Brücken, Fähren oder Biegungen im Strom frühzeitig ausgemacht werden. Überall an den Ufern erscholl dann der Ruf: „De Fluz kütt!“
Man bediente sich dieser Riesen unter den Fahrzeugen vorzüglich auf dem Rhein zum Transport der in den Wäldern Süddeutschlands gehauenen Holzstämme nach Holland, wo sie überwiegend zum Schiffbau verwendet wurden. Von den Nebenflüssen kamen die kleineren Flöße und wurden an bestimmten günstigen Buchten des Rheinufers zu größeren Einheiten zusammengesetzt. Einer dieser Punkte befand sich unterhalb von Andernach bei Namedy. Auf den Bau und die Ausrüstung der größten Flöße, die man „Holländer Flöße“ nannte, wurde stets besondere Sorgfalt gelegt. Der Boden des großen, rechteckigen Hauptstücks bestand aus Eichen- und Tannenstämmen. Um das Sinken der wertvolleren, schweren Eichenstämme auf einer derartig langen Reise zu verhindern, wurden sie mit den Tannen zusammengebunden und so überWasser gehalten. Überdiese Grundlage wurden quer die sogenannten „Zengel“, gerade Buchen- oder Fichtenstämme von ca. 12 cm Durchmesser, gelegt und mit großen geschmiedeten Nägeln befestigt. Dann folgten weitere Lagen von Stämmen, alle fest durch Klammern und Nägel miteinander verbunden, bis das Hauptstück einen Tiefgang von 6-8 Fuß bekam und ein geschlossenes, völlig unbiegsames Ganzes von 700-720 Fuß Länge und 130 Fuß Breite bildete.
Vor die Stirnseite des Hauptfloßes brachte man 3-4 „Kniee“, das waren kleinere Flöße von je nur einer Tannenlänge, jedes einzelne breiter gebaut als das voraufgehende und je mit einer jungen, noch biegsamen Eiche, dem „Reihebaum“, untereinander verbunden. Mittels langer Taue, die von den äußeren Seiten des vordersten Knies zu den „Kopfständern“ auf dem Hauptstück gespannt waren, konnte man so die Kniee wie einen langen Schwanz zur Steuerung bewegen.
Den hinteren Teil des Floßendes bildete über die gesamte Breite das „Joch“. Hier waren zwischen „Stelzenblöcken“ 16-20 Ruder, auch „Streichen“ genannt, eingelassen, die zur Steuerung dienten. Auf den dahinter liegenden Dielen, dicht zur sogenannten „Lappenbrücke“ aneinandergereiht, arbeitete die Mannschaft, immer 7 Mann an einem Ruder. Hinter den beiden, durch ein Gerüst erhöhten Steuerstühlen, von denen der Steuermann während der Fahrt seine Kommandos rief, war der „Bietungsmast“ quer über das Floß in den Boden eingelassen. An diesem schweren Stamm waren sämtliche hinteren Anker mit Seilen und Ketten befestigt, die zur Steuerung und Landung des Floßes benötigt wurden. Zahlreiche Nachen, mit Tauwerk beladen, folgten dem Floß, um die Anker jeweils in die richtige Position zu bringen. Ein weiterer Bietungsmast und Joche an der vorderen Floßseite, bzw. auf dem vordersten Knie, waren für den Notfall gedacht, falls die Kniestücke vom Hauptfloß abgetrennt werden mußten. Zusammen mit den sogenannten „Hundankern“, die an den Längsseiten beim Landen ausgeworfen wurden, gab es auf einem Floß an die 100 Anker. Sie stellten zusammen mit den Tauen und Ketten das „Floßgeschirr“ dar, das, gleich wie die Herrenhütte, immer wieder verwendet wurde. Die Herrenhütte wurde vom Floßherrn bewohnt, war zerlegbar und bestand aus festen Wänden mit Fenstern und Türen. Im Inneren teilte ein Gang das Büro und Schlafzimmer des Floßherrn von dem des Steuermanns und einer Vorratskammer. Eine Tür am Ende des Ganges führte in einen Speisesaal, meist mit einer vorgebauten Veranda, von der aus man einen wunderbaren Überblick über das gesamte Floß hatte.
Die Hütten der Meister- und Ankerknechte waren aus groben Brettern gearbeitet und je nach Bedarf von verschiedener Größe, wohingegen der größte Teil der gemeinen Mannschaft auf Stroh in nieder gebauten Volkshütten schlief, die 80-90 Leuten Platz boten.
