Was haben Gimmigen und Schloß Gymnich gemeinsam?

Was haben Gimmigen und Schloß Gymnich gemeinsam?

Hans Warnecke

Jeder, der auf die Landskrone gewandert ist, um von oben den Blick ins Ahrtal und in die Ferne zu genießen, wird durch die dort auf dem Plateau erkennbaren Ruinen auch die Frage nach der Geschichte dieses Berges und seiner ehemaligen Burg kennen. Bei der Antwort helfen nicht nur mitgenommene Wanderführer, sondern auch die am Eingang zur Burgruine Landskrone angebrachte Bronzetafel. Auf ihr ist zu lesen:„Erbaut 1206 von König Philipp von Schwaben als Reichsfeste auf dem ,Mons Gimiche‘ genannten Berg zum Schutz des königlichen Amtes Sinzig und der 1,5km nördlich vorbeiführenden Heerstraße Frankfurt – Aachen und als Bollwerk gegen den auf der Seite des Gegenkönigs Otto IV. stehenden Erzbischof von Köln. Mittelpunkt der Herrschaft Landskron. Ab 1659 Garnison des Herzogtums Jülich. 1677 Brand des Hauptgebäudes. 1682 Abbruch der Burg auf Anordnung des Herzogs von Jülich.“

Das ist auf wenigen Zeilen zusammengedrängte deutsche Geschichte. Nationale und lokale Ereignisse bestimmten den Bau und das Ende der Burg Landskrone. Heute zeugen davon nur noch Ruinen. Allerdings lebt der auf der Tafel genannte Berg „Mons Gimiche“ in zwei Namen weiter, die nicht von jedem mit der Geschichte dieser Burg in Verbindung gebracht werden. Zum einen gibt es in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler den am Fuß der Landskrone liegenden Stadtteil Gimmigen und zum anderen das bei Erftstadt befindliche Schloß Gymnich, das bis vor kurzem das Gästehaus der Bundesregierung war und bei unzähligen Besuchen ausländischer Staatsgäste im Fernsehen gezeigt wurde. Gibt es zwischen dem früheren Namen der Landskrone und dem Stadtteil Gimmigen einen Zusammenhang und ist der auch bei Schloß Gymnich zu erkennen und zu belegen? Darauf soll in diesem Beitrag geantwortet werden.

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Blick auf Gimmigen (1996)

„Mons Gimmiche“

Bei Remagen (Rigomagus), Breisig (Brisiacum), oder Sinzig (Sentiacum) und vielen anderen deutschen Orten kann man unschwer die römische Herkunft des Namens nachweisen. Es mag von daher wenigstens gefragt werden, ob womöglich der Ortsname Gimmigen einen ähnlichen Ursprung gehabt haben könnte und hinter ihm sich ein römisches Gimniacum verbirgt. Gerhard Knoll1) hat überzeugend nachgewiesen, daß diese früher oft vorgetragene These im Hinblick auf den Ortsnamen von Gimmigen nicht haltbar ist. Er konstatiert, „daß die beiden Ortsnamen für Kirchdaun und Gimmigen wohl keltischen Ursprungs, aber doch nur topographische Bezeichnungen für zwei markante Berghöhen waren, die sich erst viel später auf beide Ortschaften übertragen haben.“2) Dieser These entspricht es, daß die ersten urkundlichen Erwähnungen des Namens Gimmigen aus den Jahren 853 und 872 in der Tat vom „Mons Gimmiche“ sprechen, also nur einen Berg meinen, der weder mit einer Burg noch mit einem Dorf zu tun hat.3) Erst dreihunderfünfzig Jahre später ändert sich das, als der auf der Bronzetafel genannte König Philipp gegen Otto IV. und den Kölner Erzbischof Bruno siegreich Krieg führt. „Bruno wird gefangen nach Burg Trifels gebracht. König Philipp bemächtigt sich eines Berges namens Gymnich (Landskron) bei Remagen und erbaut darauf eine Burg.“4)

