Zu den Besitzungen der Johanniter-Komturei Adenau
Zur Gründung der Niederlassung
Die Gründung der Niederlassung des Johanniter- bzw. Malteserordens in Adenau geht auf eine Schenkung des Grafen Ulrich von Are (- Nürburg) im Jahre 1162 zurück. Er vermachte wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Vollendung der Nürburg seinen Herrenhof, der heute Bestandteil des westlichen Teiles der Komturei ist. Nach Duisburg (1156) und Werden an der Elbe (1160) bildete Adenau die dritte Gründung von insgesamt elf Ordenshäusern im 12. Jahrhunden.
„Da die Familie von Are bis zur Adenauer Schenkung von 1162 fast ausschließlich die Prämonstratenser durch Stiftungen begünstigt hatte, wurde eine persönliche Verbindung des Grafen Ulrich zu den Johannitern vermutet, die auf eine mögliche Teilnahme am 2. Kreuzzug zurückzuführen sein könnte. Eine Bestätigung durch Quellen fehlt jedoch. Der Orden richtete auf seinem neuen Besitz scheinbar ein Hospital (bzw. eine Herberge) ein, das in einem Zusammenhang mit der hier vorüberführenden Pilgerstraße Köln -Trier gesehen werden muß:
1225 wird die Ordensniederlassung in einer Schenkungsurkunde des Kölner Erzbischofs als ‚Xenodochium sancti Johannis Jerosolomitani‘ bezeichnet. Ein Besitzzuwachs der Kommende ist erst für 1216 mit der Einsetzung eines Jahrgedächtnisses für ihren verstorbenen Gründer Ulrich durch dessen Sohn Gerhard von Are greifbar. Gerhard war es auch,der dem Ordenshaus 1224 die Pfarrechre für Adenau und das nahegelegene Kirmutscheid übertrug und damit die Grundlage für die später umfänglichen kirchlichen Verpflichtungen des Ordens in der Region legte. Zu diesen gehörte in der frühen Neuzeit u. a. die Verwaltung und Betreuung der Pfarr- und Filialkirchen in Breidscheid. Dümpelfeld, Gilgenbach. Harscheid, Herschbroich. Hönningen. Honerath, Insul, Kottenborn, Eeimbach. Niederadenau, Quiddelbach, Schuld. Sierscheid, Wimbach und Winnerath.“1)
Der Adenauer Kirchplatz mt der ehemaligen Komturei, 1998
Der Vergleich von überlieferten Schenkungsurkunden und Eagerbüchern läßt den Schluß zu. daß sich das im Mittelalter angesammelte Vermögen, neben Kirchen- und Kapellengütern vor allem Höfe und landwirtschaftliche Flächen, im 17. und 18. Jahrhundert nicht mehr wesentlich verändert hatte.2)
Auf den Spuren der Ordensritter
Mit der Säkularisation wurden die Besitzungen aufgelöst und seit dem frühen 19. Jahrhunden veräußen. Auf diese Weise läßt sich nur noch in geringem Umfang der frühere Besitz des Ordens lokalisieren. Dies gilt vor allem für Profanbauten oder Wirtschaftsflächen. es sei denn, daß bedeutendere Wirtschaftsgebäude wie z. B. Mühlen, in den Urkatastern des frühen 19. Jahrhunderts noch erfaßt worden sind, oder Flurnamen auf frühere Funktionen hinweisen.
„Auf den Spuren der Ordensritter“, Übersichtskarte der Themenwanderung.
Seit September 1997 vermittelt eine ausführliche permanente Ausstellung im erweiterten Heimat- und Zunftmuseum in Adenau am Markt in unmittelbarer Nähe zu ehemaliger Johanniterkomturei und ehemaliger Ordenskirche, der kath. Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, einen Überblick über die Geschichte des Johanniter- bzw. Malteserordens. Für den gesamten deutschsprachigen Raum ist die Ausstellung als einmalig zu bezeichnen. Sie gibt neben einem anschaulichen und ausführlichen Abriß der Geschichte des Ordens von der Gründung in Jerusalem über die Stationen Zypern. Rhodos und Malta bis hin zu seinen karitativen Aufgaben der im 19. Jh. aufgespaltenen Zweige des protestantischen Johanniter- und katholischen Malteserordens auch einen Überblick über die lokalen Zusammenhänge der Komturei Adenau.
Gleichzeitig wurde mit der Museumserweiterung ein Themenwanderweg offiziell eingeweiht, der über eine Länge von 37 km als Rundwanderweg ausgelegt wurde. In einem Faltblatt ist die Gesamt-route mit den einzelnen Stationen von Adenau über Nürburg, St. Antoniuskapelle in Kottenborn, Kirmutscheid mit Pfarrkirche St. Johannes Baptist und Pfarrhaus und Kapelle Müllenwirft gekennzeichnet. Ergänzt werden die Informationen durch Hinweise auf gastronomische Einrichtungen. Vor Ort wird der Wanderer mit dem Logo des Ordenskreuzes auf die Wanderroute aufmerksam gemacht. Auf dem Begleitblatt wird außerdem auf die Entfernungen zwischen den einzelnen Stationen hingewiesen. So kann sich der Wanderer mit Hilfe der Wanderkarte des Eifelvereins individuelle Wanderrouten ausarbeiten. Ziel wird es in naher Zukunft sein. die Spuren der Ordensritter noch weiter zu kennzeichnen.
