Auf den Spuren der Johanniter
Karlheinz Korden
Die Stadt Adenau, insbesondere von ihren Bewohnern stolz und liebevoll »Johanniterstadt« genannt, birgt in ihrer Geschichte viele und interessante Verbindungen zu jenem Orden, der mit seinen edlen Zielen noch heute besteht. Im letzten Herbst hatte eine größere Gruppe, vorwiegend Adenauer Bürger die Gelegenheit, der schönen Mittelmeerinsel Malta einen Besuch abzustatten, um dort den Spuren der Vergangenheit und den Bindungen bis nach Adenau zu folgen.
Die historische Bedeutung des Johanniterordens für die Insel Malta und für ihre kulturelle Entwicklung war so groß, daß man noch heute überall die Tätigkeit und die Spuren dieses edlen Ordens erkennt. Für die Adenauer Reisegruppe war es daher zunächst einmal sehr interessant, Wissenswertes über den Orden und letztlich seine Verbindung nach Adenau zu erfahren: Bereits im Jahre 1070, also noch vor dem ersten Kreuzug, schlössen süditalienische Kaufleute mit arabischen Stämmen einen Vertrag, der ihnen die Einrichtung eines dem hl. Johannes gewidmeten Pilgerhospitals in Jerusalem gestattete. Die Mönche, denen dort die Krankenpflege oblag, nannten sich bald darauf Johanniter. 1099 gründete Meister Gerhard den »Ritterorden des Hospitals vom hl. Johannes von Jerusalem«. Anfang des 12. Jahrhunderts wurden das Hosptial und seine Satzung sowohl vom Papst als auch vom König von Jerusalem anerkannt, und eine päpstliche Bulle des Jahres 1154 gab dieser Einrichtung offiziell die Verfassung eines Ordens, des »ordo militiae S. Joannis Baptistae hospitalis«. Neben den Priestern und Brüdern, die sich der Krankenpflege widmeten, bestand der Johanniter-Orden aus kampferprobten Rittern, deren gewähltes adeliges Oberhaupt seit 1287 den Titel »Großmeister« führte. Schon im 13. Jh. verfügte der Orden etwa über 10 000 Ritter und über rund 20 000 dienende Brüder.
Wie entstand nun die Verbindung des Ordens zu Adenau? Graf Ulrich von Are (von 1130 bis 1169 als Graf v. Are vorkommend) ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten für die Adenauer Geschichte. Er ruht im alten Teil der Adenauer Pfarrkirche. Bis zum Jahre 1160, der Fertigstellung der prächtigen Nürburg auf dem schon 943 erwähnten Mons Nore (der Nürburg), residierte der Graf auf seinem Herrenhof in Adenau, dessen jüngster Bauteil die heutige Comturei ist. Es scheint wenig wahrscheinlich, daß Graf Ulrich, der sich fortan Graf von Nürburg nannte, an den in seine Zeit fallenden Kreuzzügen teilgenommen hat. Er dürfte jedoch die Bedeutung und die christlichen Ziele des Johanniter-Ordens erkannt haben. Im Jahre 1162 schenkte er dem Johanniterorden seinen Hof nebst weiteren umfangreichen Gütern. So wurde Adenau die erste feste Niederlassung des Ordens in Westdeutschland.
So war den Adenauer Reisenden in Malta das überall zu sehende Johanniter- oder Malteserkreuz kein fremder Anblick, findet man es doch auch zu Hause, nicht nur in den Kirchenfenstern der Pfarrkirche. Die Johanniter haben vor allem die kulturelle Geschichte der Insel Malta geprägt, prächtige Kirchen und Kathedralen tragen ebenso ihre Handschrift, wie gewaltige Befestigungsanlagen vornehmlich im Hafen von Valetta. Von den vielen besichtigten Bauwerken war sicherlich das eindrucksvollste der Großmeisterpalast und die Kathedrale des Hl. Johannes (St. John’s) in Valetta. Sie war früher die Klosterkirche der Ordensritter und stellt heute den geeigneten Rahmen für das berühmte Gemälde des Michelangelo Merisi da Caravaggio (die Enthauptung Johannes des Täufers) dar, ein Bild, das von Kunstkennern in der ganzen Welt als das Gemälde des 17. Jhds. bezeichnet wird.
