Aus dem Leben des Freiherrn vom Stein

VON JAKOB RAUSCH

Am 27. Oktober 1757 wurde Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein in Schloß Nassau (Lahn) geboren. Obwohl er Nassauer war, trat er 1780 in preußischen Staatsdienst.

Im Jahre 1804 wurde er preußischer Staatsminister in Berlin. Im April 1806 unternahm er den 1. Reformvorstoß durch seine Denkschrift über die Reorganisation der obersten Staatsbehörden. Nach Preußens Unglück bei Jena und Auerstedt 1806 drang er in Königsberg auf die Durchführung der Reformen; unwillig nannte der König in einem Briefe an Freiherrn vom Stein diesen, einen „ungehorsamen und trotzigen Staatsdiener“ und entließ ihn ungnädig. Aber bald merkte der König, daß er das beste Pferd in größter Notzeit aus dem Regierungswagen ausgespannt habe. Deshalb rief der König ihn am 10. Juli, also am Tage nach dem Friedensschlüsse von Tilsit, zu sich nach Memel. Im Oktober 1807 übernahm Stein in Memel die Leitung der Staatsgeschäfte. Schon am 9. Oktober verfügte Freiherr vom Stein die Aufhebung der Erbuntertänigkeit. Im Jahre 1808 erließ er die freiheitliche Städteordnung, die auf dem Grundsatz der Selbstverwaltung beruht. Außenpolitisch stand Stein gegenüber Frankreich zunächst auf dem Boden einer gemäßigten Erfüllungspolitik. Da er aber bald einsah, daß die Erfüllung des Friedensdiktates von Tilsit den Ruin des preußischen Staates bedeutete, trat er mit Österreich in Verbindung, um den gemeinsamen Befreiungskampf vorzubereiten. Da Steins Brief an den Fürsten von Wittgenstein in französische Hände geriet, wurde Stein durch französischen Druck im November 1808 aus dem preußischen Staatsdienst entlassen und im Dezember von Napoleon geächtet.

Im April 1812 wird Stein vom Zaren Alexander nach Rußland berufen. Er erlebte an der Seite des Zaren und mit Ernst Moritz Arndt den Einmarsch der „Grande Armee“ in Rußland und ihren schmählichen Rückzug nach dem Brande von Moskau. Mit russischer Vollmacht mobilisiert er im Januar 1813 den Freiheitskampf in Ostpreußen.

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig nimmt er am Vormarsch der Verbündeten nach Paris im großen Hauptquartier teil. Ihm wird die Verwaltung der eroberten rheinischen Provinzen unterstellt.

1814/15 ist er Preußens Vertreter auf dem Wiener Kongreß. In seiner Heimat Nassau empfängt er am 24. Juli den größten deutschen Dichter, Johann Wolfgang von Goethe, mit dem er vom 25. Juli bis 29. Juli die berühmte Rheinreise macht, wobei auch Maria Laach besucht wird. Leider verhüllten Nebel und Regen die Landskrone und das Ahrtal, so daß ein Besuch Bodendorfs und der Landskrone unterblieb. Im August nimmt Stein in Paris an den Verhandlungen über den 2. Pariser Frieden teil. Im Sommer 1816 erwirbt er das Gut Cappenberg i. W. Im Sommer 1826 erscheint der 1. Band der von Stein begründeten Monumenta Germanica Historica. Dieses Standardwerk der Geschichte zählt bis heute viele Bände. Als evangelischer Edelmann und Mitbesitzer der Herrschaft Landskrone beschenkte er die kath. Pfarreien in Bodendorf und Heimersheim und stiftete das Meßstipendium der Landskroner Kapelle. Wahrlich, ein leuchtendes Beispiel christlicher Toleranz und Verständigung! Der Grabstein in der Familiengruft in Frucht bei Ems trägt folgende Inschrift:

Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein
geboren den 27sten Oktober 1757,
gestorben den 29sten Juni 1831, ruhet hier;
der Letzte seines über sieben Jahrhunderte
an der Lahn blühenden Rittergeschlechtes;
demütig vor Gott, hochherzig gegen Menschen,
der Lüge und des Unrechtes Feind,
hochbetagt in Pflicht und Treue,
unerschütterlich in Ach und Bann,
des gebeugten Vaterlandes ungebeugter Sohn,
in Kampf und Sieg Deutschlands Mitbefreier.
Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christo zu seyn.