Walter Knieps prägt seit 55 Jahren den Boxsport der Region und in Deutschland
„Entscheidend ist der unbedingte Wille“ – Stars wie Henry Maske, Sven Ottke und Axel Schulz profitierten von der Expertise des echten „Ahrweiler Jong“
Dirk Unschuld
Keine Frage – das Boxen fasziniert Sportbegeisterte auf der ganzen Welt. Berühmte Boxer wie Muhammad Ali, Max Schmeling, Henry Maske oder Mike Tyson hatten und haben weltweiten Kultstatus. Dennoch: Dafür, dass die Erfolge der Boxsportler überhaupt erst möglich werden, sorgen vor allem dem Publikum zumeist unbekannten Menschen im Hintergrund, die sich um eminent wichtige Dinge wie Training und Organisation kümmern und somit praktisch unersetzbar sind.
Was manche nicht wissen: Auch im Kreis Ahrweiler, genauer gesagt in Bad Neuenahr- Ahrweiler, lebt in Person von Walter Knieps eine Boxsportpersönlichkeit mit nationalem und internationalem Renommee, der sowohl im Nachwuchs- und Amateurbereich, als auch im Profiboxen nachhaltige Spuren hinterlassen hat und von dessen Wissen und Erfahrung bis heute zahlreiche Boxerinnen und Boxer profitieren.
Mit 15 erstmals im Ring
Doch von Anfang an. Walter Knieps ist ein waschechter „Ahrweiler Jong“, der schon als Kind und Jugendlicher sportlich aktiv war – beispielsweise gut 30 Jahre lang beim Fußball. Als Spieler des Ahrweiler BC und der SG Bachem/Walporzheim gewann er unter anderem den Kreispokal. Jugendfreund Lorenzo Cristofalo nahm ihn im Alter von 15 Jahren mit zur damaligen Boxabteilung des SC 07 Bad Neuenahr, die ihre Trainingseinheiten in der Weststraße abhielt. Nur sechs Wochen später stand Walter Knieps dann schon zum ersten Mal im Ring und avancierte im Laufe der Zeit zum besten Kämpfer in der gesamten Historie der heute ebenso wie der SC 07 nicht mehr existierenden Abteilung.
Walter Knieps trainierte mit Boxenthusiastischen Nachwuchstalenten, machte sie Wettkampffit und fuhr mit ihnen zu Meisterschaften.
Er gewann vier Rheinland-Meisterschaften in verschiedenen Bantam- und Leichtgewichtsklassen, kämpfte um die Westdeutsche und Deutsche Meisterschaft, wo er knapp dem späteren Profi Tony Habermayer unterlag, stand 1971 im Vor-Olympischen Kader und teilte sich mit dem späteren Profi-Weltmeister Eckhard Dagge ein Zimmer in der Sportschule Hennef. Bedingt durch den 18-monatigen Grundwehrdienst sowie durch Heirat, Familiengründung und berufliche Einspannung als Gas-Wasser-Installateur, rückte das Boxen bei Walter Knieps in den Hintergrund – zumindest aktiv, die Verbindung riss jedoch nie ab.
Fitnessstudio mit Deutschen Meistern und Europameistern
1986 eröffnete er das bis heute existierende Sport-, Fitness- und Gesundheitsstudio in der Bad Neuenahrer Uhlandstraße 7, war aber zeitgleich auch als Geschäftsführer einer Fachfirma für Duschtrennwände im Westerwald tätig. Diese Position gab er vier Jahre später im wahrsten Sinne des Wortes „von heute auf morgen“ auf, um eine Ausbildung zum Masseur und medizinischer Bademeister zu beginnen und „nebenbei“ das Studio in der Kreisstadt weiterzuführen.
Mit Erfolg: Die Einrichtung wurde zum Pionier in Sachen Aerobic: drei Deutsche Aerobic-Meister kamen aus dem Knieps-Studio, das als das Beste seiner Art in Deutschland galt und später sogar den Europameistertitel in die Kreisstadt holte. Selbiges galt für die ebenfalls dort beheimateten Bodybuilder, die sich auch für die Deutschen Meisterschaften qualifizieren konnten. Anfang der 1990er-Jahre rückte im Studio durch den 1986 gegründeten Box-Sport-Club Bad Neuenahr-Ahrweiler das Boxen wieder stark in den Fokus. Walter Knieps trainierte mit Box-enthusiastischen Jugendlichen, machte sie Wettkampf-fit und fuhr mit ihnen zu Meisterschaften.
Als Henry Maske in der Kreisstadt trainierte
Im Rahmen einer Veranstaltung lernte er 1993 den soeben zum Weltmeister gekürten Henry Maske kennen, der mit seinen damaligen Trainingsbedingungen unzufrieden war. Kurzerhand erbaute Knieps dem Weltmeister innerhalb seines Studios eine Trainingshalle, die modernsten Boxsportanforderungen gerecht wurde und betreute Maske – der fortan in Bad Neuenahr-Ahrweiler logierte – von Arztfahrten über Hotelsuche bis hin zu Medienterminen.