Nahe bei der Herrenhütte befand sich die Küchenbaracke. Unter dem Rauchabzug in der Mitte des Daches stand ein niedriger Backsteinherd, auf dem zwei bis drei „Volks- und Schmuttelköche“ pausenlos damit beschäftigt waren, in einem riesigen Kupferkessel das Essen für die Mannschaft zuzubereiten. Gleich neben der Küche stand die Provianthütte, die all die Lebensmittel enthielt, die zur Versorgung der mehrere hundert Mann zählenden Besatzung notwendig waren. Die ständige Arbeit an der frischen Luft unter freiem Himmel sorgte für einen großen Appetit, und da es allgemein bekannt war, daß die Floßköche mit den Zutaten nicht sparten, braucht man sich über die folgenden Mengenangaben bezüglich des Proviantbestandes nicht zu wundern:
Großes Rheinfloß unterhalb von Remagen. Der Kupferstich von Janscha Ziegler von 1798 zeigt eine Fülle an Details.
40 000 – 50 000 Pfund Brot, 15 000-20 000 Pfund Fleisch, 10-15 Zentner Butter, 8-10 Zentner Dörrfleisch, 30-40 Malter Hülsenfrüchte, 8-10 Malter Salz, 3-4 Fässer Wein geringerer Qualität neben allerlei Gewürzen und anderen Waren. An der Küchenwand waren zahlreiche Fässer Bier aufgestapelt, und in einem gesonderten Stall hielt man 4-6 Ochsen, von denen täglich einer geschlachtet und von zwei Metzgern zur Frischfleischversorgung vorbereitet wurde.
Zur Essenszeit steckte man für jeden sichtbar einen Korb auf eine hohe Stange, worauf der Steuermann verlauten ließ: „Backholz überall!“ Eine „Backe“ war ein Zuber mit zwei Henkeln. der das Essen für je sieben Leute an einem Ruder enthielt. Er wurde vor der Küchenbarakke gefüllt und konnte leicht mit Hilfe eines hölzernen Stabes, den man unterdie Henkel schob, von einem Mann getragen werden. Auf diese Weise wurde vermieden, daß nicht jeder der Knechte seinen Posten verließ.
Der Hauptkoch an Bord war einzig und allein für die Herrentafel zuständig. In gesonderten Töpfen wurde ein abwechslungsreicheres Mahl hergerichtet, denn der Floßherr hatte des öfteren Gäste zu Tisch. Zu ihnen zählten in erster Linie die Zollherren, deren Gunst er an den rund 28 Zollstellen, die es zum Ende des 18. Jahrhunderts am Rhein gab, mit allen Mitteln zu erwerben suchte. Nach den üblichen Streitereien über die Holzmenge und die Höhe des zu entrichtenden Zolls fand man sich an der Herrentafel im Speisesaal zu einem köstlichen Mahl ein, bei dem manch guter Tropfen von Rhein und Mosel nicht fehlte. Dabei verstand es sich von selbst, daß Scherze über Fehler bei der Zollabfertigung oder nicht entdecktes Schmuggelgut gemacht wurden, denn ein Floß bot für derartige Waren unzählige Ritzen, Löcher und Hohlräume. Im Sommer des Jahres 1792 konnte die Engländerin Ann Radcliffe beim Ablegen eines dieser großen Flöße zusehen und beschreibt den Vorgang in ihrem Reiseberichten wie folgt:
„Am Morgen der Abfahrt nimmt jeder Arbeiter seinen Platz ein, die Ruderer an den Bänken, die Lotsen der Begleitflöße auf ihren Plätzen und die Mannschaft eines jeden Bootes in ihren eigenen Fahrzeugen. Der älteste der Floßknechte macht die Runde über das ganze Floß, kontrolliert die Arbeiter, geht noch einmal prüfend an ihnen vorbei und entläßt diejenigen, die ungeeignet sind. Dann richtet er eine kurze Ansprache an alle, verlangt Pünktlichkeit und Wachsamkeit und wiederholt die Arbeitsbedingungen: jeder soll fünfeinhalb Kronen nebst Verpflegung für die normale Fahrt erhalten. Im Falle von Verspätung durch einen Unfall werde drei Tage umsonst gearbeitet: jedoch wird jedem nach dieser Zeit ein Lohn von zwölf Kreut-zern pro Tag gezahlt.
Danach gibt es für die Arbeiter eine Mahlzeit, und wenn dann jederan seinem Platz ist, nimmt der Floßführer, der auf einem Stand in der Nähe des Ruders steht, den Hut ab und ruft: Laßt uns alle beten! Für einen Moment fällt das bunte Schauspiel all dieser Leute auf die Knie und erbittet einen Segen für das Unternehmen.