Die Besitzungen im Überblick
Die Kenntnis über den Besitzumfang ist scheinbar dem Umstand zu verdanken, daß. seitdem der Ordenshauptsitz nach Malta (1530-1797) verlegt worden war, erstmals in unregelmäßigen Zeitabständen systematische Bestandsaufnahmen über das Vermögen der Adenauer Kommende3) erschienen.
Befestigte Höfe bzw. Anlagen befanden sich, abgesehen von der Kommende Adenau selbst, nur in der nördlichsten und südlichsten Besitzung der Niederlassung Adenau, nämlich in Fritzdorf bzw. Poltersdorf an der Mosel. Die wichtigsten Einnahmequellen stellten der Getreide- und Weinanbau dar. Es wurde überwiegend der minderwertige, jedoch völlig anspruchslose Hafer sowie der nahrhaftere und frostresisten-te Roggen angebaut. Nur in klimatisch gemäßigten Gebieten wie Leimersdorf und Oeverich wurde der wegen seiner guten Backeigenschaften geschätzte Weizen kultiviert.
Im und am heutigen Stadtgebiet Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie in Dedenbach bei Königsfeld wurde Wein angebaut. Aufgrund der Erwähnung eines ehemaligen Kelterhauses im heutigen Stadtteil Beul darf man davon ausgehen, daß der Weinanbau an der Ahr als Einnahmequelle für den Orden seit dem 17. Jahrhundert eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielte. Der Schwerpunkt des Weinanbaus befand sich an der Mosel mit eigenem Kelterhaus in Poltersdorf.4)
Zur Gewinnung von Speisefett wurden auf einigen Gütern Rapsfelder bearbeitet. Spezialisierte ..Ölmühlen“ befanden sich in Dümpelfeld bzw. Niederadenau und in Adenau.
Von geringer Bedeutung war die Viehwirtschaft mit Ausnahme der Tierhaltung in Adenau und Dümpelfeld. Ansonsten gibt es über Kleintierhaltung nur dort Kenntnis, wo in der Regel Hühner, seltener Kappaune (Masthähne) oder Gänse an das Ordenshaus abgeliefert werden mußten.
Die Abgabeform aus der landwirtschaftlichen Produktion war meist festgelegt. Entweder wurde in Naturalien oder Geld geliefert. Nur wenigen Lehngütern wurde freigestellt, in welcher Form der Überschuß geltlich gemacht werden konnte.
Nicht nur die nüchterne Aufstellung der Güter und Abgaben der Kommende Adenau läßt den Schluß zu, daß der Orden seit dieser Zeit „zu einer Versorgungsanstalt für den Adel“5) degradiert war. Auch einige Abgabebestimmungen, wie beispielsweise die jährliche Lieferung von 161/2 Eier, zu der jeder der vier Lehnträger eines Lehngutes in Leimbach verpflichtet war. passen zu dieser Bewertung. Nachsichtiger erscheint dagegen der vorübergehende Verzicht auf Einnahmen, wo Flächen keine Erträge brachten, wie eine um 1657 durch Hochwasser abgeschwemmte Wiese in Wadenheim.
Lehngüter und Erbzinsen in Adenau
Das Lagerbuch von 1708 enthält gegenüber früheren und auch späteren Inventaren6) detailliertere Beschreibungen der Güter, so daß hier für das heutige Stadtgebiet Adenau erstmals eine Rekonstruktion ihrer Lage gewagt werden konnte. Dabei sind einige Lehngüter oder erbzinspflichtigen Gebäude (vor allem im Bereich des heutigen Marktes) genau lokalisierbar. Aus diesen Beschreibungen ist auch zu entnehmen, daß zahlreiche Nutzflächen in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zu Wirtschaftsgebäuden standen. Aber auch Steillagen wurden landwirtschaftlich genutzt, die heute im nördlichen Waldgürtel von Adenau liegen. Nur war der Weinanbau. an den die Flurbezeichnungen „In der Wingertshäll“ am Kirchenpfad nach Gilgenbach erinnert, seit langem aufgegeben. Zu den Ländereien zählten vorwiegend Gärten, Pesche (Obstgärten), Ackerland, Weide- und Wiesenland, Buschland (Hecken) und Wildland.
Unterschieden wurde wie bereits in älteren Inventaren in den Bezirk der Komturei, die Komturei-Wiese und den Komturei-Wald, die allein der Bewirtschaftung durch die Ordensbrüder unterstellt waren, sowie die verlehnten Martiner- und Stephaner-Güter, die Burgmannen-Lehngüter und Gebäude aus denen der Orden Erbzinsen bezog.