Neben den vielen Besichtigungen auf der ge-schichtsträchtigen Insel, deren heidnische Tempel gar älter als die ägyptischen Pyramiden sind, verstand man, nicht zuletzt durch die Initiative von Bürgermeister Schiffarth, auch andere Bindungen zu knüpfen. Die Adenauer folgten gerne einer Einladung des Deutsch-Maltesischen Zirkels, wo man gespannt den Ausführungen des Deutschen Botschafters folgte, der später die Reisegruppe auch in seine Residenz einlud. Inzwischen haben sich die Bindungen zwischen der Johanniterstadt Adenau und der Johanniterinsel Malta weiter gefestigt, weitere Pläne wurden geschmiedet und Austauschprogramme geplant. Zur Zeit laufen bereits Pläne, im Jahre 1989 Adenauer Musikvereine zu einem Besuch nach Valetta zu schicken.
Eine erlebnisreiche Reise zum Zentrum des Mittelmeeres auf den Spuren der Johanniter war für alle Teilnehmer unvergeßlich und viele werden ihr Versprechen wahrmachen, die Insel Malta nochmals zu besuchen.Content-Disposition: form-data; name=“hjb1989.20.htm“; filename=“Z:\Kiepe\Heimatjahrbuch_1989\HJB1989.20.htm“ Content-Type: text/html
Viel Phantasie und etwas Wahrheit
Anmerkungen zu einem Stich des Jahres 1633 aus dem Mittelrheingebiet
Jürgen Haffke
Schon die Bearbeiter der „Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler« (1938 erschienen, unveränderter Nachdruck 1984) verweisen in einer Reihe von Artikeln über die Städte und Dörfer unserer Heimat auf einen Kupferstich »Eigentliche Abbildung der orter welche vom Schwedischen General Baudissin oberhalb der Stat Cöln eingenommen, nun mehr aber von den ChurCölnischen wieder erobert worden. Sampt der Belagerung der Stat Andernach. Anno 1633.« Meist schreiben sie dazu: Ganz ungenaue Ansicht, ziemlich ungenau, ziemlich phantastisch, die Ansicht ist nicht realistisch. Deshalb ist es verständlich, daß man in jenem Handbuch auf eine Abbildung verzichtete. Kommentarlos erschien aus dem Stich der Ausschnitt »Ahrweiler“ in der Heimatchronik des Kreises Ahrweiler (1968, S. 138).
Die Bemühungen in Heimersheim, für den Wiederaufbau des dortigen Westtors eine historische Vorlage zu finden, führten u. a. zu einer ersten Veröffentlichung des ganzen Bildteils des Kupferstichs und des Details »Heimers-heimb« in der Lokalpresse (Rhein-Zeitung 21. 2. 1985). In den Darstellungen zur Geschichte der Stadt Andernach (Hans Hunder, 1986, S. 258) ist nur der Ausschnitt „Andernach“ wiedergegeben, ebenfalls kommentarlos und ohne Quellenangabe.
Die Geschichte der Kartographie und Landschaftsabbildung kennt eine Fülle von Beispielen, die Irrtümer, bewußte Fehler und Phantastereien in Karten oder Stadtansichten belegen. Es gehört zu den Aufgaben der an vergangenen Landschaftszuständen interessierten Wissenschaften, nicht nur Text-, sondern auch Bildquellen auf ihren Aussagegehalt, ihren »wahren Kern« zu untersuchen und dann zu erläutern. Die kommentarlose Wiedergabe einer unrealistischen Ansicht fördert dagegen nur die Entstehung von Zerrbildern, was in vorliegendem Fall von den »Kunstdenkmälern des Kreises Ahrweiler« bedacht, aber später mehrtach vernachlässigt worden ist.
