Wein und Schlaganfall – Wein im Blickpunkt der Medizin
Weltweit ist inzwischen wissenschaftlich anerkannt, dass moderater Weingenuss vor Herzinfarkt schützt. Diese und andere Erkenntnisse zum Thema „Wein und Gesundheit“ wurden in den Heimatjahrbüchern des Kreises Ahrweiler 1997 und 2000 ausführlich von mir dargelegt.
Es stellt sich nunmehr die Frage: Schützt Wein auch vor Schlaganfall der dritthäufigsten Todesursache nach Herzinfarkt und Krebs und der häufigsten Ursache einer bleibenden Behinderung im höheren Alter?
In dem Artikel „Notfall – Schlaganfall“ haben wir im Heimatjahrbuch 2003 das Krankheitsbild des Schlaganfalls, die Risikofaktoren, die zu einem Schlaganfall führen, die Warnsignale eines Schlaganfalls sowie die Maßnahmen zur Vorbeugung eingehend beschrieben, zugleich das neue Schlaganfallzentrum im Krankenhaus Maria Hilf – jetzt Gemeinschaftskrankenhaus Maria Hilf/St. Josef im Kreis Ahrweiler – vorgestellt.
Studienergebnisse
Zum Zusammenhang zwischen Alkohol- bzw. Weingenuss und der Entstehung eines Schlaganfalls gibt es folgende Studienergebnisse:
Bereits 1988 und 1989 zeigten zwei große Untersuchungen aus den USA, dass der Schlaganfall auf Grund einer Durchblutungsstörung – sogenannter ischämischer Schlaganfall – durch moderaten Alkohol- bzw. Weingenuss deutlich abnimmt, während das Risiko eines Schlaganfalls durch Hirnblutung mit steigendem Alkoholkonsum zunimmt. Da jedoch die ischämischen Schlaganfälle 80 bis 85 % aller Schlaganfälle ausmachen, wirkt sich diese Risikominderung in der Gesamtschlaganfallstatistik deutlich aus.
Professor Sacco, einer der führenden Schlaganfallforscher der USA bestätigte in einer Untersuchung 1999 den schützenden Effekt moderaten Alkoholkonsums auf ischämische Schlaganfälle.
Die Kopenhagener Herzstudie an mehr als 13000 Menschen – veröffentlicht 1998 – zeigte eine signifikante Abnahme der Schlaganfälle bei Weinkonsum, während Bier und Spirituosen keinen eindeutigen postitiven Einfluss aufwiesen. Andere Studien zeigten diesen Unterschied nicht so deutlich auf.
Sämtliche Studien zeigen jedoch, dass übermäßiger Alkohol und damit auch Weingenuss zu einer Steigerung der Schlaganfallrate sowohl auf Grund einer Durchblutungsstörung als auch auf Grund einer Blutung führt.
Die Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Wein- bzw. Alkoholgenuss und Schlaganfall und deren Ergebnisse fassten fünf führende Schlaganfallforscher aus verschiedenen europäischen Ländern in den Empfehlungen der Europäischen Schlaganfall-Initiative zur Versorgung und Behandlung des Schlaganfalls im Jahre 2001 wie folgt zusammen:
Während leichter Alkoholgenuss (z. B. zwei Gläser Wein) mit einem verringerten Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, einhergeht, ist schwerer Alkoholabusus mit einer deutlich erhöhten Inzidenz sowohl ischämischer als auch hämorrhagischer Schlaganfälle assoziiert.
Wie verhindert moderater Weingenuss Schlaganfälle?
Der Wein mit seinen tausend Inhaltsstoffen, wobei in diesem Zusammenhang die Polyphenole und der Alkohol von entscheidender Bedeutung sind, beugt der Arteriosklerose – Schlagaderverkalkung – auf vielfältige Weise vor und verhindert somit Herzinfarkt und Schlaganfall.
1. Der Wein schützt die zarte und empfindliche Gefäßinnenhaut vor schädigenden Einflüssen, denn nur die intakte Gefäßinnenhaut verhindert den chronischen Prozess der Arteriosklerose.
2. Der Wein verbessert den Fettstoffwechsel: das böse LDL-Cholesterin wird gesenkt, das gute HDL-Cholesterin wird angehoben und somit Fettablagerungen in den Gefäßen verhindert.
