Vom Ziehbrunnen zur modernen Wasserversorgung – Die Trinkwasserversorgung der Eifeldörfer dargestellt am Beispiel des Dorfes Ramersbach
Wasserversorgung in früheren Zeiten
Auf gutes Trinkwasser legten bereits die Römer großen Wert. Denken wir nur an die römische Wasserleitung in der Eifel. Sie versorgte Köln täglich mit etwa 15000 – 20000 Kubikmetern frischen Quellwassers aus der Eifel.1) Die Römer hatten auch in der germanischen Provinz eine so hohe Wasserkultur, die viele Orte der Eifel erst im 20. Jahrhundert erreicht haben. In vielen Eifeldörfern war die Wasserversorgung schon seit jeher aus verschiedensten Gründen nicht einfach. Besonders in den höher gelegenen Dörfern, wie zum Beispiel Ramersbach, versorgten sich die Bewohner noch bis ins 20. Jahrhundert aus den alten Dorfbrunnen mit Wasser für Mensch und Tier. In Ramersbach standen zwei öffentlich und vier private Brunnen für die tägliche Versorgung von 276 Einwohnern, 240 Stück Großvieh und 68 Stück Kleinvieh zur Verfügung, so die amtliche Darstellung von 1910.2) Die Wasserentnahme aus den Ziehbrunnen geschah auf einfache Weise, indem ein Eimer an einer Stange befestigt oder an einem starken Hanfseil hängend in den Brunnen hinabgelassen, mit Wasser gefüllt und wieder hochgezogen wurde. Übereinigen Brunnen war ein Wellbaum angebracht, der mit einem sogenannten Schwengel (Kurbel) gedreht wurde. Um diesen Wellbaum war eine Kette oder ein Strick gewunden, an dessen Ende ein Eimer befestigt war, womit die Wasserentnahme schon erleichtert wurde. Bei diesen Brunnen handelte es sich nicht um natürliche Quellen, sondern fast ausschließlich um abgesenkte Brunnenschächte, die aus den wasserführenden Schichten gespeist wurden. Sie hatten eine runde Form und waren mit Bruchsteinen ausgemauert, damit das Wasser durch die Mauerfugen eindringen konnte.
Diese teils noch mittelalterlichen Brunnen waren „bakteriologisch“ nicht immer einwandfrei, zumal nicht laufend überprüft wurde, ob Schmutzwasser in die Brunnen eindringen konnte. Nicht selten befanden sie sich in der Nähe von Dunggruben und enthielten Krankheitskeime. Durch unsauberes Trinkwasser traten darum auch oft Krankheiten auf. In vielen Orten der Region standen die Bewohner vor diesem Problem. So meldete der Amtsbürgermeister von Niederzissen am 5. Mai 1905: „… Das Wasser fast aller Brunnen muß als schlecht bezeichnet werden, was hauptsächlich auf den durchlässigen Boden zurückzuführen ist. Vielfach ist das Wasser sogar mit Jauche durchsetzt…“3)
In den Sommermonaten kam es fast immer zu akutem Wassermangel. Den Bewohnern von Ramersbach blieb nichts anderes übrig, als von dem Müllenborn, etwa 700 m außerhalb des Dorfes gelegen, oder dem etwas ergiebigeren Blasweiler Bach Wasser zu holen. Es war sehr mühsam, das Wasser mit Eimern über eine solche Strecke zu tragen. Allein für das Vieh mußten viele Eimer von diesen Wasserstellen geholt werden. Vor allem Frauen, Mädchen und Kinder mußten diese Arbeit verrichten.
Dennoch konnte auf diese Weise die Versorgung mit Wasser bis zur Jahrhundertwende, zum Teil sogar bis in die 50er Jahre, notdürftig aufrechterhalten werden.
Die in Ramersbach geschilderten Verhältnisse können durchaus als typisch für viele Orte unserer Region angesehen werden. Dagegen war die Situation am Rhein, in Neuenahr und Ahr-weiler durchweg günstiger.Die erste Wasserleitung in Ramersbach
Unter dem Vorsitz von Ortsvorsteher Anton Josef Schumacher, der sein Amt am 1. Januar 1909 angetreten hatte, befaßte sich der Ge-•meinderat mit dem Plan, Ramersbach mit einwandfreiem, fließenden Wasser zu versorgen. Der Bau einer Wasserleitung wurde beschlossen. Mit der Ausführung beauftragte die Gemeinde die Firma Peter Braun aus Ahrweiler.