Das ursprünglich im Denkmälerarchiv der Rheinprovinz befindliche Original des Kupferstichs liegt heute im rheinland-pfälzischen Landesamt für Denkmalpflege, Mainz, unter der Inventarnummer 13815. Der Bildteil ist 39 cm breit und 31 cm hoch; daran schließt sich ein in Deutsch und Französisch abgefaßter Textteil an, der bisher noch überhaupt nicht beachtet worden ist. Beide Teile dieses als Flugblatt verbreiteten Dokuments sind hier erstmals zusammen abgedruckt. Da sich 9 Örtlichkeiten der insgesamt 21 Ansichten auf das heutige Gebiet des Kreises Ahrweiler beziehen, erscheint eine Veröffentlichung im hiesigen »Heimatjahrbuch« durchaus sinnvoll.
Zur zeitlichen Einordnung
Die kriegerischen Ereignisse der Jahre 1632/ 33 im Mittelrheingebiet finden in den Gesamtdarstellungen des Dreißigjährigen Kriegs fast keine Beachtung. Deren Blicke wenden sich in der dritten Phase der Auseinandersetzungen, dem »Schwedischen Krieg«, auf König Gustav Adolf von Schweden, seine Heerzüge in Franken und Sachsen und auf Wallenstein. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß es in einer Reihe von Nebenkriegsschauplätzen ebenfalls erhebliche Kämpfe gab, die der Bevölkerung Not und Elend bescherten. Dazu gehörte auch das Mittelrheingebiet.
In den Kriegsjahren seit 1618 hatte sich die »Liga«, ein katholischer Fürstenbund und der habsburgische Kaiser Ferdinand II, gegen die »Union«, das protestantische Bündnis, durchgesetzt. Die Macht des Kaisers war 1629 sogar so groß geworden, daß er im »Restitutionsedikt« die Rückgabe aller seit 1555 von den Protestanten eingezogenen geistlichen Güter forderte. Dieser Machtzuwachs des Kaisers erfreute seine fürstlichen Bundesgenossen in der Liga keineswegs. Sie fürchteten um ihre eigene Selbständigkeit angesichts monarchisch-absolutistischer Bestrebungen des Habsburgers. Als die spanische Linie der Habsburger im Gefolge des Krieges die Gelegenheit gekommen sah, erneut gegen die seit 1581 von ihnen unabhängigen Vereinigten Niederlande vorzugehen, wurde die Situation vor allem für die geistlichen Kurfürstentümer am Rhein (Mainz, Trier, Köln) problematisch. Sie widersetzten sich dem Verlangen des habsburgischen Kaisers, seine spanischen Verwandten in deren niederländischen Interessen zu unterstützen. Besonders der Kurfürst von Trier, Philipp Christoph von Sötern, dessen Territorium genau auf der Achse der spanischen Verbindungen zwischen Italien und den Niederlanden lag und in Koblenz und Trier über die einzigen festen Moselbrücken für die linksrheinischen Nord-Süd-Verbindungen der Spanier verfügte, befürchtete einen spanisch-französischen Krieg auf seinem Gebiet. Denn Frankreich würde sich eine Verstärkung der »habsburgischen Umklammerung« nicht gefallen lassen und auch als katholische Macht, angeführt von Kardinal Richelieu, dann gegen die katholischen Habsburger und die Liga vorgehen. Daran hatten neben dem Trierer auch die anderen katholischen Fürsten kein Interesse, und sie drohten 1629 dem Kaiser eine Aufkündigung des Bündnisses an, wenn er in seiner Politik seine spanischen Verwandten gegenüber den für die Fürsten wichtigeren Franzosen bevorzuge. Zudem erreichten sie auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 durch die Absetzung Wallensteins eine Schwächung der militärischen Handlungsfähigkeit des Kaisers.
