Bad Neuenahr 125 Jahre Heilbad
Wilfried Demuth
Am 28. Juli 1983 wird Bad Neuenahr die 125-Jahr-Feier der Quellenweihe begehen. In diese Zeit fällt auch die Gründung der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, Trägerin des Kurbetriebs. Heute ist Bad Neuenahr eines der letzten bedeutenden Privatbäder im Gegensatz zu den Kommunal- bzw. Staatsbädern. Wie schrieb Dr. Dr. Erich Rütten anläßlich des hundertjährigen Bestehens im Jahrbuch 1958: Dieser Tag — ein Tag des Dankes und der Freude — mag in unserer vielfach von Unrast und Existenzangst erfüllten Zeit einmal Anlaß zu einer besinnlichen Rückschau sein. Mehr denn je haben diese Worte in unserer heutigen Zeit Berechtigung. Lassen Sie uns aber zunächst kurz die Historie des Heilbades streifen.
Am 28. 7. 1858 weihte die Prinzessin Augusta von Preußen, die spätere erste deutsche Kaiserin, die Heilquelle ein. Für die Bevölkerung war dies ein ganz besonderes Ereignis. Der hohe Gast wurde von den Aktionären der bereits gegründeten Aktiengesellschaft begrüßt. Die Gründungsurkunde wurde zwischenzeitlich in der Brunnenhalle im Kurpark angebracht, um sie allen Gästen zugänglich zu machen und die lange Geschichte des Heilbades zu demonstrieren.
Bereits im Jahr 1859 kamen die ersten Gäste, um in Bad Neuenahr zu küren. Besonders stolz war man, daß hierunter auch Ausländer waren. Darüber hinaus entwickelte sich der Ort als Anziehungspunkt für Gäste aus der näheren und ferneren Umgebung. Heute würde man von Kurzbesuchern sprechen. Da bei der damaligen Kur das Trinken ein ganz wichtiger Bestandteil war, wurde 1858 unsere Trinkhalle erbaut, ebenso das erste Badehaus, in dem sich 18 Gästezimmer, ein Warteraum, ein Leseraum und Restaurationszimmer befanden.
1860 eröffnete das Kurhotel mit 100 Betten. Die Kurgastzahl war bereits auf 506 Personen gestiegen. 1861 wurde der »Große Sprudel« erbohrt und 1862 entstand das zweite Badehaus. Unter der Direktion von August Lenne wurde 1863 das Kurhotel erweitert und mit dem Badehaus verbunden.
Bereits ab 1893 übernahm die Führung des Bades ein Mitglied der Familie Rütten, nämlich Felix Rütten.
1903 | Bau des Kurhauses mit seinen repräsentativen Räumen. |
1909 | Bau des neuen Thermal-Badehauses. |
1914 | entstand der Kurhotel-Westbau. |
1927 | in weiser Voraussicht die ersten 6 Tennisplätze im Lennépark. |
Von 1930 bis 1937 | übernahm Sohn Ernst Rütten die Geschicke und vollendete |
1934 | den Neubau der großen Trink- und Wandelhalle. |
1937 | folgte ihm Dr. Dr. Erich Rütten, der noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die kleine Trinkhalle und die Kurparkkolonnaden bauen ließ. |
Das Jahr 1945 war auch für unseren Kurort ein Neuanfang.
Das Thermalbadehaus wurde neu gestaltet und renoviert. Es entstand eine Kneipp-Abteilung mit Sauna; das Kurhaus erhielt eine neue Anfahrt. Der Theatersaal wurde umgestaltet und neue Spielsäle eröffnet. Im Jahr 1958 wurde der Kurpark erweitert. Dies war notwendig, da auch die Anzahl der Kurgäste in diesem Jahr bereits auf 22 000 gestiegen war. Hinzu rechnen müßten wir noch cirka 30 000 bis 50 000 Gäste, die mit kürzerer oder längerer Aufenthaltsdauer nach Bad Neuenahr kamen. Im Jahr 1972 entstand das Thermalbewegungs-bad. Damit wurde eine Lücke unseres Angebotes geschlossen.
1974 errichtete die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr das Kurpark-Cafe und Restaurant, das sich hervorragend in den Kurpark einfügt und ein besonders beliebtes Ziel der Gäste wurde. 1966/67 entstand der Neubau des Kurhotel-Mittelbaus und gleichzeitig fand eine grundlegende Renovierung und Modernisierung der übrigen Teile der anderen Gaststättenbetriebe statt.
Bad Neuenahr zur Zeit der Gründung: Zu Füßen des Neuenahrer Berges (v. I.) Badehaus, Kurhotel, Kurgarten mit Trinkhalle, gez. v. C. Hohe
Die Grundlage unserer heutigen Existenz sind neben dem Thermalbadehaus die Kurkliniken, die überwiegend von BfA-Gästen belegt werden. Herr Dr. Dr. Rütten hatte frühzeitig erkannt, daß dieses Klientel zur Erhaltung eines Unternehmens unserer Art lebensnotwendig ist.