Der Ramersbacher Chronist berichtete 1910 dazu u. a. folgendes: „Im November wurde endlich mit dem Bau der Wasserleitung begonnen. Die Erdarbeiten werden sehr erschwert durch den felsigen Boden hiesiger Gegend.“4) Allein für die Zuleitung von den Quellen im Seiderstal, welches bis an die Kohlstraße reicht, über Blasweiler, Blasweiler Mühle bis Ramersbach, mußte ein Graben von etwa 3000 Meter Länge in Handarbeit ausgehoben werden. Neben der Versorgung von Ramersbach war hiermit auch die von Blasweiler mit 135 Einwohnern, 145 Stück Großvieh und 44 Stück Kleinvieh vorgesehen. In Landgemeinden wurde damals allgemein ein Wasserbedarf von 50 Liter pro Einwohner, die gleiche Menge für jedes Stück Großvieh und 15 Liter für jedes Stück Kleinvieh berechnet. Für Ramersbach und Blasweiler ergab diese einen Tagesbedarf von ca. 42 Kubikmeter.
Die Wasserleitung wurde aus „Mannesmann Stahlmuffenrohren“ mit einer lichten Weite von 80 bzw. 50 mm verlegt und konnte im Juni 1911 in Betrieb genommen werden. Außer der Versorgung mit Trinkwasser waren in Blasweiler5) und Ramersbach 13 Unterflurhydranten installiert worden, wodurch auch die Brandbekämpfung verbessert wurde. Aus diesem Grunde richtete der Amtsbürgermeister von Niederzissen, zu dessen Amtsbereich Ramersbach damals gehörte, am 10. Januar 1912 ein Schreiben an den Vorstand der Feuerversicherung mit der Bitte um Prämienermäßigung, da Blasweiler und Ramersbach ja nun eine Wasserleitung erhalten hatten und dadurch ein besserer Brandschutz bestehe und auch „… gut hinreichendes Schlauchmaterial vorhanden sei…“. Er vermerkte außerdem, daß auch Niederzissen, Hain, Niederdürenbach und Fronrath ebenfalls mit einer Wasserleitung versehen worden seien.5)
Soweit in kleinen Dörfern ergiebige Brunnen zur Wasserversorgung vorhanden waren, wurde die Anlage einer Wasserleitung erst viel später durchgeführt. So konnte in Wassenach erst Ende 1954 eine Wasserleitung in Betrieb genommen werden,6) in Waldorf 1955,7) in Oeverich sogar erst 1957.
Nach Inbetriebnahme der Wasserleitung in Ramersbach wurden die dortigen alten Ziehbrunnen teilweise zugeschüttet. Auch der Brandweiher mit einer Fläche von rund 238 qm wurde eingeebnet.8) Bis etwa 1948 war die erste Wasserleitung auch ausreichend für die Versorgung der Dörfer, zumal Blasweiler seit der Räumung im Jahre 1940 noch unbesiedelt war und die Einwohnerzahl von Ramersbach noch gegenüber 1910 um 37 Einwohner gesunken war. Doch mit steigender Einwohnerzahl und Verbesserung der sanitären Einrichtungen, stieg der Wasserbedarf. Es mußten neue Quellen gefaßt werden, womit der Wasserdruck zwar anstieg, aber die alte Wasserleitung schließlich versagte. Bei einer Reparatur mußten über 30 Bruchstellen an der Zuleitung behoben werden. Im gesamten Kreisgebiet mußten vielerorts in der Nachkriegszeit die Wasserleitungen repariert werden, da das Leitungsnetz durch Kriegseinwirkungen Schaden genommen hatte.
