1838 – 1988: 150 Jahre Schulen auf dem Calvarienberg

Alois Schneider

Calvarienberg.GIF (117053 Byte)

Kloster Calvarienberg heute: Dominierend im Bild die ausgedehnten Schulanlagen

Am 28. August 1988 werden 150 Jahre vergangen sein, seit die Ursulinen auf den Calvarienberg bei Ahrweiler – so lautete damals die amtliche Bezeichnung – eingezogen sind und eine „Unterrichtsanstalt« eingerichtet haben. Sie begannen mit 7 Schülerinnen; heute ist der Calvarienberg mit Gymnasium und Realschule die größte Mädchenschule des Landkreises Ahrweiler. Das Jubiläum ist Anlaß zur Darstellung der Entwicklung der Schulen auf dem Calvarienberg.

1838 – 1872

Im Jahre 1802 hatten die Franziskaner, die seit 1630 die zahlreichen Pilger auf dem Calvarienberg geistlich betreut hatten, Kloster und Kirche aufgeben müssen; das »Calvarienberg-Gut« ging in den Besitz der französischen Republik über. Als 1806 das Anwesen versteigert wurde, erwarb es der aus Walporzheim stammende Vikar Giesen. Er verlegte eine Knabenschule, die er in Walporzheim geführt hatte, in die verlassenen Klosterräume und erlangte fürKloster Calvarienberg um 1840. Stahlst. n. Täubert

sie von der französischen Regierung die Anerkennung als »Sekundärschule“. Nach seinem Tode im Jahre 1817 kaufte die „Berggesellschaft«, eine Vereinigung von Bürgern aus Ahrweiler, das »Calvarienberg-Gut« von seinen Erben. Die Knabenschule wurde unter verschiedenen Leitern weitergeführt, doch die Zahl der Schüler ging zurück, und die Schule wurde 1828 aufgelöst. Nun standen die Gebäude unbenutzt und drohten zu zerfallen. Die Rettung kam durch die Ursulinen von Monschau. Seit mehr als hundert Jahren hatten sie in dem Eifelstädtchen gewirkt; doch jetzt zwangen bösartige Krankheitserscheinungen, die vermutlich mit der ungünstigen Lage des Klosters im Zusammenhang standen, die Ursulinen, sich nach einem anderen Wirkungsort umzusehen. Durch eine frühere Schülerin, Sibylle Knieps aus Ahrweiler, wurden sie auf den Calvarienberg aufmerksam gemacht. Die Oberin des Hauses, M. Theresia Schäfer, trat am 11. Juli 1837 ihre erste Reise nach Ahrweiler an; nach der Besichtigung der Gebäude stand ihr Entschluß fest, das Kloster von Monschau auf den Calvarienberg zu verlegen. Am 17. Oktober 1837 wurde die Übertragungsurkunde unterzeichnet. Darin überläßt die Berggesellschaft den Ursulinen das Gut »zur gänzlichen und uneingeschränkten Benutzung, ohne irgendwelchen Nutzen für sich selbst daraus zu ziehen«. Die Ursulinen verpflichten sich, für den Gottesdienst in der Klosterkirche zu sorgen und eine Unterrichtsanstalt einzurichten und fortzuführen. Die zur Wiederherstellung der Gebäulichkeiten notwendigen Arbeiten waren umfangreicher als man vorausgesehen hatte, und der Stadtrat bewilligte eine Beihilfe von 1500 Talern; dabei ließ er sich gewiß von dem Gedanken an die Vorteile bestimmen, die der Stadt aus einer großen Bildungsanstalt erwachsen würden. Die Ursulinen warteten das Ende der Umbauten nicht ab; am 28. August 1838 zogen sie auf dem Calvarienberg ein. Die Einführung gestaltete sich zu »einer herrlichen, sehr ergreifenden Feierlichkeit, zu einer nie hier gesehenen Festlichkeit eines religiösen

Gapp.GIF (126890 Byte)