Mit Axel Schulz und Torsten May trainierten zwei weitere, später überaus erfolgreiche Boxer im Ahrtal. Bei den Maske-Kämpfen trug Walter Knieps dessen Weltmeistergürtel in den Ring, wurde so einem Millionenpublikum bekannt. Eine Ehre, die ihm später auch bei Sven Ottke und Markus Beyer zuteilwurde.
Ein weiteres, durchaus bemerkenswertes Kapitel in seinem Leben begann 1996 mit dem von ihm organsierten, internationalen Boxturnier in der Bachemer Sporthalle, wo die Nationalmannschaften der Amateure aus Deutschland und Kasachstan gegeneinander kämpften. „Das war vier Wochen vor Olympia und die Jungs mussten sich beweisen. Neun der damals elf in Bachem teilnehmenden deutschen Boxer wurden später Profis, darunter Markus Beyer und Sven Ottke“, blickt Knieps zurück. Sogar die in Deutschland damals noch recht unbekannten ukrainischen Brüder Vitali und Wladimir Klitschko waren als Gäste zugegen.
14 Jahre im berühmten „Sauerland Stall“
Kurz darauf holte ihn die Box-Trainer-Ikone Ulli Wegner als Physiotherapeut und Co-Trainer in den berühmten „Sauerland Stall“, der in den Abel-Bauten des Kölner Stadions sein Trainingszentrum hatte. Dass Walter Knieps für das Team viel mehr war als „nur“ ein Physiotherapeut, wurde schnell deutlich. Ulli Wegener vertraute auf die Erfahrung und den Weitblick von Knieps, der schon immer ein Auge für gute Boxer und besondere Talente hat und hatte.
Schwergewichts-Weltmeister Mike Tyson (Mitte) mit Walter Knieps (links) und dessen Sohn Thomas Knieps
Insgesamt neun Jahre lang dauerte die enge Zusammenarbeit mit Wegner, während der unter anderem etliche erfolgreiche Kämpfe der Welt- und Europameister Sven Ottke, Arthur Abraham, Oktay Urkal und Markus Beyer betreut wurden. Walter Knieps war immer hautnah dabei – sowohl bei den Kämpfen als auch beim täglichen Training. „Ich stand bei jedem Sparring mit in der Ecke, sekundierte die Gegner, kümmerte mich um Physiotherapie und Betreuung. Ich hatte quasi fünf Aufgaben, wurde aber nur für eine bezahlt“, erinnert er sich augenzwinkernd an bewegte und aufregende Jahre im hochklassigen Profi-Boxsport, die ihn zu Orten auf der ganzen Welt führten – von Kopenhagen über Las Vegas und Chicago bis nach New York.
Ein Glücksfall für das Boxen in der Region
Verständlicherweise litt darunter das Privatleben, denn oft zuhause sein konnte Walter Knieps, der auch schon Judokas und Taekwondo-Kämpfer trainierte, dadurch nicht. Als der Sauerland Stall 2004 sein Hauptquartier nach Berlin verlegte, wechselte er mit in die Hauptstadt, brach dort jedoch gut ein Jahr später seine Zelte ab und ging ins Ahrtal zurück. Für das heimische Boxen ein Glücksfall, denn dem konnte er sich jetzt wieder verstärkt widmen.
2008 übernahm sein Sohn Oliver die Kölner Firma „Paffen Sport“, die sich auf Box- und Kampfsportausrüstung spezialisiert hat und als größte ihrer Art in Europa gilt. Im Studio in der Uhlandstraße, welches er mit seinem anderen Sohn Thomas betreibt, sind Bilder und Ausstellungsstücke die in jedem Boxmuseum zur Ehre reichen würden. Dort pulsiert nach wie vor das Leben – wenn auch mit vorübergehenden Einschränkungen nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Ob Boxtraining, Gesundheits- und Fitnesssport, Physiotherapie, Rehasport oder Yoga – all das findet unter dem Dach von Walter Knieps unter idealen Bedingungen statt.
Als Trainer und Ratgeber unverändert gefragt
Und der ist, wie sollte es anders sein, dem Boxen und dem Box-Sport-Club Bad Neuenahr-Ahrweiler unverändert eng verbunden. Ob Junioren und Amateure oder Profis – sie alle profitieren von seiner Expertise. Fast täglich treffen Box-spezifische Anfragen aus dem In- und Ausland ein. Stellt sich abschließend nur die Frage „was macht einen guten Boxer aus?“ „Talent ist nicht alles, man braucht mehr. Entscheidend ist auf jeden Fall der unbedingte Wille“, sagt Walter Knieps. Und der muss es nach über 55 Jahren im Boxsport schließlich wissen.