Wie bei fast allen Flur- und Ortsnamen, die auf eine lange Tradition zurückgehen, ist auch bei dem „Mons Gim(m)iche“ eine Veränderung der Schreibweise zu erkennen. Während es sich dabei um den Berg handelte, ist die Schreibweise für den im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnten Ort „Gi.mmenich“ wieder verändert.5) Auf einer Karte des Ahrtals aus dem Jahr 15716)wurde der Name des Ortes als „Gymmenich“ eingetragen, der sich dann bis 1725 in „Gimnich“7) verändert hatte, um danach als „Gimmigen“ weitertradiert zu werden.

Dieser kurze Rückblickzeigt bereits, daß bei der Schreibweise der Stadtteil Gimmigen und das Schloß bei Erftstadt beide in ihrer Geschichte wenigstens für kurze Zeit gleich hießen, nämlich „Gymnich“. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, wie diese Gleichheit zustande gekommen ist, zumal Schloß Gymnich und Gimmigen nicht nahe beieinander liegen. Diesem Problem soll im Folgenden nachgegangen werden.

Gymnich

Bisher wurde bei Gimmigen und Gymnich immer von einem Ort oder einem Schloß gesprochen. Gymnich aber kommt bereits im 12. Jahrhundert auch als Familienname vor. lm „Gotha“, dem deutschen Adelskalender, wird dazu ausgeführt: „Gymnich – Katholisch und evangelisch. – Niederrheinischer Uradel mit gleichnamigem Stammhause im heutigen Kreise Euskir-chen, der mit Reinardus et Giso de Gimnich 1150 urkundlich (Lacomblet, Urk.= Buch für die Gesch. des Niederrheins l, S. 254) zuerst erscheint und bereits im 14. Jahrhundert in zwei Stämme, Gymnich und Beissel von Gymnich, gegliedert ist, deren näherer Zusammenhang nicht feststeht.“8) In dieser kurzen Zusammenfassung wird erkennbar, daß es ein Adelsgeschlecht gab, daß seinen Namen von dem Berg „Mons Gimiche“ ableitete. Über den Stammvater Henrich von Gymnich wissen wir, daß er „vom Erzbischof Adolf von Köln mit einem Burglehn zu Are nebst Pertinenzien in Vischel, Rheinbach, Lechenich, Lichtenberg und Gimenich belehnt“9) worden ist. Hans Frickhatdiefürden Ahrkreis wichtigen Urkunden der Familie von Gymnich zusammengetragen.10) Dabei sind besonders die Herren Emund und Heinrich zu nennen. Denn „in einer Urkunde des Ritters Heinrich von Gymnich und des Kuno von Ött-genbach (aus dem Jahr 1372) sagen Heinrich und Kuno u.a., daß Heinrich schon 6 Jahre Amtmann zu Are sei und daß ihr Vater bzw. Stiefvater Edmund von Gymnich dort unmittelbar vor Heinrich mehr als 25 Jahre Amtmann gewesen sei.11) Leider geht aus den Quellen nicht hervor, wo die Familie von Gymnich in diesem Bezirk gewohnt hat.

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Schloß Gymnich (1996)

