Das Heimatmuseum zu Adenau
Karlheinz Korden
Es hat nicht gerade die Ausmaße des Deutschen Museums in München und von Ausstellungshallen kann erst recht nicht die Rede sein, beim »Heimatmuseum in Adenau«. Und trotzdem hat dieses kleine und noch junge Museum etwas, was man in den großen und bekannten Einrichtungen dieser Art vermißt, eine ganz persönliche und vor allem heimatbezogene Note. Adenau ist halt eine Kleinstadt im Herzen der Hocheifel und blickt dennoch auf etwa 1 000 Jahre wechselvolle Geschichte zurück; auf eine Zeit, in der die alten Zünfte Handel und Gewerbe bestimmten, als man sich schon vor vielen 100 Jahren ein »bedeutender Marktflecken« mit uralten Rechten nannte, bis hin zu jener Zeit, als man Kreisstadt und die Wiege des Nürburgrings war. Von jenem Glanz ist zwar einiges abgeblättert, die Zeiten haben sich halt gewandelt, aber jener alte Geist, basierend auf dem Erbe der Väter lebt fort und findet einen liebevollen Niederschlag im kleinen, aber schmucken Heimatmuseum in Adenau.
Lenkt man als Einheimischer oder als interessierter Gast seine Schritte zu jenem typischen alten Eifeler Gebäude im Herzen der Johanniterstadt Adenau, umfängt einen sofort der Hauch einer längst vergangenen Epoche. Im Schatten der alt-ehrwürdigen Pfarrkirche duckt sich, schutzsuchend, das kleine, aber schmucke Häuschen, dem man äußerlich seine Jahre nicht ansieht. Tritt man über die Schwelle—ein übergroß geratener Besucher hat sich möglicherweise schon an den vom Alter gedunkelten Balken den Kopf gestoßen—fühlt man sich sofort in jene Zeit zurückversetzt, wo der Streß noch nicht erfunden war.
Eine steile und enge Treppe führt in das Untergeschoß, wo in der Kühle und Stille, in den Winkeln, der Fleiß der Vorfahren nistet. Hier fällt gleich der Blick auf die liebevoll zusammengetragenen alten Zunftbriefe und Urkunden; denn die Zünfte leben gerade in diesem kleinen Museum fort. Ein besonderer Blickfang ist auch die Sammlung alter Fotos vom 13.6.1910, als Adenaus schwere Stunde in einem gewaltigen Hochwasser schlug. Zur Rechten tritt man in eine original wieder eingerichtete alte Adenauer Werkstatt eines Nagelschmieds. Aus den Überlieferungen ist bekannt, daß gerade die Nagelschmiede in Adenau mehrfach vertreten waren und auf eine heute kaum mehr vorstellbare Art und Weise ihr karges Brot verdienten. Gleich acht solcher kleinen, meist Familienbetriebe, gingen hier ihrem nicht leichten Gewerbe nach. Die Werkstatt des letzten Nagelschmiedemeisters befand sich im gleichen Hause und der alte Meister Mathias Schirmer starb 1912. Betrachtet man im Museum seine alte Werkstatt, glaubt man, daß der Meister jeden Augenblick wieder durch die niedrige Türe treten wird, neben der sein Bild hängt. Die Nagelschmiede enthielt eine, für heutige Verhältnisse recht dürftige Einrichtung. Unweit des Fensters stand der Amboß, damals »Stock« genannt. Auf der Esse loderten die Flammen, die von einem ständig pustenden Blasebalg aus den glühenden Kohlen getrieben wurden. In die Glut ragten zahlreiche, nur bleistiftdicke Rundeisenstangen von unterschiedlicher Länge, aus denen die Nägel gefertigt wurden. Das Geheimnis des Blasebalgs war nicht gleich zu erkennen. Der Meister war im wahrsten Sinne des Wortes auf den Hund gekommen, denn der getreue Bello trieb in einer Trommel den Blasebalg. Sämtliche Einrichtungsgegenstände und die für diesen Beruf typischen Werkzeuge, wurden hier von rührigen Heimatfreunden zusammengetragen. In dem schmalen Verbindungsgang zum nächsten Raum findet man eine beträchtliche Sammlung von Gesteinsarten aus dem Eifelraum. Der Geologe weiß, daß gerade der hiesige Raum eine Fülle von den verschiedensten Arten beheimatet. Hier schlägt das Herz des Amateurgeologen höher, sind doch alle Fundstücke auch hinreichend beschrieben. Besonders bei dieser Abteilung erwarb sich Fritz Röder aus Adenau große Verdienste.