Erste Erweiterungsbauten 1845 und 1851. Stahlst. M. Gapp

Zuges«. Ganz Ahrweiler begleitete die Schwestern unter Glockengeläut und Böllerschüssen zum »Berg«. Es war ein bescheidener Anfang: Elf Ursulinen zogen im alten Franziskanerkloster ein, sieben Zöglinge kamen mit ihnen aus dem aufgelösten Pensionat in Monschau. Zunächst mußten die Schwestern die Räume des Pensionates, von dessen Besuch die Existenz des Klosters abhing, angemessen ausstatten. Die Oberin, M. Theresia, stellte in Aussicht, daß eine Schule für Mädchen aus Ahrweiler hinzukommen würde. Es gelang ihr auch, im Juli 1839 einen Raum für eine »Armenschule« und einen weiteren Raum für eine Externenschule einzurichten. Als »Armenschule« wurde damals eine Schule bezeichnet, für deren Besuch die Schülerinnen keinerlei Beitrag zu zahlen brauchten. Die Eröffnung beider Schulen war für den 1. August 1839 festgesetzt; kein einziges Mädchen meldete sich für die höhere Abteilung, also die Externenschule; um Aufnahme in die »Armenschule« baten aber mehr Kinder, als unterzubringen möglich war. Man begann mit dreißig Schülerinnen; später konnten in einem größeren Raum sechzig unterrichtet werden. In den 50er Jahren bestand dann doch eine Externenschule für Mädchen aus der Stadt; sie ging jedoch 1859 aus Mangel an Schülerinnen wieder ein.

Die Klosterschulen um die Mitte des 19. Jahrhunderts lassen sich in ihren wissenschaftlichen Zielen und den schultechnischen Einrichtungen selbstverständlich nicht mit den heutigen Möglichkeiten vergleichen; daß sie einen Vergleich mit den damaligen öffentlichen Schulen nicht zu scheuen brauchten, beweist der abschließende Satz aus dem Bericht des Dezernenten der Schule an die königliche Regierung in Koblenz (1839): »Das Institut verdient den Schutz und die Unterstützung der Regierung, wozu ich bestens empfehle.« Was junge Mädchen damals lernten, weist der »Prospekt der Unterrichts- und Bildungsanstalt für Töchter im Ursulinen-Kloster auf dem Calvarienberg zu Ahrweiler« (1839) aus; er bezeichnet als Gegenstand des Unterrichts: (1) Religions- und Sittenlehre. (2) Allgemeine Weltgeschichte, besonders genaue Kenntnis der vaterländischen. (3) Das Wissenswerte aus Erd- und Völkerkunde. (4) Desgleichen aus der Naturwissenschaft. (5) Deutsche Sprache, verbunden mit Denk-, Rede- und Stilübungen. (6) Französische Sprache mit gleichen Übungen. (7) Gesang und Vorkenntnisse zum Erlernen der Instrumentalmusik. (8) Zeichnen nach Natur und Vorlegeblättern. (9) Schönschreiben. (10) Denk- und Tafelrechnen mit Anleitung zur Buchführung und Haushaltung. (11) Jede Art weiblicher Handarbeiten, sowohl feiner als solcher für das häusliche Leben. Schon nach wenigen Jahren erscheinen auch Mathematik, Physik und Chemie auf dem Stundenplan.

Von der Freischule sagt ein Revisionsbericht aus dem Jahr 1841: »In der 30 Schülerinnen zählenden Armenschule wird Lesen, Schön-und Richtigschreiben, Kopf- und Tafelrechnen gelehrt, vorzüglich auch weibliche Handarbeit. Die Kinder waren freundlich, aufmerksam und sehr reinlich am Körper und in den Schreibbüchern.«

In den ersten Jahren diente als Schulhaus das kleine Gebäude, das heute den Namen »Ostende« trägt, weil es am Ostrand des Grundstückes liegt. Der Ruf der Anstalt brachte es mit sich, daß die Zahl der Schülerinnen rasch wuchs: Schon 1840 waren es 90, wenige Jahre später zählte man 100 und mehr, die in 5, später in 7 Klassen unterrichtet wurden. Dadurch wurde ein Neubau – im Süden des Klosterbereichs – notwendig (1854), der nun größeren Raum für Pensionat und Schule bot.

In der Regel traten die Schülerinnen erst nach dem schulpflichtigen Alter ein. Einen Abschluß, der bestimmte Berechtigungen eingeschlossen hätte, gab es noch nicht.

