Landtagsabgeordnete des Kreises Ahrweiler

VON JAKOB RAUSCH

Der Kreis Ahrweiler kam 1815 durch den Wiener Kongreß mit der Rheinprovinz zum Lande Preußen, das aber noch keine Verfassung hatte. Erst durch die Revolution von 1848/49 erhielt Preußen eine Verfassung. Der Landtag bestand aus dem Herrenhaus und dem Abgeordnetenhaus. Das Volk wählte öffentlich die Wahlmänner und diese durch Zuruf die Abgeordneten. Die Wahl war somit eine indirekte, öffentliche und insofern ungleiche, da ein Dreiklassenwahlrecht bestand. Der Kreis Ahrweiler wählte in den ersten zwei Legislaturperioden (1849—1852) mit mehreren Kreisen des Regierungsbezirks Koblenz zwei bis drei Abgeordnete, von denen keiner im Kreisgebiet wohnte. Als wir aber für die dritte Legislaturperiode 1852—1855 mit dem Kreise Mayen zwei Abgeordnete wählten, stellte der Kreis Ahrweiler als Kandidaten den Pfarrer Wilhelm Gommelshausen aus Niederbreisig auf. Er war Mitbegründer der katholischen Traktion (Zentrum). Für die vierte Legislaturperiode (1855—1858) wählten die Kreise Ahrweiler und Adenau und die Bürgermeisterei Lutzerath (Kreis Cochem) den Landrat Funk von Adenau und den Bürgermeister Clotten von Ahrweiler (geb. 1799 in Langenlonsheim/Nahe, gestorben 1880 in Ahrweiler).

Fünfte Legislaturperiode 1859—1861. Von dieser Zeit an bildeten die Kreise Ahrweiler und Adenau bis 1918 einen Wahlbezirk. Beide Kreise wählten wiederum aus dem Kreisgebiet Bürgermeister Clotten von Ahrweiler.

Sechste Legislaturperiode 1862. Gewählt wurde der Weinguts= und Lohgerbereibesitzer Referendar a. D. Bresgen von Lantershofen. Bresgen war schon 1848/49 Mitglied der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt. Als liberaler Abgeordneter schloß er sich der Deutschen Fortschrittspartei an. Diese Partei bekämpfte die Militärvorlagen Bismarcks, weshalb der Landtag schon nach zwei Monaten aufgelöst wurde.

Auch in der siebten Legislaturperiode 1862—1863 vertrat Bresgen die Kreise Ahrweiler und Adenau. Da die Deutsche Fortschrittspartei mit 141 Mandaten als stärkste Fraktion auch fernerhin die Bismarckschen Militärvorlagen abwies, wurde der Landtag 1863 aufgelöst.

Aber unsere Heimat hielt an ihrem freisinnigen Abgeordneten Bresgen fest, und dieser vertrat unsere Heimat auch in der achten Legislaturperiode (1863—1866). Auch dieser Landtag wurde von Bismarck aufgelöst. Mitten im Kriege gegen Österreich fanden die Neuwahlen statt. Während die Oppostionspartei durch die Erfolge Bismarcks von 141 auf 61 Abgeordnete sank, hielten die Kreise Ahrweiler und Adenau auch weiterhin Franz Bresgen die Treue. Um die Oppostion noch weiter zu schwächen, verfiel auch dieser Landtag (neunte Legislaturperiode) der Auflösung.

Bei der Neuwahl zur zehnten Legislaturperiode (1867—1870) tauschte unsere Heimat den freisinnigen Bresgen gegen das Zentrumsmitglied Aloys Goedderts aus Honnef aus. In der elften Legislaturperiode (1870—1873) vertrat uns zunächst der Generalpräses der Gesellenvereine Schaeffer aus Köln. Als dieser sein Mandat niederlegte, wurde sein Nachfolger Friedrich Kochan, Stadtgerichtsrat in Berlin. Dieses rührige Zentrumsmitglied aus Berlin hat unseren Wahlkreis zwanzig Jahre lang in der zwölften bis siebzehnten Legislaturperiode vertreten (1873—1893).

Die einheimischen Gegenkandidaten Landrat Funk, Adenau, zuletzt in Rüdesheim, Landrat von Groote, Ahrweiler, und Weingutsbesitzer Kreuzberg, Ahrweiler, erhielten nur wenige Splitterstimmen.

Für die achtzehnte Periode (1894—1898 wurde der Kaufmann und Weingutsbesitzer Wilhelm Dahm aus Walporzheim (St. Peter) gewählt. Da er am 13. Januar 1897 starb, wurde wieder ein auswärtiger Zentrumsvertreter unser Abgeordneter; elf Jahre lang (1897—1908) war dies der Chefredakteur der Koblenzer Volkszeitung, Dr. Marcour. In der einundzwanzigsten und zweiundzwanzigsten Legislaturperiode vertrat uns von 1908 bis 1918 Amtsrichter Gustav Kühn aus Ahrweiler. Kühn blieb bis zum 15. 11. 1918 Abgeordneter; an diesem Tage löste der Arbeiter- und Soldatenrat den Landtag auf. Nach dem ersten Weltkriege wurde der preußische Landtag durch geheime, gleiche, direkte Listenwahl gewählt. Führend in der Zentrumspartei war der Ahrweiler Schulrat, später Regierungsrat und Regierungsdirektor Dr. Jos. Heß, der als Spitzenkandidat der Zentrumspartei für Heimat und Volk segensreich wirkte. Er starb 1932 in Berlin.

Durch den zweiten Weltkrieg wurde der preußische Staat zerschlagen; unsere Heimat wurde dem Lande Rheinland=Pfalz zugeteilt. Im Landtage vertrat unseren Kreis Dr. Georg Habighorst. Trotz seiner großen ärztlichen Praxis übernahm er im Bewußtsein persönlicher Verantwortung als echter Christ und wahrer Demokrat das politische Amt des Landtagsabgeordneten. Im Jahre 1946 wurde er in die beratende Landesversammlung und 1947, 1951 und 1955 in drei Legislaturperioden in den Landtag gewählt. Nicht nur als Vorsitzender des Haushalts= und Finanzausschusses, sondern auch in anderen Fragen der Landespolitik, besonders in Kulturfragen, wurde sein Wort gehört. Für seinen Heimatkreis trat er tatkräftig ein. Weinbau und Landwirtschaft, Schul= und Wegebau wurden von ihm gefördert.

Am 9. Dezember 1958 riß der Tod den 59jährigen Arzt und Politiker unerwartet aus seinem reichen Arbeitsfeld.

Sein Nachfolger wurde Dr. Karl Grotmann, Kaufmann in Sinzig. Über die Landesliste der CDU erhielt unsere Heimat einen zweiten Landtagsabgeordneten: Dr. Kurt Schade, Diplomlandwirt in Sinzig! Mögen beide Abgeordnete wie ihre Vorgänger zum Segen für Kreis und Land wirken!