Die Bezeichnungen „Martiner und Stephaner-Lehen“ sind auf den ursprünglichen Abgabetermin am Tag des hl. Martin bzw. hl. Stephan, zurückzuführen. Spätestens seit dem frühen 17. Jahrhundert jedoch hatte sich der sog. „Geding-Tag“, der Montag nach dem Dreikönigsfest durchgesetzt. Gegenüber den Empfängern der Stephaner-Lehen waren die Empfänger der Martiner-Lehen privilegiert und wurden am Geding-Tag in der Komturei beköstigt. Gebäude auf Erbpacht wurden in den Inventaren unter den Martiner-Lehen aufgeführt. Für die Abgabe des „Erbzins“ war der 10. November beibehalten worden.
Für die Bewirtschaftung der Lehen waren die sog. „Empfänger“ der Güter verantwortlich. Sie konnten aber Gebäude und Nutzflächen an andere Bewohner des Fleckens Adenau oder an Bürger aus den umliegenden Dörfern wie Breidscheid, Gilgenbach oder Leimbach verpachten. Auch diese Weitergabe ist in dem Inventar minutiös aufgeführt. Die Pächter wurden sämtlich namentlich erfaßt.
Selbst wenn auch die Lehngüter in Adenau durchweg landwirtschaftlich geprägt waren, wäre es falsch, die wirtschaftliche Bedeutung des Ordens ausschließlich auf mittelalterlich vorgeprägte Strukturen zu reduzieren. So wird 1708 erstmals ein „Samenguth“ in der Pickelsgasse (heute nördlicher, enger Abschnitt der Hauptstraße) genannt, das möglicherweise mit einer Samenhandlung gleichzusetzen ist. Im Bereich der heutigen Straßen „Straußenpesch“ und „Lohmühlenstraße“ befand sich die „Lohmühle, früher Kolb Mühle genannt“. Ein ebenfalls 1708 erstmals genanntes „Lohehaus“ muß südlich des Komtureigeländes am Adenauer Bach gelegen haben.
Lohmühle und Lohehaus dürften für die Entwicklung der 1647 durch landesfürstliche Satzung bestätigten Gerberzunft von größter wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sein. In der Lohmühle wurde die zur Herstellung von Leder notwendige Gerbsäure durch Zerkleinern und Mahlen von Eichenrinde (Lohe) gewonnen. Diese Mühle hatte in Adenau eine Monopolstellung. Ob dies auch für das Lohehaus zutrifft, über das das Gerbmittel vertrieben wurde, ist nicht gesichert. Beide Einrichtungen bildeten die wirtschaftliche Voraussetzung für die am Wimbach und Adenauer Bach angesiedelten Gerbereien, die – da sie in dem Inventar nicht aufgeführt werden – politisch Churköln zugeordnet werden müssen. Leider geht aus dem Inventar nicht hervor, ob und in welchem Umfang der Ertrag von Eichenrinde aus dem Komturwald stammte, der sich nordöstlich von Adenau bis zur Ex über eine zusammenhängende Fläche von 50 Morgen erstreckte. Es hat eher den Anschein, als hätte der Orden um die Jahrhundertwende damit begonnen, diesen Wald, „Commenthurs Loch genannt, so vorhin Busch gewesen, undt annoch zum Theill Busch ist,“ aufzuforsten.
Anmerkungen:
- Michael Losse, Heimat- und Zunftmuseum Adenau, Abteilung Johanniter-/Malteserorden, Tafel: „Die Johanniter-Komende in Adenau“
- Lediglich werden in den Inventaren seit 1657 ein Weinberg in Kobern 8Gondorf bei Koblenz) sowie die halben Höfe zu Ossendorf und Lvenich bei Köln nicht mehr erwähnt.
- Der früheste bisher bekannte Visitationsbericht (heute staatsarchiv Valletta auf Malta) datiert vom 10. Juli 1495. Er ist jedoch, wie Rödel feststellte, „recht knapp“, s. Walter G. Rödel, Die Johanniter in Adenau, in: 1000 Jahre Adenau, Aus der Geschichte der Johanniterstadt, Adenau 1992, S. 32.
- Ein weiteres Indiz für die Bedeutung des Weinanbaus für die Niederlassung Adenau dürften die Bestimmungen aber auch Anreize für die Winzer an der Mosel gewesen sein. Das Ordenshaus legte besonderen Wert auf eine regelmäßige Instandhaltung der „Weingärten“. Die Lehnträger wurden angehalten, die Weinberge alle sieben Jahre auszubessern und zu düngen. Als Anreiz wurde ihnen zugesagt, in dem Jahr der Ausbesserung die erwirtschafteten Erträge für sich einzubehalten („und waß sie beßeren, genießen sie selbiges Jahr allein“ /Lagerbuch 1657, fol. 107 r., kath. Pfarrarchiv Adenau Akte Nr. 11). Andererseits konnten die Lehnträger bei Unterlassung bestraft werden, indem die „Commenthureij befugt (sei), selbige (an) andere zu verlehnen“.
- s. Walter G. Rödel, wie Anm. 3, S. 35f.
- Lagerbücher sind aus den Jahren 1541, 1657, 1708, 1744, 1772 und 1787 überliefert. Das Lagerbuch von 1708 befindet sich heute im Landeshauptarchiv Koblenz, 55 B2.