Vor 100 Jahren baute Insul eine neue Kapelle
Johann Schmitten
Kirchen und Kapellen werden allgemein für viele Jahrhunderte und damit für sehr viele Generationen von Gläubigen erbaut. Ein Bestand von hundert Jahren einer Kapelle ist daher fast unbedeutend, und doch rankt sich so manches um die Kapelle Insul, daß es einer Niederschrift wert ist. Kirchen und Kapellen sind überall mit dem Leben und dem Schicksal der um sie herum lebenden Menschen eng verbunden gewesen, es war ihr Zentralpunkt, von dem oft viel Freude ausging und das Leid Tröstung fand.
Gemäß der Kirchenchronik wurde im Jahre 1631 eine Kapelle in Insul erbaut, deren Maß (damals in Fuß ausgedrückt) 10×5 bestanden haben soll. Die Längsrichtung hat quer zur jetzigen, also entlang der Dorfstraße gestanden. Allerdings ist mit Sicherheit anzunehmen, daß bereits vorher, wahrscheinlich an gleicher Stelle, eine Kapelle stand, die noch kleinere Ausmaße hatte.
Im Jahre 1880 gab es in Insul 45 Familien. Die im Jahre 1631 erbaute Kapelle mag zu dieser Zeit, bei nunmehr ca. 200 Einwohnern der Gemeinde, zu klein geworden sein; denn die Einwohnerzahl betrug um das Jahr 1800 nur 145. So beschloß man notgedrungen, die 250 Jahre alte Kapelle abzureißen, um eine neue zu erstellen, deren Baubeginn dann 1882 erfolgte. Aber das ging nicht ohne große Opfer aller Einwohner. Alle waren zu Arbeitsleistungen aufgerufen, alle mußten mithelfen, im Steinbruch waren die Mauersteine zu brechen und beizufahren sowie Handlangerdienste am Bau zu leisten. Aber auch finanzielle Hilfe mußte gegeben werden, obwohl auf heute vergleichbar, recht große Armut vorherrschte, da die Bevölkerung ihren kargen Lebensunterhalt ausschließlich aus der Landwirtschaft bestritt. Eine Kommission besuchte Haus um Haus und sprach alle Familien an, um den Neubau durch gründliche Spenden abzusichern.
Wenn es auch schwer fiel, es war eine Ehrensache, ein angemessenes Opfer zu geben. Wer es nicht zur Verfügung hatte, finanzierte seine Spende durch einen privaten Kredit. Der Lehrer des Ortes war gleich mitgekommen, um den entsprechenden Schuldschein zu schreiben, der dann so aussah: Schuldschein »über 60 Mark — ausgeschrieben sechzig Mark — sind mir heute von (Name ausgelassen) zu Insul zur Unterstützung des Neubaues der hiesigen Kapelle bar und richtig vorgeschossen worden. Dies bekenne ich nicht nur, sondern verspreche auch, diese Summe in drei Jahren von heute ab gerechnet, an den obengenannten Gläubiger zu zahlen und bis dahin mit fünf Prozent zu verzinsen.
Insul, den 16. Juli 1882«
Durch die Not der Zeit, und 60 Goldmark waren zu dieser Zeit eine sehr hohe Summe, wurden aus den drei Pflichtjahren allerdings deren zehn, wie die vorliegenden Quittungen ergeben. Die vollkommene Fertigstellung der Kapelle hat bis 1884 gedauert, in welchem Jahr sie benedi-ziert wurde.
1910 wurde durch die Bonner Firma Klais eine Orgel mit sechs Registern eingebaut. Auch diese Finanzierung dürfte interessant sein. Bei dem ungeheuren Hochwasser im Jahre 1910, bei dem auch Insul, vor allem viele Äcker heimgesucht wurden, gab es auch vielseitige Hilfe von außen, auch vom Staat Preußen. Die damaligen Gemeindeväter haben von diesen Spenden an Stelle einer Auszahlung an die Geschädigten diese Orgel angeschafft. Die ausgeschwemmten Felder in der Gemarkung wurden von den Betroffenen selbst instandgesetzt. Immerhin, die Felder sind längst wieder in Ordnung gebracht und die Orgel spielt noch.
Kapelle in Insul
Foto: Kreisbildstelle
Die Kapelle wurde 1969 innen völlig neu restauriert, und erhielt ein neues Dach, sie stand im Eigentum der Gemeinde Insul, wurde aber 1976 ins Eigentum der Pfarrgemeinde Schuld übernommen, wobei man sich auf ein Bismarksches Gesetz von 1883 berief. Die Kapelle wurde 1981 restauriert und fügt sich gut in das Ortsbild ein, obwohl keine künstlerischen Bauelemente an dem Bau vorherrschen.
Künstlerisch war der Altar mit einem Bild aus dem 17. Jahrhundert, das den hl. Stanislaus Kostka darstellte, wie er das göttliche Kind vom Schoß der Mutter annimmt. Die Schnitzereien und das Altarbild wurden bei der Renovierung 1969 entfernt und leider veräußert.
Zurück zur Altkapelle und deren Geschichte.
Als im Kampf gegen Napoleon 1812/13 die Verbündeten, Preußen und Rußland, gemeinsam gegen diesen Eroberer zu Felde zogen, um ihn dann in der berühmten Schlacht bei Waterloo entscheidend zu besiegen, war in diesem Bereich eine Zeitlang Einquartierung durch russische Kosakenregimenter. Sie sollen freundlich und hilfsbereit gegenüber der Bevölkerung gewesen sein und halfen bei den landwirtschaftlichen Arbeiten mit.
Zu dieser Zeit hatte die Ahr an der »Metzwoog« einen ganz anderen Verlauf wie heute, war stellenweise sehr tief und in diesem Bereich befand sich eine kleine Insel. Durch den Bahnbau 1910 wurde auch der Fluß verändert, der Bahndamm nahm den Platz in dem Ahrlauf ein, der um mehr als 20 m verschoben wurde.
Zwei Kosaken wollten in der Ahr ein Bad nehmen. Als der erste sich mit Kopfsprung ins Wasser stürzte, hatte er nicht den Teil Felsen unter Wasser berücksichtigt und kam dabei zu Tode. Der Kamerad stürzte nach, um ihn zu retten, beachtete aber genau so den Unterwasserfelsen nicht und wurde ebenfalls tot geborgen. Beide waren russisch-orthodoxer Religion und konnten nicht auf dem kath. Bekenntnisfriedhof in Schuld beerdigt werden. So entschloß man sich, die beiden Toten hinter der alten Kapelle zu begraben. Man setzte ein Steinkreuz aus Basalt zu den beiden Gräbern, die beim Abriß der Kapelle 1882 vollkommen überwuchert waren. Nur das Kreuz war noch da. Und dafür fand man eine Lösung. Beim Neubau 1882 wurde dieses im Giebel der jetzigen Kapelle, heute gut sichtbar, eingebaut.
Nur wenigen ist bekannt, daß dieses Kreuz praktisch eine russische Geschichte hat und dem Andenken an die beiden Kosaken gewidmet war, deren Gebeine nun unter der Kapelle ruhen.