Zu den Anfängen der Stromversorgung im Kreis Ahrweiler und im ehemaligen Kreis Adenau
Die Wanderausstellung mit dem Titel:, Der Strom kommt!‘ – Die Elektrifizierung im Eifel- und Moselraum“ machte 1996/97 auch in Ahrweiler und in Adenau Station. Sie präsentiert interessante Informationen zu einem bisher weitgehend unerforschten Teil unserer Heimatgeschichte, nämlich dem Verlauf und den Auswirkungen der elektrischen Technisierung. Dieser Prozeß brachte gewaltige Veränderungen, die den meisten Menschen heute kaum noch bewußt sind, ist doch die Elektrizität mit all ihren Annehmlichkeiten heute zum selbstverständlichen, integralen Bestandteil unseres zivilisierten Lebens geworden. Die Ausstellung will zur Auseinandersetzung mit den damaligen Geschehnissen anregen, aber auch Antworten auf die sich dabei stellenden Fragen geben. Bei allen Antworten, die diese Ausstellung gibt, werden aber auch neue Fragen aufgeworfen -so z.B. „Wie war das denn damals in unserer engeren Heimat, im Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler?“ Die nachfolgenden Ausführungen wollen die damalige Entwicklung in unserer Region in knapper Form aufzeigen.„Der Strom kommt“
Die frühesten Auswirkungen der neuen Elektrotechnik spürten viele Eifler durch den ab den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts beginnenden Aufbau des Telegraphennetzes. Am 7.1.1864 wurde in unserem Kreis das erste „Reichstelegraphenamt“ in Ahrweiler eröffnet. In den darauffolgenden Jahren erfolgte der systematische Ausbau über das ganze Land und brachte damit erstmalig die Möglichkeit der elektrotechnischen Kommunikation. Die wesentlichen Veränderungen wurden aber erst durch den Einzug der Elektrizität und hier insbesondere des elektrischen Lichtes in die Haushalte ausgelöst.Die ersten örtlichen Stromversorger
Die erste Stromerzeugung überhaupt im Kreisgebiet dürfte im privaten Kraftwerk der Dr. von Ehrenwall’schen Kuranstalt für Nerven- und Gemütskranke in Ahrweiler gewesen sein. Die Anlage war bereits 1887 errichtet worden. Sie wurde mit einer Dampfmaschine angetrieben und speiste mit der damals beachtlichen Leistung von 36 kW das 120-V-Gleichstrom-Beleuchtungsnetz der Kuranstalt.1) Ab 1906 wurde mit Strom aus dem Ehrenwall’schen Kraftwerk auch die „gleislose electrische Straßenbahn“ betrieben, die zwischen den Bahnhöfen Bad Neuenahr, Ahrweiler und Walporzheim verkehrte.2)
Ein weiteres Beispiel für eine sehr frühe Stromversorgung ist im Brohltal zu finden. Hier entstand in Burgbrohl im Jahre 1898 in unmittelbarer Nachbarschaft zu der dort heute noch ansässigen Firma Rhodius, und durch den hierdurch zu erwartenden Stromabsatz sicherlich begünstigt, ein Dampfkraftwerk. Mit einer elektrischen Leistung von 28 kW3) versorgte es die Bürger und das Gewerbe der Gemeinde Burgbrohl mit elektrischem Strom und gehört damit zu den frühen öffentlichen Stromversorgungen. Allerdings sollte diese Einrichtung nicht lange Bestand haben. Bereits am 29. Juli 1914 wurde auf der Hauptversammlung des Elektrizitätswerk Rauschermühle (EWR) die Übernahme des Elektrizitätswerkes der Gemeinde Burgbrohl durch EWR verkündet.4)