1872 – 1887

Stürmische Tage kamen für den Calvarienberg, als nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 der Kulturkampf ausbrach. Die Ausweisung des Jesuitenordens und der ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen vom Gebiet des Deutschen Reiches durch das Gesetz vom 4. Juli 1872 ließ die übrigen klösterlichen Anstalten befürchten, daß man mit ihnen in gleicher Weise verfahren werde. Diese Befürchtung wurde durch die Aufforderung an die Klöster verstärkt, ihre Regeln und Konstitutionen der Staatsregierung einzureichen. Die unsichere Zukunft der Klosterschule hielt die Eltern nicht ab, ihre Töchter auf den Calvarienberg zu schicken. Im Winterhalbjahr 1874/75 erreichte das Pensionat die Höchstzahl von 184 Schülerinnen. Da bestimmte das Gesetz vom 31. Mai 1875 die Verbannung der geistlichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen aus Deutschland; sechs Monate Frist wurden ihnen zur Auflösung der Niederlassungen gewährt.

Unter besonderen Umständen stellte das Gesetz die Gewährung einer Frist von vier Jahren in Aussicht. Die damalige Generaloberin, M. Theodora, stellte einen entsprechenden Antrag, der vom Landrat und vom Bürgermeister unterstützt wurde. Der Antrag wurde abgelehnt, der Aufhebungstermin auf den 1. Mai 1876 festgesetzt. Jetzt wandte sich M. Theodora an die Kaiserin Augusta. Sie hatte als Prinzessin von Preußen im Revolutionsjahr 1848 für sich und ihre Kinder eine Zufluchtsstätte auf dem Calvarienberg gefunden. Wegen der Umstände mußte der Aufenthalt geheimgehalten werden; er ist nicht einmal in der Hauschronik des Calvarienberg vermerkt. Die Prinzessin blieb ihr Leben lang dem Calvarienberg in Dankbarkeit verbunden; sie machte mehrere Besuche und bewies herzlichen Anteil an den Geschicken des Institutes. Das Gesuch an die Kaiserin hatte den Erfolg, daß der Kultusminister die Frist »bis auf weiteres« verlängerte. Damit war Zeit gewonnen, doch am 16. November 1878 traf auf dem Berg der ministerielle Bescheid ein, die Lehrtätigkeit sei am 1. April 1879 einzustellen und der Konvent bis zum 1. Mai aufzulösen.

Prospectus der Unterrichts- und Bildungs-Anstalt für Töchter im Ursulinen-Kloster auf dem Calvarien-Berge zu Ahrweiler.

Lehrgegenstände.

  1. Religions – und Sittenlehre.
  2. Allgemeine Weltgeschichte, besonders genaue Kenntniss der vaterländischen.
  3. Das Wissenswerthe aus Erd – und Völkerkunde.
  4. Desgleichen aus der Naturwissenschaft.
  5. Deutsche Sprache, verbunden mit Denk-, Rede- und Stylübungen.
  6. Französische Sprache, mit gleichen Ucbungcn.
  7. Gesang und Vorkenntnisse zum Erlernen der Instrumental-Musik.
  8. Zeichnen nach Natur und Vorlegeblättem.
  9. Schönschreiben.
  10. Denk – und Tafelrechnen mit Anleitung: zur Buchführung und Haushaltung.
  11. Jede Art weiblicher Handarbeiten, sowohl feiner, als solcher für das häusliche Leben.
    Die Töchter, die .länger als ein Jahr in der Anstalt bleiben, werden auch zum Kochen, Kunstwaschen, Bügeln, Fälteln und zn ändern häuslichen Beschäftigungen angeführt.
    Bei allem Unterrichte wird auf Befestigung wahrer Religiosität und Weckung des Sinnes für Häuslichkeit besonders hingewirkt werden.

Bedingungen zur Aufnahme.
Eltern oder Vormünder, welche die Anstatt mit dem wichtigen Geschäfte der Erziehung ihrer Töchter oder Pflegeempfohlenen betheiligen wollen, sind gebeten, sich rucksichtlich der Aufnahme von den Monaten April und October bei der zeitlichen Vorsteherin des Instituts zu melden.
Zöglinge, die kein Zeugniss der Moralität von ihrem Pfarrer vorzeigen können, werden nicht aufgenommen.