3. Die Zuckerkrankheit – Diabetes mellitus Typ 2 – entwickelt sich immer mehr zu einer Volkskrankheit, an der ca. 5 bis 6 Millionen Menschen erkrankt sind. Neben dem Herzinfarkt ist das Risiko für einen Schlaganfall bei Diabetikern um ein mehrfaches erhöht. Der Wein verbessert den Zuckerstoffwechsel, erhöht die Ansprechbarkeit für das körpereigene Insulin und hat weitere positive Effekte auf die Zuckerkrankheit und dadurch bedingte Gefäßschäden. Nicht zuletzt läuft deshalb zur Zeit die Bad Neuenahr-Ahrweiler Weinstudie der Deutschen Weinakademie. Sie untersucht den Einfluss von moderatem Weingenuss auf den Blutzucker und andere Stoffwechselwerte bei Patienten mit Typ 2 Diabetes. Über die Ergebnisse der Studie können wir voraussichtlich im nächsten Jahr berichten.
4. Der Wein wirkt an den hirnversorgenden Schlagadern gefäßerweiternd und verhindert Gefäßkrämpfe, er beugt somit Gefäßverschlüssen in und außerhalb des Gehirns vor.
5. Wie man aus neuen wissenschaftlichen Untersuchungen weiß, geht der Prozess der Arteriosklerose mit erheblichen Entzündungsreaktionen einher. Neben dem Rotwein wirkt hier auch der Weißwein intensiv antientzündlich, wie kürzlich eine Studie der Deutschen Weinakademie gezeigt hat.
6. Die antioxydative Wirkung des Weines durch die zahlreichen Polyphenole ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung für den Schutz der Blutgefäße vor Verkalkung, darüber hinaus haben die Polyphenole eine Reihe anderer positiver Effekte, auf die in den früheren Artikeln eingegangen wurde.
Übermäßiger Alkohol- bzw. Weingenuss und Schlaganfall
Wie aus der ärztlichen Erfahrung seit langem bekannt ist, haben auch die erwähnten und andere Studien folgendes gezeigt:
Übermäßiger Alkohol- und auch Weingenuss steigern das Risiko, an einem Schlaganfall zu erkranken, und zwar sowohl auf Grund von Durchblutungsstörungen als auch von Blutungen im Gehirn.
Dies hat folgende Ursachen: Moderater Weingenuss ist blutdruckneutral. Übermäßiger Alkohol- und Weingenuss führten jedoch auf Dauer zu Bluthochdruckkrankheit, die ihrerseits wiederum der Hauptrisikofaktor für das Auftreten des Schlaganfalls ist.
Die bei moderatem Weingenuss auftretende leichte Blutverdünnung, die positiv zu bewerten ist, wird bei übermäßigem Alkoholkonsum derart stark, dass es zusammen mit dem erhöhten Blutdruck vermehrt zu Hirnblutungen kommt. Auch der durch moderaten Genuss auftretende positive Einfluss auf den Fettstoffwechsel wird durch ein Übermaß an Alkohol ins Negative umgekehrt.
Zusammengefasst:
Regelmäßiger, aber mäßiger Weingenuss verhindert Schlaganfälle. Übermäßiger Alkohol- und somit auch Weingenuss fördert das Auftreten von Schlaganfällen.
Gesunder Lebensstil – Prävention
Nicht zuletzt in Anbetracht der enormen finanziellen Probleme unseres Gesundheitswesens und der damit verbundenen heftigen Diskussionen gilt heute mehr denn je die alte Volksweisheit: Vorbeugen ist besser als Heilen.
Prävention ist daher das Gebot der Stunde.
Wir unterscheiden beim Schlaganfall: Primärprävention – das erste Auftreten eines Schlaganfalls soll verhindert werden.
Sekundärprävention – sämtliche Maßnahmen zur Verhinderung eines neuen Schlaganfalls nach stattgehabtem ersten Schlaganfall.
Zum gesunden Lebensstil – und damit zur Prävention von Schlaganfall und vieler anderer Krankheiten – gehört neben dem moderaten Weingenuss eine gesunde Ernährung, ausreichend körperliche Bewegung, Gewichtsnormalisierung, Vermeidung von Nikotin sowie positives Umgehen mit Stress, Vermeidung von Frustration und Depression.
Für den moderaten Weingenuss gilt:
Für den Mann täglich je nach Alkoholgehalt 300 bis 375 ml Wein. Für die Frau wegen ihrer verminderten Abbaufähigkeit des Alkohols ca 200 bis 250 ml täglich.
Eine gesunde Ernährung wird in den letzten Jahren zunehmend mit dem Begriff „mediterrane Kost“ identifiziert. Vielfach wird übersehen, dass unsere einheimischen Produkte gesundheitlich genauso wertvoll sind, keine langen Transporte mit reichlich Konservierungsmitteln und Energieverbrauch sowie Abbau von wertvollen Vitaminen hinter sich haben und saisonal frisch genossen zahlreiche Vorteile bieten.