In dieser Situation der Zerrissenheit auf der katholischen Seite, Kaiser und Spanier gegen katholische Fürsten und Frankreich, erfolgte der Angriff des neuen Sachwalters der protestantischen Interessen, des Schwedenkönigs Gustav Adolf, auf Pommern. Seinem rasanten Vormarsch ins Reich war in den nächsten beiden Jahren keine Macht gewachsen, und auch die rheinischen Kurfürsten fürchteten bald überrannt zu werden. Auf ihrer Suche nach Hilfe oder Vermittlung stießen sie nur auf Frankreich, das die Lage sofort nutzte. Durch Verlegung französischer Garnisonen in die Festungen Philippsburg und Ehrenbreitstein, die beide wichtige Rheinübergänge schützten, stärkte es seine Position am Rhein. Das mußte aber dem Kaiser und den Spaniern mißfallen. die Koblenz besetzt hielten. Hier setzt der Text des vorliegenden Kupferstichs an. Daß die Schweden, vor deren Kommen die »Kaiserischen« Koblenz geräumt hatten, die Stadt an die Franzosen übergaben, lag daran, daß Frankreich schon im Januar 1631. bald nach dem schwedischen Einmarsch in Pommern, mit Gustav Adolf einen Subsidienvertrag geschlossen hatte.
Der nachfolgende Text ist gegenüber dem Original in der Rechtschreibung und Zeichensetzung leicht dem heutigen Sprachgebrauch angepaßt worden.
Kurze Erzählung, weichermaßen die Schwedischen unter dem General Baudissin im Niederrheinischen Kreis eingebrochen und vieler Orten sich bemächtigt
Im Winter verwichenen 1632. Jahres haben die Kaiserischen der Stadt Koblenz sich bemächtigt und, unangesehen die Franzosen, so auf Ehrenbreitstein lagen, mit Schießen ihnen tapfer zusetzten, eine Zeitlang innegehalten. Weil nun die Schwedischen mit den Franzosen in gutem Verstand stunden, haben sie diese Gelegenheit an hand genommen, sind also durch den Hunnesrücken ziemlicher Macht und Khegsmunition herab gerückt: Darauf die Kaiserischen Koblenz verlassen müssen, welche die Schwedischen eingenommen, doch bald darnach den Franzosen eingeräumt, welche sie auch noch in ihrer Gewalt haben.
Hierauf haben die Schwedischen ihr Glück weiter versucht, und hat ihr General Baudissin den Colonell Loysen mit einem guten Teil Kriegs-volks nach Siegburg geschickt, welche zwar die Stadt leichtlich erobert.
Man hatte zwar vermeint, der Berg, wie man ihn heisset, darauf das Kloster liegt, würde sich noch lange halten können, weil von allem gut Notdurft darauf gewesen, aber wie das Glück im Kriege gar seltsam und veränderlich ist: also hat es sich allhier auch erzeigt, indem die Schwedischen mit den Siegburgischen, so unten in der Stadt gewesen, den Berg hinauf gelaufen, ein Tor offen gefunden, unversehens hinein gedrungen und also des Klosters, so ein gute Festung, sich auch bemächtigt.
Immittelst hat ein anderer Teil der Schwedischen auf der anderen Seite des Rheins auch stark um sich gegriffen und, weil der Orten fast keine Festung vorhanden, haben sie desto leichter ihr Intent verrichten können. Nachdem sie nun etliche Orte und Städte erobert und besetzt, haben sie aus den nächstgelegenen Garnisonen ein ansehnliche Anzahl an Fieifern und Fußvolk zusammen gebracht, mit welchem sie in der Nacht nach des H. Apostels Thomae Tag ganz unversehener Weise (dann man sich nichts anders als guter Nachbarschaft versehen) die allda neu aufgeworfene Festung feindlicherweise angriffen, dieselbe leichtlich ersteigen und die Besatzung, wie tapfer sie sich auch erzeigte, in etwas Unordnung gebracht, doch also daß der meiste Teil deroselben sich auf den Kirchhof retirirt und von dannen sich tapfer wehrete, bis der Tag anbrach. Immittelst raubten die Schwedischen und plünderten den Flecken aus: als sie aber gewahr wurden, daß man zu Köln tapfer in der Wehr und daß schon viel Schiffe mit Volk zu oberfahren bereit und im Werk waren, haben sie sich davon gemacht, ein Teil hie, der andere dorthinaus. Der General Baudissin hat sich mit etlich Kompanien Reitern ein Tag oder zweien aufgehalten, aber bald wieder näher Linz (allda sein Kanzelei war) begeben.