Am 22. März/7. April 1904 wurde in Adenau ein Konzessionsvertrag zwischen der Gemeinde und der in Privateigentum befindlichen Elektrizitätswerk Adenau GmbH geschlossen.5) Vermutlich schon 1905 nahm dieses Kraftwerk seinen Betrieb auf und versorgte die Gemeinde mit elektrischer Energie. Die Netzspannung von 200-V-Gleichspannung reichte aber nicht aus, um den etwa 2 km vom Kraftwerk entfernt liegenden Ort Breidscheid ebenfalls zu versorgen. Die Breidscheider mußten bis 1925 auf die Stromversorgung warten.6)Die Rolle der Mühlen
Auch in unserer Gegend kam, wie anderenorts, der erste Strom vielfach aus Mühlen. Hier war alles vorhanden, um die Wasserkraft dem Mahlwerk zuzuführen. Was lag näher, als das Mahlwerk gegen einen elektrischen Generator zu tauschen und so aus dem Wasser die Kraft des elektrischen Stromes zu beziehen. Eine der ersten derartigen Mühlen im Betrachtungsgebiet dürfte wohl die ehemalige Laufenbacher Mühle gewesen sein. Diese wurde 1904 durch den Industriellen Dr. Hans Rudolf Langen erworben und mit einer Turbinenanlage mit elektrischem Generator ausgerüstet.7) Die Gleichstrommaschine hatte eine Leistung von 18,5kVA, was bei einer Spannung von 120 V immerhin ausreichte, die Häuser am Laufenbach und die benachbarte Gemeinde Fuchshofen mit Strom zu versorgen. Die Anlage ist heute noch weitgehend im ursprünglichen Zustand und funktionsfähig.8)
Am 26. Juni 1912 schrieb die Adenauer Zeitung, daß mit Gesellschaftsvertrag vom 29. Mai 1912 die Antweiler Elektrizitätswerk GmbH mit einem Stammkapital von 20.000 Mark gegründet wurde. Die Gesellschafter, der Rentner Hermann Scheibler aus Köln und der Gastwirt Andreas Conrady. Antweiler, betrieben fortan zusammen mit dem Müller Johann Gillig, Antweiler, in dessen Mühle ein Elektrizitätswerk und versorgten, legitimiert durch einen Konzessionsvertrag mit der Gemeinde, die Antweiler Bürger mit Strom.9)
Die hier genannten Fälle sind nur einige von vielen in unserer Region, die als exemplarische Beispiele genannt sind. Sie alle haben gemeinsam, daß sie eine Stromversorgung nur örtlich in der näheren Umgebung des Kraftwerkes ermöglichten. Die Ursache für diese Einschränkung lag zum einen in der geringen Leistungsfähigkeit der meist kleinen Kraftanlagen, zum anderen aber auch daran, daß hier zur Stromerzeugung meistens Gleichstrommaschinen verwendet wurden. Gleichstrom läßt sich im Gegensatz zu dem heute üblichen Dreh- oder Wechselstrom nicht auf hohe Spannungen transformieren und war somit mit den damaligen technischen Möglichkeiten für den Transport über größere Entfernungen ungeeignet. Eine flächendeckende Versorgung wurde daher erst möglich, als größere Elektrizitätswerke begannen, ihren Strom über hochgespannten Überlandnetzen zu veneilen.
Das Turbinenhaus des Elektrizitätswerks Burgbrohl, um 1898
Die Überlandwerke
Das Elektrizitätswerk Berggeist (EWB) wurde am 15. März 1899 in Brühl auf dem Gelände einer Braunkohlegrube gegründet. Bereits 1906 erfolgte die Übernahme der Aktienmehrheit des Werkes durch das damalige Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE). das damit, aus der Steinkohle kommend, erstmalig die Stromerzeugung mit Braunkohle aufnahm.10)
Vom EWB nahm die systematische flächendekkende Stromversorgung im nördlichen Teil des heutigen Kreises Ahrweiler ihren Ausgang. 1913 übernahm EWB das Gas-und Elektrizitätswerk Neuenahr AG.
