Wiesenmadonna
HEINZ GRAEF
Über den Wiesen, den wuchernden Hängen,
Eingeschmiegt in der Wälder Saum,
Die sie wie Dome dunkel umdrängen,
Wohnt die Madonna an Borke und Baum.
Mütterlich hält sie die mondene Stirne
Über das Köpfchen des Knaben geneigt.
Blumen bringt ihr die ländliche Dirne,
Während die Grille ihr Lob dazu geigt.
Manchmal geht schmerzlich ihr Blick in die Ferne,
Aber der Knabe hebt segnend die Hand.
Blüten und Blumen, auch Glocken und Sterne
Sind ihr verschwistert und innig verwandt.
Wenn in den Nächten die Sterne sie grüßen,
Tritt sie hervor aus dem hölzernen Haus,
Schwebt sie mit leisen, gläsernen Füßen
Über die silbernen Wiesen hinaus…
Geißblatt und Rose und bläuliche Schlehe
Blühen an ihrem Weg durchs Revier.
Füchse und Hasen und ängstliche Rehe,
Falter und Vögel und alles Getier.
Will an die Lende der Reinen sich schmiegen,
Folgt ihrem Schweben wie Schleppe und Schweif,
um ihres Hauptes Blondhaar biegen
Sich die Gestirne zu funkelndem Reif.