Der. Pensions – und Unterrichtspreis wird halbjährlich mit 66 pr. Thalern vorausbezahlt. Aufnahmen auf kürzere Zeit, als ein Jahr, haben nicht Statt.
Die Eltern und Vormünder werden von Zeit zu Zeit Nachrichten über Betragen, Fleiss und Fortschritte ihrer Töchter oder Mündel erhalten.
Nebenkosten gibt es keine, ausser der Besorgung der eigenen Wäsche, der Anschaffung der Lehr- und Arbeits-Materialien, der ärztlichen- Pflege bei eintretender Krankheit der Zöglinge, und im Falle ein besonderer Unterricht, der nicht unter dem vorbenannten einbegriffen ist, von den Eltern begehrt würde.
Jede Pensionnaire hat ein Besteck mit einem silbernen Löffel, ein Bett mit Zubehör, wenigstens 3 Paar Leintücher und sechs Kissenbezüge mitzubringen. Die Commode und Bettstelle, die Servietten und Handtücher werden von der Anstalt geliefert.
Sollte es gewünscht werden, so kann auch die Bettung,- ausser Leintüchern, Kissenbezügen und Decken, von der Anstalt gegen eine jährliche Vergütung von 6 Thalern gestellt werden.
Der Austritt aus der Anstalt muss wenigstens ein Vierteljahr vor Ablauf des Semesters angezeigt werden.
Die Zöglinge tragen Uniform. Sie besteht im Sommer au Sonntagen aus einfachen weissen Kleidern, Pelerinkragen, blauen Ceintures, grünen Merinos-Schiirzchen; im Winter aus schwarzen eidcrn, blauen wollenen Halstüchern und dem Uebrigen, wie im.Sommer; der Stoff für die Werktagskleider  ist in der Anstalt selbst zu kaufen.‘

Die zeitliche Vorsteherin des Instituts
M. Theresia Schäfer, Ursuline.

»Prospectus“ der Schule aus Wirtgens Ahrtalführer von 1839

Raumbedarf.GIF (94045 Byte)

Wachsender Raumbedarf führt 1868 zu weiteren Neubauten

Jetzt lenkte ein dem Kloster wohlgesinnter Rechtsanwalt aus Koblenz die Aufmerksamkeit der Generaloberin auf eine Bestimmung des Gesetzes von 1876, die es möglich machte, auch nach Ablauf der bisherigen Frist »einzelnen Mitgliedern von Orden und ordensähnlichen Kongregationen die Befugnis, weiter Unterricht zu erteilen«, zu gewähren. Nun gingen wieder eine Reihe von Gesuchen nach Berlin, einige an den Kaiser persönlich. Die Entscheidung wurde durch den Generalfeldmarschall von Bittenfeld herbeigeführt. Er intervenierte unmittelbar beim Kaiser und konnte als Ergebnis seines Gespräches der Generaloberin mitteilen, daß der Kaiser die Erhaltung des Calvarienberges und seiner Schule befohlen habe.

In schwierigen Verhandlungen wurde vereinbart: Vom 1. April 1879 an übernimmt eine weltliche Vorsteherin die Leitung von Schule und Pensionat; 8 Lehrschwestern und 12 andere Schwestern – diese in weltlichen Kleidern! -dürfen bleiben, die übrigen Schwestern müssen Deutschland verlassen; das klösterliche Leben wird eingeschränkt. Zur Leiterin wählten die Ursulinen Fräulein Sophie Delgier, die in Ahrweiler eine kleine Mädchenschule leitete. Am 21. April 1879 konnte das Sommerhalbjahr mit 112 Schülerinnen eröffnet werden. Die Armenschule hatte schon 1877 schließen müssen.

Im Laufe der nächsten Jahre wurde ein Teil der Kulturkampfgesetze zurückgenommen. 1887 verkündete der Staatsanzeiger das Gesetz über die Wiederzulassung der Ordensgemeinschaften in Preußen. Von Seroule aus – dorthin war die Leitung der Kongregation ausgewichen – stellte die Generaloberin den Antrag, auf den Calvarienberg zurückkehren und die Leitung der Schule wieder übernehmen zu dürfen. Am 12. August 1887 traf die Genehmigung ein, und schon am nächsten Tag kehrte die Generaloberin zurück; ihr folgten in kürzester Zeit die übrigen Schwestern. Das Klosterleben konnte wieder in der von der Regel geforderten Form geführt werden.

