Das Handwerk und sein Berufsnachwuchs
Gerd Distelrath
Das Handwerk, Deutschlands vielseitigster Wirtschaftsbereich, hatte in der Öffentlichkeit kein allzu großes Ansehen. Wissenschaftler haben dies durch Meinungsstudien hieb- und stichfest belegt. Deshalb begann der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) mit einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit, um der Bevölkerung die Leistungsfähigkeit und Unentbehrlichkeit des Handwerks zu verdeutlichen. Das fördert Verständnis für den Handwerker und seine Probleme. Das beeinflußte politische Entscheidungen, die das Haridwerk betreffen, und ist wichtig für die Nachwuchswerbung.
Die Kreishandwerkerschaft Ahrweiler bildete 1969 in 708 Betrieben 560 Lehrlinge aus. 1979 werden in 728 Betrieben 1260 Lehrlinge ausgebildet. Besonders hohe Ausbildungsplätze wurden in den Nahrungsmittelhandwerken sowie in den Bauhaupt- und Bauausbauhandwerken verzeichnet.
Nach der Wirtschaftskrise 1974/1975 konnte das Handwerk einen hohen Zuwachs an Lehrstellensuchenden vermelden. Viele Jugendliche stellten anhand der Arbeitslosenzahlen fest, daß gerade das Handwerk keine oder fast keine Arbeitslosen hatte. Eine gute handwerkliche Ausbildung sichert einen festen Arbeitsplatz. Die Kreishandwerkerschaft ist sich der Verantwortung für ihren Nachwuchs in hohem Maße bewußt. Sie setzt sich gerade deswegen nachdrücklich dafür ein, die Berufsbildung weiter zu modernisieren und zu verbessern. Die Handwerker des Kreises Ahrweiler lehnen entschieden eine Zerschlagung der handwerklichen Selbstverwaltung durch den Gesetzgeber ab und warnen vor einer Überführung aller wichtigsten Funktionen in die Staatsverwaltung, weil damit gerechnet werden müßte, daß die ausbildenden Betriebe dann nicht mehr das erforderliche Engagement für die handwerkliche Berufsbildung aufbringen.
Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe bieten berufliche Chancen
Die Zahl der Ausbildungsplätze im Industrie-, Handel- und Dienstleistungsgewerbe (ohne Handwerk) konnte im Jahr 1978 innerhalb des Kreisgebietes um 25,4 % gesteigert werden. Schon in den beiden vorangegangenen Jahren hatte die gewerbliche Wirtschaft des Kreises Ahrweiler nach den Veröffentlichungen der Außenstelle Bad Neuenahr-Ahrweiler der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Koblenz zusätzliche Ausbildungsplätze für die geburtenstarken Jahrgänge zur Verfügung gestellt. Dabei ergaben sich folgende Zuwachsraten: für 1976: + 13,9%, für 1977: + 28,6 %.
Diese Prozentsätze beruhen auf folgender Entwicklung: Im Jahre 1978 haben 474 Jugendliche (1977: 378: 1976: 294) eine berufliche Ausbildung in den gewerblichen Betrieben im Kreisgebiet begonnen. Damit belief sich die Zahl der bei der Industrie- und Handelskammer zu Koblenz für den Kreis Ahrweiler eingetragenen Berufsausbildungsverhältnisse auf 969 (1977: 858; 1976: 775).
Dieser Zuwachs ist als ein schlagender Beweis für das Verantwortungsbewußtsein der Wirtschaft gegenüber der Jugend zu werten und zeigt, daß es keiner bürokratischer Reglementierungen des Staates oder gar Zwangsmaßnahmen bedarf, um auch bei den Lehrstellen das Angebot der durch den ,,Schülerberg“ gestiegenen Nachfrage anzupassen,
Von den 474 ,,neuen“ Auszubildenden kamen 357 ins erste Ausbildungsjahr, 117 sofort ins zweite oder gar dritte. Dieser recht hohe Anteil von fast 25 % ist auf Anrechnungsverordnungen zurückzuführen. Knapp 50% der Auszubildenden sind Mädchen. 73 % der Lehrlinge sind in kaufmännischen, 27 % in gewerblichen Ausbildungsberufen tätig.