Damit wir aber auf die in gegenwärtigem Abriß angezeigte Ordnung kommen, ist zu wissen, daß, nachdem die Schwedischen in diesen Quartieren des Rheins ankommen, sie sich aller Flecken und Städtlein, weil dieselben weder fest noch besetzt waren, bemächtigt. Und zwar 1. Königswinter, welches ein fein und wohlgelegener Fleck oder Städtlein, davon nicht weit ein Adelich Haus, denen von Schönenberg zuständig, gelegen. 2. Sind sie an ein Schanz an dem Rhein geraten, welche, obwohl sie besetzt, gleichwohl einer solchen Macht nicht hat widerstehen können. 3. Hierauf folgt Unckel, welche zwar anfänglich etwas widerstand und dem Feind Abbruch getan, doch endlich sich auch bequemen müssen. Daselb-sten haben sie unter anderem Gelegenheit gefunden, über Rhein zu setzen, wie sie dann getan und also ihres gefallens auf beiden Seiten des Rheins dominiert: wie sie dann die ganze Herrlichkeit Linz, auch das Eisenbur-gisch Haus Argenfels, eingenommen und so wol daselbst als in den umliegenden Dörfern ziemlichen Vorrat, sonderlich an Wein, gefunden. Zum 6. hat der Fleck Erpel, da ein guter Wein wächst, herhalten müssen. 7. Obwohl der Graf von March oder Schieiden mit diesem Unwesen nichts zu tun gehabt, ist gleichwohl sein Haus an der Ahr, Saffenburg genannt, auch angefochten worden. Die wenige Besatzung, so darauf lag, wehrte sich anfänglich tapfer, unter die Schwedischen allen möglichen Abbruch, zuletzt aber (wie man sagte) aus Mangel etliche Notdurft, wie auch tapferer Fort-schanzung der Schwedischen hat sie sich auch ergeben und die Schwedischen müssen einziehen lassen. 8. Hierauf ist Landskron gefolgt, welches war ein feines Haus oder Schloß, aber wider Gewalt nicht fest oder verwahrt, wie auch (9) Nürburg (im Original »Nürnberg«). 10. Unter Unckel liegt ein Insel oder Wert, das Nonnenwert genannt von einem Frauenkloster, so darauf liegt. Dieses nun, obwohl es mitten im Rhein liegt, hat es gleichwohl den Schwedischen Händen nicht entrinnen können: bei welcher Einnehmung sich das Unglück begeben, daß ein Haus oder zwei in Brand kommen. 11. Demnach folgte Oberwinter, auch ein sehr lustig und wohlgelegener Fleck. 12. Bei allem diesem IVesen ist keinem Flecken (obwohl alle hart gedrückt oder geplagt worden) mehr Unglücks widerfahren als Remagen, welcher Fleck von den Schwedischen verwenden!, sie besorgten, ihr Widertheil möcht wider allda einnisten, in Brand gesteckt worden. Nicht weit davon liegt ein Kloster auf einem Berg, S. Apollinahs genannt, dahin jährlich ein große Wallfahrt ist, welches Drangsal auch nicht hat entgehen können. 13. Heimersheim, so auch ein feiner Fleck, ist mit der gleichen Suppen begossen worden, wie auch 14. Sinzig, ein hübsches Städtlein unter Andernach, in die Grafschaft Neuenahr gehörig. 15. hat sich nicht unbillig verwundert, wie die Schweden auf Drachenfels, ein sehr hohes Schloß auf einem der vielen Berge liegend, da es mächtige Steingruben hat, haben kommen können, welches sie samt auf nächstem Berge dabei liegendem Schloß, Wolkenburg, fast ohne Stoß und Schaden einbekommen. 16. Der Fleck Hammerstein ist zwar nicht fest oder haltbar, das Schloß aber, so darbet auf einem Berg liegt, wann es wohl versehen, sollte – allem Ansehen nach wohl etwas widerstehen können. Dessen doch ungeachtet hat es auch an den Tanz gemüßt. 17. Eben daselbst Altenwied (im Original „Al-tenWirdt“), 18. Engers, so ein feiner Fleck und Zoll am Rhein, 19. Arweiler, 20. in gleichem Montabur, welches doch die Hatzfeldischen wider eingenommen und bishero behalten und, obwohl sie von den Schwedischen belagert, gleichwohl jetzo entsetzt worden.