Die vorher am Ufer festgemachten Anker werden an Bord gebracht, der Floßführer gibt ein Signal, und die Ruderer setzen das gesamte Floß in Bewegung, während die Mannschaften der einzelnen Boote rundherum bemüht sind, die Abfahrt zu erleichtern“.
Das Signal zum Ablegen lautete in der Flößersprache „Auf überall!“, und bedeutete das gleichzeitige Einholen aller Anker. Dann begannen die Ruderknechte ihre gleichmäßige Arbeit, bei der sie von den sogenannten „Pressern“ angetrieben wurden. Diese gaben den Takt vor und feuerten, oftmals auch Stockhiebe austeilend, die Männer mit jeweils eigenen Kommandos an:
„Hinten muß sein!“, „Ihr Männercherwehrt Euch!“ oder „Raus muß sie!“, woraus zu ersehen ist. daß das Floß in der Flößersprache weiblichen Geschlechts war. War die „Fluz“ dann ins Treiben gekommen, lauteten die Anweisungen des Steuermanns je nach der Notwendikeit „Hessenland!“, womit das rechte Ufer gemeint war. oder „Frankreich!“, was für Backbord oder das linke Ufer stand. Von Mainz bis Düsseldorf hatte der oberländische Steuermann das Kommando, von Düsseldorf bis Dordrecht übernahm ein Holländer diesen Posten.
Die Kunst, ein Floß zu steuern, galt in früheren Zeiten als ein Geheimnis und wurde allgemein höher eingeschätzt als ein Kapitänspatent. Die zahlreichen Gefahrenstellen, die besonders die Fahrt durch das „Gebirge“ zwischen Bingen und Koblenz in sich barg. verlangten viel Geschicklichkeit und Können.
Das „Binger Loch“ war wegen des sogenannten „Wisperwinds“ gefürchtet. Vorzugsweise am Morgen strömt dieser kalte Wind oberhalb von Lorch aus dem Wispertal ins Rheintal und bewirkte früher, daß alle das Binger Loch passierenden Fahrzeuge von der Fahrrinne am rechten Ufer weg auf die Felsenbank am gegenüberliegenden Ufer getrieben wurden. An der Loreley ging es stets mit großem Gejohle vorbei. Sie sollte mit einem hundertfachen Echo aus ihrem tausendjährigen Schlaf geweckt werden. Um starke Biegungen mit Felsenbänken wie bei Bacharach zu meistern bedienten sich die Flößer eines Steuerhilfsmittels, das „Großer Hund“ hieß. Dies war ein schwerer, am vorderen Teil des Hauptfloßes seitlich befestigter Tannenbalken, der im rechten Winkel ausgefahren werden konnte. Während das Floß mit der Hauptströmung über die Biegung hinaustrieb, wurde der ausgelegte „Große Hund“ von den hinter der Biegung entstehenden Strudeln und Gegenströmungen erfaßt und bewirkte, daß das riesige Gefährt die gewünschte Drehung vollzog.
„Vorne Frankreich! Hinten Hessenland!“, schallte es dann über das Floß, dessen vorderer Teil in das tote Wasser hinter der Bank hineinschoß und von der Wucht des nachschiebenden Holzes derart nach unten gedrückt wurde, daß der Kopfständermeister mit der vorderen Mannschaft bis an die Knie im Wasser stand. Ein gewaltiger Ruck ging durch alle Floßteile, bis schließlich die Entwarnung kam: „Sie kommt raus!“ Unterhalb der Gebirgsstrecke war besonders der Einfluß der Ahr bei Hochwasser berüchtigt, und auch der Unkelstein zeigte sich einst als gefährliche Klippe.
Nicht selten stießen die Eichen des Floßbodens auf einen Felsen, und mit dumpfen Schlägen kündigte sich dann oft eine verlustreiche Havarie an. Die vorderen Kniee brachen zuerst weg, dann lösten sich die Nägel und die Zengel zerbarsten. Die herausgelösten, schweren Eichenstämme sanken, stellten sich senkrecht und türmten alle nachfolgenden Stämme hinter sich auf. Wenn auch die Mannschaft sich meist in die zahlreichen Nachen retten konnte, so waren doch der größte Teil des wertvollen Holzes und das gesamte Floßgeschirr verloren. Auf Grund solch schrecklicher Ereignisse war es üblich, daß Leute, die sich auf eine Floßfahrt nach Holland begaben, vorher ihr Testament machten und sich auf Leben und Tod von ihrer Familie verabschiedeten.
