Wegen Corona: Digitalunterricht an der Berufsbildenden Schule

Trotz Technikausstattung und digitaler Kompetenz: Schüler vermissen die Schule als sozialen Ort mit Freunden und Lehrkräften

Joachim Willemsen und Holger Waldecker

Als sich Anfang März 2020 die erste Infektionswelle in Deutschland mit dem Corona-Virus ausbreitete, waren wir uns der Tragweite dieser Entwicklung noch nicht bewusst. Aber bereits am 13. März verkündete die Landesregierung von Rheinland-Pfalz, dass vom 16. März an Schulen und Kindertagesstätten geschlossen werden.

Die Schule traf diese Entscheidung mehr oder weniger unvorbereitet, da in kurzer Zeit weder technische noch organisatorische Voraussetzungen für einen effizienten Online- Unterricht für ca. 2.500 Schülerinnen und Schüler an der Berufsbildenden Schule des Landkreises Ahrweiler (BBS) schnell geschaffen werden konnten. Somit behalf man sich zunächst mit E-Mails und der Lernplattform Moodle, um die Lernenden mit Lernmaterialien notdürftig erreichen und versorgen zu können. Nach den ersten Lockerungen haben sich die Kolleginnen und Kollegen in Kleingruppen organisiert, um die Kenntnisse hinsichtlich der Gestaltung des Online-Unterrichts als Multiplikatoren abzustimmen und weiterzugeben. Neben der Lernplattform Moodle wurde nunmehr zunehmend Videokonferenzsoftware unterrichtlich genutzt. Die BBS setzt diese Software ein, um die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern zu ermöglichen. Neben Audio- und Videoübertragung bietet die Software einen Chat sowie ein virtuelles Whiteboard für Präsentationen.

Allerdings erschwerten technische Probleme den Lehrern und Schülern den digitalen Unterricht. Demnach funktionierte bspw. der Login nicht, die Seite wurde nicht oder nur unvollständig wegen der instabilen Plattform geladen oder es bestanden Probleme mit der Audio- und Bilddarstellung. Das lag im Schwerpunkt an der Überlastung des Servers und oftmals an der nicht immer stabilen Internet-Verbindung. Darüber hinaus konnte es auch passieren, dass den Schüler zu Hause keine oder nicht genügend Endgeräte zur Verfügung standen. Da auch viele Eltern in der Zeit von zu Hause arbeiteten (Stichwort: Homeoffice) konnten diese ihre Geräte aber nicht, wie oft sonst üblich, ihren Kindern borgen. Schließlich stiegen einige Schüler mit dem Smartphone via BBB in den Unterricht ein. Das führte oftmals dazu, dass sie sich nicht so aktiv am Online-Unterricht beteiligen konnten, da manche Funktionen wie das Chatten per Smartphone in der Plattform nur schwer durchführbar sind.

Umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen

Im neuen Schuljahr 2020/21 hatte die Schule Maßnahmen ergriffen, um die Konsequenzen eines möglichen erneuten Lockdowns dahingehend vorzubeugen, indem umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen beschlossen und durchgeführt wurden. Im Rahmen eines ganztägigen Studientages Anfang September wurde das gesamte Kollegium zunächst an die technischen Möglichkeiten des digitalen Unterrichts herangeführt. Mit sehr viel Engagement schulten die meist jüngeren Lehrkräfte das Kollegium in der Anwendung von den digitalen Tools. Zusätzlich wurden diverse Schulungen des Medienteams der Berufsbildenden Schule im Umgang mit digitalen Tools vor Ort und online für das Kollegium durchgeführt.

Der Kreis Ahrweiler als Schulträger unterstützte die schulweite Einführung und Nutzung des Kommunikationstools Sdui, welches zu den vorangegangenen digitalen Tools, der Lernplattform Moodle und dem Videokonferenztool BBB, eine ideale Ergänzung darstellt. Sdui ermöglicht ein datenschutzkonformes Chatten zwischen Lehrern und Schülern, beinhaltet den Stunden- und Vertretungsplan sowie ein Videokonferenztool.

Auch die Lernenden mussten mit Moodle, Sdui und BBB vertraut gemacht werden. Deshalb unterstützten die Lehrkräfte des Medienteams die Klassenleitungen mit Kurzfortbildungen darin, dass diese mit ihren Lernenden grundlegende Handlungen zur Teilnahme am Online-Unterricht einüben konnten.

Da die Inzidenzzahlen im Dezember 2020 wieder stark anstiegen, beschloss die Landesregierung die erneute komplette Schulschließung und somit den Umstieg auf den reinen Online-Unterricht. Nachdem in den ersten Tagen nach der Schulschließung sowohl Moodle als auch BBB häufig noch sehr instabil waren, verbesserte sich die Situation sehr schnell. An dieser Stelle möchten wir dem Kreis und auch der Landesregierung sehr herzlich danken, da sie durch umfangreiche Investitionen dafür gesorgt haben, dass sowohl Moodle als auch BBB weitgehend stabil genutzt werden konnten. Durch die Verleihmöglichkeit von Schul-Notebooks wurde darüber hinaus bedürftigen Schülern die Möglichkeit gegeben, durch die Ausleihe dieser Geräte am Online-Unterricht teilzunehmen.

Da sich nunmehr sowohl bei den Lehrkräften als auch bei den Lernenden eine gewisse Routine bei der Anwendung der Software einstellte, entwickelte sich der Online-Unterricht zu einer gewissen Normalität und die Qualität des digitalen Unterrichtens stieg deutlich. Es konnten virtuelle Lernräume geschaffen werden, in denen sich alle Schüler der Klasse mit der Lehrkraft begegnen können, indem z. B. Aufgaben erarbeitet und erklärt werden und begleitend Lernmaterialien und Erklärvideos in Moodle und Sdui eingestellt werden.

Es darf aber nicht vergessen werden, dass auf der anderen Seite nach wie vor Defizite in der Versorgung stabiler Netze vorhanden sind. Weiterhin ist die Belastung der Familien zu berücksichtigen, die mit dem Wegbrechen der Infrastruktur für Kinder und Jugendliche und die prekäre Situation in den Betreuungs-, Freizeit- und Bildungsangeboten entstanden waren. Familien sind eine Art Seismograph für gesellschaftliche Probleme, wobei sich soziale Folgen besonders dort zeigen würden, wo bereits vorher strukturelle Benachteiligung und mehrfache Belastungen vorlagen.

Unterricht in einer Ausnahmesituation als Videokonferenz: BBS-Lehrer Joachim Willemsen am Bildschirm, seine Schülerinnen und Schüler im Bildschirm

Schulsozialarbeit leistet wertvolle Arbeit

Um diesen Problemen zu begegnen und zu helfen, leistet die Schulsozialarbeit an der BBS des Landkreises Ahrweiler wertvolle Arbeit, indem versucht wird, Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern aufzunehmen und notwendige Hilfe zu leisten.

Trotz aller Fortschritte in der technischen Ausstattung und der Entwicklung von digitalen Kompetenzen, vermissen die Schülerinnen und Schüler die Schule als sozialen Ort, als Ort der Begegnung mit Freunden und Lehrkräften.

Bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 wurde die BBS massiv beschädigt. Der Unterricht findet seitdem teilweise in temporären Messehallen auf dem Schulgelände statt (Stand Ende Juli 2022). Auch hier wurden die Unterrichtsräume technisch sehr gut mit interaktiven Displays, Dokumentenkameras und Notebookkoffern ausgestattet – die Digitalisierung an der BBS schreitet weiter fort.

Die beiden Autoren sind Lehrer an der BBS.