1887- 1933

In den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß eine Reform der Mädchenbildung eine zwingende Notwendigkeit sei. 1894 erschienen für Preußen die ersten amtlichen »Bestimmungen über das Mädchenschulwesen, die Lehrerinnenbildung und die Lehrerinnenprüfung«. Die »neue höhere Mädchenschule« sollte neun Jahreskurse umfassen; ein Aufbau von ein- bis dreijährigen Kursen war gestattet.

Kloster.GIF (44455 Byte)

Kloster Calvarienberg 1929 mit dem Neubau des Schulgebäudes

Die Ursulinen beeilten sich, ihre Schule diesen Bestimmungen entsprechend auszubauen; ein Revisionsbericht des Jahre 1897 bescheinigt der Schule des Calvarienberges, daß sie den neuesten Anforderungen entspricht. Weil für einen Teil der Lehrerinnen akademische Vorbildung gefordert war, bereiteten sich viele von ihnen in Kursen an der Universität auf die »preußische Oberlehrerinnenprüfung« vor, und als 1908 Frauen zum Universitätsstudium zugelassen wurden, bezogen die Schwestern auch die Universität.

Das gleiche Jahr 1908 brachte die zweite Reform des Mädchenschulwesens. Von jetzt an bildete die zehnklassige höhere Mädchenschule, seit 1910 Lyzeum genannt, die Grundlage der höheren Frauenbildung. Das Lyzeum erhielt im Oberlyzeum einen vierjährigen Aufbau, drei wissenschaftliche und eine pädagogisch methodische Klasse, die zur Vorbereitung auf die Prüfung für Lehrerinnen an mittleren und höheren Schulen diente. Eine andere Form des Aufbaues war die einjährige Frauenschule, die auf den häuslichen Aufgabenkreis und auf soziale Berufe ausgerichtet war. 1909 wurde die Internatsschule als Lyzeum anerkannt; daneben bestand die einjährige Frauenschule, die ebenfalls 1909 die Anerkennung erhielt.

1923 wurde das bisherige Oberlyzeum durch das »neue Oberlyzeum« mit neun Klassen (Sexta – Oberprima) ersetzt; das Reifezeugnis berechtigte zum Besuch der Universität. 1925 wurde die Genehmigung zum Ausbau der Schule zum Oberlyzeum erteilt; 1928 konnte zum ersten Mal die Reifeprüfung abgelegt werden; sechs Schülerinnen erhielten das Abiturzeugnis. 1932 kam durch Ministerialerlaß als möglicher Überbau des Lyzeums die dreijährige Frauenoberschule hinzu, die, wie das Oberlyzeum, mit der Reifeprüfung abschließen sollte; dieses Reifezeugnis verlieh allerdings nur die Berechtigung zum Studium einzelner Fächer. 1933 machten die ersten Schülerinnen dieser neuen Schulform auf dem Calvarienberg ihr Abitur.

Neben der Internatsschule bestand bis 1922 eine Schule für externe Schülerinnen; von 1910 an konnten diese aber auch das Lyzeum besuchen. Die Zahl der Schülerinnen der Externenschule stieg sprunghaft, als 1922 eine in Ahrweiler bestehende »höhere Mädchenschule« aufgelöst wurde und ihre Schülerinnen auf den Calvarienberg umzogen; jetzt wurde die Externenschule mit der Internatsschule vereinigt. Die Zahl der Schülerinnen war 1928 auf 395 gestiegen, so daß die alten Schulräume nicht mehr ausreichten; die Notwendigkeit eines Neubaues war gegeben. Schon am 23. November konnte die Grundsteinlegung stattfinden, und am 21. Oktober 1929 wurde der Neubau eingeweiht. Er enthielt eine ausreichende Zahl von Klassenzimmern, gut ausgestattete Räume für den naturwissenschaftlichen Unterricht; im Souterrain waren die Räume für den hauswirtschaftlichen Unterricht untergebracht. Selbstverständlich war, daß die Schule eine Aula erhielt, die gleichzeitig als Turnhalle eingerichtet war.