Auch ging in Flößerkreisen die Sage vom Totenfloß um, das immer dann gesehen wurde, wenn der Rhein ein Opfer verlangte oder Krieg und Hungersnot bevorstanden. Es kam um Mitternacht, gelenkt von bleichen Gestalten an den Rudern, während der Steuermann, auf verkohltem Gebälk stehend, mit seinen weißen, knochigen Armen die Kommandos gab. Voraus fuhr lautlos der schwarze Nachen des Wahrschauers, und wer ihn erblickte, der tat gut daran, eine bevorstehende Floßfahrt nicht anzutreten.
Trotz ihres harten Alltags sei es dahin gestellt, ob alle Flößer von solch riesenhafter Statur und finsterem Wesen waren wie der „Holländer Michel“ in Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“.
Dort werden sie beschrieben als Menschen, „die ein rauhes, wanderndes Leben gewöhnt sind. Ihre Freude ist es, auf ihrem Holz die Ströme hinabzufahren, ihr Leid, am Ufer wieder heraufzuwandeln. Sietragen Wämser von dunkler Leinwand, einen handbreiten grünen Hosenträger über die breite Brust, Beinkleider von schwarzem Leder, aus deren Tasche ein Zollstab von Messing wie ein Ehrenzeichen hervorschaut; ihr Stolz und ihre Freude über sind ihre Stiefeln, die größten wahrscheinlich, welche auf irgendeinem Teil der Erde Mode sind; denn sie können zwei Spannen weit über die Knie hinaufgezogen werden, und die Flößer können damit in drei Schuh tiefem Wasser umherwandeln, ohne sich die Füße naß zu machen.
Floß auf dem Rhein um 1970 im Schlepptau von Motorschiffen
„Viele wußten holländisch zu fluchen und rauchten wie die vornehmsten Mynheers aus ellenlangen kölnischen Pfeifen.“ Daß diese Beschreibung wohl eher auf die Floßherren oder Meisterknechte zutrifft, belegt die Tatsache, daß der riesige Bedarf an Arbeitskräften in der Flößerei meist durch einfache, ungeschulte Burschen gedeckt wurde, bei deren Auswahl man nicht gerade wählerisch zuging. Sie waren unter dem Namen „Tiroler“ bekannt, „ein zwischen Himmel und Wasser ganz beugsamer Abschaum von Wagehälsen“, wie es heißt, denen der Hang zu einem ungebundenen, vagabundierenden Leben angeboren war. Viele von ihnen hatten schon bessere Zeiten gesehen und manch einer nutzte die billige Gelegenheit, die Landesgrenze zwischen sich und seine Vergangenheit zu bringen.
Das war auch bei den Schiffern und Halfen am Rhein bekannt, denn sie ließen den namenlosen Haufen dieser „Beiläufer“ beim Passieren eines Floßes niemals ungehänselt passieren. Mit dem Niedergang des Handels während des zwei Jahrzehnte andauernden Krieges mit Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts, fand auch die Flößerei auf dem Rhein ein Ende. Als man um die Mitte des 19. Jahrhunderts wieder begann, Holz zu flößen, trugen die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse dazu bei, daß ein Floß nun lediglich noch aus einem Hauptstück von ungefähr 200 Metern Länge und 60-70 Metern Breite und einer reduzierten Mannschaft von 150-200 Köpfen bestand. Auch durch den Aufschwung der Dampfschiffahrt mußten der Flößerei im Sinne der Verkehrssicherheit auf dem Strom immer höhere Einschränkungen auferlegt werden, die schließlich dazu führten, daß die verkleinerten Flöße von Dampfschleppern gezogen wurden.
So war dem einst weit verbreiteten, stolzen Gewerbe mit der Dampfflößerei auch die letzte Romantik genommen worden, und wenn noch bis in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts ein solches, von einem Schlepper gezogenes Floß den Rhein herunterkam, so handelte es sich bereits um eine große Seltenheit.
Literatur:
Joseph Gregor Lang: Reise auf dem Rhein, Frankfurt 1790
W. G. von Moser; Forstarchiv. Ulm 1790
G. Schirges: Der Flößer, aus: Rhenus, Jahrbuch für Handel. Schiffahrt
und Industrie der Rheinländer, Mainz Jhg 1858.
S. Mohr: Die Flößerei auf dem Rhein, Mannheim 1897
Wilhelm Hauff‘ Erzählungen und Märchen, Dortmund 1985
Ann Raddiffe: Holzflößen auf dem Rhein deutsch aus
Heino Möhring: Reiseimpressionen vom Mitfelrhein zwischen Andernach und
Remagen, Berlin 1987
Alexandre Dumas Wanderungen an den Ufern des Rheins, deutsch
aus: ibid