In einem Bericht beklagt sich der Amtsbürgermeister von Ringen am 18. Juni 1947: „Die Wasserversorgung im Amtsbezirk Ringen läßt sehr zu Wünschen übrig. Von den 12 Gemeinden haben heute erst 5 Gemeinden mit 6 Ortschaften eine Wasserleitung. Die restlichen Gemeinden werden aus Pumpen und Brunnen versorgt. Die vorhandenen zentralen Wasserversorgungsanlagen sind durchweg reparaturbedürftig. In Ringen, Bölingen, Gelsdorf und Lantershofen können nur bestimmte Ortsteile und auch nur zu bestimmten Zeiten aus der Wasserleitung versorgt werden. Die Instandsetzung scheitert sowohl an der Material- wie auch an der Arbeiterfrage“.9)
Im Sommer 1951 war die Ramersbacher „Bürgerschaft (…) verzweifelt. Wochenlang mußte das Wasser im Mütlenborn bzw. am Blasweiler Bach geholt werden.10) Aus diesem Grund mußte 1953 das gesamte Ortsnetz mit sämtlichen Teilanschlüssen erneuert werden. 1955 mußte ein 350m langes Teilstück der Zuleitung neu verlegt werden. Die Lage verschlimmerte sich trotzdem von Jahr zu Jahr. 1959 berichtete der Chronist: „Das Wasser in den Wasserleitungen nahm infolge der Trockenperiode allerorts ab und es mußten Sparmaßnahmen getroffen werden. Heute, am 21. Oktober, ist die Wasserleitung so, daß alle drei Tage die Hähne für eine Stunde geöffnet werden….“11)
Zur Verbesserung der Situation wurde dann 1960 der Zweckverband Ramersbach-Hecken-bach gegründet. An der Blasweiler Mühle führte man eine Tiefbohrung durch und installierte zwei leistungsstarke Pumpen. Trotzdem waren in Ramersbach in einigen Häusern Druckerhöhungsanlagen erforderlich, weil deralte Hochbehälter nur ein Fassungsvermögen von 45 Kubikmetern hatte.
Das Wasserholen war eine mühsame Arbeit.
Verbesserung der Wasserversorgung in den 70er Jahren
Waren es früher Dorfbrunnen, die uns ein bescheidene Menge Wasser lieferten, so wir heute das „kostbare Naß“ über viele Kilometer aus wasserreichen Regionen zu uns geliefert. Erst durch die Gründung von Wasserversorgungszweckverbänden ist es gelungen, die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser flächendeckend zu sichern. Dem gestiegene Wasserverbrauch wurde durch ein großes Verbundnetz Rechnung getragen. Blasweiler und Ramersbach erhielten in den Jahren 1977 und 1978 neue Hochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 100 bzw. 200 Kubikmetern. Durch den Ankauf von Wasser vom Wasserversorgungsverband Maifeld/Eifel wurde die Versorgung von Ramersbach, Blasweiler, Beilsteinn, Frankenau, Ober- und Niederheckenbach, Fronrath, Watzel, Cassel, Kesseling und Staffel sichergestellt.
Selbst im kleinsten Dorf ist es heute selbstverständlich, daß wir nur den Wasserhahn aufzudrehen brauchen und sauberes Trinkwass steht uns bei Tag und Nacht zur Verfügung. Die meisten Menschen machen sich kaum Gedanken darüber, mit welchem Aufwand uns dieser „Luxus“ ermöglicht wird.
Nehmen wir als ein Beispiel nur den Zweckverband „Wasserversorgung Eifel-Ahr“ mit Sitz in Adenau. Dieser Zweckverband wurde 1977 gegründet. Verbandsvorsteher ist der Landrat des Kreises Ahrweiler.