Der überbetrieblichen Lehrwerkstätte bei der Firma Gebrüder Rhodius galt auch das Interesse von Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel beim Besuch des Kreises Ahrweiler Foto; Kreisbildstelle
Das Ausbildungsengagement erstreckt sich im Kreisgebiet für das Jahr 1978 auf nunmehr 288 Betriebe (1976 auf 240), von denen 222 ausschließlich im kaufmännischen, 30 im gewerblichen und 36 in beiden Bereichen ausbilden.
In 48 anerkannten Ausbildungsberufen der gewerblichen Wirtschaft wird im Kreisgebiet Berufsnachwuchs ausgebildet. Mehr als zwei Drittel der Ausbildungsverhältnisse entfallen per 31. 12. 1978 nach den Veröffentlichungen der IHK-Außenstelle Bad Neuenahr-Ahrweiler auf die neun folgenden Ausbildungsberufe:
Einzelhandelskaufmann 123 Ausbildungsverhältnisse (im Vorjahr 96), Verkäufer 115(116), Bürokaufmann 100 (97), Koch 91 (85), Industriekaufmann 66 (57), Betriebsschlosser 48 (33), Bankkaufmann 47 (49), Hotel- und Gaststättengehilfin 38 (34), Kellner 37 (38).
Eine weitere Untersuchung dieser neun Ausbildungsberufe zeigt, daß von den 969 der am Stichtag eingetragenen Ausbildungsverhältnisse 24,5 % auf den Einzelhandel, 17,1 % auf das Hotel- und Gaststättengewerbe und 22 % auf die kaufmännischen Ausbildungsberufe Bürokaufmann, Industriekaufmann und Bankkaufmann entfallen.
Die Reihe der Ausbildungsberufe setzt sich dann wie folgt fort- Bekleidungsschneider 33 Ausbildungsverhältnisse (im Vorjahr 8), Maschinenschlosser 30 (25), Großhandelskaufmann 28 (33), Bürogehilfin 24 (19), Bauzeichner -Hochbau- 22 (18), Polsterer 14 (—), Dreher 13 (7), Technischer Zeichner —Maschinen— 12(11), Maurer 11 (8), Energieanlagenelektroniker 10 (5), Kaufmann im Hotel- und Gaststättengewerbe 10 (5), Werkzeugmacher 10 (12). Die Addition ergibt 21 Ausbildungsberufe mit insgesamt 882 Ausbildungsverhältnissen. Das entspricht 91 Prozent der gesamten Ausbildungsverhältnisse im Kreisgebiet zum Stichtag, dem 31. 12. 1978.
Die folgenden 27 anerkannten Ausbildungsberufe im Kreisgebiet bei der Industrie- und Handelskammer zu Koblenz weisen jeweils unter zehn Ausbildungsverhältnisse auf: Technischer Zeichner —Apparatebau—, Bauzeichner —Tief- und Straßenbau—, Tankwart, Florist, Elektrogerätemechaniker, Schaufenstergestalter, Stahlbauschlosser, Weinhandelsküfer, Drogist, Kraftfahrzeugschlosser, Steinmetz, Bauschlosser, Druckvorlagenhersteller, Siebdrucker, Bauzeichner —Ingenieurbau—, Drukker —Hochdruck—, Maschinenglasmacher, Süßmoster, Versicherungskaufmann, Betonbauer, Chemiefacharbeiter, Drucker —Flachdruck—, Former, Handelsfachpacker, Kunststoff-Formgeber, Lacklaborant, Reiseverkehrskaufmann.
In der Gemeinschaftslehrwerkstatt der Industrie- und Handelskammer zu Koblenz im Hause der Firma Gebrüder Rhodius in Burgbrohl wird im Verbund mit Firmen aus dem Brohltal, Vinxtbachtal und der Rheinstrecke eine überbetriebliche Ausbildung durchgeführt. Auszubildende mit einem Ausbildungsberuf der Fachrichtung Metallverarbeitung erhalten hier eine einjährige Grundlehrausbildung.