Was so für die Lokalisierung der Familie von Gymnich im Ahrgebiet schwierig zu sein scheint, stellt sich im Hinblick auf Schloß Gymnich und die dort Lebenden gleichen Namens sehr viel einfacher dar. Denn im Jahr 1390 wird „die älteste Burganlage durch den Kölner Erzbischof Friedrich von Saarwerden zerstört.“12) Es muß also die Familie von Gymnich vorher im 14. Jahrhundert dort eine Burg gebaut haben. Das heutige Schloß Gymnich geht auf den Wiederaufbau zurück, der im 17. und 18. Jahrhundert auf dem alten Grundriß der ersten und zweiten Burganlage durchgeführt wurde.13) Da das Geschlecht der Familie von Gymnich 1801 erlosch, erwarb 1825 die Familie Wolff-Metternich diese zweiteilige Wasserburg. Damit aber schließt sich noch einmal der Kreis hin zum „Mons Gimiche“. Denn am Fuße der Landskrone, des Berges, der ursprünglich „Gimiche“ hieß, besitzt diese Familie Wolff-Metternich seit 1736 das „Haus Heppingen“, das früher eine Wasserburg war und nach dem bis heute in Heppingen und Gimmigen die Burgstraße genannt wird.14) Im Jahre 1903 fällt dann Schloß Gymnich an die Familie Vicomte de Maistre. Heute befindet sich in der Hauptburg ein Hotel mit Restaurant. Seit das Hotel auf dem Petersberg des Siebengebirges zum Gästehaus der Bundesregierung ausgebaut wurde, hat Schloß Gymnich diese Aufgabe abgegeben. Durch die Berichterstattung des Fernsehens waren aber bis dahin Zuschauer in aller Welt immer wieder Zeugen, wie Besucher der Bundeshauptstadt Bonn in Schloß Gymnich durch das Portal schritten, sich den Kameras und Journalisten stellten und vor dem Schloß oder dem berühmten Park ihre Interviews gaben.

Die in diesem Beitrag zu beantwortende Frage lautete, ob es zwischen dem Stadtteil Gimmigen und dem in Erftstadt-Gymnich liegenden Schloß Gymnich eine Gemeinsamkeit gibt. Im Nachzeichnen der beiden historischen Entstehungsgeschichten der Namen Gimmigen und Gymnich wird erkennbar, daß trotz aller geographischen und personalen Unterschiede die Wurzeln sowohl für den Stadtteil als auch für das Schloß und die diesem Gebäude zugehörige Adelsfamilie gleichermaßen in „Mons Gimiche“ zu suchen sind. Von daher ist es zu begrüßen, daß bei der Neuordnung der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler der Stadtteilname Gimmigen erhalten blieb, und auch in der wechselvollen Geschichte des Schlosses in Erftstadt und trotz der neuen Besitzer der Name Gymnich nicht wegfiel. Die Namen Gimmigen und Gymnich zeigen auch den Nachgeborenen, wie Geschichte sich bis heute auswirkt.

Anmerkungen:

  1. Herrschaft und Kirchspiel Kirchdaun, in: Heimat-Jahrbuch 1980 für den Landkreis Ahrweiler, 37. Jahrgang. S. 79-91
  2. A.a.O. S 81.
  3. G. Knoll a.a.O. S, 79, dort auch die Angabe der Fundstelle für diese Urkunden.
  4. Hans Frick, Quellen zur Geschichte von Bad Neuenahr. Reprint-Ausgabe 1991, herausgegeben von der Wadenheimer Bürgergesellschaft. Nr. 301.
  5. G. Knoll a.a.O. S. 86.
  6. Bei H. Frick a.a.O. als Anhang verkleinert am Schluß des Buches
  7. Zitiert aus einer Quelle des Landeshauptarchivs in Koblenz bei G Knoll a.a.O. S. 91.
  8. Gothaisches genealogisches Taschenbuch 1937, S, 193.
  9. Gothaisches genealogisches Taschenbuch 1917. S. 371.
  10. A.a.O. S. 640.
  11. H. Frick a.a.O. Nr. 786.
  12. Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdennmäler. Nordrhein-Westfalen l. Rheinland, bearbeitet von Ruth-.Schmitz-Ehmke 1977. S. 218
  13. G. Dehio a.a.O.
  14. Vgl. dazu die von der Stadtverwaltung Bad Neuenahr an der Nordseite der Mauer des ..Hauses Heppingen“ in der Bu^straße angebrachte Bronzetafel mit der Geschichte dieses Gebäudes.