Die einst „ärmste Feuerwehr Deutschlands“

95 Jahre Freiwillige Feuerwehr Rolandswerth – Geschichte mit einer Anekdote

Robert Zimmermann

Im Jahr 2020 hätte die Freiwillige Feuerwehr im nördlichsten Remagener Stadtteil Rolandswerth ihr 95-jähriges Bestehen feiern können. „Hätte“, wenn nicht durch die Corona-Pandemie Jubelfeierlichkeiten verhindert worden wären. Daher soll dieser Artikel die 95 Jahre komprimiert beleuchten und auch die Anekdote hinsichtlich eines Artikels in der „Bild“-Zeitung noch einmal in Erinnerung bringen.

Ausschlaggebend für die Gründung war der Brand einer Scheune in Rolandswerth. Dabei zeigte sich, dass ohne entsprechendes Material und geschulte Mannschaft einem Schadensfeuer nicht beizukommen war. Und so fand am 17. Oktober 1925 eine Bürgerversammlung statt, auf der die Gründung der Feuerwehr Rolandswerth beschlossen wurde. 36 Männer fanden sich zusammen. Trotz wirtschaftlich schwerer Zeiten stellte die damals selbständige Gemeinde Rolandswerth 800 Reichsmark als Startkapital zur Verfügung; weitere 300 Reichsmark kamen über eine Haussammlung unter der Bevölkerung dazu. In den nächsten Wochen und Monaten stand „Üben, üben, üben“ auf dem Programm. Es wurde die damals übliche Untergliederung der Feuerwehren in Steiger-, Spritzen- sowie Ordnungs- und Sanitätsabteilung gebildet. 1926 gab es den ersten großen Einsatz bei einem Rheinhochwasser.

Rolandswerth damals selbständige Gemeinde

Der 2. Weltkrieg traf auch die Feuerwehr Rolandswerth hart. Mitglieder fielen oder wurden verwundet. Die Menschen waren mit sich selber genug beschäftigt. Das vorhandene Material kam durch die Kriegswirren abhanden oder wurde zerstört. Unter der französischen Besatzungszonenverwaltung war es schwer, wieder eine Feuerwehr aufzubauen. Besonders die Beschaffung der Ausrüstung fiel nicht leicht. Aber es ging aufwärts. 1954 gab es die erste Motorspritze mit einer Leistung von 400 Litern pro Minute. 1955 folgte ein kombinierter Schlauch- und Gerätekarren. Damit war die Wehr aber nur teilmotorisiert; zu Übungen oder Einsätzen musste gelaufen werden. Der Karren wurde mittels Beiwagenmotorrad, einem Traktor oder dem Lkw eines örtlichen Kohlenhändlers gezogen.

Übung auf der Insel Nonnenwerth 1957

Teilmotorisiert heißt: Zu Einsätzen laufen

Ein eigenes und echtes Feuerwehrfahrzeug stand also ganz oben auf der Wunschliste. Immer wieder versuchte man, die Gemeindeoberen vom Kauf eines eigenen Fahrzeugs zu überzeugen, leider ohne Erfolg. So kam die Idee auf, es über Kontakte zur Presse, beispielsweise der „Bild“, in der nahen Bundesstadt Bonn zu versuchen. Im September 1957 stand eine Übung auf der Insel Nonnenwerth an. Es wurden Fotos, möglichst mitleiderregend, gefertigt sowie ein entsprechender Text mit dem Titel „Ärmste Feuerwehr Deutschlands“. Doch leider war auch diese Aktion nicht von Erfolg gekrönt, und so hieß es, weiter zu Fuß gehen und den Handkarren ziehen.

Erst nach der kommunalen Gebietsreform und der Eingemeindung zur Stadt Remagen bekam die Feuerwehr Rolandswerth 1971 ein erstes, nagelneues Tragkraftspritzenfahrzeug. 1979 wurde das alte Spritzenhaus, das im Obergeschoss auch ehemals die Dorfschule beheimatete, abgerissen und durch einen kombinierten Bau aus Geräte- und Dorfgemeinschaftshaus ersetzt. In den weiteren Jahren kamen zusätzlich oder als Ersatz durch Spenden und Förderverein selbst beschaffte sowie durch Ringtauschverfahren und Ersatzbeschaffung von Seiten der Stadt erworbene Fahrzeuge hinzu.

2012 kam mit dem Mittleren Löschfahrzeug, damals dem ersten Fahrzeug dieses Typs im Landkreis Ahrweiler, das erste wasserführende Fahrzeug in der Geschichte der Feuerwehr Rolandswerth hinzu. 2018 wurde ein neues Mannschaftstransportfahrzeug durch die Stadt Remagen beschafft. „Ärmste Feuerwehr Deutschlands“ – somit heute unvorstellbar und Geschichte.

Nicht mit heutigen Maßstäben zu vergleichen: Kombinierter Schlauch- und Gerätekarren im Jahr 1955

Altes Spritzenhaus mit dem ersten neuen Fahrzeug Anfang der 1970er-Jahre