Aremberger winden war begehrt
VON MARGIT HEILIGERS
Die Stahlhütte, in der jahrhundertelang das beste Eisen der Eifel gewonnen und verarbeitet wurde, war im Ahrtal zwischen Müsch und Ahrdorf gelegen. Sie wurde -1633 von einer Familie Kölzen erbaut und ging bald darauf an das Herzogtum Aremberg über. Die Herren von Aremberg förderten ihr Unternehmen sehr, und es erlangte bereits im -18. Jahrhundert europäischen Ruf. Zu jener Zeit besaß die Stahlhütte zwei Hochöfen und zwei Hämmer, die von der Wasserkraft der Ahr angetrieben wurden. Die Jahresproduktion betrug damals 275 000 kg Eisen. Während des Jahres ruhte die Arbeit durchschnittlich zwei Monate lang, da im Sommer Wassermangel und im Winter der Frost die Eisenhämmer zum Stillstand brachten. Das Eisen der Stahlhütte kam unter dem Zeichen AR in den Handel und war äußerst begehrt. Es galt als das beste Eisen der gesamten Eifeler Eisenindustrie und fand nicht nur im Inland Absatz, sondern wanderte auch in großen Mengen in die Waffenschmieden Lüttichs und Brabants. Außerdem verwandten mehrere Hütten der Eifel dieses Eisen als Beimischung zu anderen weniger guten Eisensorten. Versuche der Stahlhütte, auch Stahl herzustellen, mißlangen. Ausschlaggebend für die Güte des Eisens war der Rohstoff, das Erz. Dieses stammte aus dem mächtigen Brauneisensteinlager einer mitteldevonischen Kalkmulde. Es wurde im Tagebau in zwei Gruben nahe bei den Dörfern Lommersdorf und Freilingen gewonnen, die ebenfalls zum Herzogtum Aremberg gehörten und nordwestlich von Dorsel gelegen sind. Man nimmt an, daß die Römer dieses Erz bereits abgebaut haben. Der Brauneisenstein wies eine vorzügliche Beschaffenheit auf, er enthielt Kalk und Mangan und war frei von schädlichen Beimengungen. Das Eisen der Stahlhütte erhielt seine besondere Qualität dadurch, daß man das Eisen der beiden Gruben in einem bestimmten Verhältnis mischte. Die zur Verhüttung des Erzes notwendige Kohle lieferten die Wälder der Umgebung. Ochsenkarren beförderten Kohle und Erz zur Hütte. Während der französischen Zwischenherrschaft befand sich die Stahlhütte in der Hand der Besatzungsmacht. Diese wenigen Jahre brachten dem Werk, dessen Produktion vorübergehend gesunken war, eine neue Belebung. Die Absatzverhältnisse waren äußerst günstig. Da infolge der Kontinentalsperre das englische Erz ausfiel, forderte Frankreich deutsches Eisen an. Waffenschmieden und vor allem die Hafenbauten von Boulogne und anderer Seeplätze verschlangen erhebliche Mengen Eisen. Außerdem verarbeiteten auch zu dieser Zeit die Gewehrfabriken in Lüttich das Eisen der Stahlhütte. Als die Rheinlande mit Preußen verbunden wurden, ging der französische Absatzmarkt verloren. Es begann ein immer stärker werdender Konkurrenzkampf der deutschen Eisenindustrie. Zugleich bewirkte die Einfuhr ausländischen Eisens das Sinken der Preise. Wenn sich die Verhältnisse auch vorübergehend besserten, so hatte die Eisenindustrie der Eifel doch Verluste erlitten, welche viele Hütten zum Erliegen brachten. Die Stahlhütte vermochte all diese Wirren zu überstehen. Nachdem sie eine Zeitlang von staatlichen Pächtern verwaltet worden war, gelangte sie -1823 in den Besitz einer Familie Krämer, die noch weitere Hütten besaß und sehr begütert war. Infolgedessen befand sie sich in der Lage, die Lommersdorfer Erzgrube zu erwerben. Dies begünstigte die Lebensdauer der Stahlhütte, denn sie konnte nun wesentlich billigeres Erz verarbeiten als die meisten Betriebe der Eifel. Der Reingewinn der Stahlhütte soll im Jahre -1839 1o ooo Taler betragen haben. Die Stahlhütte bestand noch, als die auf der Steinkohle basierende Eisengroßindustrie bereits die Vorherrschaft erlangt hatte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte sich jedoch eine zunehmende Kohlenknappheit bemerkbar. Die Holzvorräte sanken und vermochten den Bedarf nicht mehr zu decken. An dieser Schwierigkeit scheiterte die Stahlhütte, denn es war unmöglich, Kohle von auswärts herbeizuschaffen, da gute Verkehrswege fehlten. S0 mußte das Werk, das viele Eisenhütten der Eifel überlebt hatte, 1880 geschlossen werden.
Stahlhütte bei Dorsel/Eifel
Foto: H. Esch
Die schönsten Schmiedearbeiten der Stahlhütte, die bis heute erhalten blieben, sind die Takenplatten. Es sind gegossene, mit mannigfaltigem Bildschmuck versehene Tafeln; welche als Zierplatten für Wände, vor allem aber an offenen Kaminen Verwendung fanden.
Die Auflösung der Stahlhütte traf die Bewohner der Umgebung schmerzlich. Sie waren seit Generationen an den Verdienst gewohnt, den sie sich als Hüttenarbeiter, Schmiede, Köhler oder Fuhrleute erwarben. Im 18. Jahrhundert beschäftigte die Stahlhütte bereits 27 Schmiede und etwa 200 Arbeiter, die zum großen Teil aus Dorsel stammten. Nachdem die Stahlhütte geschlossen wurde, wanderten viele ihrer Arbeiter in die neuentstandenen Industriegebiete ab, während sich die übrigen wieder der Landwirtschaft zuwendeten. Von den Gebäuden. der ehemaligen Stahlhütte blieb nichts erhalten. Das schöne barocke Verwalterhaus, welches einige Jahre als Gaststätte diente, fiel im vergangenen Kriege einem Bombenangriff zum Opfer.