Was uns der Mammutbaum vor dem Landratsamte erzählt

VON JAKOB RAUSCH

Unser Bild zeigt den über 100 Jahre alten Mammutbaum vor dem Landratsamte in Ahrweiler, der den Planierungsarbeiten zum Neubau lobenswerterweise nicht zum Opfer fiel. Unser Baum wurde 1862 gepflanzt. Erst 10 Jahre vorher hatten Naturforscher, die den kalifornischen Goldgräbern folgten, in Kalifornien und in der Sierra Nevada diese Baumart in 1500 m Höhe entdeckt. Ein österreichischer Botaniker gab diesen Riesenbäumen den Namen „Sequonia“ Damit ehrte er den Indianer Sequoyah, der seinem Stamme der Cheroker die Schriftsprache gab. Sequoyah war kein Vollblutindianer; denn sein Vater war der Deutsche Georg Gist. Die Engländer nannten den Baum zu Ehren ihres Feldherrn Wellington „Wcllingtonia“. Die Nordamerikaner fielen auf den Namen ihres großen Nationalhelden, und so war sein Name „Washingtonia Californica“. Die Botaniker nennen den Baum bis heute „Sequonia Gigantea“. So hat sich nur der Name des Indianers erhalten. Wir aber nennen den Riesen kurz Mammutbaum, und dies mit Recht; denn mit seiner Höhe bis 150 m überragt er die meisten Domtürme und ist der Riese unter allen Bäumen. Sein Durchmesser erreicht über dem Boden bis 12 m und in 30 m Höhe noch 6 m. Im Jahre 1853 wurde im Mammuthain als Ausflugsziel ein Gasthaus errichtet. Die Schnittfläche des Stumpfes eines gefällten Baumriesen bildete eine glatte Tanzfläche von über 100 qm. Bei der Entdeckung dieser Baumriesen vermuteten die Botaniker, daß sie 3000 Jahre alt seien, also in die Zeit zurückreichten, wo Paris die schöne Helena raubte und Salomon den Tempel baute. Die Ringe der Schnittfläche aber zeigten, daß die Riesen nur 2000 Jahre alt waren, also doch schon zur Zeit Christi wuchsen. Der Mammutbaum gehört zu den Nadelbäumen. Der Stamm steht senkrecht. Die zimtbraune dicke Rinde umhüllt das weiße Holz. Entrindet färbt sich das Holz bald rötlich, und bei Wind und Wetter dunkelt es wie Mahagoni. Wie kommen diese Mammutbäume, erst 1850 entdeckt, schon 1862 ins Ahrtal? Das verdanken wir einem großen Sohne unserer Heimat, Georg Kreuzberg.

Als Entdecker und Besitzer des Apollinarisbrunnens und als Entdecker und Mitbesitzer der Bad Neuenahrer Heilquellen nahm er an der 18. Generalversammlung des „Naturhistorischen Vereins für Rheinland und Westfalen“ am 20. bis 22. Mai 1861 in Trier teil. Hier wurde ein Zweig von einem vierjährigen Baume, der in Burbach bei Saarbrücken stand, gezeigt. Da erwachte das Interesse für diesen Baum in Georg Kreuzberg. Von einer englischen Handelsgärtnerei kaufte er 12 junge Pflanzen für insgesamt 60 Taler. Zwei Bäumchen schenkte er der Pfarrkirche, wo heute noch ein Exemplar als Zierde der Kirche und des Marktplatzes steht. Leider mußte vor einigen Jahren ein Baum wegen Dürre gefällt werden, weil die Wurzeln einer habgierigen Buche ihm die Nahrung wegnahmen.

Die anderen 10 Bäume wurden auf Grundstücke der weitverzweigten Familie Kreuzberg gepflanzt, und zur großen Freude von Georg Kreuzberg gediehen alle 12 Jungbäumchen. Und wo heute innerhalb oder außerhalb der Stadtmauer ein solcher Riese steht, so kündet er: „Ich bin über 100 Jahre alt und stehe auf ehemaligem Grundstück der Familie Kreuzberg“.

Das Beispiel von Georg Kreuzberg wurde von seinen Geschäftsfreunden am Rheine nachgeahmt, und so bewundern wir heute noch die Mammutbäume in Gärten und Parkanlagen von Siiizig bis Rolandswerth.

Mammutbaum
Foto: Walter Vollrath