Der erbuntertänige Bauer war nicht vogelfrei!

VON JAKOB RAUSCH

Der erbuntertänige Bauer mußte seinem Grundherrn den Zehnten entrichten und Frondienste leisten. Aber auch der Grundherr hatte seinen Grundholden gegenüber nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten:

1. Das Lehnsgut mußte als Erblehen in der Bauernfamilie bleiben.

2. Der Lehnsherr mußte mit seinen Rittern und Reisigen für den Bauern in den Krieg ziehen.

3. Er mußte dem Bauern ein gerechter Richter sein.

4. Er war verpflichtet, den Bauern gegen Raubritter und andere Unterdrücker zu schützen. Unsere heimischen Weistümer geben über den Rechtsschutz des hörigen Bauern ein anschauliches Bild.

Auf der Burg Kreuzberg erscheint der Bauer Veiten von Lind und führt bittere Klage, daß Raubgesindel ihm seine beste Kuh auf der Weide gestohlen habe, Man beruhigt den Bauer, er solle getrost nach Hause gehen; morgen früh werde der Vogt selber auf Veltens Hof in Lind erscheinen. Richtig, schon am frühen Morgen erscheint der Vogt beritten in Veltens Hof und spricht zu Bauer Veiten:

„Ich habe von dem Unheil gehört, das dir widerfuhr. Nun hast du das Recht, an mich drei Fragen zu stellen. Rede!“

Bauer Veltens erste Frage hieß: „Will der Herr Vogt im Namen seines Herrn mir zu meinem Rechte verhelfen?“

Der Vogt anwortete: „Deshalb bin ich persönlich erschienen, um dir dies zu versprechen!“ Dann stellte Bauer Veiten die zweite Frage: „Wie lange und für welche Zeit wird der Herr Vogt mein Recht sichern?“

Stolz richtet sich der Vogt im Sattel auf und deutet auf die Hufe des Pferdes: „Siehe, das Pferd ist mit vier neuen Hufeisen beschlagen. Auch siehst du am Halfter noch vier neue Hufeisen hängen. Bis diese acht Hufeisen im Dienste deiner Rechtfertigung verbraucht sind, will ich für dein Recht mit Wort und Tat streiten.“

Und die dritte Frage des Bauern Veiten lautete: „Wo, in welchem Räume, in welchen Landen wird der Herr Vogt mein Recht vertreten?“

Und feierlich antwortete der Vogt: „Mein Herr wird dein Recht heischen durch ganz Lothringen, das sind die Lande zwischen der Maas im Westen und dem Rhein im Osten. Ja, noch bis in die Fluten des Rheines fordere ich dein Recht. Soweit reite ich für dich noch in den Rhein, bis der Bauch des Pferdes von den Wellen des Rheines umspült ist und meine Stiefel genetzet sind.“

Bauer Veiten sprach ein Dankeswort, da er wußte, daß der Vogt ihm zu seinem Rechte verhelfen und ihn beschützen werde.

T R E U E   U M   T R E U E  !