Damit wir aber auf das jenige, in dieser Karte das vornehmste, kommen, ist zuvor zu wissen, daß etliche Spanische Regimenter, so eine Zeit lang an den Lützelburgischen Grenzen gelegen, abgedankt worden, welche unter Com-mando des Herrn Grafen von Isenburg wider die Schwedische und zur recuperirung der von denselben eingenommenen Orten sollten gebraucht werden. Nachdem nun dieselbe zu Anfang des Jahres ihren Anzug nach dem Fluß der Ar zugenommen, haben sie Oelbrug mit Accord einbekommen und Saffenburg belagert, darauf die Besatzung sich anfänglich tapfer gewehrt, weil aber sie mit Notdurft nicht versehen, auch kein Entsatz vorhanden, hat sich endlich auch ergeben: ist darauf Arweiler und was die Schweden an der Ar und deren Orten gehabt, wieder aus ihren Händen kommen. Immittelst kamen jener Seiten des Rheins auch etliche Gronsfeldische Truppen aus Niedersachsen an, welche, nachdem sie zu Duytz gemustert, höher anzogen, dahero die Schwedischen fast alle Orte jenseit Rheins und sonderlich Linz verließen; allein hielten sie Drachenfels besetzt, so sich gleichwohl auch bald ergeben müssen. Den meisten Trotz hatten sie auf Siegburg, welches von Natur und Kunst sehr befestigt: auch noch in ihrer Gewalt bleibt. Auf dieser Seite hielten sie noch Andernach, dahin der General Baudissin unter Commando Josiae Rantzaus (im Original mal »Ranzon“. mal »Ranzow«) eine starke Besatzung gelegt, mit Vertröstung auf allen Fall des Entsetzs. Mittlerweile versammelten sich die Isenburgischen um Andernach her, und ließ der Graf die Stadt auffordern: Junker Rantzau aber gab zur Antwort, könnte solches nicht tun, mußte vor ändern Ernst sehen. Ward demnach ein Lager formiert, Batterien diesseits und jenseits des Rheins aufgeworfen und in kurzem eine große Bresche geschossen. Die Belagerten hielten sich mit Ausfällen und aller Gegenwehr sehr streng, präsentierten sich dergestalt, daß der Sturm ohn große Gefahr nicht konnte angelassen werden. Immittelst kamen etliche schwedische Truppen zum Entsatz an und ließen sich nicht weit von dem Lager vor der Stadt sehen. Wegen dieser Gefahr nun, weil die Isenburgi-schen an Fußvolk ziemlich schwach, schickte der Graf die Stücken auf Brisach hinab und legte sein Volk daherum, daß also diese Belagerung für diesmal aufgehoben war. Dessen doch ungeachtet wollten Rantzau und die Schwedischen dem Landfrieden auch nicht trauen, plünderten die Stadt aus, steckten dieselbe, insonderheit die Pforten, in Brand und zogen mit dem Raub den Rhein hinauf nach Koblenz: kam also Andernach wieder in des rechten Herrn Gewalt.Nach diesen Verrichtungen begaben sich die Isenburg- und Gronsfeldischen Truppen auf Jen seit den Rhein hinauf mit dem Entschluß, die Schwedischen so weit sie können zu verfolgen, wie sie dann auch, als oben angerührt, Montabaur entsetzt. Ferneren Erfolg wird die Zeit geben.