Zur Linken hat man Gelegenheit, eine alte Schusterwerkstatt zu besichtigen. Spärliches Licht fällt durch das schmale Fenster. In der Ek-ke findet man den Herrgottswinkel, denn der alte Eifeler war meist von tiefer Frömmigkeit. Neben dem Arbeitsplatz des Schusters liegt noch eine alte Adenauer Zeitung, als ob der Meister gerade eine Pause gemacht habe. Seine Schürze hängt über dem Stuhl und auch seine alten Werkzeuge sind hier liebevoll zusammengetragen. Besondere Beachtung findet immer wieder der gerade in Arbeit befindliche deftige und kernige Arbeitsschuh, gespickt mit großen Schuhnägeln, wie sie der alte Landser noch von seinen Knobelbechern her kannte. Erstaunlich gut erhaltene original Eifeler Bau-ernkittel sind hier ebenso zu sehen, wie die uralte Fahne des ehemaligen katholischen Gesellenvereins. Gerätschaften, Waagen, Werkzeuge und Warenproben aus einem ebenso traditionsreichen Adenauer Handwerkszweig, der Seilerei, finden ebenfalls Beachtung und staunende Bewunderung, ist doch auch dieser Beruf längst ausgestorben. Auf einem Foto erkennt man noch den alten Meister Heinrich Becker, den die alten Adenauer noch gut in Erinnerung haben. Meister Becker fertigte mit den hier ausgestellten Geräten Schnüre, Kordel, Leinen, bis hin zu der damals so wichtigen Pflugleine. Im gleichen Raum sind vor allem bäuerliche Gerätschaften aus Stein und Holz zu erblicken, deren Verwendungszweck nur noch der alte Fachmann erläutern kann. Selbst der geflochtene Brotkorb fehlt hier nicht in der Sammlung, denn man backte sein Brot natürlich selber. Ein weiterer, damals sehr bedeutsamer Berufszweig, der Gerber, war in Adenau häufig vertreten und in der alten, heute noch existierenden Gerberzunft zusammengeschlossen. Diese, heute kaum noch bekannten Werkzeuge sind ebenfalls ausgestellt. Selbst Lederproben, Schälwerkzeuge zur Herstellung der Lohe und Lohkuchen ist zu sehen. Diesen Lohkuchen würde man heute in einer Konditorei vergeblich suchen, zur Lederherstellung war er unerläßlich. Weiter reiht sich nun an, das Werkzeug der Zimmerleute, aus einer Zeit, da rasselnde Gatter und kreischende Motorsägen noch nicht geboren waren.
Nicht zuletzt war weit über die Grenzen unseres Landes das berühmte Adenauer Tuch ein Begriff und ein besonders stark vertretener Berufszweig fertigte dieses unverwüstliche Tuch, das selbst für Uniformen Verwendung fand. Adenauer Kaufleute reisten hiermit sogar bis zur Leipziger Messe. Eine breitgestreute Auswahl dieses unverkennbaren Stoffes in den verschiedensten Farben ist ebenfalls zu sehen, wie interessante Fotos von den damaligen Köhlern, die in den Eifelwäldern ihrem rußigen Handwerk nachgingen. Heutige Dachdeckerbetriebe würden sicher amüsiert lächeln, sollten sie die alten Dachpfannen und -ziegeln heute verarbeiten, die neben dem noch immer weit verbreiteten Strohdach in der Eifel schon verwandt wurden. Hier, im kleinen Heimatmuseum, sind sie noch zu sehen. Aus wenig rühmlichen Zeiten, als die Inflation ihre Blüten trieb, ist gar noch Papiergeld mit alten Adenauer Motiven zu sehen. Sicher waren dies die einzigsten Zeiten, wo selbst die Kleinstadt Adenau viele Millionäre in ihren Mauern wußte.
Altes Adenauer Handwerk findet im Heimatmuseum überzeugende Darstellung
Foto:Kreisbildstelle
Sicher ist das Adenauer Museum erst ein Anfang, aber eine weitere Etage soll noch ausgebaut werden und deshalb sind weitere Schätze und Leihgaben, die vielleicht nutzlos auf Speichern ihr Dasein fristen, stets herzlich willkommen. Wann darf das Adenauer Heimatmuseum auch Sie einmal als Besucher begrüßen?