Schließlich sei noch vermerkt, daß der Berg bis 1938 eine vierjährige Grundschule unterhielt.

1933 – 1940

Ein Teilnehmer an der Einweihungsfeier 1929 hatte geschrieben: »Die Vergangenheit einte sich der Gegenwart und grüßte hoffnungsfreudig die Zukunft.« Er konnte nicht ahnen, daß schon 1933 die »Machtergreifung« durch den Nationalsozialismus kommen würde und dadurch das Ende der Schule. – Um die jungen Menschen zu erfassen, löste in den Schulen eine Maßnahme die andere ab: Die Schulbücher wurden im nationalsozialistischen Geist neu herausgegeben; in jeder Woche galt ein Schultag als Staatsjugendtag und sollte der politischen Bildung dienen; für den verpflichtenden BDM-Dienst wurde ein aufgabenfreier Nachmittag eingeführt; die größeren Schülerinnen wurden zu nationalpolitischen Lehrgängen abkommandiert; kirchliche Feiertage wurden zu Schultagen gemacht; der Religionsunterricht wurde eingeschränkt, die Schulmesse verboten. Äußeres Zeichen für den neuen Geist sollte die Umbenennung der Schule in »Oberschule für Mädchen« sein.

Trotz allem konnten das Leben und Wirken in der Schule des Calvarienberges in den Jahren nach 1933 noch ihren Sinn erfüllen. Aber der Kampf gegen die Schule ging weiter. Besichtigungen durch Regierungskommissionen ließen vermuten, daß die Schulverwaltung sich mit dem Gedanken trug, die Schule aufzuheben und durch eine staatliche zu ersetzen. Schon am 8. August 1939 wurde die Schließung der Schule zu Ostern 1940 verfügt.

Durch verschiedene Anträge wurde versucht, die Anordnung rückgängig zu machen oder ihre Durchführung hinauszuschieben. Alles war umsonst. Kennzeichnend ist die Antwort, die der Reichsminister Göring auf ein an ihn gerichtetes Gesuch erteilte: Die Schule sei zwar »eine sehr gute Schule«, aber sie müsse aufgelöst werden, weil sie »eine Brutstätte katholischen Lebens« sei.

Am 23. November teilte die Schulleiterin, M. Leona, den in der Diele versammelten Schülerinnen die Anordnung der Regierung mit folgenden Worten mit: »Gemäß Bestimmung des Herrn Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung sollen Ostern 1940 alle konfessionellen privaten höheren Schulen geschlossen werden – auch die Calvarienbergschule, die seit 1838 besteht.« Über die Reaktion der Schülerinnen schreibt die Schulchronik: »Ganz still, wie geschlagen, gingen alle in ihre Klassen. Man kannte sie nicht wieder, die fröhlichen Kinder vom Morgen. Keine sprach ein Wort. Einige weinten leise vor sich hin. Und als sie dann in ihren Klassen waren, da ließ sich der Schmerz nicht mehr meistern, und manche schluchzten laut und bitterlich um das Schicksal der geliebten Schule und um das, was man ihnen genommen. Eine lastende Stimmung lag über dem ganzen Morgen.«

Der Unterricht war in diesem letzten Halbjahr kriegsbedingt erschwert; die Schülerinnen wurden zu mancherlei Diensten außerhalb der Schule herangezogen. Die 9. Klassen waren schon im September entlassen worden; sie sollten Hilfsdienst leisten und zu Ostern 1940 ihr Reifezeugnis ohne Prüfung erhalten. Für die 8. Klassen fand die Reifeprüfung – die letzte der Schule – am 26. und 27. Februar 1940 statt; 30 Schülerinnen konnten ihr Reifezeugnis in Empfang nehmen.

Vor ihrem erzwungenen Ende wollte die Schule noch einmal an die Öffentlichkeit treten. Für diese letzte Schulfeier, zu der auch die Eltern eingeladen waren, war das »Deutsche Requiem« von Brahms gewählt worden; es war ein Requiem für die Schule, erfüllt von Trauer, Trost und verborgener Hoffnung.