Sie wurden im einzelnen wie folgt gebaut bzw. übernommen:
Kurklinik HOCHSTADEN
(Klinik für Stoffwechselerkrankungen,
Nachsorgebehandlungen)
1964
1974 Erweiterung 246 Betten
Kurklinik ARE
(Klinik für Stoffwechselerkrankungen)
1961 50 Betten
Kurklinik SAFFENBURG
(Klinik für Hauterkrankungen, Psoriasis)
1981 34 Betten
Kurklinik KURKÖLN
(Klinik für Stoffwechsel- und
Gelenkerkrankunnen)
1967 246 Betten
Kurklinik JÜLICH
(Klinik für Stoffwechsel- und
Gelenkerkrankungen)
1969 154 Betten
Kurklinik LANDGRAF
(Klinik für Stoffwechselerkrankungen)
1971 98 Betten
Von 1971 bis 1981 wurde die Gesellschaft von den Herren Carl Alexander von der Groeben als Kurdirektor und Dipl.-Kfm. Herbert Rütten als wirtschaftlich Verantwortlichem geführt. Ab 1981 wurden beide Funktionen wieder in eine Hand gelegt und Dipl.-Kfm. Herbert Rütten bekleidet seitdem auch zusätzlich die Position des Kurdirektors.
Das kurz nach der Jahrhundertwende erbaute Kurhaus
Was tut in der heutigen Zeit — und hier mögen wir uns bitte an die Worte von Herrn Dr. Dr. Erich Rütten erinnern — eine Kurverwaltung, um sich zu behaupten und den guten Namen des Heilbades zu erhalten?
Bad Neuenahr hat sich schon immer der Ganzheitsbehandlung seiner Kurgäste verschrieben und bemüht sich im besonderen Maß, dem Patienten Möglichkeiten anzubieten, die ihn seine Krankheit besser verstehen lassen und ihm helfen, sich »für die Zeit danach« vorzubereiten. Dies geschieht ganz besonders in den Kurkliniken, aber auch in dem 1981 eröffneten Haus am Kurpark für Freizeit und Gesundheit. Dieses Haus umgibt ein parkähnliches Gelände von fast 10 000 qm. Es handelt sich hierbei um das Anwesen des früheren Sanatorium HÜLSE. Im Haus am Kurpark für Freizeit und Gesundheitwerden im ständigen Wechsel Vorträge von Ärzten, Psychologen, Seelsorgern usw. gehalten. Ganz besonders angenommen wird aber auch eine große Lehrküche, in der eine Diätberaterin ihr Wissen vermittelt. Aber auch die Freizeit kommt nicht zu kurz. Die Gäste malen, basteln, arbeiten mit Batik, Leder, Glas usw. Von großem Interesse ist auch die Gesundheitsausstellung, die Spielothek und die Phonothek.
Aber auch der Eindruck, den ein Kurort hinterläßt, sollte so gut sein, daß der Gast gern wieder nach Bad Neuenahr zurückkommt. Dieses Ziel verfolgend, wurde z. B. im Kurpark ein künstlicher See angelegt, der mit seinem Blumenschmuck belebend wirkt. Ganz besonders angenommen haben unsere Bürger und Gäste auch den neuen Springbrunnen vor der Kurverwaltung. Abends, wenn Brunnen und Kurverwaltung angestrahlt sind, fühlt man sich in die Vergangenheit, sprich in die Gründerzeit unserer Gesellschaft zurückversetzt.
Thermal-Badehaus mit neuer Brunnenanlage
Fotos: Kreisbildstelle
Durch den im Jahre 1973 vorgenommenen Kauf des Walburgis-Stiftes und dem dazugehörenden Gelände entstand im Herzen der Stadt durch viel Fleiß unserer Gärtner ein neuer »kleiner Kurpark«. Mittelpunkt bildet die im Jahre 1976 eingeweihte Walburgistherme, die aus einer Tiefe von ca. 360 m etwa 40° warmes Thermalwasser spendet. Sie ist nach den Begriffsbestimmungen für Heilbrunnen eine kohlensäurehaltige Natrium-Magnesium-Hydrogencarbonat-Therme.
Ein großer Schaden entstand in der Nacht vom 29. auf den 30. April 81 durch den Brand unseres Cafes im Lennepark. Die Folgen waren so schwer, daß eine Reparatur sinnlos war und das Unternehmen beschloß, die Reste abzureißen. Nach den Plänen von Architekt Minarik aus München und unter der Federführung vor Ort von Architekt Rykhoek entsteht zur Zeit ein Neubau, der sicherlich nach Fertigstellung aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes und der gemütlichen bis eleganten Einrichtung ein neuer Anziehungspunkt sein wird. Am Ende der Darstellung sollte noch erwähnt werden, daß die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr seit 1978 Pächterin des Kurparkhotels und Kurparkrestaurants in Bad Dürkheim ist. Auch dort wurden erhebliche Summen investiert, die sich jedoch zwischenzeitlich auszahlen. Besitzerin des Objektes ist das Land Rheinland-Pfalz.
Nach der Rezession 1975/76 befindet sich unser Unternehmen seit Anfang 1982 in einer zweiten, noch schwereren Rezession. Alle unsere Anstrengungen konzentrieren sich darauf, diese schwierige Phase zu meistern. Das Heilbad hat in seiner bisherigen Geschichte Höhen und Tiefen erlebt und überlebt. So ist denn auch die Gesellschaft fest davon überzeugt, auch die augenblickliche Phase zu überstehen. Mögen die späteren Chronisten dies bestätigen können.