Deutsch essen, mediterran genießen ist ein gesunder und genussvoller Lebensstil.
Die Deutsche Weinakademie (DWA) und die zentrale Marketinggesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft (CMA) haben hierzu ein sehr informatives Konsenspapier erarbeitet.
Die Vielfalt klassischer Lebensmittel, die die heimischen Produkte bieten, sollte vermehrt genutzt werden.
Ideal sind frische, der Saison entsprechende heimische Lebensmittel.
Gemüse und Salate sollen regelmäßiger Bestandteil der Mahlzeiten sein.
Frische Früchte sind das ideale tägliche Dessert und eine ideale Zwischenmahlzeit.
Brot, Zerealien, Teigwaren oder Kartoffeln: zu jeder Mahlzeit etwas.
Hülsenfrüchte eignen sich nicht nur für den Eintopf, sondern auch für Salate oder als Beilage.
Heimische Pflanzenöle wie Rapsöl und Sonnenblumenöl haben besonders günstige Fettsäurenzusammensetzungen und sind vielseitig verwendbar.
Milchprodukte gehören zu der täglichen Ernährung.
Fleisch sollte in angemessenen Mengen verzehrt werden.
Fisch sollte ein- bis zweimal pro Woche auf dem Speiseplan stehen.
Zum gesunden Lebensstil und zur Prävention gehört auf jeden Fall ausreichend körperliche Bewegung. Man sollte mindestens 3 bis 4 mal pro Woche jeweils eine halbe Stunde Ausdauersport betreiben, wie Laufen, Schwimmen, Radfahren. Zusätzlich sollte wieder mehr Wert auf Alltagsbewegungen gelegt werden. (Vermeidung von Kurzstreckenfahrten mit dem Auto, Aufzügen, Rolltreppen usw.)
Gewichtsnormalisierung – sie kann in vielen Fällen durch eine vernünftige Ernährung und vermehrte Bewegung erreicht werden.
Beschaulicher Dämmerschoppen im 19. Jahrhundert
Auf Nikotin sollte gänzlich verzichtet werden.
Man sollte Strategien erlernen zum Abbau von negativem Stress (Dysstress), der auch für den Schlaganfall einen Risikofaktor darstellt. Zugleich führt der nicht verarbeitete Stress oft zu Depressionen, die ihrerseits ein eigenständiges Risiko für Herzkreislauferkrankungen, somit auch für Schlaganfall darstellen. Auch Krebserkrankungen werden hierdurch gefördert.
Abschließende Gedanken
Für viele Menschen bedeutet das abendliche Glas Wein als Dämmerschoppen oder zum Essen in geselliger Runde in der Familie oder mit Freunden Entspannung und hilft die Belastungen und den Stress des vergangenen Tages zu bewältigen. Probleme, Sorgen und Konflikte werden besser verarbeitet.
Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Wein den Abbau von Serotonin im Gehirn hemmt.
Serotonin ist ein körpereigenes Hormon, das unter anderem die Körpertemperatur, den Schlafrhythmus und den Sexualtrieb steuert und als Wichtigstes unseren Gemütszustand.
Steigt der Serotoninspiegel, steigt auch das persönliche Wohlbefinden.
Auf Grund dieser neuen Erkenntnisse gerät der „Dämmerschoppen“ in ein neues interessantes Licht, denn die Dämmerung fördert den Abbau von Serotonin. Wein jedoch wirkt dem entgegen und hebt somit unser Wohlbefinden zum Feierabend, er beugt Frustration und Depression vor.
Neueste wissenschaftliche Untersuchungen aus den USA zeigen, dass weltanschaulich gefestigte Menschen, die viel beten, seltener an Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs erkranken.
Dies hat offensichtlich bereits der begnadete Heimatdichter Dr. Josef Kreutzberg erkannt, der seit 1926 als Chirurg im Krankenhaus Ahrweiler tätig und ab 1945 Chefarzt der Chirurgie im Krankenhaus Maria Hilf war. Er dichtete:
Lob des Ahrburgunders
Des Ahrtals gastlich Angebot
ist wie ein dunkles Abendrot,
wie ein Rubin, der flammt und glüht,
erhebend wie das „Hohe Lied“.
Gott selber, der die Kelter trat,
den Wein im Faß gesegnet hat,
Wer diesen Wein, der vor uns steht,
genießt und ehrt, tut ein Gebet.
Wohlan, so laßt uns beten!