Ab 1913 begann EWB nach langen Verhandlungen den Ausbau des Netzes im damaligen Kreis Ahrweiler. nachdem der diesbezügliche Kreistagsbeschluß bereits am 18.12.1911 erfolgt war. Das Vorhaben wurde jedoch durch den Ausbruch des Krieges bald unterbrochen, so daß nur die nördlichen Ortschaften des Kreises noch vor dem Kriege elektrifiziert werden konnten. Die Materialknappheit nach Kriegsende tat das übrige, um einen raschen Netzausbau zu verhindern. Daher konnten die Ahrgemeinden Rech, Altenahr und Kreuzbergers 1920/21 den langersehnten Strom erhalten. So lange wollten einige andere Gemeinden nicht auf ihren Strom warten. In Westum, Löhndorf und Koisdorf bauten sie sich ihre Ortsnetze selbst. Hierüber verkauften sie in Eigenregie den von EWB bezogenen und rabattierten Strom an die Bürger der Gemeinden. Andere Gemeinden im Bereich des oberen Brohltals schlossen sich mit Ramersbach und Heckenbach zu einem Zweckverband zusammen, um die Elektrifizierung ihrer Dörfer zu beschleunigen.11) Erst 1924 konnte EWB den Netzausbau zu den bis dahin unversorgten Gemeinden konsequent fortführen.
Im Westen des Kreises, damals teilweise zum Kreis Mayen gehörende, ging die flächendeckende Stromversorgung vom Elektrizitätswerk Rauschermühle AG aus, das ursprünglich an der Nette bei Plaidt ein Wasserkraftwerk betrieb. An dem Unternehmen, 1910 gegründe beteiligte sich 1911 der Kreis Mayen. um den Ausbau des Versorgungsnetzes im Kreisgebiet zu beschleunigen. Im Geschäftsjahr 1913/1 übernahm das EWR – zwischenzeitlich hatt zur Verstärkung der Erzeugungskapazität der Bau eines Dampfkraftwerkes mit 6.400 kW begonnen, – die Stromversorgung von 13 Gemeinden mit zusammen 12.000 Einwohnern im Kreisgebiet Ahrweiler. Hierin eingeschlossen ist die Stadt Sinzig, die durch Ankauf des städtischen Elektrizitätswerks vom EWR übernommen wurde. Als das EWR die Versorgung aller westlichen Gemeinden im Kreis Ahrweiler vom EW Berggeist übernahm, wurde gleichzeitig mitdem Bau einer 110.000-Volt-Leitung begonnen, um das Netz des EWR mit dem leistungsfähigen Netz des RWE zu verbinden.
Das Elektrizitätswerk Adenau in den 1920er Jahren.
In der Gegend um Kempenich/Weibern, gab es frühzeitig starke Nachfrage nach Elektrizität durch die dort ansässige Steinindustrie. Auf dem Gelände der ehemaligen Burg derer von Kempenich wurde ein Elektrizitätswerk errichtet, das von der Firma Eifel-Elektrizitätswerk-Elberfeld, Alfred Kaut & Co, bis 1950 betrieben wurde. Als die eigene Erzeugung nicht mehr ausreichte, bezog man über eine Übergabesta-tion in Rieden elektrische Energie aus dem Netz des EWR. Diese verteilte das Eifelelektrizitäts-werk über ein eigenes Hochspannungsnetz mit 5000 V Betriebsspannung über große Teile des damaligen Landkreises Adenau. Von Kempenich führte eine Hochspannungsleitung über Herschbach bis nach Kesseling und Staffel, damals zur Bürgermeisterei Brück gehörend, sowie zu den Orten Kaltenborn und Jammels-hofen in der Bürgermeisterei Adenau.