Der Allmächtig wöll sich aller Bedrückter erbarmen und uns allen ein seeligen Frieden verleihen.
Erklärung der Buchstaben in der großen Tafel(Entweder hat der Stecher die Buchstaben vergessen oder sie sind in der hier vorliegenden unvollständigen Version des Stichs nicht enthalten.)A. Die Statt Andernach. B. Die Burgk. C. Die PfarKirch. D. Ossen Thurn. E. Hie ist in der Maur Preß geschossen, ist aber nicht ge-stürmdt worden.
F. Schaffe Pfordt. G. Burck Pfordt. H. Der Alte Zoll. l. Korn Pfordt. K. Ausfall der Besatzung. L. Das Hauptquartier. M. Quartier vom Obrist. Meternich und Obrist. Rubrecht. N. Quartier vom Obrist. Westfahl. 0. Raederart, der Chur-fürstl. ins Hauptquartier zu ankunft des Ent-satzs. P. Außzug der Besatzung mit allem Voick unnd Bagagt.
Die in dem Bericht geschilderten Ereignisse, die sich zwischen dem Sommer 1632 und dem Frühjahr 1633 abspielten, sind aus dem Blickwinkel kaiserlicher Interessen betrachtet. Dennoch wird, besonders im Schlußsatz, die allgemeine Kriegsmüdigkeit spürbar, bedeutete es für die Bevölkerung doch das gleiche, »besetzt« oder »befreit« zu sein. Unter Plünderungen, Terror, Zwangsabgaben und Schutzgeldforderungen litt man bei Freund und Feind. Der Text des Kupferstichs scheint jedoch erst nach Vorliegen der Abbildungen entstanden zu sein, Denn die Numerierung der Bildfelder ergibt keinen Sinn. Zumindest handelt es sich nicht um eine chronologische Abfolge der Ereignisse. Und so geht der Textautor, der den genauen Ablauf offensichtlich auch nicht kannte, in vielen zeitlichen Details fehl. Aus anderen Überlieferungen, die z. B. Carl Müller im Heimatjahrbuch 1962 (S. 131-135 »Schwedische Soldaten am Mittelrhein und im Ahrtal von 1632-1635«) ausgewertet hat und auf die hier ausdrücklich verwiesen sei, ergibt sich ein präziseres Bild der Vorgänge. So eindrucksvoll sich der Text zunächst also liest, sein historischer Informationsgehalt ist begrenzt, viele Aussagen wirken geradezu schablonenhart und nichtssagend (»lustiger Fleck«, »hübsches Städtlein« usw.). Der Verdacht, daß der Autor auch die meisten Orte nicht kannte, scheint sich dadurch zu erhärten. Die Tatsache, daß er über die Vorgänge um Andernach relativ gut Bescheid weiß, läßt vermuten, daß er vielleicht im Gefolge der Isenburgischen Truppen an den Rhein gekommen ist und im Auftrag des Grafen Isenburg diesen Erfolg der kaiserlichen Seite ausführlich würdigt.
Die Abbildungen
Bis auf ganz wenige Ausnahmen (Ahrweiler, Landskron) beruhen die ersten Vorstellungen vom Aussehen unserer Heimatorte auf der »Karte des unteren Ahrtals« von 1571 (SW-Wiedergabe in Hans Frick, Quellen zur Geschichte von Neuenahr, 1933, Anhang; farbiger Ausschnitt in Franz-Josef Heyen/Walter Jans-sen (Hrsg.), Schöne alte Karten aus den Rheinlanden und Westfalen 1536-1806, Düsseldorf 1984). Der Kupferstich auf dem Flugblatt von 1633 bedeutet für diese Orte dann die zweite bildliche Darstellung (Nonnenwerth, Remagen, Sinzig), für die übrigen die erste (Saffenburg, Nürburg, Oberwinter, Heimersheim). Die nächsten Ansichten stammen meist erst aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (z. B. die Zeichnungen Roidkins von 1725: Saffenburg, Nürburg, Apollinarisberg, Nonnenwerth, Sinzig, Ahrweiler, Landskron). Es wäre also eine große Bereicherung unserer Kenntnisse von den alten Ortsansichten, wenn der vorliegende Kupferstich als glaubwürdig gelten könnte.