Der 18. März 1940 war der letzte Schultag. Am frühen Morgen wurde in der Klosterkirche die letzte Schulmesse gefeiert; im »Großer Gott«, das zum Schluß wohl verhaltener als sonst gesungen wurde, lag der Dank für ein von Gott gesegnetes Werk eines Jahrhunderts. Im Schulhaus waren die Zeugnisse schnell verteilt, die Stunde des Abschiedes war gekommen, und innerhalb kurzer Zeit lag das Schulhaus wie ausgestorben da.

1940-1945

Am 8. Februar 1940 war in der Zeitung die Bekanntmachung erschienen: »Ab Ostern 1940 wird die Oberschule für Mädchen in Ahrweiler (Calvarienberg) als öffentliche Schule von Staat und Kreis weitergeführt. Der Schulbetrieb geht in den gleichen Räumen weiter. Neuanmeldungen sind beim Landrat des Kreises Ahrweiler zu tätigen.« Der Kreis mietete den Neubau von 1929; der Plan, ein NS-Schülerinnenheim zu errichten, wurde durchkreuzt. Deshalb trat die Schulverwaltung an die Ordensleitung heran, sie möge ein Internat für 50 Schülerinnen weiterführen; andernfalls wäre die Gesamtzahl der Schülerinnen zu gering geworden. Dieses Internat ist als »kleines Internat« in die Geschichte des Calvarienberges eingegangen. Der 3. April war der erste Schultag für die neue Kreisoberschule für Mädchen, die den Namen »Ahrbergschule« erhielt. Dr. Achenbach war der erste und letzte Direktor, acht Lehrkräfte aus dem Kollegium der bisherigen Schule wurden übernommen, einige neue kamen hinzu.

Das Kriegsgeschehen ging weiter und machte den Unterricht immer schwieriger. Durch die häufigen nächtlichen Fliegeralarme waren die Schülerinnen übermüdet und lustlos, und wegen der immer häufiger werdenden Luftalarme am Tage mußten sie ganze Vormittage auf dem untersten Flur verbringen, der im Ernstfall keinen Schutz geboten hätte. Am 14. September 1944 erhielt die Schule die Anweisung, den Unterricht vorläufig einzustellen. Für die Ahrbergschule war das das sang- und klanglose Ende.

1945-1988

In der Nacht vom 7. zum 8. März 1945 rückten die Amerikaner in Ahrweiler ein; noch in der Nacht erschienen sie auf dem Calvarienberg und stellten fest, daß von dem Kriegslazarett nur zwölf Verwundete, zwei Sanitätssoldaten und ein Arzt zurückgeblieben waren. Seit 1940 hatte der Calvarienberg als Lazarett gedient, zuerst nur die Räume des Internates, später auch das Schulhaus. Das weithin sichtbare rote Kreuz auf dem Dach der Schule mag den Berg vor Bombenschäden bewahrt haben; die Substanz der Gebäude blieb unbeschädigt, ausgenommen das Musikhaus, dessen Dachgeschoß am 4. Februar 1945 wahrscheinlich infolge Fliegerbeschusses abbrannte. Wohl fehlten allein im Schulhaus 1251 Fensterscheiben. Die Amerikaner sorgten für eine notdürftige Verglasung und benutzten das Gebäude bis zum 1. September als Lazarett.

Auf allen Seiten bestand der Wunsch, den Unterricht möglichst bald wieder zu beginnen. Die französische Besatzungsbehörde legte den Termin einheitlich auf den 1. Oktober fest. So konnte das Oberlyzeum des Calvarienberges nach einer Unterbrechung von fünf Jahren am 1. Oktober 1945 mit 340 Schülerinnen den Unterricht wieder aufnehmen. Es war ein Anfang in Freude und Begeisterung, aber auch ein Anfang unter vielerlei Schwierigkeiten.