Schon bald nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks in Adenau kam auch der Wunsch der umliegenden Ortschaften auf, nun ebenfalls an ein Stromnetz angeschlossen zu werden. Dem stand jedoch entgegen, daß der in Adenau erzeugte Gleichstrom mit den damaligen technischen Mitteln nicht über mehrere Kilometer Entfernung transportiert werden konnte und im übrigen die Leistung des Werkes mit 90 kW nicht ausreichte, um weitere Ortschaften mit elektrischer Energie zu versorgen. Lange Zeit wartete der Kreis Adenau darauf, daß das von der preußischen Regierung in Angriff genommene Projekt einer Talsperre des Trierbachs bei Pomster endlich zur Realisierung gebracht, und damit eine leistungsfähige Energiequelle für die Region verfügbar gemacht würde. Das Trierbachprojekt wurde jedoch bis heute nicht verwirklicht.
Die erste Chance zur flächendeckenden Elektrizitätsversorgung des Kreises ergab sich durch ein Vertragsangebot des bei Weisweiler neu errichteten Braunkohlekraftwerks „Zukunft“ zur Lieferung ausreichender Mengen elektrischer Energie. Der damalige Adenauer Landrat Gori-us nutzte diese Gelegenheit. Gemeinsam mit dem Nachbarkreis Daun wurde eine 34.000-Volt-Hochspannungsleitung errichtet, die aus dem Netz der Braunkohlen-lndustrie-A.G. Zukunft (BIAG) zur 34-kV-Umspannstation Nohn führte. Von dort erfolgte ab dem 10.4.1924 die Verteilung über ein kreiseigenes Mittelspan-nungsnetz zu den Gemeinden der Bürgermeistereien Antweiler, Kelberg und Virneburg (heute zum Teil in den Kreisen Daun bzw. Mayen-Koblenz gelegen). Später wurden durch das sogenannte Kreiselektrizitätamt (KEA) weitere Gemeinden in den Bürgermeistereien Adenau und Brück versorgt.
Es würde den Umfang des heimatgeschichtlichen Beitrags bei weitem sprengen, wollte man all die Schwierigkeiten, die sich bei den vorstehenden Projekten durch Krieg, Besatzung, Finanzierungsprobleme etc. ergaben, ausführlich schildern. Das vorläufige Ende dieser Entwicklung war in unserer Region die flächendeckende Stromversorgung durch das RWE, seit 1990 als RWE Energie firmierend. Das RWE entwikkelte die Netze und seine Kraftwerke zu dem was sie heute sind: zu den Garanten einer umweltgerechten, sicheren und jederzeit ausreichenden Stromversorgung für jedermann. Die in den nächsten Jahren anstehende Öffnung der europäischen Energiemärkte wird die heutige Situation wiederum nachhaltig verändern.
Es bleibt zu hoffen, daß auch diese neuerlichen Veränderungen für Bevölkerung und Wirtschaft in dieser Region einen ebenso positiven Verlauf nehmen werden.
Anmerkungen und Quellen:
- Archiv v Ehrenwall’sche Klinik, Bad Neuenahr Ahrweiler, Festschrift
- Wernz-Kaiser, Heike (1996) in: Arbeitskreis Eitler Museen „Der Strom kommt“
- Ebenfalls 28 kW benötigt heute ein moderner Durchlauferhitzer zur Erwärmung des Duschwassers
- Nigge – von Kiedrowski. Frank (1996) in: Arbeitskreis Eifeler Museen „Der Strom kommt“
- 80 Jahre Stromversorgung (1990), EW- und RWE Rauschermühle
- Lahdeshauptarchiv Koblenz, Bestand 655,2 Nr. 184
- Hoffmann. Arnold, „70 Jahre Stromversorgung im Kreis Adenau“ in: Jahrbuch Stadt Adenau 1994
- Justen, Reiner (Juli 1995): „600 Jahre und mehr Geschichte und Geschichten von Wershoren und Ohlenhard
- Adenauer Zeitung v, 26. Juni 1912, Archiv Druckerei Friedrich, Adenau
- Hoffmann, Arnold (1966) in: Arbeitskreis Eifler Museen „Der Strom kommt“
- Hoss. Josef, in: Heimatjahrbuch AW (1971) – 100 Jahre VDE in Köln (1992)