Es genügt allerdings ein kurzer Blick, um die Einschätzung der Autoren der »Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler« zu bestätigen: ziemlich ungenau, ziemlich phantastisch! Ganz falsch und völlig der Phantasie entsprungen sind sie jedoch auch nicht alle, denn zumindest stimmen gewisse Lagemerkmale mancher Orte mit der Wirklichkeit überein, wenn auch das Aussehen der Gebäude als unrealistisch zu beurteilen ist. Ein schönes Beispiel dafür bietet das Feld 19 „Ahrweiler«. Die Tallage der befestigten Stadt ist zutreffend dargestellt, und mit dem erst drei Jahre vorher errichteten Kloster Kalvarienberg (1630) hält der Stecher sogar ein sehr aktuelles Detail fest. Nur sahen die Gebäude, wie andere Quellen belegen, niemals so aus. Vor allem auch die Gestaltung der Burgen Saffenburg, Landskron und Nürburg beruht auf Phantasie, was sich nicht zuletzt durch die freigelegten Fundamente der Anlagen klar nachweisen läßt. Wie der Textautor so kannte wohl auch der Stecher der Bilder seine Motive nicht von eigener Anschauung. Vielleicht bekam er grobe Skizzen der Orte als Vorlage, aus denen deren landschaftliche Lage und die Position markanter Gebäude hervorging. Alles weitere blieb offensichtlich seiner Phantasie überlassen.
Daß nicht alle Felder mit Abbildungen gefüllt sind, liegt vielleicht daran, daß der Stecher keine Vorlagen mehr erhielt, die er eigentlich angefordert hatte. So ist im Text ja auch die Rede von Siegburg, Arenfels, Olbrück und Breisig, die in die vier leeren Felder gepaßt hätten. Wahrscheinlicher ist allerdings Zeitmangel. Das Flugblatt mußte unters Volk!
Der historische Wert des Flugblatts von 1633
Auf die Frage, welche Absicht der Herausgeber dieses doch offenkundig ungenauen Flugblatts mit seiner Verbreitung hegte, läßt sich eine Antwort aus den Zeitumständen erahnen. Es ging ihm weder bei den Bildern noch beim Text ums Detail. Man wollte kein Werk für die Nachwelt schaffen, das einen zuverlässigen Eindruck vom Landschaftsbild und den Ereignissen vermittelt. Das überließ man den großen Topographien z. B. der Merians. Hier wollte man wohl vor allem schnell sein, die Bevölkerung umgehend von den Erfolgen gegen die lange als unbesiegbar erscheinenden Schweden informieren und, in einem Akt »psychologischer Kriegsführung«, für die eigenen Interessen einspannen. Der Sinn der französischen Übersetzung lag bestimmt nicht in der Bedeutung als Weltsprache begründet, sondern, viel näher liegend, in der Tatsache, daß ja französische Einheiten das noch nicht »befreite« Koblenz hielten und eingeschüchtert werden sollten.
Somit liegt der Wert dieses Flugblattes weniger in seinem direkten Informationsgehalt und der Zusammenstellung der Abbildungen. Viel mehr vermittelt es indirekt einen Eindruck von der Verbissenheit der Auseinandersetzungen, die vor 350 Jahren unsere Heimat zum Spielball der Interessen der Großmächte degradierten.
Literatur
Außer den im Text genannten Quellen grundsätzlich heranzuziehen Franz Petri: Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500-16481. In: Petri/ Droege [Hrsg.); Rheinische Geschichte. Bd. 2 Neuzeit. Düsseldorf 1976. S. 133-156.
Anmerkung:
Die Abbildungen Seite 84 und 85 zeigen den Bildtei des Flugblattes von 1633. insgesamt 31 x 39 cm und den in Deutsch und Französisch abgefaßten Text.