Vom Hauptwerk in Adenau und der Betriebsstelle Altenahr wird ein Leitungsnetz einschließlich der Hausanschlüsse mit einer Gesamtlänge von 556 km zur Versorgung der Verbandsge-meinden Adenau und Altenahr unterhalten. Insgesamt werden von hier aus im Westteil des Kreises Ahrweiler 48 Ortschaften mit 27.000 Einwohnern auf einer Fläche von 410 qkm mit Trink- und Brauchwasser versorgt. Der Zweckverband Eifel-Ahr ist damit flächenmäßig einer der größten Versorger in Rheinland-Pfalz. Um eine reibungslose Wasserversorgung zu garantieren, müssen alljährlich 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser zur Verfügung stehen. Die Wasserqualität wird ständig kontrolliert. Ein staatlich anerkanntes Institut entnimmt jährlich 45 Wasserproben, hinzu kommen über 200 Kontrollen des Gesundheitsamtes und die eigenen Analysen des Werkes Adenau.12) Derzeit sind im Bereich der EVM Altenahr noch nicht alle Orte an die überörtliche Wasserversorgung angeschlossen. Bei längerer Trockenheit muß heute noch Wasser in die Orte Kirchsahr, Eichenbach, Reifferscheid, Wirft und Jammelshofen-Kalten-born gebracht werden. Dies geschieht durch Milchtransporte und die Feuerwehr, die im Notfall Wasser in die Hochbehälter bringen. Diese Orte sollen aber nach und nach an das Netz angeschlossen werden. Bei Eichenbach und Wirft ist dies 1997 geschehen.13)
Die EVM Bad Neuenahr-Ahrweiler unterhält allein im Stadtbereich mit den Hausanschlüssen ein Leitungsnetz von insgesamt 194,1 km. 1996 wurden hier aus den vorhandenen Quellen 2.164.394 Kubikmeter Wasser gefördert. Der Wasserverbrauch lag 1996 pro Person bei 155 Liter pro Tag. Ramersbach verbrauchte 1996 380.044 Kubikmeter, was bei einer Einwohnerzahl von 587 Personen 177 Liter pro Tag beträgt.14) Um auch künftig eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser sicherzustellen, ist es u. a. unbedingt erforderlich, die ausgewiesenen Wasserschutzgebiete zu schützen und zu beachten. Jeder Bürger muß darauf bedacht sein, daß die Umwelt nicht durch achtloses Handeln verschmutzt wird. Auch gilt es sparsam mit Wasser umzugehen, damit auch nachfolgende Generationen noch in den Genuß von sauberem Trinkwasser kommen. Für die Aufbereitung des unverzichtbaren Lebensmittels „Wasser“ kommen sonst nicht abschätzbare Kosten auf uns alle zu.
Blick in das moderne EVM-Wasserwerk an den Ulmen in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Wasserwerke: | Bad Neuenahr-Ahrweiler (27.240 E.) | Bad Breisig (13.062 E.) | Grafschaft (10.462 E.) | Gesamt |
Wasserzähler(Stück) | 6.478 | 3.569 | 3.107 | 13.154 |
Leitungsnetz Transportleitung km | 140,8 | 86,6 | 112,9 | 340,3 |
Leitungsnetz Hausanschlüsse km | 53,3 | 34,0 | 39,0 | 126,3 |
Leitungsnetz Gesamt km | 194,1 | 120,6 | 151,9 | 466,6 |
Fördermenge m‘ | 2.123.100 | 984.273 | 135.738 | 3.243.111 |
Fremdbezug m‘ | 41.294 | 0 | 509.615 | 550.909 |
Pro-Kopf-Verbrauch L/E. d | 155 | 134 | 132 | |
(Stand: 31.12 1996) In den drei Wasserwerken sind in Betrieb: 12 Brunnen. 5 Aufarbeitungsanlagen mit Pumpwerk. 1 Aufbereitungsanlage ohne Pumpwerk. 25 Hochbehälter (Gesamtfassungsvermögen 14.150 Kubikmeter), 1 Wasserturm. 11 Pumpwerke. 10 Druckerhöhungsanlagen. 3 Hydrophoranlagen. 1 Druckminderstation. |
Anmerkungen:
- Waldemar Habery. In: Die römischen Wasserleitungen nach Köln, Rheinisches Landesmuseum Bonn 1971.
- Rudolf Leisen, Chronik von Ramersbach und der Gemeinde Hekkenbach, Ramersbach 1992,
- E. Bergweiler, Wie man in vier Jahrzehnten zu einer Wasserleitung kommen kann. In: Jahrbuch des Kreises AhrweHer 1941. S, 60
- Schulchronik Ramersbach
- Landeshauptarchiv Koblenz 655/136 Nr. 39
- Wassenacher Dorfchronik
- Witfrled Dünschel, In: Waldorf-Geschichte eines Eifeldorfes, Bad Neuenahr-Ahrweiler 1996.
- Rudolf Leisen. Chronik von Ramersbach,
- Kreisarchiv Ahrweiler 03-173111
- Schulchronik Ramersbach
- Ebenda.
- Auskunft von Herrn Körtgen, Techn, Leiter der EVM Adenau
- Auskunft von Herrn Körtgen.
- Auskunft von Herrn Welsch, EVM Bad Neuenahr-Ahrweiler,