Wohl kehrten die Schwestern und die meisten Lehrerinnen, die bis 1940 in der Schule tätig gewesen waren, in die Schule zurück, doch es fehlten Lehrkräfte vor allem für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer; es fehlten Bücher, so daß die Schülerinnen sehr viel mitschreiben mußten; es fehlte an Schreibheften und Papier. Das größte Problem war die Heizung: In den ersten Wintern gab es keine Zentralheizung. In einzelnen Klassen wurden Öfen aufgestellt, die den benachbarten Räumen einen Hauch von Wärme vermitteln sollten; das Holz mußten die Schülerinnen am Morgen mitbringen. Daß man im Unterricht den Mantel anbehielt, war notwendig und selbstverständlich. Trotz allem wurde gern und mit Erfolg gearbeitet. Am 30. Juli 1946 konnte das erste mündliche Abitur gemacht werden.

Das Abitur wurde in den ersten Jahren nach Neubeginn in unterschiedlicher Form abgelegt, die von dem Muster des französischen Zentralabiturs bestimmt war; mit zentral gestellten Themen für die schriftlichen Arbeiten, mit Korrektur der schriftlichen Arbeiten durch eine zentrale anonyme Kommission, mit mündlicher Prüfung an einer fremden Schule, bis die Schulbehörde schließlich zu der alten erprobten Form zurückkehrte.

Wie in allen Schulen stieg auch auf dem Calvarienberg die Zahl der Schülerinnen. Groß war die Zahl derer, die nur die Mittlere Reife erstrebten, um dann ins Berufsleben einzutreten. Für solche Schülerinnen war die Realschule die passende Schulform. Deshalb entschloß sich die Ordensleitung, zu Ostern 1954 eine Realschule einzurichten. Zunächst mußten die Klassen der Realschule mit denen des Gymnasiums, das 1956 die Bezeichnung »Neusprachliches Gymnasium für Mädchen« erhielt, im alten Schulgebäude bleiben, die Lehrer bildeten ein Kollegium, und auch die Leitung beider Schulen lag in einer Hand.

Das Schulhaus von 1929 konnte die Klassen nicht mehr fassen; das Schuljahr 1966 begann mit 770 Schülerinnen. Längst waren Räume des Internats und des Klosters in Anspruch genommen, ein Neubau war dringend notwendig geworden. Als klostereigenes Gelände bot sich der Abhang zwischen Gymnasium und Ahr an; allerdings mußten Weinberge und Obstplantagen geopfert werden.

Der Architekt, Max Christens BDA, Vallendar, löste die schwierige Aufgabe, den Entwurf eines Gebäudes zu liefern, das die Hanglage ausnutzt und sich der Geländeform anpaßt, in glänzender Weise. Am 29. August 1968 konnten die Klassen der Realschule ihre neuen Räume beziehen; zu diesem Zeitpunkt erhielt die Schule eine eigene Leiterin. Die Einweihung durch Bischof Dr. Bernhard Stein fand am 8. September 1969 statt.

Die Raumprobleme waren mit dem Bau der Realschule noch nicht endgültig gelöst. Die Räume für den naturwissenschaftlichen Unterricht und ihre Ausstattung waren veraltet, und der im Jahre 1974 begonnene Ausbau der »Mainzer Studienstufe« erforderte zusätzliche Räume, So reifte der Plan für einen Ergänzungsbau, der an das südliche Treppenhaus des Baus von 1929 anschließen sollte; dabei mußte allerdings der Sportplatz geopfert werden. 1979 konnten die Räume bezogen werden. Alle Klassen des Gymnasiums sind seitdem im alten Gebäude untergebracht, während sich alle Fachräume, die auch von der Realschule benutzt werden, die modern eingerichtete Bibliothek und die Verwaltung im Ergänzungsbau befinden. Für den aufgegebenen Sportplatz wurde 1983 ein moderner zweigeteilter Sportplatz angelegt, der beiden Schulen dient. Die Aula von 1929 wurde in den Jahren 1983/84 von Grund auf erneuert, so daß sie in ihrer jetzigen Gestalt und Ausstattung den Anforderungen einer Sporthalle gerecht wird und zugleich für Veranstaltungen der Schule dienen kann.

Lehren und Lernen im umfassenden Sinn, dabei auf den Werten des christlichen Glaubens aufbauend und aufgeschlossen für das wertvolle Neue: Das ist in der 150jährigen Geschichte der Schulen des Calvarienberges verwirklicht.